Donnerstag, 30. April 2009

Mittwoch, 29. April 2009

von Sinclair



Wir verbleiben heute im Literarischen. Und diesmal ist es das Gegenteil eines pflichtschuldigen Gedenkens. Isaac von Sinclair starb am 29. April 1815, ich gebe zu, für mich wäre das Hochziehen der Augenbrauen bei Nennung dieses Namens nicht unbedingt überraschend. Interessant und bemerkenswert erscheint er mir als Freund Hölderlins, über den er lange seine Hand hielt, ehe er, zu dieser Zeit noch mit der Französischen Revolution sympathisierend, in einen Prozeß geriet, woran wohl auch ihre Freundschaft zerbrach.

Als die kleine Landgrafschaft Hessen-Homburg im September 1806 dann ihre Selbständigkeit verlor, für diese war von Sinclair führend tätig gewesen, war er der Mittel beraubt, weiter für ihn sorgen zu können, und Hölderlin wurde nach Tübingen in das Autenrieth‘sche Klinikum verbracht, was ihn endgültig traumatisiert zu haben scheint.

Bettina von Arnim hat in ihrem Roman "Die Günderode" über von Sinclair (als "St. Clair") einiges Aufschlußreiches geschrieben (wenn auch manche Aussagen über Hölderlin heute etwas skeptisch gesehen werden), von dem ich gern längere Passagen wiedergeben will, der ungekürzte Text findet sich hier.

„Der St. Clair ist gut, voll Herz; er wollt ja zum kranken Hölderlin reisen - er soll doch hin! nach Homburg - ich möcht wohl auch hin. - Er sagt, es würde dem Hölderlin gesund gewesen sein; ich möcht wohl, ich darf nicht. - Der Franz sagt: »Du bist nicht recht gescheut, was willst du bei einem Wahnsinnigen? willst Du auch ein Narr werden?« - - Aber wenn ich wüßt, wie ich's anfing, so ging ich hin, wenn Du mitgingst, Günderode, und wir sagten's niemand, wir sagten, wir gingen nach Hanau. Der Großmama dürften wir's sagen, die litt's; ich hab heute auch mit ihr von ihm gesprochen und ihr erzählt, daß er dort an einem Bach in einer Bauernhütte wohnt, bei offnen Türen schläft und daß er stundenlang beim Gemurmel des Bachs griechische Oden hersagt; die Prinzeß von Homburg hat ihm einen Flügel geschenkt, da hat er die Saiten entzweigeschnitten, aber nicht alle, so daß mehrere Klaves klappen, da phantasiert er drauf; ach, ich möcht wohl hin, mir kommt dieser Wahnsinn so mild und so groß vor. Ich weiß nicht, wie die Welt ist, wär das so was Unerhörtes, zu ihm zu gehen und ihn zu pflegen.

Der St. Clair sagte mir, »ja, wenn Sie das könnten, er würde gesund werden, denn es ist doch gewiß, daß er der größte elegische Dichter ist; und ist's nicht traurig, daß nicht ein solcher behandelt werde und geschützt als ein heiliges Pfand Gottes von der Nation«, sagte er; »aber es fehlt der Geist, der Begriff, keiner ahnt ihn und weiß, was für ein Heiligtum in dem Mann steckt; ich darf ihn hier in Frankfurt gar nicht nennen, da schreit man die fürchterlichsten Dinge über ihn aus, bloß weil er eine Frau geliebt hat, um den Hyperion zu schreiben; die Leute nennen hier lieben heiraten wollen, aber ein so großer Dichter verklärt sich in seiner Anschauung; er hebt die Welt dahin, wo sie von Rechts wegen stehen sollte, in ewiger, dichterischer Fermentation; sonst werden wir nie die Geheimnisse gewahr werden, die für den Geist bereitet sind. Und glauben Sie, daß Hölderlins ganzer Wahnsinn aus einer zu feinen Organisation entstanden; wie der indische Vogel in einer Blume ausgebrütet, so ist seine Seele, und nun ist es die härteste rauhe Kalkwand, die ihn umgibt, wo man ihn mit den Uhus zusammensperrt; wie soll er da wieder gesund werden. Dieses Klavier, wo er die Saiten zerrissen, das ist ein wahrer Seelenabdruck von ihm; ich hab auch den Arzt darauf aufmerksam machen wollen, aber einem Dummen kann man noch weniger begreiflich machen als einem Wahnsinnigen.« ….

