Donnerstag, 31. Mai 2012

Über das Befriedende der Literatur


Port-Royal des Champs

Ich habe die Begeisterung für Ludwig XIV. nie nachvollziehen können, in meinen Augen war er eine Canaille. Warum? Oh, man vertiefe sich nur einmal in die Details des Pfälzischen Erbfolgekriegs (Stichwort Ezéchiel de Mélac). Glanz, dem das moralische Fundament ermangelt, ist eben doch eher hohl, vermutlich mußte er auch deshalb das Kloster Port Royal zerstören. Das ihm im Wege stehende Heilige Römische Reich, bekämpfte er übrigens mit Vorliebe dann, wenn die Habsburger durch den Abwehrkampf gegen die Türken gebunden waren. Das nennt man wohl Pragmatismus. Ich konzediere, er war begabt, ein großer Förderer und Anreger der Künste, aber im Kern eine durchaus zwiespältige Erscheinung.

Wie ich überhaupt darauf komme, nun am 31. Mai 1689 zündeten französische Soldaten den Dom zu Speyer an, nachdem sie zuvor die dortigen Kaisergräber geplündert hatten etc. etc. Aber dann brach ich gestern an dieser Stelle ab - welchen Sinn hat es, alten Groll emporzuwühlen - und las wieder einmal in den Briefen der Liselotte von der Pfalz (Herzogin von Orléans, Schwägerin Ludwig XIV., Mutter des Regenten), in deren Namen diese Untaten an ihrem Heimatland zu ihrem großen Schmerz schließlich begangen wurden. Diese Lektüre hatte auf mich schon immer eine herzerwärmend - pazifierende Wirkung. Und darum will ich sie erneut (man sehe hier und hier) einfach mit ein paar Zitaten in Erinnerung rufen:


Port-Royal des Champs, heute

„Aber das natürliche sprechen mag wohl nicht so gar reguliert in der politesse sein, ist aber viel nobler und expressiver und mehr, wie man denkt, also gar gewiß besser.“

„Ich lebe hier lieber allein und habe mich deromaßen an dies leben gewohnt, daß mir die zeit kein augenblick lang darbey fällt. I lese bald französisch, bald teutsch, ich schreibe, ich spiele mit meine hündgen, ich sehe kupferstück … finde also immer was zu tun; gibt es mir keine freude, so betrübts mich auch nicht und macht doch ein ruhiges leben, welches doch auf die lenge am besten ist, denn alles ander wird man leicht müde. Ich bin wohl des alten herzogs von Lothringen meinung, daß, wer sein glück nicht in sich selber finden kann, wird es unnötiger weis anderst wo zu suchen sein.“

„Wenn ich allemal die stirn runzeln wollte, wenn ich hier sehe was mir nicht gefellt, so würde ich fingersdicke runzelen jetzt haben; was das lachen betrifft, so muß es noch ein rest von dem lachen von meiner jugend sein, denn nun lach ich selten.“

„P.S. In diesem augenblick erfahre ich,  daß mad de Maintenon beste freundin, die Monchevreuil gestorben ist. Nun ist ein bös weib weniger in der welt; Gott bekehre alle, so es noch sein und nehme sie in sein paradeys. amen.“

„In allen predigten macht man dem König complimenten, die armen reformierten verfolgt zu haben, meint also, es were was gar großes und schönes... Es ist in der tat zu bejammern, daß man ihm in seiner jugend nicht recht gelernt, was eygentlich die religion ist und wie sie mehr instituiert ist, die einigkeit unter den menschen zu unterhalten, als daß sie einander plagen und verfolgen sollen.“

„... denn es mir all mein leben leyd gewesen, ein weibsmensch zu sein, und kurfürst zu sein, were mir, die wahrheit zu sagen, besser angestanden, als Madame zu sein; aber weilen es gottes willen nicht gewesen, ist es ohnnötig, dran zu gedenken.“

„Das 3tagige fieber hat mich verlassen, ich glaube, ich habe mich mit kirschenessen couriert, denn man mir die kirschen verboten, man brachte mir aber von St. Cloud ein korb voll schöner kirschen, die habe ich heimblich gefressen und seyderdem das fieber nicht wieder bekommen.“


