Sonntag, 27. Januar 2013

Sonntag &




Dieser Sonntag heißt Septuagesimae (das bedeutet 70 Tage vor Ostern, was nur so leidlich hinkommt, Traditionen jedoch haben meist etwas von Bäumen an sich und sind eher krumm gewachsen, aber dieser (englischsprachige) Artikel gibt gute Erklärungen dazu). In anderen Worten, es hat durchaus seinen Sinn, daß es der erste Post-Tannenbaum-Sonntag war, wir berichteten.

Das Gericht war so wenig aufregend, daß ich bis heute wartete, ob mir nicht noch etwas Originelles einfallen würde, das tat es aber nicht. Und das hat nichts damit zu tun, daß meine Frau Mutter ausnahmsweise kochte. Ich hatte ihr gesagt, nächstes Mal gäbe es etwas Ausgefallenes, deshalb würde ich ihr diesmal die Zutaten für eines ihrer gewohnten Gerichte herbeischaffen:

Es wurden Schweinerouladen, gefüllt mit Speck, Gurken und Zwiebeln. Dazu geschmorte Mohrrüben (mein einziger Beitrag) und eingelegte Gurken. Nun es war alles so, wie erwartet, was nichts Schlimmes bedeuten muß.

Der Abend versank dann im Schnee (der gerade wegtaut), und als ich die Bilder von der Kamera herunterlud, schlummerte da noch dieses vorjährige Tulpenbild, rührend irgendwie.


nachgetragen am 29. Januar

Samstag, 26. Januar 2013

Baum - Abschied





Bis zu Mariä Lichtmeß hat es der Baum nun also doch nicht geschafft, aber es ist ja auch ein protestantischer Weihnachtsbaum, irgendwie. Bzw. war, denn seit gestern gibt es ihn nicht mehr (ich trage dies am Sonntag nach), irgendwie brach sich die Vernunft ihre Bahn, obwohl der Geruch brennender Tannenzweige wirklich in angenehmer Weise kräftig ist (das Geräusch des Feuermelders leider auch, nur anders).

Wenn man sich einen Baum ins Zimmer stellt zum langsam Dahinsterben, hat das irgendwie etwas von einem Opfer. Aber was wäre die zu verehrende Wesenheit? Nostalgie, Frömmigkeit, Sentimentalität, gar die Gemütlichkeit? Wir wissen es nicht und lassen all dies für heute auf sich beruhen, nebst ein paar Bildern vom dahingeschiedenen, jüngsten Weihnachtsbaum.








Freitag, 25. Januar 2013

Später kalter Abend




Pauli Bekehrung &


Parmigianino, Sturz des Hl. Paulus

„An Pauli Bekehr ist der Winter halb hin und halb her,“ - lese ich zum heutigen Gedenktag an die  Bekehrung des Apostels Paulus vor Damaskus, nun ja. Bevor wir uns dem ein wenig nähern: Ich habe einen meiner steckengebliebenen Entwürfe fertig geschrieben. Schon länger versuche ich etwas Zusammenhängendes über den Dichter Oskar Loerke zustande zu bringen, aber der Mann entzieht sich dem irgendwie erfolgreich. Der eben genannte Beitrag schlummerte seit dem 16. November letzten Jahres und gehört in die Abteilung der „See - Gedichte“, neben dem Text gibt es noch ein paar kommentierende Zeilen, aber wer mag, schaue hier.


Heinrich Schütz, Symphoniae sacrae III, Opus 12, SWV 415
"Saul, Saul, was verfolgst du mich", hier gefunden

„Saulus aber schnaubete noch mit Dräuen und Morden wider die Jünger des HErrn und ging zum Hohenpriester und bat ihn um Briefe gen Damaskus an die Schulen, auf daß, so er etliche dieses Wegs fände, Männer und Weiber, er sie gebunden führete gen Jerusalem.
Und da er auf dem Wege war und nahe an Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Und er fiel auf die Erde und hörete eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgest du mich?
Er aber sprach: HErr, wer bist du? Der HErr sprach: Ich bin JEsus, den du verfolgest. Es wird dir schwer werden, wider den Stachel lecken. Und er sprach mit Zittern und Zagen: HErr, was willst du, daß ich tun soll? Der HErr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.
Die Männer aber, die seine Gefährten waren, stunden und waren erstarret; denn sie höreten eine Stimme und sahen niemand. Saulus aber richtete sich auf von der Erde, und als er seine Augen auftat, sah er niemand. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führeten ihn gen Damaskus.
Und war drei Tage nicht sehend und aß nicht und trank nicht...
Und Ananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Lieber Bruder Saul, der HErr hat mich gesandt (der dir erschienen ist auf dem Wege, da du herkamest), daß du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllet werdest.
Und alsobald fiel es von seinen Augen wie Schuppen; und ward wieder sehend und stund auf, ließ sich taufen und nahm Speise zu sich und stärkete sich.“
Apostelgeschichte 9. 1-9, 17 -19

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel wird Saulus vom Erscheinen unseres Herrn getroffen und verwandelt. Vielleicht auch ein Lehrstück darüber, wie wandlungsfähig unser Leben sein kann und wie wenig es letztlich an die Bahnen gebunden ist, die es scheinbar so endgültig bestimmen.

