Samstag, 8. Mai 2010

Zum Kriegsende


(c) Reinhard Graefe
"die wirklichkeit ist immer unterwegs"

Natürlich bewegen einen in diesen Tagen Gedanken an das Kriegsende 1945, den „Zusammenbruch“, den „Tag der Befreiung“, was auch immer. Bekanntlich werde ich immer recht, sagen wir befangen, sobald ich etwas über die letzten 80 Jahre schreiben soll, die wenigen Anläufe dazu kürzlich sind schnell wieder irgendwie steckengeblieben. Dabei ist es nicht selten wirklich bestürzend nah, was einem aus Originalzeugnissen da entgegentritt, so daß man fast versucht ist… Herr Roloff hat mir aus der Bredouille geholfen, indem er mir die Gelegenheit gibt, aus Anlaß dieses Tages seine heute gehaltene Ansprache zu bringen, sie lautet wie folgt:

Ansprache zum 65. Jahrestag des Kriegsendes in Europa am 8. Mai 2010 in der Evangelischen Kirche St. Marien und Willebrord zu Schönhausen

1. Mose 11, 1-9 und Luk 14, 11-14

Der Friede des Auferstandenen sei mit euch!

An diesem Abend blicken wir weit zurück. 65 Jahre sind vergangen, seit der II. Weltkrieg in Europa sein Ende gefunden hat. In Asien sollte noch ein Vierteljahr vergehen, ehe nach den grauenhaften Atombombenabwürfen die Waffen schwiegen.

Wie konnte geschehen, worauf wir heute schauen?

Unser Kontinent stand am Ende zweier Kriege, deren Geschichte unlöslich miteinander verbunden ist, und die weit zurückreicht in die vergangenen Jahrhunderte.

In diesen beiden Kriegen hat sich die Geschichte der Selbstermächtigung des Menschen erfüllt. Gott wurde zwar noch viel im Munde geführt, aber man hatte aufgehört, sich ihm zu unterwerfen. Das war zunächst keineswegs nur ein Makel der einen oder der anderen Nation, sondern es war der Irrtum aller Nationen, die sich selbst zum Maßstab machten, und die daran glaubten, nur sie selbst wären erwählt.

Dabei ist es doch so einfach zu erkennen, dass Gott nicht das eine oder das andere Volk erwählt, sondern sein Volk aus allen Völkern ruft. Lasst uns immer daran denken und davon künden, dass wir im Glauben an den auferstandenen Christus Gemeinschaft mit allen Völkern finden.

Das erste Opfer eines jeden Krieges ist immer die Wahrheit. Die Menschen glauben, dass sie die Wahrheit selbst erfinden können und sind dann stolz auf ihre eigenen Lehren und hängen ihnen fanatisch an und merken gar nicht, dass sie bestenfalls ihrer Selbstsucht einen Namen geben.

Dabei ist es doch leicht zu erkennen, dass wir die Wahrheit nur bei dem finden können, der selbst die Wahrheit ist, und der uns zum Frieden ruft und zur Demut.

Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Lasst uns entschieden danach trachten zu ihnen zu gehören, indem wir auf Christus hören.

Ist denn das Zeitalter der Selbsterhöhung des Menschen nun vorbei?

Wir wollen hoffen und wir wollen beten, dass dem so ist. Das ist die Aufgabe der christlichen Kirche, immer wieder zu mahnen: Wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden.

Zum 8. Mai 1985 hat der damalige Bischof von Berlin im Angesicht der Teilung unserer Hauptstadt und des ganzen Landes festgestellt: „Das trostlose Ergebnis der Sünde ist immer die Trennung, die Trennung von Gott und die Trennung der Menschen.“

Seitdem ist uns Deutschen ein wunderbares Geschenk zuteil geworden, das wir mit den Völkern Europas gemeinsam haben und ihnen in wichtigen Teilen sogar verdanken. Wir haben Freiheit und Einheit wiedererlangt. Wir leben im Frieden.

Es wäre eine große Mission gewesen, von der Macht der Hoffnung und der Gewaltlosigkeit vor dem Hintergrund unserer Geschichte von nun an auch in der Welt zu künden und zu wirken.

Es waren ausgerechnet als pazifistisch gegründete, politische Kräfte, die diese Möglichkeit in den Balkankriegen aufgaben und wieder deutsche Soldaten in Kriege schickten. Heute stehen sie in vielen Teilen der Welt.

Es waren und sind legitime deutsche Regierungen, es ist die Mehrheit des Deutschen Bundestages, die diese Entscheidungen getroffen haben. Darum beten wir für den Dienst unserer Soldaten und um ihre Heimkehr. Ist nicht aber allein schon der Umgang der Verantwortlichen mit dem Begriff des „Krieges“ ein sichtbares und beunruhigendes Zeichen dafür, mit wieviel schlechtem Gewissen die Entscheidungen getroffen wurden, und wie sehr auch dort bereits die Wahrheit ein Opfer des Handelns geworden ist.

Aber wir dürfen, ja als Christen müssen wir, dieser Wahrheit vertrauend, anderes hoffen, denn nichts wird besser durch die Gefallenenanzeigen in unseren Zeitungen, an die ich mich nicht gewöhnen will und niemals gewöhnen werde.

An diesem Abend richte ich an sie alle den dringenden Appell, im Gebet nicht nachzulassen, im Glauben nicht nachzulassen und dem Frieden zu dienen.

Amen

Friede sei mit euch!
Thomas Roloff

Anmerkung

Das obige Bild stammt von einem hiesigen Maler, er hat mir die Abbildung soeben geschickt und ich will in den nächsten Tagen gern noch ein paar weitere Erläuterungen dazu abgeben. Es hat mich tatsächlich beeindruckt, aber ich dachte eben, ich zeige es schon einmal hier, denn es scheint zum Thema mehr als nur zu passen.

1 Kommentar:

Walter A. Aue hat gesagt…

Ein herzergreifendes "dona nobis pacem".

Vergleiche Mattheus 10:34:
"Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert."