Freitag, 9. Oktober 2009

Einmal mehr über den Mond



Ein äußerst liebenswürdiger Gentleman aus dem Staate Washington ist schuld an diesem Anfang, „Butch“, wie er sich dort nennt, von „Butch's Banter“ erinnerte mich an ein Werk vom Anfang der Filmgeschichte von Georges Méliès aus dem Jahre 1902 – „Die Reise zum Mond“ bzw. „Le Voyage dans la Lune“. Dieser Film hat wirklich ganz erstaunliche Bilderfindungen, aber abgesehen davon ist es natürlich auch kurios, wenn man sieht, wie die Darsteller etwa ständig mit ihren Armen wedeln. Aber, wenn man keinen Ton hat, muß man eben mehr in Gebärden machen. Um einen bösen Vergleich zu ziehen, das ist wie heute, wenn man nichts zu sagen hat, muß man umso mehr Staub aufwirbeln.



Das ist überhaupt das Stichwort, seine Bemerkung bezog sich eigentlich auf ein Experiment der NASA von heute, durch den Aufschlag von zwei Flugkörpern auf dem Mond sollten aus der Trümmerwolke Daten erhoben werden, um Beweise für Wasser dort zu finden. Das hat inzwischen stattgefunden, wir wollen hoffen, daß es auch erfolgreich war. Ich glaube, ich habe hier noch nie erwähnt, daß ich ein hoffnungsloser SF- und Naturwissenschafts-Fan bin.


Caspar David Friedrich,
Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819
hier gefunden

Darum sollte es heute nicht unbedingt gehen. Das wäre dann der ursprüngliche Anlaß dieser Bemerkungen, ein Gemälde von Caspar David Friedrich, „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, von 1819. Es ist so eine Art nationaler Ikone, falls es in diesem übriggebliebenen Land so etwas gibt.

Natürlich geht es bei C. D. Friedrich immer um die allerletzten Dinge: Tod, die Ewigkeit, Gott; aber ist jemandem gerade aufgefallen, daß diese beiden Männer sich umfassen, obwohl sie auf ein Gleichnis des Ewigen schauen. Es ist also kein in Erz gegossenes Naturgesetz, daß das Schauen auf das Ewige in die Vereinzelung treiben muß. Um es mit einem kindlichen Gedanken zu sagen, C.D. Friedrich scheint mitunter wie ein älterer Onkel, der einen fragt, ob er einen bei der Hand nehmen dürfe, um etwas Interessantes zu zeigen.

Diese Bemerkung ist weniger absurd, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag, denn laut Friedrichs Freund Wilhelm Wegener hat er hier sich und seinen 1822 verstorbenen Schüler August Heinrich dargestellt, beide übrigens in altdeutscher Tracht, eine in den Befreiungskriegen aufgekommene patriotische Mode, die sich bewußt auch historischer Reminiszenzen bediente und später zum Zeichen der oppositionellen Studenten wurde. Die ironische Antwort Friedrichs auf die Frage, was es denn mit diesen Männern auf sich habe: "Die machen demagogische Umtriebe", war also durchaus hintergründig.

Diese beiden Männer stehen ersichtlich an einem Hünengrab, auch das ein Hinweis auf, ja was eigentlich? Eine heroische Vergangenheit, die Vergänglichkeit menschlicher Erinnerung, die Last des Gedächtnisses? Wenn etwas wirkliche Kunst ist, läßt es sich nicht auf eine Bedeutung festlegen. Ich hätte jetzt fast geschrieben, wer wollte bestreiten, daß dies große Kunst sei, aber doch, das hat es gegeben, bis noch vor gar nicht so langer Zeit.

Aber die beiden schauen nicht auf das Hünengrab, das liegt hinter ihnen. Sie schauen vorbei an einem halb entwurzelten und verdorrten Baum auf den Mond. Und auch wenn sie vielleicht noch nicht wußten, daß dieser einmal von uns beschossen werden würde, so wird man doch sagen dürfen, daß ihnen dieser Mond eher ein Anlaß ist, ein Zeichen, etwas, das da ist, damit man durch es hindurch in viel weitere Regionen sehen kann, vor denen die Sprache verstummt, die nur das Schweigen erreicht, ein gemeinsames Schweigen.

Zwei Männer, sich zu Nation und Herkommen bekennend, suchen etwas, das über dieses hinausführt.

„Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Hebr. 13,14

Manche sagen, der Mond stehe hier für das Licht Christi, warum nicht.

3 Kommentare:

Butch hat gesagt…

Nice entry, Martin. This is the first time I saw this silent movie. I have only seen about ten seconds of the rocket slamming into the moon, but never the whole movie.
Thanks!

MartininBroda hat gesagt…

Honestly said I fell asleep while writing, after finishing it today I will translate it with some links to an English version.

MartininBroda hat gesagt…

I guess I will translate it this Sunday.