Papst Benedikt XVI. hat 2012 am Fest der Bekehrung des Apostels Paulus beschrieben, wie Gott den Menschen Saulus zu Paulus verwandelt hat (man findet den Text hier). Dies geschah in einer Ökumenischen Vesper zum Abschluß der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen, und mit dem nachfolgenden Zitat möchte ich enden:

„Unsere Spaltungen verdunkeln unser Zeugnis für Christus. Das Ziel der vollen Einheit, die wir in tätiger Hoffnung erwarten und für die wir voll Vertrauen beten, ist kein nebensächlicher Sieg... In der heute vorherrschenden Kultur wird der Siegesgedanke häufig mit einem unmittelbaren Erfolg in Verbindung gebracht. In der christlichen Sicht hingegen ist der Sieg ein langer und in den Augen von uns Menschen nicht immer geradlinig verlaufender Prozeß der Verwandlung und des Wachstums im Guten. Sie vollzieht sich nach Gottes, nicht nach unseren Zeiten und verlangt von uns tiefen Glauben und geduldige Beharrlichkeit. Obwohl das Reich Gottes mit der Auferstehung Jesu endgültig in die Geschichte hereinbricht, ist es noch nicht vollkommen verwirklicht. Der endgültige Sieg wird erst mit der Wiederkunft des Herrn erfolgen, auf die wir mit geduldiger Hoffnung warten. Auch unser Warten auf die sichtbare Einheit der Kirche muß geduldig und vertrauensvoll sein... Die Haltung geduldigen Wartens bedeutet nicht Passivität oder Resignation, sondern eine bereitwillige und aufmerksame Antwort auf jede Möglichkeit zu Gemeinschaft und Brüderlichkeit, die uns der Herr schenkt.“

El Greco, Hl. Paulus

Sonntag, 20. Januar 2013

Über Anrufbeantworter



Über Jahre hatte ich dieses Stück altgriechischer Musik, eine Hymne an die Muse aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert (wenn es denn je so geklungen hat, unser Wissen über antike Musik ist noch armseliger als das über antike Malerei, was für eine Verschwendung; wir schwimmen auf dem Treibholz des Übriggebliebenen) als “Barriere“ auf meinem Anrufbeantworter. Alle haben es gehaßt, außer mir. Ich bin heute Nacht zufällig darüber gestolpert. Nun ja, das Leben eben.

Sonntag &

poorly translated

Ich kann mich kaum an einen müderen Tag erinnern, merkwürdig. Selbst das übliche Sonntags-Mittagessen mutierte dadurch zu einem späten Nachmittags-“Vergnügen“. Was aber der Sache keinen wirklichen Abbruch tat. Denn im Halbschlaf sollte man nur Dinge tun, die einem wirklich vertraut sind.


Wir können den (nachgetragenen) Bericht folglich kurz fassen: Ein Schnitzelbraten vom Schwein mit Kräuterkruste. Da es schnell gehen mußte, waren es tiefgefrorene italienische Kräuter, in Butter und Senf verrührt. Immerhin bestand das „Bett“ neben Butterschmalz und kleingeschnittenen Zwiebeln auch noch aus ein paar frischen Kräutern, soweit sie die kräuterunfreundliche Zeit auf dem Boden überstanden hatten (Rosmarin, Salbei und Thymian).


Dazu der übliche Blumenkohl mit Muskat. Ach, und ich hatte mir einen Salat gemacht (Schafskäse, Tomaten, eingelegte Paprika und Gurken, Oliven, ein paar getrocknete Kräuter, Olivenöl, das war es, glaube ich). Merkwürdigerweise lesen dies, was vor langer Zeit aus Einfallslosigkeit geboren worden war, tatsächlich Menschen, ich weiß. Und wenn man einmal etwas in die Welt gesetzt hat, ist man auch darin gefangen. Also erfüllen wir unsere Verpflichtungen, verspätet. Es war übrigens alles recht gut.


I can barely remember a more tired day, strange. Even the usual Sunday lunch mutated into a late-afternoon "delight". But that didn’t any harm to it. Well, half asleep one should do only things that he is really familiar with.

We can let the (belated added) report be therefore brief: A cutlet-roast of pork with herb crust. Since it had to be fast, frozen Italian herbs, stirred in butter and mustard. After all, there were in the "bed" next to butter and chopped onions a few fresh herbs (what survived the unfriendly time for herbs up there at the attic - rosemary, sage and thyme).