Port-Royal des Champs, heute

„Ich fragte einstmals an herr Salmond, wie es käme, daß in der heyligen schrift stehet, daß die menschen nach Gottes ebenbild geschaffen sein und die menschen doch so gar unperfect weren. Er antwortete, daß Gott den menschen perfect geschaffen hätte, aber daß er die perfection in seinem fall verloren hätte. Ich sagte, weil der Mensch denn so perfect war, wie hat er fehlen und fallen können. Herr Salmond sagte: das ist durch anstiftung des satans geschehen Ich sagte: dem teufel glauben war doch keine perfection. Da sagte er nur: solche sachen muß man nicht zu weit nachgrübelen; dabey bliebe es.“

„Ich schenkte gestern mad. de Chasteautier einen schönen papagei, der blaudert unerhört. Ich wollte hören, was er sagen kann, ließ ihn in meine kammer, meine hunde wurden jalous [eifersüchtig], und eine, so Mione heißt, wollte ihn anbellen; der papagei sagte als 'donne la patte' [Gib Pfötchen!]; ich wollte, daß E.L. hetten sehen können, wie verwundert Mione war, den vogel sprechen zu hören: sie hörte auf zu bellen, sahe ihn stark an, hernach mich; wie er fortfuhr zu reden, erschrack die Mione wie ein mensch, lief davon und versteckte sich unter das lotterbett, da fing der papagei überlaut an zu lachen. Das machte mich an herr Leibniz gedenken, daß E.L. sagen, daß er souteniert [unterstützt], daß die tiere verstand haben, keine machine seien, wie es Descartes hat behaupten wollen, und ihre seelen unsterblich sein. In jener welt werde ich mich sehr erfreuen, nicht allein verwandte und gute freunde wieder finden zu können, sondern auch alle meine tierger, aber were wohl attrapiert [ertappt / überrascht], wenns bedeuten sollte, daß meine seele so sterblich als die ihrige werden sollte und daß wir allzusammen nichts mehr sein sollten, will lieber das andere glauben, denn es ist viel tröstlicher.“
nachgetragen am 1. Juni

Mittwoch, 30. Mai 2012

Banaler Post

 



Bevor sich noch jemand Illusionen über die mir innewohnende Banalität macht - auf diesem Wege wurde aus dem Lachs vom Sonntag eine Lachs-Pastete. Und jetzt sind wir müde. Aber irgendwann sollte ich etwas über den Prof. Korff  und seinen "Geist der Goethezeit" zustande bringen. Sofern ich etwas davon verstehe, was zweifelhaft ist.


Dienstag, 29. Mai 2012

1453


Konstantinos XI. Palaiologos

"O wär‘ ich doch ein Vogel nur, o wär ich eine Schwalbe,
um auf die spitzen, schwarzen Berg‘ Bulgariens zu fliegen!
Um zu erblicken und zu sehn Konstantinopels Hafen.

Ein Griechenmädchen, das rief laut, von einem hohen Turme:
'Tritt vor und sieh, Herr König du, du Herrscher Konstantinos,
Konstantinopel brennen sie, und all die Klöster flammen.
Sieh wie die Türken schlachten hin die Griechen gleich den Lämmern!'
Wie soll der König all dies sehn, der Herrscher Konstantinos,
da er getötet worden ist, beim Schein des Morgens, gestern!“

aus „Konstantin Paläologos' Tod“,Volkslied, 
übersetzt von Georgios Aridas

Jakob Philipp Fallmerayer (diese Quelle zu ihm ist mir völlig fremd, erschien mir aber cum grano salis deutlich aussagefähiger als der übliche Wikipedia-Artikel) schrieb einmal sinngemäß, daß die alten Griechen blutsmäßig gewissermaßen ausgestorben seien. Was wir heute noch vorfänden, sei ein überwiegend slawisches Völkergemisch, das irgendwann eine Art Griechisch angenommen hätte. Nun man hatte im 19. Jahrhundert noch ein großes Zutrauen zu der Kraft des Blutes, die neuere Hoffnung ist, daß sich Dinge auch kulturell vererben lassen.

