Freitag, 3. Januar 2025

Auf einem Hügel - ein magischer Ort

 

Der erste wirkliche Schnee des Winters und ein Ort, wie aus dem Herrn der Ringe entsprungen. Nur daß die damals noch nicht die Gotik kannten, wie zu mutmaßen ist. Ein achteckiger zweigeschossiger Bau in gotischen Formen, bekrönt von einer Laterne mit einem Kreuz. Ein magischer Platz also, von dem wenigstens die Bilder hoffentlich eine Ahnung zu vermitteln vermögen.


Ein Gutsbesitzer aus dem Schwerinschen (unser Großherzogtum war durchaus übersichtlich, es sind wenig mehr als 10 km nördlich der Residenzstadt), weitläufig verwandt mit dem Turnvater Jahn, hatte im Gedenken an seine früh verstorbene Gattin diese Kapelle auf einem Hügel errichten lassen. Genauer gesagt, mußte er dafür den Großherzog Friedrich Franz II. zuvor um Erlaubnis bitten.

Aus dem Antrag des Eduard Rudolph Jahn vom 28. Januar 1851 an Höchstdenselben:

„Allergnädigster Großherzog und Herr!

Durch die Gnade des hochseeligen Großherzogs Herrn Friederich Franz wurde es meinem verstorbenen Vater gestattet, auf einer waldigen Anhöhe der hiesigen Feldmark, dem sogenannten Klingenberge, ein Familienbegräbniß errichten zu dürfen; es wurde die Stelle von Predigers Hand geweiht… und ruht mein verstorbener Vater daselbst einige und zwanzig Jahre.

Es verletzt mich tief, wenn ich die Stätte des Friedens, der ich vor einem halben Jahre auch mein Teuerstes, meine geliebte Gattin anvertrauen mußte bei vorkommenden Fällen stets wieder zerstoren sehn und wage ich Ew. königl. Hoheit wieder meine unterthänigste Bitte dahin auszusprechen: Euer königl. Hoheit wollen huldreichst zu genehmigen geruhen, daß ich auf dem sogenannten Klingenberge eine Grab-Kapelle, als Familienbegräbniß errichten darf.

Durch die harte Hand des Schicksals tief gebeugt, glaube ich hierin einigen, wenn auch nur schwachen Trost zu finden...“

Der Bitte wurde entsprochen, die Kapelle wurde errichtet. Aber sie wurde nie geweiht, die Angehörigen blieben vor ihr bestattet. Möglicherweise deshalb, weil der Gutsbesitzer Jahn nicht mehr sehr lange an diesem Ort verblieb. So wurde es früh zu einem gewissermaßen verwaisten Ort.


Einige Umstürze später gab es die sehr reale Gefahr, daß auch dieser Ort verschwinden könnte und allenfalls als ruinenaftes Zeichen bestehen bleiben.

Wenn etwas Schönes vor dem Verfall geretttet wird, hat das schon allein deshalb eine besondere Magie. Und dieses Wunder geschah. Aus privater Initiative, mit erkämpften Fördermitteln, aber vor allem der unglaublichen Unterstützung der umliegenden Anwohner.


Einer der wesentlich Beteiligten, Prof. Behrens von der Fachhochschule Neubrandenburg, führte mich und Freunde zu dem Ort und rollte seine Erkenntnisse und Mutmaßungen aus. Etwa, daß unser Neustrelitzer Baumeister Buttel wohl der Urheber gewesen sein müsse. (Es sind keine Unterlagen überliefert.) Ja, wer denn sonst? Selbst seine „Baufehler“ zeugen von seiner Gesinnung, mit der er Schönheit über Nützlichkeit stellte, was den Nachfahren die Sache etwas schwerer machte.

Daß der Professor und seine Gattin das Kreuz gesponsert haben, wie ich beiläufig hörte, wird ihnen zweifelsohne im Himmelreich wohl angerechnet werden.


Ach, und endlich habe ich die Gelegenheit, denen, die auf diesen letztlich etwas vernachlässigten Ort dennoch stoßen, ein 

Gesegnetes und mit Freude und Hoffnung erfülltes Neues Jahr 

zu wünschen.

 

 nachgetragen am 16. Januar 2025