The usual cauliflower with nutmeg. Oh, and I had made a salad (feta cheese, tomatoes, pickled peppers and cucumbers, olives, a few dried herbs, olive oil, that's it, I think). Oddly enough actually people are reading this I know, what was born a long time ago from a lack of imagination. And once you put something out into the world, you’re caught. So we fulfill our obligations, belatedly. And by the way, it was all pretty good.

beendet am 21. Januar

Donnerstag, 17. Januar 2013

Zeitungslektüre &


Denkmal Kaiser Wilhelm I. vor dem Berliner Stadtschloß, 1900

Das Linke (jedenfalls die Unterart hier) ist ein reflexhaftes Wesen, jetzt hat ein (linker) französischer Präsident eine kleine Militärintervention in Afrika gestartet, und man ist natürlich empört, weiß aber nicht recht, wo man die Empörung hinstecken soll. Und dann jubeln diese Malinesen auch noch, wie unhöflich. Frau Merkel, lese ich heute in der FAZ, versucht Europa auf verschlagenen Umwegen ökonomisch zu dominieren, ihr Counterpart in Frankreich sucht den Ausweg nochmal auf die altmodische Weise. Nicht sehr unterhaltsam das alles.

Ach, und dann lese ich, daß den Berliner Schloßnachbau ein „harter Platz“ umgeben soll, also möglichst grünfrei und vor allem ohne Begas – Brunnen, denn das wäre „Disneyland“, aha. Belobhudelt wurde die ausgedachte Ödnis als „sensibel, poetisch, urban“. Der eigene Reflex würde ausrufen: „Herr, wirf Hirn vom Himmel!“; aber erstens ist das auch Klischee, und zweitens würde es bei weitem nicht ausreichen. Da wir gelesen haben, wir würden nicht geprüft werden über unsere Kraft hinaus, üben wir uns also folglich im Ertragen der Gegenwart.

Doch halt, gestern auf Arte hörte ich, der biologische Geschlechterunterschied sei derart minimal, daß man ihn angesichts der sozialen Determination quasi vernachlässigen könne, man wähle sozusagen sein Geschlecht. Und jetzt kommt die Volte, würde der Mann mehr seine weiblichen Anteile zulassen, transformierte sich die Welt (nach all dem Bösen der Geschichte) holterdipolter in einen viel lebenwerteren Ort (eben noch lernten wir, dies sei alles frei verfügbar, der Mensch erschaffe sich quasi selbst). Die Heilung kommt also vom Ur-Gut-Weiblichen. Ich konnte das alles nicht bis zum Ende ertragen, aber fragen muß ich mich doch, woher eigentlich kommt dieses hartnäckige Vorurteil, daß derartige Regungen auch nur beiläufig an der Vernunft entlanggelaufen wären, geschweige denn, von ihr irgendwie affiziert?

Neptunbrunnen vor dem Marstall, 1900

Montag, 14. Januar 2013

Sonntag &

poorly translated

Wie ich glaube, mehrfach schon erwähnt zu haben (ab einem gewissen Alter darf man einfach davon ausgehen, daß man alles schon mehrfach erwähnt hat) - besser die Bilder sind schlecht als daß einem selbst schlecht wurde, vom Essen nämlich. Ich hatte das Bedürfnis, die Erinnerung an die Ente vom 24. verblassen zu lassen und darum gab es sie heute erneut, nach bewährtem Rezept, das hier schon so oft aufgetaucht ist, daß ich nur summarisch vermelde:


Wieder wurde sie mit Boskoop-Äpfeln gefüllt und diesmal eine viertel Stunde länger (also 2 ¼  Stunden) im Ofen geschmort. Vor allem bin ich meiner eigenen Empfehlung gefolgt, sie nach spätestens 1 Stunde oft und regelmäßig mit dem Bratensud zu übergießen (dem einige Tassen Wasser hinzugefügt worden waren). Aus dem Sud wurde wie üblich die Soße mit der Hilfe von frischem Zitronensaft und etwas Zucker verfertigt. In der Realität wurde die Ente (der Rest ebenso) recht ordentlich; auf den Bildern, nun man sehe selbst.


Dazu Apfelrotkohl (es wurden ebenfalls wieder Boskoop-Äpfel verwendet, dazu kamen Pimentkörner, Nelken und Lorbeerblätter). Die einzige Abwechslung – Hefeklöße. Alles sehr rustikal also. Aber das Leben ist nun mal eine kompromißlastige Veranstaltung, und wenn dieselben dann sogar noch funktionieren, will ich auch meinen Frieden mit ihnen machen.


As I believe I have mentioned already several times (at a certain age you should just assume that you have mentioned everything several times) - better the pictures are bad than one has to feel this way, because of the food. I had the urge, to let the memory of the duck of December 24th to fade and therefore there was one again following the proven recipe that has appeared here so often. So I’ll only give a summary:

Again, the duck was filled with Boskoop apples and this time braised a quarter of an hour longer (i.e. 2 ¼ hours) in the oven. Above all, I've obeyed my own recommendation to pour it at least after 1 hour frequently and regularly with the gravy (a few cups of water had been added). From the gravy, as usual came the sauce with the help of fresh lemon juice and a little sugar. In reality, the duck was (& the rest as well) pretty neat; from the pictures one might doubt it, as you can see yourself.