Wie komme ich auf den Mann? Nun, ich habe den Tag lang etwas über, ja worüber eigentlich, Griechenland, die Rhomäer, Byzanz (?) nachgedacht. „Nachgedacht“ trifft es nicht, es gibt wenige Daten, die mich aufrichtig bewegen. Der Fall Konstantinopels gehört dazu. Es geschah heute im Jahre des Herrn 1453. Das nachfolgende Video spricht davon (ich kann kein Neugriechisch, also zeigen wir es einfach guten Willens).



Konstantinos XI. Palaiologos fiel an diesem 29. Mai 1453, Konstantinopel vergeblich gegen die Türken verteidigend und das, was vom einstmals glänzenden Ostrom noch übrig war, er tat dies mit großer Tapferkeit. Danach stieg das „griechische“ Volke ab in Regionen, aus denen es nie wieder wirklich herausgefunden hat. Im Wortsinn stieg es eher auf, die Bergregionen konnten die Türken weniger beherrschen, also verödeten die Städte und Ebenen. Es hat mich immer berührt, daß das Wort „paramythi“, das im Neugriechischen für „Märchen“ stehe, von „paramythia“ herrühre, „Tröstungen“.

Eines dieser Märchen geht so, daß, als die Türken die Stadt überwältigten, Engel den Kaiser gerettet hätten, indem sie ihn in Marmor verwandelten und in eine Höhle nahe der Porta Aurea betteten, wo er darauf warte, zurück ins Leben gerufen zu werden, um die Stadt den Christen zurück zu gewinnen. „Tröstungen“ eben.


Der Adler der Paläologen, hier gefunden


Ich war versucht, hier zu enden. Doch zu Recht könnte man fragen, was denn das Ergebnis des behaupteten langen Nachdenkens gewesen sei. Es haben sich halt nicht viele eingestellt, allenfalls Fragen: Warum das 19. Jahrhundert mit seinen zahlreichen Versuchen, die Dinge zu heilen und wiederherzustellen, so oft gescheitert ist etwa (in diesem Fall aus habsburgischem oder britischem Kleingeist z.B.). Oder ob die Griechenlandbegeisterung des frühen 19. Jahrhunderts, wir nennen nur unseren Hölderlin mit seinem Hyperion, mit ihren Projektionen und Phantasmagorien den „Neugriechen“ etwas Brauchbares an die Hand geben konnte, um einen Staat wieder aufzubauen, wo sie doch der Staatlichkeit so lange entwöhnt waren (und sich nie wirklich wieder in sie zurückgefunden haben)...

Felicitas est praemium virtutis (Glück ist der Lohn der Tapferkeit) sagt Aristoteles, mitunter bleibt nur die Tapferkeit und verhilft dennoch zur Unsterblichkeit. In der Dichtung, da gelang den "neuen" Griechen noch einmal Erstaunliches, und so enden wir erneut mit Odysseas Elytis, der dem letzten oströmischen Kaiser, der mit soviel Charakter unterging, nachruft:

"Mittag aus Nacht Und nicht einer bei ihm
Nur seine treuen Worte, die all ihre
Farben mischten um seiner Hand zu
lassen eine Lanze aus weißem Licht...

Ewig zwischen den Zähnen ein Wort
ein heiles liegt hingestreckt
Er
der letzte Grieche!"

Odysseas Elytis, Tod und Auferstehung des Konstantinos Paläologos
hier findet sich das ganze Gedicht, in englischer Übersetzung

Zwischendurch - Bilder




Sonntag, 27. Mai 2012

Pfingsten

roughly translated




Frohe Pfingsten! 


Die Erläuterungen folgen in ein paar Stunden (ich bin schon viel zu spät).

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Ich sollte einmal eine Meditation über etwas stumpfsinnig Angenehmes schreiben, wie etwa „Betrachtungen & Empfindungen beim Reiben einer Muskatnuß“. Doch nicht diesmal. Die angekündigten Stunden haben sich zu einem ganzen Tag ausgewachsen. Also sei es endlich nachgetragen. Auf den Bildern findet sich zunächst angeschmortes Wurzelgemüse (Mohrrüben, Zwiebeln, Sellerie), darauf folgen einige Kräuter (Thymian, Rosmarin, Estragon, Dill), am Ende der fertig gegarte Lachs. Der nebenbei gesagt ganz exzellent war. Das ist weniger als Eigenlob gemeint, der Fisch hatte schlicht auch eine gute Qualität. Der Muskat war übrigens für den Spargel erforderlich. Dazu Sauce hollandaise. Alles ausgesprochen nett.