Bildungsflicken hängt man einem auf, mit denen man nichts anzufangen weiß, aber die Tiefe und Gewalt eines einzigen Seelengrundes zu erforschen, da hat kein Mensch Zeit dazu; … Wenn ich bedenk - welcher Anklang in seiner Sprache! - Die Gedichte, die mir St. Clair von ihm vorlas - zerstreut in einzelnen Kalendern - ach, was ist doch die Sprache für ein heilig Wesen. Er war mit ihr verbündet, sie hat ihm ihren heimlichsten, innigsten Reiz geschenkt, nicht, wie dem Goethe, durch die unangetastete Innigkeit des Gefühls, sondern durch ihren persönlichen Umgang. So wahr! er muß die Sprache geküßt haben. Ja, so geht's, wer mit den Göttern zu nah verkehrt, dem wenden sie's zum Elend.“

Johann Ludwig Tieck, ein Nachtrag







Als ich gestern etwas über Tieck schreiben wollte, der am 28. April seinen Todestag hatte († 1853), bin ich darüber eingeschlafen, vielleicht sollte mir das zu denken geben, und ich will es heute keinesfalls wirklich nachholen. Wenn seine Novellen auch manchmal etwas ledern wirken, so ist sein Verdienst um die Romantik und das Heimisch-Machen Shakespeares in Deutschland doch so immens, daß man ruhig mit einem seiner Gedichte an ihn erinnern darf (ein eher düsteres, aber für eine Geschichte, und sei es auszugsweise, fehlt hier doch der Raum).

Johann Ludwig Tieck

Wie schnell verschwindet


Wie schnell verschwindet
So Licht als Glanz,
Der Morgen findet
Verwelkt den Kranz,

Der gestern glühte
In aller Pracht,
Denn er verblühte
In dunkler Nacht.

Es schwimmt die Welle
Des Lebens hin,
Und färbt sich helle,
Hat's nicht Gewinn;

Die Sonne neigert,
Die Röte flieht,
Der Schatten steiget
Und Dunkel zieht.

So schwimmt die Liebe
Zu Wüsten ab,
Ach, daß sie bliebe
Bis an das Grab!

Doch wir erwachen
Zu tiefer Qual:
Es bricht der Nachen,
Es löscht der Strahl.

Vom schönen Lande
Weit weggebracht
Zum öden Strande,
Wo um uns Nacht.

Montag, 27. April 2009

Dies & Das



Ich weiß, ich bin hoffnungslos spät mit meinen Amaryllis, aber weil ich ein paar Knollen zu lange unter der Treppe hatte überwintern lassen, zieht sich das jetzt etwas hin, da sie aber auch schnell wieder verblühen, stört mich das nicht im Geringsten. Dieses Exemplar mußte im Haus verharren.

Als ich heute einen Blick auf einen Blog warf, den ich immer wieder sehr sympathisch finde, fiel mir auf, gewisse Regionen dieser Erde, in diesem Fall Washington (der Staat), teilen kurioserweise eine große Verwandtschaft in der Weise, den Frühling aufzunehmen: Magnolien, Osterglocken, Perlhyazinthen, Tulpen… Wie ich ihm gerade schrieb, schafft das ein seltsames Gefühl von Vertrautheit über diese offenkundige Distanz hin.



Und schließlich: Ich hatte schon vor einigen Tagen meine Begeisterung über einen gewissen Musikkanal vorgezeigt, so daß ich es heute dabei belassen kann, zum Ende ein Musikstück von einem Komponisten anzubringe, den ich, wie ich zu meiner Schande bekennen muß, bisher überhaupt nicht kannte, Domènec Terradellas, Merope: "Dono d'amica sorte non cura il mio valore" (was mich nicht daran hinderte, bei jedem neuen Hören "dahinzuschmelzen").

Sonntag, 26. April 2009

Sonntag & Beatrice Arthur











Eigentlich wollte ich den heutigen Sonntag stumm mit in paar Gartenbildern vergehen lassen. Warum jetzt doch ein paar Sätze hier stehen? Eben stieg die Erinnerung an Zeiten auf, in denen mein Tagesablauf intensiver vom Fernsehen geprägt war als heute, ich bin mir fast sicher, daß ich an diesem Ort überhaupt zum ersten Mal auf derartiges Bezug nehme, aber gestern ist Beatrice Arthur oder “Dorothy” verstorben.

Bei meiner kurzen Suche nach passenden Texten, ich selbst mag dazu nichts schreiben, fand ich außer dem Wikipedia-Artikel dieses in einem mir unbekannten Blog ganz passend, jedenfalls was diesen Beitrag angeht.