Then red cabbage (also with Boskoop apples & allspice, cloves and bay leaves). The only variety - yeast dumplings. So it was all very rustic. But life has usually an inclination to be a compromising event (I meant it needs a willingness to compromise), and when it will even work out, I want to develop my tendency to make peace with it.

Sonntag, 13. Januar 2013

1. Sonntag nach Epiphanias


Herr Roloff hat mir diese Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias geschickt, und da ich heute den Gottesdienst geschwänzt habe, beruhige ich auch ein wenig mein schlechtes Gewissen, wenn ich sie im Anschluß bringe. Er erwähnt in seiner Predigt Hilarius von Poitiers. Dieser furchtlose Kämpfer gegen die Irrlehre des Arianismus starb 367 in Poitiers und wurde an einem 13. Januar beigesetzt. Deshalb ist dieses sein Gedenktag. Um zu sehen, welch beeindruckende Gestalt sich in ihm zeigt, genügt ein Blick auf ein Schreiben des Heiligen, das er gegen den Kaiser Konstantius gerichtet hatte:

„Wir wollen uns nicht fürchten vor dem, welcher den Leib tödten kann, die Seele aber nicht tödten kann; sondern wir wollen den fürchten, welcher Leib und Seele in die Hölle verderben kann. Lasset uns nicht um uns bekümmert seyn; denn die Haare unsers Hauptes sind gezählt. Und lasset uns durch den heiligen Geist der Wahrheit folgen, damit wir nicht durch den Geist des Irrthumes der Lüge glauben. Lasset uns mit Christo sterben, auf daß wir mit Christo herrschen. Denn noch länger zu schweigen, wäre ein Zeichen von Mißtrauen, kein Beweis der Bescheidenheit; weil es eben so gefährlich ist, immer zu schweigen, als niemals.“

„Denn es sind Schriften vorhanden, welche darthun, daß das, was du für verbrecherisch hältst, damals mit religiösem Sinne angenommen worden sey. Höre den heiligen Sinn der Worte, vernimm die unversehrte Bestimmung der Kirche, höre das Glaubensbekenntniß deines Vaters; vernimm das zuversichtliche Vertrauen der menschlichen Hoffnung; höre die öffentliche Meinung über die Verwerfung der Irrlehren; erkenne es, daß du ein Feind der göttlichen Religion, ein Feind des Andenkens der Heiligen, und ein widerspenstiger Erbe der väterlichen Frömmigkeit bist.“

Hilarius gehört zu den verbindenden Gestalten von Ost- und Westkirche, etwas, das bald immer seltener wurde, leider. Er hat als einer der ersten Hymnen auf Latein gedichtet, wovon wir hier ein Beispiel finden. Es gäbe einiges weitere zu sagen, aber jetzt folgt dann doch die Predigt, begleitet von winterlichen Bildern, wir scheinen gerade wieder etwas Winter zugemutet zu bekommen. Was ich übrigens auch noch zu bringen hoffe, ist die heutige Ente, wir werden sehen.



Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias
Joh 1, 29-34

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserm Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde,

in der Liturgie feiern wir in jedem Kirchenjahr auch den ganzen Lebensweg unseres Herrn. Nach dem Geburtsfest und der Erinnerung an die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland steht heute bereits das Gedenken an die Taufe Jesu durch Johannes im Mittelpunkt. Die Taufe Jesu markiert ohne Zweifel den Höhepunkt der Beziehung zwischen diesen beiden Männern. Sie sind ganz deutlich aufeinander bezogen, sie sind sogar miteinander verwandt, ihre Botschaft ist identisch: „Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“

Die Taufe Jesu durch Johannes macht ihre Beziehung aber auch zum Paradigma für das Verhältnis eines jeden Christen zu seinem Herrn. Im Evangelium haben wir von Matthäus gehört, wie Johannes sich gewehrt hat, als Jesus sich von ihm hat taufen lassen wollen. Er sprach: „Ich bedarf wohl, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?“ Die Antwort Jesu ist merkwürdig: „Lass es jetzt also sein! Also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“

Die Haltung des Täufers ist mehr als verständlich. Warum soll sich der, der ohne Sünde ist, der Taufe unterwerfen, die zur Buße ruft? Der Theologie war dieser Umstand auch lange ein Ärgernis, und oft hielt sie es entschieden mit dem Einwand des Johannes. Ganz nebenbei sei bemerkt, wie sehr der Umstand, dass die Evangelisten die Taufe Jesu nicht verschwiegen sondern treu von ihr berichtet haben, obgleich sie scheinbar dem theologischen Programm nicht entsprach, für ihre tiefe Wahrheitsliebe spricht. Das sollen wir zum Anlass nehmen, um ihrem Wahrheitswillen auch zu vertrauen. Es macht keinen Sinn, immer gleich alles in Frage zu stellen, nur weil sich unserem Verstehen nicht sofort ein leichter Weg auftut.