Der Grund, warum dies gestern noch nicht hier stand: Mir lief schlicht die Zeit davon, ich hatte eine Einladung zu Kunst & anderem. Etwas, das sich dann bis in den späten Abend auswuchs. Und angesichts des Umstands, daß die Gastgeber diese bescheidenen Bemerkungen an diesem Ort ebenfalls regelmäßig lesen, bleibt mir nur zu versichern - es war ein angeregt angenehmes Pfingssonntags-Erlebnis, für das ich mich ausdrücklich bedanke.




Some day I should write a meditation on something stupidly pleasant, such as "Reflections & feelings while rubbing a nutmeg". But not this time. The advertised addendum is missing for a day now, so it’s finally done. In the pictures you can find initially stewed root vegetables (carrots, onions, celery), followed by some herbs (thyme, rosemary, tarragon, dill), at the end the cooked salmon. It was quite excellent. This isn’t meant to be a self-praise (that much), the fish was simply from good quality. Oh and the nutmeg was necessary for the asparagus. Then sauce hollandaise.  It was all very nice.
The reason why this wasn’t here yesterday: I simply ran out of time, since I had an invitation to art and other things. Something that outgrowth into the late evening. And in view of the fact that the hosts read these humble remarks at this place on a regular basis, I can only assure you it was a pleasant and inspiring  Pentecost Sunday experience, for which I say “thank you” too them explicitly.

Happy Pentecost!

Donnerstag, 24. Mai 2012

Dienstag, 22. Mai 2012

Dies & Das & Prof. Aue


Am Ende eines konfus entarteten Tages, an dem einem nichts von dem gelang, was man sich so überlegt vorgenommen hatte, was tut man da? Man sucht seine Zuflucht bei etwas Vertrautem, Angenehmen, nein, nicht einmal unbedingt im banalen Wortsinne angenehmen, sondern in etwas, das dem eigenen Geist sein Leben ein wenig wieder zurückgibt, einen an einen selbst erinnert, das, was man doch eigentlich zu sein wünscht. Im Zutrauen, daß der Fluß der Ideen leise wieder anhebt sich zu bewegen, welcher in Gefahr stand, zum übel riechenden stehenden Gewässer zu entarten. 

So ergeht es mir immer wieder mit den kaum überschaubaren Übersetzungen des Herrn Prof. Aue aus Wien / Nova Scotia und seinen schwerlich ausschöpfbaren Kommentaren zur Dichtung, dem Leben und dem lieben Gott. Und da mir dies eben genauso einmal mehr geschah, dachte ich, ich sollte es auch sagen. Kurioserweise blieb ich am Ende bei einem Gedicht hängen, das mich schon vor 2 Jahren sehr erbaut hatte:


Christian Morgenstern

Ein Hase sitzt
auf einer Wiese

Ein Hase sitzt auf einer Wiese,
des Glaubens, niemand sähe diese.

Doch, im Besitze eines Zeißes,
betrachtet voll gehaltnen Fleißes

vom vis-a-vis gelegnen Berg
ein Mensch den kleinen Löffelzwerg.

Ihn aber blickt hinwiederum
ein Gott von fern an, mild und stumm.


A rabbit sits
amidst the green

A rabbit sits amidst the green,
believing it can not be seen —

but, being owner of a scope,
a man looks from the other slope

with dedication that endears
upon that furry bag with ears —

while down on him looks in return
a God, aloof and taciturn.




Montag, 21. Mai 2012

Fundsachen



„Ihr Wetterkerle wettet Euch immer tiefer in diese heillose Zeit hinein – ich dagegen bin ganz im stillen, aber komplett mit ihr überworfen und entweiche ihr deshalb in den schönen faulen Süden, der der Geschichte abgestorben ist und als stilles, wunderbares Grabmonument mich Modernitätsmüden mit seinem altertümlichen Schauer erfrischen soll.“

„Mit der Gesellschaft im großen kann ich nichts mehr anfangen; ich verhalte mich gegen sie unwillkürlich ironisch; das Detail ist meine Sache. Bildung und Routine besitze ich nun genug, um mich im Notfall auch der höheren Politik gegenüber durchzubringen, nur mitmachen will ich nicht mehr, wenigstens in unserer hierländischen Konfusion nicht.“

„In Gottes Namen! Ändern kann ichs doch nicht, und ehe die allgemeine Barbarei (denn anderes sehe ich zunächst nicht vor) hereinbricht, will ich noch ein rechtes Auge voll aristokratischer Bildungsschwelgerei zu mir nehmen, um dereinst, wenn die soziale Revolution sich einen Augenblick ausgetobt hat, bei der unvermeidlichen Restauration tätig sein zu können – ›so der Herr will und wir leben‹, versteht sich.