Samstag, 25. April 2009

Sonnabend









Dieser Garten erfreut sich insbesondere bei Amseln und Spatzen einer gewissen Popularität. Und das, obwohl schon vom rechten Nachbarn her neuerdings hier 3 Katzen ihr Wesen treiben. Ob sie die ungemähte Wiese oder die Vogeltränke anzieht, wer weiß; und da sich mein Schreibtisch gewissermaßen nur einen Steinwurf weit (nach meinen Maßstäben, ich werfe wirklich schlecht, aber ich habe natürlich nicht die Absicht) von letzterer befindet, wird manchem trägen Gedanken beim Anblick einer badewütigen Amsel, so auch heute, aufgeholfen.

Meine an diesem Ort aufgeführten Links führen fast nur entweder zu toten Dichtern, Menschen, die über solche schreiben, oder Garten- resp. Naturblogs. Und so konnte ich heute nachlesen, wie selbst das Verblühen der Tulpen zu quasiphilosophischen Gedanken verführen kann, aber das scheint eine Art Gärtnerlaster zu sein.

Und um beides zusammenzubringen, will ich ein Heiku in seiner englischen Übersetzung zitieren, das ich bei Dr. Haldane fand:

The blossoms bloom,
we look at them,
the blossoms fall.

Freitag, 24. April 2009

Über das Zweifelhafte des Normalen


Südwest Reiter Denkmal in Windhoek
hier gefunden

Ich mag solche „Posts“ eher nicht, ich möchte diesen Ort letztlich heiter erscheinen lassen, aber der Kalender (gibt es eigentlich ein Zeichen für „sigh“ im Deutschen, das Lesen englischsprachiger Blogs hat offenkundig einen schlechten Einfluß auf mich), ich sehe übrigens gerade nebenbei eine Dokumentation über das erste Gulag in Rußland, ein vormaliges Kloster im Nordmeer, eine Antwort: „unser Präsident war ein Tschekist, unser Patriarch war ein Tschekist“, welch ein Abgrund der Haltlosigkeit hinter den Kulissen.

Der Kalender: 1915. Auf Anordnung von Innenminister Talat Pascha beginnt im Osmanischen Reich der Völkermord an den Armeniern. Das gerät heute, wie zu sehen, unerfreulich, also eine letzte Warnung. Es gibt eine kuriose persönliche Konnotation. Als meine Existenz in Potsdam schon ziemlich zerbröselt war und ich noch eine Bewerbung beim dortigen Bildungsministerium „laufen hatte“, empörte mich eine Bemerkung des zuständigen Staatssekretärs und mit einem Leserbrief in der „Märkischen Allgemeinen“ beerdigte ich im Januar 2005 alle sowieso unberechtigten Erwartungen. Selbstzitate sind eher peinlich, aber sei es drum:

„Es gibt Sätze, bei denen man sich mit jedem erneuten Lesen mehr fragt, in welcher Geistesverfassung sich derjenige befunden hat, der sie von sich gegeben hat.

In der heutigen Ausgabe der Märkischen Allgemeinen werden die Erklärungsbemühungen von Bildungsstaatssekretär Gorholt wiedergegeben, warum der 1. Genozid des 20. Jahrhunderts - der Völkermord an den Armeniern - aus dem Lehrplan gestrichen wurde. Man wird u.a. damit beruhigt, daß das Thema mitnichten aus dem Unterricht verschwinden solle, sondern es nur noch einer ausführlichen und ausgewogenen Handreichung bedürfe, die im kommenden Schuljahr vorgelegt werde...

Und dann folgt jener Satz: „Die Handreichung werde Distanz wahren - gegenüber Armeniern und Türken - und werde Kontroversen zulassen.“ (!)

Distanz wozu: Daß die armenische Bevölkerung im Osmanischen Reich nach wiederkehrenden schweren Verfolgungen schließlich 1915/16, entweder vertrieben oder physisch ausgelöscht wurde? Ein „effizient“ organisierter und vor allem „erfolgreich“ durchgeführter Genozid, der erste des 20. Jahrhunderts. Mindestens eine Million Armenier werden ermordet und mit ihnen wird ein ganzes Land - Westarmenien, seine Kultur, seine Geschichte - ausgelöscht. Franz Werfel hat dies 1933 (!) in einem der großen Romane des 20. Jahrhunderts beschrieben („Die vierzig Tage des Musa Dagh„­). Die stärkste moralische Stimme gegen dieses Verbrechen gehörte einem Potsdamer Pfarrer, Johannes Lepsius.

Man stelle sich an diesem 27. Januar einmal für eine Sekunde vor, jemand würde bei der Beschreibung­ des Holocaust Distanz zu beiden Seiten und Raum für Kontroversen fordern. Man schämt sich bereits für diesen Gedanken.“

Soweit meine damaligen, von Opportunismus wahrlich nicht freien Bemerkungen, aber wozu redigieren. Im Kern hat sich an den beschriebenen Tatsachen nicht wesentliches geändert.