Aber zurück zum Paradigma, zum Beispiel, dass das Verhältnis zwischen Johannes und Jesus uns gibt. Dieses wird nämlich besonders eindrucksvoll in den Versen des Johannesevangeliums deutlich, die uns heute zur Predigt aufgegeben sind:

Johannes spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!

Johannes macht sich zum Hinweis auf den, von dem das Heil kommt. Er macht sich zum Wegweiser, zum Herold, vor allem aber macht er sich zum Diener. Er macht sich zum Diener des Herrn und seiner Mitmenschen.

Siehe, das ist Gottes Lamm. Es ist unglaublich, dass dieser fundamentale Satz es vermocht hat, bis zu uns vorzudringen über die Jahrtausende und über Länder und Meere hinweg.

Dann beginnt Johannes scheinbar in Rätseln zu sprechen: „Dieser ist´s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“

Obwohl es alle menschliche Vorstellung übersteigt, versucht Johannes hier auszudrücken, was es bedeutet, dass sich in Jesus Gottheit und Menschheit miteinander verbunden haben. Durch seine Geburt, durch die Inkarnation, die Fleischwerdung, ist Jesus Mensch geworden und war dennoch als Gott von aller Ewigkeit her.

„Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er nicht war“ und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, die verdammt die Kirche.“

So lehrt es das Konzil von Nicäa auch im Ergebnis von menschlichem Nachdenken über drei Jahrhunderte hinweg im Jahre 325.

Johannes kann noch ganz offen bekennen: „Und ich kannte ihn nicht; sondern auf dass er offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.“

Johannes war wie jeder religiöse Mensch zunächst ein Suchender, der sich auf das Unbekannte einlassen musste, um zur Wahrheit zu gelangen. Dann folgt sein gewissenhaftes Bekenntnis, das verbunden ist mit einem Rückblick auf die Taufe, wie er sie erlebt hat: „Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich erkannte ihn nicht; aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist´s, der mit dem heiligen Geist tauft. Und ich sah es und zeugte, dass dieser ist Gottes Sohn.“

Mit diesem Bekenntnis wird Johannes der Täufer zum Diener an der durch Christus gewordenen Wahrheit.

Das ist das gültige neue Paradigma von dem ich sprach: Auch wenn es zunächst so aussieht, als würde sich Christus der Taufe des Johannes unterwerfen, als würde er sich der damals wohl recht großen Jüngerschaft des Täufers anschließen, so wird doch gerade in der Taufe Jesu Johannes zum Diener an ihm und seiner erlösenden Botschaft. Die Begegnung mit Christus macht uns zu Dienern der Wahrheit, oder sie lässt unser Menschsein leer und sinnlos werden, wenn wir uns ihm versagen. Was wäre die Taufe des Johannes noch, wenn er sich geweigert hätte dem Willen des Mensch gewordenen Gottes nachzugeben, der die Taufe wollte, um sich als solcher zu offenbaren?

Der Wille Gottes ist der einzige Weg zur Wahrheit, denn er ist die Wahrheit. So wird denn in der Taufe Jesu auch nicht eigene Sünde abgewaschen, sondern sein Menschsein bekräftigt und der Weg zum Heil erstmal offenbart. Die Kirche hat dann verstanden, wie in der Taufe Tod und Auferstehung verheißen wurden noch ehe sie geschichtliche Faktizität erlangt hatten – übrigens ganz ähnlich wie in der Feier des historischen Abendmahls, das auch den Tod begeht, ehe er erlitten war – dadurch kann nun auch in der christlichen Taufe eine Anteilnahme an der Auferstehung des Herrn eröffnet werden.


Hilarius von Poitiers, dessen Gedenktag heute begangen wird, und der ein bedeutender Bischof und Lehrer der Kirche im 4. Jahrhundert gewesen ist, hat es im arianischen Streit mit den schlichten Worten ausgedrückt: „Wer soll die Wahrheit sagen, wenn nicht der Diener der Wahrheit?“ In diesem Streit ging es um die wahre Gottheit Jesu, die durch die Arianer bestritten wurde, obgleich sie auch durch den Täufer im Evangelium klar bezeugt ist.

Nachdem Hilarius wegen seiner Standhaftigkeit im Glauben nach Kleinasien verbannt worden war, schrieb er glühende Worte an seine Gemeinden: „Schweigen wäre nicht Mäßigung, sondern Feigheit. Mögen die Hirten ihre Stimme erheben, nachdem die Mietlinge die Herde verlassen haben.“

351 wurde Martin von Tours Schüler von Hilarius und auch durch ihn getauft

Manchmal scheint es mir so zu sein, dass die großen Kämpfe unter uns Menschen niemals endgültig entschieden sind. Immer wieder drängen dieselben Zweifel heran, die das einzigartige Geschehen der in Christus vollbrachten Heilsgeschichte, seine Gottheit, die Notwendigkeit seines Leidens und Sterbens am Kreuz, die Tatsächlichkeit seiner Auferstehung in Frage stellen. Wir sollen ihnen, wie Hilarius, wie schon Johannes der Täufer begegnen durch das klare Bekenntnis der Wahrheit. „Nach mir kommt der Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“ Und auch wir sehen und bezeugen, dass dieser ist Gottes Sohn.