Ihr werdet sehen, welche sauberen Geister in den nächsten zwanzig Jahren aus dem Boden steigen werden! Was jetzt vor dem Vorhang herumhüpft, die kommunistischen Dichter und Maler und dergleichen, sind bloß die Bajazzi, welche das Publikum vorläufig disponieren.

Ihr alle wißt noch nicht, was Volk ist und wie leicht das Volk in barbarischen Pöbel umschlägt.

Ihr wißt nicht, welche Tyrannei über den Geist ausgeübt werden wird, unter dem Vorwand, daß die Bildung eine geheime Verbündete des Kapitals sei, das man zernichten müsse.

Ganz närrisch kommen mir diejenigen vor, welche verhoffen, durch ihre Philosopheme die Bewegung leiten und im rechten Gleise erhalten zu können. Sie sind die feuillants der bevorstehenden Bewegung; letztere aber wird sich so gut wie die Französische Revolution in Gestalt eines Naturereignisses entwickeln und alles an sich ziehen, was die menschliche Natur Höllisches in sich hat.“

„Untergehen können wir alle; ich aber will mir wenigstens das Interesse aussuchen, für welches ich untergehen soll, nämlich die Bildung Alteuropas.“

Jetzt ist das doch mehr als ein kurzes verweisendes Zitat geworden. Der Herr Morgenländer hatte kürzlich diesen Brief Jacob Burckhardts in ganzer Länge gebracht, aus dem ich diese Passagen wiedergebe (man sehe also besser hier). Er (der Herr Morgenländer) meinte, es sei ein langer Brief, aber wieviel gedrängt ausgesprochene Prophetie, und da der unangenehme Part lange eingetreten ist, kann man nur hinzusetzen: Hoffentlich!

Heiliger See, Potsdam, photographiert von Matthias v.d. Elbe

Wo ich gerade auf den Herrn Morgenländer verweise, er ist Schuld an einer anderen Entdeckung, die ich unbedingt ebenfalls erwähnen will. Das Bild oben sollte schon einen Hinweis geben. Wer dies hier verfolgt, weiß, daß ich länger in der Nähe eines Ortes gelebt habe, der „Heiliger See“ genannt wird (daher auch mein „Erkennungsbild“), er ist einer der Seen Potsdams. Warum er so heißt, ist ungewiß. Möglicherweise stammt er von einer Kapelle der Heiligen Anna her, deren Geistliche an diesem See Fischereirechte hatten oder aus einem „Hellen“ wurde durch Sprachverschiebung ganz einfach ein „Heiliger See“. Wie auch immer, darum soll es diesmal gar nicht gehen, sondern darum, daß der Komponist David Ianni diesem Ort einen Klavierzyklus gewidmet hat - „Der Heilige See op. 91“.

Ewigkeit und Vergänglichkeit seien die Leitmotive seiner Kompositionen gewesen, sagt der Komponist. Der See in seiner stillen Beharrlichkeit stehe für die Ewigkeit, der uns immer wieder an die Vergänglichkeit unserer so lächerlich kurzen Existenz erinnere.