Das zu dem, worüber ich eigentlich nichts schreiben wollte, zumal mich mittlerweile ein 1stündiges Gespräch etwas durcheinander gebracht hat. Aber wie brüchig all das ist, was wir für normal halten, daß dieses Normale eine Konvention ist, die beliebig umschreibbar erscheint, und so etwas wie Mitleid mit denen, die meinen, aus diesen Abgründen ihre kleine Ideologie zimmern zu können, das blieb mir doch erwähnenswert.

Das andere Merkzeichen des Kalenders ist etwas weniger dramatisch. Am 24. April 1884 wurde ein Gebiet im südlichen Afrika unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt, und so entstand, um den Sprachgebrauch der Zeit aufzugreifen, das „Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika“ (heute Namibia).

Das Deutsche Reich kam aus nachvollziehbaren Gründen spät zu ein paar Kolonien, und auch nur in einer davon hatten sich in spürbarem Umfang Deutsche niedergelassen, in eben besagtem Deutsch-Südwestafrika. Diese deutschen Prägungen sind wohl noch immer ein wenig dort spürbar.

Wobei, um mit einer gänzlich unpassenden Bemerkung zu enden, ich gebe zu, es findet sich mehr als ein obskurer Link auf dieser Seite, den zur „Allgemeinen Zeitung“ gibt es schon länger, und sei es nur, um, wenn mich wieder einmal das Gefühl des Gestrandet-Seins übermannt, zu sehen, es bestehen Orte, an denen ist es wesentlich, nun ja temperierter (jedenfalls innerlich). Genug des Geschwätzes, für heute.

Donnerstag, 23. April 2009

Shakespeare



William Shakespeare (*23. April 1564 - † 23. April (jul.) 1616)


„Seyd gutes Muths, unsre Spiele sind nun zu Ende. Diese unsre Schauspieler, wie ich euch vorhin sagte, sind alle Geister, und zerflossen wieder in Luft, in dünne Luft, und so wie diese wesenlose Luftgesichte, so sollen die mit Wolken bekränzte Thürme, die stattlichen Paläste, die feyrlichen Tempel, und diese grosse Erdkugel selbst, und alles was sie in sich faßt, zerschmelzen, und gleich diesem verschwundnen unwesentlichen Schauspiel nicht die mindeste Spur zurüklassen. Wir sind solcher Zeug, woraus Träume gemacht werden, und unser kleines Leben endet sich in einen Schlaf.“

William Shakespeare – „Der Sturm“ oder: „Die bezauberte Insel“, IV,4.
Übersetzt von Christoph Martin Wieland

Mittwoch, 22. April 2009

Gegend



Ich bin meiner eigenen Gedanken etwas überdrüssig und dachte bei mir, warum dann andere damit quälen, darum lieber ein paar nette Bilder vom gegenwärtigen Garten und dessen Umgebung. Vielleicht doch noch eine Bemerkung dazu: Zwischen diesem bescheidenen Anwesen und dem nahe gelegenen See gibt es einen Waldstreifen, der eindrucksvoll zu diesem abfällt (Endmoräne, Eiszeit). Und dort befindet sich auch das Belvedere, von dem es hier schon gelegentlich Bilder gab, nur heute nicht, lediglich von dessen Umgebung.







Dienstag, 21. April 2009

Alexandrine


Denkmal der Großherzogin Alexandrine von Mecklenburg-Schwerin
von Hugo Berwald, 1907
hier gefunden

Sie war wohl eine Institution im Schwerin des 19. Jahrhunderts, die Großherzogin Alexandrine, eine Tochter der berühmten und vielgeliebten Königin Luise von Preußen, mit der sie vieles in der äußeren Erscheinung gemeinsam gehabt haben soll. „Regierende“ Großherzogin war sie nur kurz, ihr Gatte Paul Friedrich, 1837 Großherzog von Mecklenburg-Schwerin geworden, verstarb bereits 1842, nachdem er sich persönlich an der Bekämpfung einer Feuersbrunst beteiligt hatte. Immerhin hatte er noch die Residenz aus dem noch beschaulicheren Ludwigslust hierher zurückverlegt und die Neugestaltung Schwerins begonnen, die sein Sohn, von dem hier kürzlich die Rede war, dann fortsetzte.