Nur aus diesem Bekenntnis heraus, nur aus unserer Dienerschaft gegenüber Gott, erheben sich unsere Begriffe von Wahrheit und Treue, die uns dann auch als Menschen untereinander binden. Nur, wo wir uns zum wahren Gott bekennen, können wir uns am Altar wahre Versprechungen geben und durch sie unser Leben gestalten. Ohne Wahrheit und Aufrichtigkeit im Glauben und in der Liebe zerfällt alles zu Nichts.

Das ist die Verheißung unserer Taufe, das ist die Hoffnung unseres Glaubens, das ist der Kern des Bekenntnisses zum Sohn Gottes.

Amen


Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unsern Herrn.

Amen
Thomas Roloff

Dienstag, 8. Januar 2013

Über Englisches auch

Lawrence Alma-Tadema, "A Reading from Homer"

Wo ich ausnahmsweise einmal hier und da einen Nebenblick auf den Fernseher werfe, stolpere ich über dieses Zitat, sinngemäß:  London sehe aus wie die Hauptstadt eines Imperiums, aber in Wirklichkeit sei sie das schon lange nicht mehr. Ach!? Es stammte von Peter Hitchens dem Bruder des krawallfreudigen Christopher Hitchens, der unlängst verschieden ist und sich sonstwo befinden mag.

Brüder mögen es, gegensätzlich zu sein. Peter Hitchens veredelt offenbar den Trennungsschmerz über das dahingeschiedene Empire, während sein Bruder, ich mag über den eigentlich nichts sagen, vielleicht nur soviel. Sein Atheismus hatte für mich etwas aggressiv, mir fehlt das Wort, ja -„Pornographisches“. Und man verstehe mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Pornographie, soweit ich überwiegend von ihr in Ruhe gelassen werde. Aber wenn mir jemand geifernd einzureden sucht, dies sei die 100%ige Wahrheit über menschliche Beziehungen, dann soll er Spaß beim Umgang mit seinen Gedanken haben (vermutlich hat er den eher nicht, wenn ja, sei es ihm dennoch gegönnt).

Missionarischer Atheismus langweilt mich komplett. Aber diese merkwürdige Konstellation, in der einem im Kern seines Selbst immer noch verunsicherten und gestörten Deutschland zugemutet wird, es strebe erneut (auf raffinierten Umwegen) nach der europäischen Herrschaft, das hat einen gewissen Unterhaltungswert...

Wir halten uns an das, wo unsere angelsächsischen Vettern tatsächlich einmal tüchtig waren: Sir Lawrence Alma-Tadema wurde von mir (vor 2 Jahren!) zum Glück schon einmal „gewürdigt“, zumindest war es so gemeint, er wurde am 8. Januar 1836 geboren. Ich habe mich vor kurzem an unserem Herrn Rauch abgemüht, und es ist immer wieder erstaunlich, wie die Reflexion des gleichen Gegenstandes, hier wohl eine Art Verwandtschaftsgefühl mit der Antike so gänzlich Unterschiedliches hervorzubringen vermag, dennoch untergründig verbunden durch das, auf das man sich bezog.

Ach und Arcangelo Corelli starb am 8. Januar 1713, er hat oft so etwas Befriedendes. Und darum wollen wir auch mit ihm enden.


Sonntag, 6. Januar 2013

Hl. 3 Könige

deplorable translated




Und mit den Heiligen Drei Königen war nun auch endgültig die Zeit der Resteverwertung herangekommen. Der Lachs vom 4. Advent bzw. was von ihm noch übrig und zwischenzeitlich tiefgefroren ruhiggestellt worden war, fand sich in einer Blätterteigpastete wieder, und ich erinnerte mich auch noch an 2 Rumpsteaks, die dann in zuviel Fett ersäuft werden mußten, aber man mag ja partout nichts grundlos umkommen lassen.

Aus Pasteten Saucen zu machen, wäre wirklich eine intellektuelle Herausforderung, also hatte das Blumenkohlwasser dazu herzuhalten, mit Muskat, Eigelb und viel Butter. Ich gestehe, der idyllische Anblick der Pastete ließ die gewohnte Skepsis meiner Frau Mutter in jauchzendes Entzücken umschlagen (daß der Anblick von Essen Menschen immer wieder soviel Freude zu bereiten vermag, merkwürdig). Ich selbst bin für zuviel Feiertage offenbar nicht recht gemacht. Aber das Kapitel wäre ja damit auch durchstanden. Fast. 

Wir lassen die Weihnachtszeit jetzt ausklingen, die einige mit dem 6. Januar enden lassen wollen und andere mit Mariä Lichtmeß. Man mag es sich aussuchen, ob die Verehrung unserer Herrn und Erlösers durch babylonische Wahrsager oder ein Reinigungsopfer seiner Mutter nach dem jüdischen Gesetz einen besseren Abschluß dafür darstellen. Und man kann erfreulicherweise nicht behaupten, daß er einförmig - nüchtern und fade - farblos erzählt auftritt, der Anbeginn unseres christlichen Glaubens.