Ich hatte mich kürzlich etwas schnöde über moderne „E-Musik“ geäußert, das war so pauschalisierend dahingesagt natürlich eher schnöseliger Unsinn, allenfalls halb richtig. Hier jedenfalls (dem Beitrag des Komponisten ist das Musikstück beigefügt, man kann sich also leicht selbst ein Urteil bilden) findet sich etwas „Modernes“, das anrührend meditativ, dicht und traumwandlerisch präzise wie schwerelos daherkommt. Aber man sehe selbst.
nachgetragen am 24. Mai

Sonntag &


Eigentlich würde ich heute lieber mit einem reinen Bilder-Post in Erscheinung treten, versuchen wir es einfach kurz zu halten. Ich komme gerade recht euphorisiert vom Abschlußkonzert der Orgeltage (hier der Vollständigkeit halber das Programm: Wie ich lese: Johann Sebastian Bach - Präludium und Fuge in g-Moll, BWV 542 (da war ich wohl noch nicht da), Francis Poulenc, Concerto en sol mineur für Orgel, Pauke und Streicher (recht angenehm, wenn man das Zeitalter bedenkt), Percy Whitlock, Fanfare (ein vergleichsweise früh verstorbener Brite, auch nett) und Joseph G. Rheinberger, Konzert Nr. 2 g-Moll für Orgel und Orchester, op 177).



Also das letzte Dingens war grandios, auch spielfreudig dargebracht, es hätte wirklich jeden besseren Ufa-Film final vergoldet. Sehr romantisch etc. etc. Wie ich sehe, findet man das sogar auf YouTube, hier der 3. Satz. Übrigens, ich verstehe gewisse Menschen nicht, wenn man ein Programm in Händen hält, man klatscht einfach nicht zwischen den Sätzen, 1 – 2 – 3, das kann doch nicht so schwer sein, das abzuzählen.




Das Essen *seufz. Aber die Bilder bedürfen einer kurzen Erläuterung. Wir hatten kürzlich einen Hackbraten (man sehe hier), die naheliegende, und nicht einmal von mir stammende Idee war, wir wärmen das einfach auf. Dann aber dachte ich, nur aufwärmen, nein, das geht nicht. Also legte ich Rindfleisch in einer Marinade aus Schwarzbier, Chilli-Soße, Balsamico-Essig und (ich weiß, etwas billig) Worcester-Sauce ein. Während ich das Ganze also zubereite, höre ich kurz vor Schluß: „Ich esse das nicht, ich will Bockwurst!“ Und damit ist der Essenspost auch eigentlich schon beendet. Der Abend war übrigens sehr angenehm.


Freitag, 18. Mai 2012

Dietrich Fischer-Dieskau in memoriam


Ich bin der Welt abhanden gekommen /  I am lost to the world
Friedrich Rückert - Gustav Mahler


Alles endet, was entstehet / Everything ends which comes to be
Michelangelo Buonarroti - Hugo Wolf


Ich habe genug /  I have enough
Johann Sebastian Bach, BWV 82

Donnerstag, 17. Mai 2012

Himmelfahrt &



„Was heißt Christi Himmelfahrt?

Es bedeutet den Glauben daran, daß in Christus der Mensch, das Wesen Mensch, an dem wir alle Anteil haben, auf eine unerhörte und neue Art eingetreten ist ins Innere Gottes. Es bedeutet, daß der Mensch in Gott Raum findet auf immer. Der Himmel ist nicht ein Ort über den Sternen, er ist etwas viel Kühneres und Größeres: das Platzhaben des Menschen in Gott, das in der Durchdringung von Menschheit und Gottheit im gekreuzigten und erhöhten Menschen Jesus seinen Grund hat...“

Der Herr Morgenländer hat diesen Text Benedikt XVI. ausgegraben, der mich aufrichtig sprachlos machte beim ersten Lesen. Ich hätte wohl besser meinen evangelischen Gottesdienst heute ausgelassen, mit einer äußerlich gefälligen, aber innerlich eher unangenehm-liberalen Predigt (überwiegend). Gut!

Da ich heute gekocht habe, vielleicht doch ein paar Anmerkungen dazu (dies ist ein Versuch, mich  müde zu schreiben).


Ja, dieser Hackbraten hat zum Entsetzen gewisser Personen tatsächlich mehr als 1 Stunde in der Zubereitung gebraucht (Schwein & Rind, kleingehackte Zwiebeln sowie eingelegte Paprika und Tomaten, Knoblauch, Thymian, Oregano, Schnittlauch, 3 Eier, Semmelmehl, ich hab bestimmt noch einiges vergessen).



Dazu Spargel und eine Soße davon (die ich nicht zubereitet habe, aus dem Spargelwasser, Eigelb, Butter und Sahne, wenn ich mich recht erinnere). Von meiner Seite wiederum ein Bärlauch-Pesto, alles sehr nett, wenn auch spät, die Katastrophe: Dann kam Besuch, unangemeldet. Alles sehr unterhaltsam.