Folglich war sie die verbleibenden 50 Jahre (sie verstarb am 21. April 1892) Großherzogin-Witwe oder Großherzogin-Mutter, ganz wie man will. Manchmal ist es allein die stetige Dauer, die Menschen beeindruckt und ihnen das Gefühl von Beständigkeit verschafft, sobald aber ein, wenn auch wohl strenger, so doch fürsorglicher Wesenszug dazutritt, kann daraus eine Verehrung erwachsen, die auch nach über 100 Jahren am Ort spürbar ist. Von ihren 3 Stiftungen ist eine noch immer vorhanden und eine Schwerinerin erinnerte sich daran, daß ihre Großmutter davon erzählt habe, Alexandrine hätte Sirupstullen an die Kinder verteilen lassen, die vor ihrem Palais auf dem Alten Garten spielten…

Dazwischen

Wie das Leben ist das Internet doch eine gelegentlich recht unsichere Brücke, und da ich für einen kurzen, albernen Moment annahm, die Website des von mir hochgeschätzte Dr. Haldane sei nicht länger auffindbar, so will ich als Genugtuung einfach so außer der Reihe hier seine Übersetzung von Nikolaus Lenaus „Einsamkeit“ anbringen:

Nikolaus Lenau

EINSAMKEIT

Der Wind ist fremd, du kannst ihn nicht umfassen,
Der Stein ist tot, du wirst beim kalten, derben
Umsonst um eine Trosteskunde werben,
So fühlst du auch bei Rosen dich verlassen;

Bald siehst du sie, dein ungewahr, erblassen,
Beschäftigt nur mit ihrem eignen Sterben.
Geh weiter: überall grüsst dich Verderben
In der Geschöpfe langen dunklen Gassen;

Siehst hier und dort sie aus den Hütten schauen,
Dann schlagen sie vor dir die Fenster zu,
Die Hütten stürzen, und du fühlst ein Grauen.

Lieblos und ohne Gott! der Weg ist schaurig,
Der Zugwind in den Gassen kalt; und du? -
Die ganze Welt ist zum Verzweifeln traurig.


LONELINESS


The wind is strange, eluding your embrace,
before the rough-hewn coldness of dead stone
you will solicit, vainly, signs of solace,
and next to roses, you will feel alone;

you’ll see them, unaware of you, soon wither,
occupied with their private expiration.
Go further: ruin greets you everywhither
along the alleys of long dark creation;

In huts you see the scattered peering head,
but then they quickly slam the windows to,
the huts crash shut, and you shudder with dread.

Loveless, not with God! the road chills the marrow,
the draught in the alleys is cold; and you? -
The whole wide world lies desperate in sorrow.

Montag, 20. April 2009

Diverses







So, wo jetzt die Gartenbilder durch sind, kann ich noch zwei Bemerkungen anschließen. Zum einen, wenn es einer Begründung bedurft hätte, warum ich über die Gegenwart unseres Vaterlandes kaum etwas sagen mag, dann kann diese Geschichte dafür stehen (das Bild eines Malers mit gemutmaßt falschen Ansichten wurde übermalt, weil er mutmaßlich falsche Ansichten hat). Nun sind mir diese Ansichten nicht ganz so wichtig, aber die Reaktion zeigt eine verheerende Innenansicht dieses Landes.

Darum zum anderen, ich bin, wie mir eben gesagt wurde, leider einen Tag zu spät, denn am 19. April 1560 starb Philipp Melanchthon, eigentlich Philipp Schwartzerdt, und er ist ein wunderbares Beispiel dafür, welche geistigen Wirkungen von einem kleingewachsenen, aber begabten Intellektuellen auszugehen vermögen, weil der Geist eben mitunter die Materie in ihre Schranken weist.

Sonntag, 19. April 2009

Sonntag &







Ich bin gerade dem Ratschlag des guten Hofmannswaldau gefolgt: „Du mußt dich in dir ergötzen…“, obwohl das erkennbar nicht ganz stimmt, abgesehen von ein paar bescheidenen Bildern des heutigen Gartens, denn ich bin kürzlich bei meinem Post über Händel auf diesen jungen Mann gestoßen, der eine atemberaubende Musiksammlung auf „You Tube“ angelegt hat, von der sich hier einige ausgesuchte Beispiele finden, und der, schon bevor ich den ersten Ton gehört hatte, sich meinen Respekt mit dem Satz erworben hatte: „Don't Expect Me To Be Your Friend“. Mir bleibt nichts mehr als zu sagen, anhören und zurücklehnen.















Und um das Ganze für heute nicht derart hoch dramatisch enden zu lassen, noch einmal zwei Bilder aus dem heutigen Garten, ich finde, sie versprechen eine Idylle, die, wenn sie auch nicht wirklich stimmen mag, doch angenehm wirkt, zumal die kleine Gartenfigur ihren Kopf, den sie verloren hatte, wieder aufrecht trägt, wir wollen einfach annehmen, daß jede Geschichte so zu enden vermag.