And with the Magi the time for leftovers arrived finally. The salmon of 4 Advent or what was left from it, and sedated & temporarily frozen, founds itself into a puff pastry, and I remembered even 2 rump steaks in the freezer, which then had to be drowned in too much fat, but you may know the German saying, don’t waste anything for no reason if you still can eat it.

To make a sauce from pies, really that would be an intellectual challenge, therefore, the water the cauliflower had boiled in was misused for it, with nutmeg, egg and lots of butter. I admit, the idyllic view of the pie turned my mother’s usual skepticism into pure jubilant delight (the sight of food has often that strange effect on people, weird). I’m apparently not created for holidays, so I always find a way to waste them. But the chapter is closed anyway now. Nearly.

We enjoy the end of Christmas season; well some people say it ends with the 6th and others with Candlemas. One may choose whether the worship of our Lord and Savior by Babylonian soothsayers, or a sacrifice of purification by his mother following the Jewish law appears as a better ending. And happily at least you can’t seriously state the start of the story of our Christian faith was a plain bland and monotonous dreary one.

nachgetragen am 8. Januar

Mittwoch, 2. Januar 2013

"Schadows Ruhm ist in Rauch aufgegangen"

Selbstbildnis

Christian Daniel Rauch wurde am 2. Januar 1777 geboren. Es ist seltsam. Als ich nachsah, wer im Kalender stand und folglich meinen Anmerkungen entgangen war, stachen 2 Namen hervor, eben dieser und der von König Friedrich Wilhelm IV. Nun über letzteren gibt es etwas hier. Beim ersteren nur Bemühungen, denen Umstände dazwischenkamen, und dann die andauernde Charakterschwäche, ferner bitte ich um Nachsicht für zu erwartende Rechtschreibfehler, ich habe soeben meine Schreibtischlampe zerlegt, etc. etc. Das Übliche eben.

Christian Daniel Rauch war Kammerdiener der hochverehrten Königin Luise und später dann ein so anerkannter Künstler, daß sich der Berliner Wortwitz zu obiger Bemerkung herausgefordert sah (andere meinen, sein Lehrer Schadow selbst hätte gesagt: „Mein janzer Ruhm is in Rauch uffjegangn“; Schadow war ein souveräner Mann, es wäre plausibel). Nun ja.

Wenn wir uns Rauchs Werk nähern, treten wir ein in eine vergangene Welt von Statuen und Gesichtern. Dieses Land ist leicht charakterisierbar durch seine Denkmalsentleertheit, was darauf hindeutet, daß in den letzten sagen wir 200 Jahren einiges übereinandergestolpert ist. Unvergessen wird er bleiben als Schöpfer des Grabmals unserer Königin Luise. Aber um sein Leben wenigstens kurz zu streifen:

Geboren wurde er in Arolsen, im kleinen Fürstentum Waldeck. Obwohl in beschränkten Verhältnissen aufgewachsen, gab es schon früh eine Beziehung zur höfischen Sphäre, sein Vater war Kammerdiener des Fürsten zu Waldeck und sorgte sich um eine anspruchsvollere Bildung. Eine Bildhauerlehre mußte Rauch abbrechen, als der Vater und bald darauf auch sein älterer Bruder starben. Letzterer war Kammerdiener des preußischen Königs gewesen und 1797 konnte Rauch in dessen Stelle bei Friedrich Wilhelm II. eintreten. Nebenher suchte er seine künstlerischen Studien fortzusetzen.

Nach dem Tod des Königs gelangte er dann in den Dienst bei Königin Luise, mit deren Namen er verbunden bleiben sollte. In Berlin fand er sich schnell in freundschaftliche Verhältnisse mit dortigen Künstlern, 1803 wurde er Schadows Gehilfe, der sein Talent erkannt hatte. Aber die Königin bestand darauf, daß er in ihrem Dienst verblieb. Doch endlich gewährte ihm der König auf sechs Jahre ein Stipendium für einen Aufenthalt in Italien. Er lernte in Rom Wilhelm von Humboldt kennen, wie auch Canova und Thorvaldsen, letztere sollten nicht ohne Folgen bleiben. Von Rom aus erlebte Rauch Unglück und Niedergang Preußens.

Sarkophag der Königin Luise von Preußen

Sinnfälligerweise wurde er zu eben dieser Zeit, 1810 beauftragt, die Statue der inzwischen dahingeschiedenen Königin für das Charlottenburger Mausoleum zu erschaffen. Zwischenzeitlich hielt man das Schiff auf seiner Reise nach Hamburg mit dem Grabmal für verloren, es hat also seine kleine Geschichte, die lassen wir aber besser beiseite. Ihre Grabfigur war sein erster großer Wurf. Sie ist zu dem geworden, was man neuzeitlich merkwürdigerweise eine "Ikone" nennt. Manche meinen, den Geist Canovas wehen zu sehen, ein Werk von reinstem Klassizismus und völlig heidnisch verklärter Poesie des Todes. Äußerlich mag das alles so sein. Woher aber dann die Wirkung?

