Freitag, 1. Juli 2011

Georg Friedrich Kersting

Georg Friedrich Kersting, „Auf Vorposten“, 1815
hier gefunden

Als dann in der Gewalt Napoleons im harten Winter Rußlands Württemberger, Sachsen und andere Deutsche jämmerlich zugrunde gingen, die schließlich einen beträchtlichen Teil seiner „Grande armée“ ausmachten, wurde nicht nur mehr ein paar Romantikern deutlich, daß da möglicherweise unter dem Namen der Vernunft mehr Töpfe zerschlagen worden waren, als zu ertragen war.

Unter dem 26. Juni 1813 jedenfalls protokollierte Kanzler Metternich eine Unterredung mit Napoleon wie folgt: "Napoleon faßte sich, und mit ruhigem Ton sagte er mir folgende Worte ...: ‚Die Franzosen können sich nicht über mich beklagen; um sie zu schonen, habe ich die Polen und die Deutschen geopfert. Ich habe in dem Feldzug von Moskau 300.000 Mann verloren; es waren nicht einmal 30.000 Franzosen darunter.‘ ‚Sie vergessen, Sire, rief ich aus, daß Sie zu einem Deutschen sprechen.‘" Offen gestanden, glaube ich beiden allenfalls, daß sie sich irgendwie unterhalten haben, aber die Sache hat einen wahren Kern.

Warum dies, nun, das obige Bild zeigt eine Gruppe bekannterer Gestalten aus den Befreiungskriegen, gemalt von Georg Friedrich Kersting (genauer seine gefallenen Freunde Körner, Friesen und Hartmann). Dieser starb zwar am 1. Juli 1847 in Meißen, wurde aber in Güstrow geboren, und da es nicht so unüberschaubar viele bedeutende Mecklenburger gibt, wollen wir kurz an ihn erinnern. Außerdem war er mit Caspar David Friedrich befreundet und bedeutend war er zweifelsohne. Häufig wird er dem Biedermeier zugeordnet, aber wenn damit mehr als eine reine Zeitperiode gemeint sein sollte, ist das Unsinn, er war Romantiker.

Nach Thomas Mann hätte Goethe auf die Bilder einiger Romantiker am liebsten mit Pistolen geschossen. Kersting war davon ausgenommen, den schätze und unterstützte er auch. Vielleicht weil Kersting immer ein Romantiker mit starken klassizistischen Einschlägen blieb. Man ist sich allgemein einig, daß er vor allem bei der Darstellung von Innenräumen beeindruckt; besser gesagt, wenn er mit feinem psychologischen Blick bei grandioser Lichtführung Menschen darstellt, die in sich versunken lesen, oder am geöffneten Fenster ihre Seele der Natur öffnen, selbst wenn banalste Alltagsbeschäftigungen beschrieben werden, behalten die Dargestellten etwas abwesend Träumerisches etwa, oder doch etwas, das zeigt, daß sie über die Begrenzungen ihrer Welt hinausgehen, innerlich.

Deshalb eben ist er auch Romantiker, selbst wenn in gewisser Weise völlig gegensätzlich zu Caspar David Friedrich. Ich hatte mir dann noch ein paar Dinge zur Romantik als solcher aufgeschrieben, aber das paßt vielleicht besser an anderer Stelle. Wir wollen diesem menschenfreundlichen Maler nicht zuviel des anmaßend Hochgestochenen zumuten, es wird dafür andere Gelegenheiten geben.
beendet am 5. Juli

Georg Friedrich Kersting, „Lesender beim Lampenlicht“, 1814
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