Samstag, 18. April 2009

Dies & Das & Hofmannswaldau



Eigentlich wollte ich heute nur mittels einiger Gartenbilder eine Art Lebenszeichen abgeben, um dann festzustellen, irgendwie könnte der Frühling auch ruhig schon etwas vorzeigbarer sein, jedenfalls, was diesen Garten innerhalb seiner bescheidenen Grenzen angeht.

Aber so eine kleine Verweisliste vor allem zu Gärten an entfernteren Orten zu haben, führt auch zu der Nebenwirkung einer gewissen Dankbarkeit, denn natürlich schaue ich dort mehr oder minder regelmäßig vorbei, sonst brauchte sie hier nicht zu stehen, und wenn ich etwa von einem Wintereinbruch in Neu-Mexiko lese, mit seiner sicherlich imposanteren Naturkulisse, dann doch lieber die mecklenburgische Behäbigkeit.



Manchmal denke ich bei mir selbst, wenn ich einmal länger nicht in ihm gelesen habe, deine Sympathie für Hofmannswaldau ist nur Pose, du hast dir einen entlegenen Dichter ausgesucht, den niemand kennt, nur um irgendeinen Eindruck vorzustellen,und dann, wenn ich es denn endlich wieder einmal nachgeholt habe: Nein, ist es nicht, er ist wirklich gut:

Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Ermahnung zur Vergnügung

Ach was wollt ihr trüben Sinnen
Doch beginnen!
Traurig sein hebt keine Not,
Es verzehret nur die Herzen,
Nicht die Schmerzen,
Und ist ärger als der Tod.

Dornenreiches Ungelücke,
Donnerblicke,
Und des Himmels Härtigkeit
Wird kein Kummer linder machen;
Alle Sachen
Werden anders mit der Zeit.

Sich in tausend Tränen baden
Bringt nur Schaden,
Und verlöscht der Jugend Licht;
Unser Seufzen wird zum Winde;
Wie geschwinde
Ändert sich der Himmel nicht!

Heute will er Hagel streuen,
Feuer dräuen;
Bald gewährt er Sonnenschein,
Manches Irrlicht voller Sorgen
Wird uns Morgen
Ein bequemer Leitstern sein.

Bei verkehrtem Spiele singen,
Sich bezwingen,
Reden was uns nicht gefällt,
Und bei trüben Geist und Sinnen
Scherzen können,
Ist ein Schatz der klugen Welt.

Über das Verhängnis klagen
Mehrt die Plagen,
Und verrät die Ungeduld;
Diesem, der mit gleichem Herzen
Trägt die Schmerzen,
Wird der Himmel endlich hold.

Auf O Seele! du mußt lernen
Ohne Sternen,
Wenn das Wetter tobt und bricht,
Wenn der Nächte schwarze Decken
Uns erschrecken,
Dir zu sein dein eigen Licht.

Du must dich in dir ergötzen
Mit den Schätzen,
Die kein Feind zunichte macht;
Und kein falscher Freund kann kränken
Mit den Ränken,
Die sein leichter Sinn erdacht.

Von der süßen Kost zu scheiden,
Und zu meiden,
Was des Geistes Trieb begehrt,
Sich in sich stets zu bekriegen,
Und zu siegen,
Ist der besten Krone wert.

Er ist heute vor 330 Jahren gestorben, und man denkt bei sich, nur 330 Jahre, ich dachte, es wäre mehr Zeit gewesen, bei allem, was seit dem vergangen ist.

Freitag, 17. April 2009

Über die Wirksamkeit Einzelner


Luther auf dem Reichstags zu Worms
gefunden hier

Als ich heute etwas mißmutig im Geschichtskalender blätterte, stieß ich darauf, daß es die Nacht von heute auf morgen war, also vom 17. auf den 18. April 1521, in der Martin Luther eine schwere Entscheidung in sich auszufechten hatte.

Es ist viel spekuliert worden, woher sein Zögern rührte, als er sich auf dem Reichstag zu Worms vor Kaiser, Fürsten und Reichsständen zu rechtfertigen hatte, denn schließlich bat er sich am ersten Tag Bedenkzeit aus. Wobei es schon ein erstaunlicher Akt ist, daß er, der bereits vom Papst verurteilte Ketzer, hier noch einmal sprechen durfte, allein dies zeigt an, daß sich gerade entscheidendes änderte, die Dinge gerieten in Fluß.