Mittwoch, 16. Mai 2012

Friedrich Rückert



Als ich mich kürzlich entschied, doch nichts über Friedrich Rückert zu schreiben (er wurde am 16. Mai 1788 geboren), konnte ich nicht ahnen, daß er plötzlich so aktuell werden würde, gewissermaßen. Immerhin hat er einen Zyklus namens „Kindertodtenlieder“ geschrieben und anderes, das sich zum „deutschen Kunstlied“ emporgehoben hat, durch das Hinzutreten großer Komponisten des 19. Jahrhunderts.

Gut, Gustav Mahler ist schon spätes 19. Jahrhundert, es dauerte halt sehr lange. Aber das nachfolgende, nicht unbeachtliche Gedicht, von Mahler so eindringlich vertont, daß es gleich einem Messer in die Seele einschneidet, und dann von Dietrich Fischer-Dieskau vorgetragen – all dies verschafft eine Ahnung davon, welcher Anstrengungen es bedarf, um in die Tiefe des Daseins einzutreten und dort zu bestehen, und warum gültig erschaffene Kunst eine Sache größter Ernsthaftigkeit ist.

Dietrich Fischer-Dieskau ist heute verstorben, ich werde anschließend nur ein paar Musik-Videos anbringen unter dem richtigen Datum (es gibt Grenzen der Geschwätzigkeit - übrigens für meine tapferen englischsprachigen Leser, hier findet sich eine Übersetzung von der verdienstvollen Emily Ezust).

Friedrich Rückert
Ich bin der Welt abhanden gekommen

Ich bin der Welt abhanden gekommen,
Mit der ich sonst viele Zeit verdorben,
Sie hat so lange nichts von mir vernommen,
Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben!

Es ist mir auch gar nichts daran gelegen,
Ob sie mich für gestorben hält,
Ich kann auch gar nichts sagen dagegen,
Denn wirklich bin ich gestorben der Welt.

Ich bin gestorben dem Weltgetümmel,
Und ruh' in einem stillen Gebiet!
Ich leb' allein in meinem Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied!

nachgetragen am 18. Mai

Dienstag, 15. Mai 2012

Widerstrebende Parteilichkeit


"Veni Creator Spiritus"

Da komme ich von einem angenehmen Orgelkonzert und erinnere mich an meine Zusage, endlich meine polemische Seite zu offenbaren. Wo ich doch am liebsten über Amseln, Rosen und mißlungenen Schweinebraten berichte. *seufz

Und inzwischen haben wir tatsächlich schon wieder Himmelfahrts-Abend, die fröhlich grölenden Nachbarn sind entweder heiser oder einfach müde geworden und ich habe mich entschlossen, dann doch 3 meiner „böseren“ Texte zu präsentieren.

Nur kurz zum Orgelkonzert, wir haben hier gerade die 20. Internationalen Orgeltage an St. Johannis und an besagtem Dienstag präsentierte ein Herr Edward de Geest (Gent Kathedrale, Belgien) ausgesprochen beeindruckend das Nachfolgende:

Dietrich Buxtehude – Toccata und Fuge in F-Dur – Choralphantasie über „Wie schön leuchtet der Morgenstern“,
Johann Pachelbel – Aria Sebaldina,
Johann Sebastian Bach – Choralvorspiel „Nun komm der Heiden Heiland“, BWV 659 – Präludium und Fuge in G-Dur, BWV 540.

Nach der Pause:

Johann Christian Kittel – Choralvariationen über „Straf mich nicht in deinem Zorn“,
Félix-Alexandre Guilmant – Sonatine „Gottes Zeit, ist die beste Zeit“ nach J. S. Bach – Sinfonia „Wir danken dir Gott, wir danken dir“ nach J. S. Bach – Preludio aus der Violinsonate nach A. Corelli – Salmo XIX nach B. Marcello,
Gabriël Verschraegen – Postludium über „Gaudeamus“ – Choralvorspiel über „Placare“ – Partita per octavo tono über „Veni Creator Spiritus“.