Wo der Klassizismus das Leben zu überhöhen sucht, bekommt er leicht einen Zug ins Blutleere. Davon kann hier keine Rede sein, und das bei einem Grabmal. Wir sehen vor uns dem Vorbild unangreifbar nachfolgend ein Bild von Würde und Hoheit, Schönheit und Selbstgewißheit, wo der Tod zur Schwelle wurde, die die Königin soeben liebenswürdig und weltklug überschritt. Heidnisch? Kaum. Wenn es so etwas wie christlichen Klassizismus gibt, finden wir ihn am diesem Ort. Der im besten Sinne erfaßte und ja auch überhöhte Körper, der die realen Leiden desselben vergessen macht, läßt etwas durchscheinen von dem, was über ihn hinausgeht und immer noch beseelt und beseelen wird. Ein Mensch wird gefunden in seiner je eigenen höchstgedachten Form.

Seit 1819 wechselte Rauch dauerhaft von Italien nach Berlin. Sein Lebenszentrum wurde das „Lagerhaus“ in der Klosterstraße, wo sich die sogenannte Berliner Bildhauerschule bildete. Rauch war bald ein vielbeschäftigter Mann, bis ins hohe Alter. Sein Stil ist schwer auf den Begriff zu bringen, nicht nur weil er sich wandelte. Christian Daniel Rauch war niemand, obwohl um Bildung bemüht, dem die Eloquenz eines Schinkel zu Gebote stand, er bewegte sich eher im geistigen Strom der Zeit, aber dieses im besten Sinne. Er hat sie uns nicht erklärt, seine Werke müssen für ihn sprechen.

Friedrich Wilhelm III.

Und auch, wenn er später mitunter einen Zug ins eher (geradezu bedrückend altrömisch) Realistische bekommt. An das physiognomisch wohl Erkannte ist er nie gefesselt, sondern er beschreibt das Wesen einer Persönlichkeit über das zufällig Äußerliche hinaus. Die viel spätere Grabstatue des Königs spricht nur von Würde und Ernst eines Charakters, der über sich hinauszuwachsen hatte und darin seinen Frieden fand. 1826 (von daher ist die obige Abbildung) sehen wir einen „Kopf, königlich in der Haltung, die Stirn hoch und klar, die Unterlippe voll, um den Mund einen Zug von Gutmütigkeit und Satire. So, wie ihn der geistliche Berater des Herrschers, der Bischof Eylert, aus langjähriger Beobachtung am besten geschildert hat: 'Melancholie war es nicht, was im Gesichte des Königs lag, noch weniger verbissener Schmerz, am wenigsten Missmut und Überdruss, denn es war klar, frisch und heiter, aber diese Klarheit, Frische und Heiterkeit hatte den Schmelz und die Umschattung einer milden Wehmut; Jung-Stilling würde sie Heimweh nennen'“ (Hans Mackowsky, 1916).

Und noch 2 Beobachtungen von besagtem Autor seien geteilt. „Rauchs Reliefs zeigen seine Begabung auf einer ihrer stärksten Seiten. Er ist ein Meister im Komponieren. Seine Anordnung hat eine Gefälligkeit, eine Eleganz, einen weichen und schönen Fluss der Linien, der wie der rhythmische Fall der besten Prosa seiner Zeit – und wie gepflegt schrieb und sprach damals die gebildete Gesellschaft! - anmutet.“

Wir sind hier im Kern der Rauchschen Kunst, seine Bildwerke zeugen von einem grundsätzlichen Einverstehen, das aus einem gemeinsamen Sehen, einem verwandtschaftlichen Bemühen, einer Sphäre des Gesprächs erwächst. „Wenn Rauchs Büsten in der Auffassung der Individualität alle einen verwandtschaftlichen Zug offenbaren, so hat dies keinen anderen Grund, als dass sie in dem gleichen Maasse Selbstdarstellungen des Künstlers und individuelle Spiegelungen eines hoch gestimmten Zeitempfindens sind. Nicht oft trifft es sich, dass Dargestellter und Bildner so völlig eins in den Grundlagen ihrer Weltanschauung sind, wie es bei Rauch und seinen Modellen der Fall war... Rauchs.... Geheimnis bestand darin, das Modell bedeutend erscheinen zu lassen, ohne der Wahrheit Abbruch zu thun. Er hält sich in gleicher Weise von Drastik fern, wie er die leere Eleganz meidet. Man hat seine Natur adlig genannt, und das Wort edel passt wie kein anderes auf das Metaphysische seiner Kunst. Es stellt damit unverfälscht die Kultur seiner Zeit zur Schau, jener Zeit, wo die grossen Kapitalien mehr auf geistigem wie auf materiellem Gebiet zu finden waren.“

Agnes Rauch mit Efeukranz
hier gefunden

nachgetragen am 8. Januar