Und ich glaube tatsächlich, daß es dies war, nicht vorrangig die (berechtigte) Angst um die Unversehrtheit der eigenen Person, was ihn zögern ließ, sondern das Erschrecken: Wenn ich sage, mein Gewissen gebietet mir, anders von Gott zu reden, als dies Päpste und Konzilien für sich in Anspruch nehmen, und ich folge meinem Gewissen, was für ein Brand mag daraus entstehen. Aber er war eben zum anderen davon überzeugt, daß es Gott war, der dies von ihm forderte. Wie die Propheten des Alten Testaments, denen dieses Amt häufig gegen ihren verzweifelten Willen auferlegt wurde.

Und ein Brand ist in Deutschland später dann ja auch daraus entstanden, an dem das Land im 30jährigen Krieg fast zugrunde gegangen wäre. Und das, man mag dies bestreiten, weil ein einzelner sich in dieser Nacht am Ende auf die Stimme verlassen hat, die er in sich vernahm, gegen alle äußere Gewalt, im Angesicht des Kaisers.

Was sagt Luther dann am nächsten Tag: „…, daß ich die Nöte und Gefahren, die Unruhe und Zwietracht, die sich um meiner Lehre willen in aller Welt erhoben haben, … sorgsam genug bedacht und erwogen habe… Darum müssen wir bedenken, wie Gott wunderbar und schrecklich ist in seinen Ratschlüssen, daß nicht am Ende das, was wir ins Werk setzen, um der Unruhe zu steuern, damit anfängt, daß wir Gottes Wort verdammen, und so viel mehr einer neuen Sintflut ganz unerträgliche Leiden zustrebt...

Ich könnte es hier mit vielen Beispielen aus der Schrift … veranschaulichen, wie sich gerade dann am sichersten zugrunde richteten, wenn sie mit besonders klugen Plänen darauf ausgingen, Ruhe und Ordnung in ihren Reichen zu behaupten. Denn er, Gott, fängt die Schlauen in ihrer Schlauheit und kehret die Berge um, ehe sie es inne waren. Darum ist's die Furcht Gottes, deren wir bedürfen…

Wenn ich nicht mit Zeugnissen der Schrift oder mit offenbaren Vernunftgründen besiegt werde, so bleibe ich von den Schriftstellen besiegt, die ich angeführt habe, und mein Gewissen bleibt gefangen in Gottes Wort. Denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, weil es offenkundig ist, daß sie öfters geirrt und sich selbst widersprochen haben. Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen sein Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen.“

Donnerstag, 16. April 2009

Gartenbilder









Friedrich Franz II.


Friedrich Franz II.
gefunden hier

Eigentlich wollte ich schon gestern an einen für diesen Flecken Erde relevanten Großherzog erinnern, Friedrich Franz II., der zwar dem benachbarten größeren Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin zugehört, aber da Mecklenburg irgendwie immer ein Ganzes geblieben ist, sei es drum. Jedenfalls ist er am 15. April 1883 verstorben.

Die Verspätung hängt auch ein wenig daran, daß es ein mühsames Geschäft ist, ihm Rühmenswertes zuzusprechen. Am augenfälligsten noch ist sein Verdienst bei der Verschönerung seiner Residenzstadt Schwerin. Der Schloßneubau ist maßgeblich von seinen Vorstellungen geprägt, das Museum am Alten Garten wurde in seiner Regierungszeit fertiggestellt. Überhaupt, daß sich Schwerin wie eine klassische (und zum Glück so auch erhaltene) Residenz darstellt, ist vor allem ihm zu danken.

Andererseits waren die Zustände im Lande aber von der Art, daß sie Reichskanzler Bismarck wohl zu dem bekannten Ausspruch veranlaßt haben: "Wenn die Welt untergeht, gehe ich nach Mecklenburg. Da geht sie 50 Jahre später unter." Mecklenburg behielt bis 1918 nicht nur seine Verfassung von 1755 („Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich“), auch wirtschaftlich waren die Verhältnisse so, daß bis zum Jahr 1900 etwa 120.000 Mecklenburger vor allem nach Amerika auswanderten.

Aber das eine ist zum Glück vollendete Vergangenheit, während das Schloß in Schwerin immer noch steht.



Das alte Schweriner Schloß
gefunden hier



Das neuerbaute Schloß
gefunden hier

Mittwoch, 15. April 2009

Gartengedanken &

Als ich heute abend brav meine Rosen beschnitten hatte (einen kleineren Teil davon) und das eine oder andere eingepflanzt, nach einem sehr sonnigen, wenn auch windigen Tag, aber ich mag Wind, und dann noch nach gewissen Unterbrechungen schon fast zu spät den Gartenschlauch, der mit unserer Zisterne verbunden ist, in Aktion brachte, stellte ich überrascht fest, das Wasser war tatsächlich ein paar wenige Grad über Null, der Winter stand sozusagen immer noch in den Kulissen.