„Nun komm der Heiden Heiland“ hat er für mich atemberaubend lyrisch-rhetorisch präsentiert (ich habe übrigens komplett keine Ahnung von diesen Dingen, schwadroniere einfach so drauflos, hier findet man seine Website, über die deutsche Variante sollte vielleicht einmal ein Muttersprachler schauen).

Ich muß jetzt 2 Geständnisse machen: Üblicherweise schlafe ich bei Orgelkonzerten nach kurzer Zeit fast ein (wahrscheinlich ist meine Aufmerksamkeitsfähigkeit partiell ruiniert, keine Ahnung warum). Dies war diesmal nicht ansatzweise der Fall. Nr. 2: Ich verabscheue moderne „nicht-populäre“ Musik, also Schönberg und Konsorten. Deshalb dachte ich in der Pause 'willst du dir wirklich diesen schönen Eindruck jetzt kaputt machen lassen?', andere dachten offensichtlich ebenso, es leerte sich merklich, ich aber blieb.Und die letztgenannten Variationen über gregorianische Hymnen lohnten das Bleiben (u.a.). Ach der Eingangshymnus oben, den habe ich bei meinen unbefriedigend ausgegangenen Versuchen gefunden, das Programm etwas zu illustrieren, leicht merkwürdig, aber überwiegend sehr schön.

Meine Texte, ja: Zuerst amüsiere ich mich über die Gleichsetzung von „konservativ“ und „dumm“ und dann über die Variante, in der das „Religiöse“ den dummen Part einnimmt. Und dann hatte ich einmal einen Gastbeitrag bei dem hochgeschätzten Herrn Morgenländer hinterlassen, der mir inzwischen fast zu sehr tagespolitisch erscheint (der Beitrag). Wie auch immer.

Montag, 14. Mai 2012

Sonntag, 13. Mai 2012

Sonntag &

roughly translated

Ich bin heute etwas zurückhaltend mit dem gewohnten Essensbericht. Der Grund – meine Frau Mutter. Sie überraschte mich mit der Nachricht, sie habe schon einmal angefangen, damit es endlich wieder einmal „pünktlich“ Mittag gebe. Nun ja, es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, daß wir uns beim Kochen in eher unterschiedlichen Welten bewegen.


Was ich also vorfand: Die beiden Stücke Fleisch (von Rind und Schwein) schmorten seit einer Stunde im Ofen auf Zwiebeln (soweit in Ordnung) und am Boden des Bräters glänzte 2 Finger dick das flüssige Fett (sie hatte nicht nur tüchtig Butterschmalz hineingetan, sondern auch eine dicke Schicht von Bauchspeck als Grundlage gelegt, der war nun ziemlich ausgelassen). Da konnte ich dann nur noch ein paar frische Kräuter hinterherwerfen, nach dem ich die Fleischstücke erst einmal gewendet hatte, damit die ledrige Kruste etwas weicher wurde. So ist halt das Rezept, wie sie es immer gemacht hatte, also konnte sie nichts merkwürdig daran finden.


Mit etwas Saurer Sahne, viel Pfeffer, Wasser und Mehl ließ sich dann irgendwie auch noch eine Sauce aus dem Fond gewinnen, die ihr jedenfalls erkennbar geschmeckt hatte, ich hingegen beschränkte mich mehr auf Braten und Blumenkohl, beides war sogar recht in Ordnung, nun ja.

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Today I am a little hesitant with the usual report. The reason – an elderly lady in this house. My mother surprised me with the news she had already started, so that we would have finally lunch  "promptly" once again. Well, it is unnecessary to point out that our „cooking worlds“ are rather different.

What I found was: The two pieces of meat (beef and pork) stewed for an hour now in the oven on onions (that was fine for me) and at the bottom of the roaster I discovered 2 fingers thick glittering liquid fat (she had put into it not only a lot of butter, but a thick layer of fat bacon laid on the bottom, which was quite rendered at this moment). The only thing I could do now was throwing a few fresh herbs afterwards, after I had turned the meat, so the leathery crust got a chance to get a bit softer. For her it was simply the recipe as she had always done, so she could not find anything strange about it.

With a little sour cream, lots of pepper, water and flour somehow even a sauce could gain from the gravy, which she enjoyed obviously, I had however limited myself more on meat and cauliflower, both were indeed quite fine, well...