Und ist nicht unser Leben ebenso, wir beginnen die aufregendsten Sachen und bewegen uns dabei nur ein paar Grad über Null.

Dienstag, 14. April 2009

Georg Friedrich Händel &

Meine musikalische Bildung ist zu dürftig, um Bemerkenswertes zu dem Ereignis anzubringen, daß Georg Friedrich Händel am 14. April 1759 in London gestorben ist. Da ich gerade etwas in pseudo-sentimentaler Verfassung bin, will ich aber ein paar Stücke aus der Oper anbringen, die mich als jungen Menschen als erste sehr beeindruckte, sein „Rinaldo“. Ich hatte schon früher einmal etwas dazu bemerkt.

Daß sich die Oper mir so eingeprägt hat, ist sicher auch einem kuriosen biographischen Zufall geschuldet (ich hatte in meiner Armeedienstzeit Zugang zu einer Gesamtaufnahme und konnte sie auf einem merkwürdigen Dienstposten Nacht für Nacht anhören). Das erste Beispiel stammt aus dem Film „Farinelli“, derselbe treibt darin Händel in eine Herzattacke, die dieser aber glücklicherweise übersteht.



Hier eine andere wunderbare Arie, allerdings ohne die äußeren dramatischen Begleitumstände.



Und dann mehr oder weniger meine Lieblingsarie aus dieser Oper. Es ist übrigens immer wieder erstaunlich, auf welche Entdeckungen man bei der Suche nach Musikbeispielen stößt, in ganz verschiedener Hinsicht.



Montag, 13. April 2009

Sonntag, 12. April 2009

Ostern



Euch allen ein gesegnetes und frohes Osterfest! Der Friede und die Freude des auferstandenen Herrn sei mit Euch.

BENEDIKT XVI.


BOTSCHAFT UND SEGEN "URBI ET ORBI"
VON PAPST BENEDIKT XVI.

Samstag, 11. April 2009

Karsamstag



Es ist unwahr, daß sich alles ins Positive auflösen ließe. Verfall ist Verfall, und einem Verlust steht nicht naturgegeben ein Gewinn ideell gegenüber. Ich hatte kürzlich mit einem freundlichen Leser einen Minidisput über Marc Aurel, der meinte, wenn ich ihn richtig verstand, es ginge bei ihm immer um Vergeblichkeit, ich widersprach, handle es nicht eher um den Trost, den das Denken geben könne, wenn der Geist dem angreifenden Leben standhalte, indem das Abwerten des Negativen endlich in eine Ruhe einmünden würde, die wie Frieden aussähe.

Gut, in der Nacht zu Ostern ist zu sagen, das ist der Trost, den sich das Denken selbst verschaffen kann, ohne unseren Heiland und Erlöser.

Vielleicht dieser Nachtrag zu gestern: Es wird wohl kaum Widerspruch gegen Bach gegeben haben, es könnte ihn natürlich geben, aber mit Aliens vermag ich mich nicht zu unterhalten, das dritte der Videos, zugegeben, das war auch ein wenig Trotz.

Es ist einfach, mich auf die Palme zu bringen, und bei jeglicher Kritik an Mel Gibsons Film war das der Fall. Er würde die Juden negativ darstellen, in den Evangelien bliebe die Grausamkeit Seines Leidens unausgesprochen, also sei das kein Thema… Ich hatte jedesmal den Verdacht von Unernsthaftigkeit. Man wolle dieses zutiefst grausliche Thema so lange weichspülen, bis es in die eigene unernsthafte Wohlfühl-Irrelevanz paßt. Unglaube halt. Und Herr Gibson würde genau das entlarven.

Wahrscheinlich hat er das auch, und er hat ein frommes Werk getan, was immer zu achten ist, aber, und wenn man einen gewissen Abstand heraushört, so besteht dieser tatsächlich: Sein Leiden ist eben nicht die letzte Antwort, „Mensch und Gott“, und das sage ich, obwohl ich, als ich mir den Film damals im Kino ansah, gewissermaßen in Schockstarre war und dabei reflexhaft zwischen dem lateinischen „Ave Maria“ und dem deutschen „Wenn ich einmal soll scheiden…“ innerlich hin und her flüchtete.

Wir wollen nicht so harsch enden, darum noch ein paar Bilder aus dem heutigen Garten (bzw. seiner Umgebung).