Montag, 31. Januar 2011

Rauhreif


Ich hatte ganz vergessen, daß ich heute früh ein paar Bilder verfertigt hatte, von denen ich diese 2 dann doch noch anbringen will.

Sonntag, 30. Januar 2011

Sonntag &

roughly translated

Offensichtlich waren wir heute morgen von dem Bedürfnis nach Frömmigkeit affiziert. Deshalb starten wir ausnahmsweise mit zwei Bildern, die eher weniger mit Essen zu tun haben: St. Johannis an diesem Ort einmal von außen und dann ein Detail der Kanzel (nein, ich werde nicht die heutige Predigt kommentieren, obwohl heute einiges sehr unerwartet kurios ablief; aber es hat sich schließlich eingebürgert, daß es hier an Sonntagen vornehmlich um’s Essen geht).


Wir waren heute anspruchslos, ein Hähnchen, gebraten auf Butterschmalz mit Thymian, Rosmarin und Majoran, dazu Blumenkohl, das war es eigentlich, ach so, ich hatte mir noch ein Kartoffelgratin gemacht. Überraschenderweise war wohl alles gelungen.


Obviously we were affected this morning by the need for some piety. Therefore this time we’ll start with two images which are rather less related to food: St. John's here first from the outside and then a detail of the pulpit (no, I will not comment on today's sermon or the service in general, though some very unexpectedly curious things happened, but since it become somehow a tradition we only talk about food on Sundays here…).
We were modest today: a chicken, roasted on butter with thyme, rosemary and oregano, served with cauliflower, that’s it actually, ah, I added a potato gratin for me. Surprisingly everything came out pretty well.

Samstag, 29. Januar 2011

Sisley

Alfred Sisley, Bucht von Langland mit Felsen
1887, hier gefunden

Ich weiß, dieses nachträgliche Fertigschreiben von Posts ist eher albern (und ich werde von nun an auch das tatsächliche Datum anfügen). Aber manchmal bedauert man es einfach, wenn man etwa am Todestag (29. Januar 1899) eines Alfred Arthur Sisley nicht an jemanden erinnerte, der seinem Elend Bilder von trancehafter Schönheit abgerungen hat und dabei, wenn man die Schilderungen seines Charakters liest, eine der angenehmsten menschlichen Erscheinungen gewesen sein muß.
geschrieben 31. Januar

Freitag, 28. Januar 2011

Kaiserliche Nachträge

Kaiserthron im Aachener Dom
hier gefunden

Urbs Aquensis, urbs regalis,
regni sedes principalis,
prima regum curia.
Regi regum pange laudes,
quae de magni regis gaudes
Caroli praesentia.
Iste coetus psallat laetus,
psallat chorus hic sonorus,
vocali concordia.
At dum manus operatur,
bonum quod cor meditatur,
dulcis est psalmodia.
Hac in die, die festa,
magni regis magna gesta,
recolat Ecclesia,
reges terrae et omnes populi,
omnes simul plaudant et singuli,
celebri laetitia.
Hic est magnus imperator,
boni fructus bonus sator,
et prudens agricola,
infideles hic convertit,
fana, deos hic evertit
et confringit idola.
Hic superbos domat reges,
hic regnare sacras leges
facit cum justitia.
Quam tuetur eo fine
ut et justus sed nec sine
sit misericordia.
Stella maris, o Maria,
mundi salus, vitae via,
alma nostra Domina.
Vacillantum rege gressus
et ad regem des accessus
in perenni gloria.
Christe splendor Dei patris
incorruptae fili matris
gentem tuam adjuva.
Per hunc sanctum, cuius festa
celebramus, nobis praesta
sempiterna gaudia.

Aachen, Kaiserstadt, du hehre,
alter Städte Kron' und Ehre,
Königshof voll Glanz und Ruhm!
Singt dem Himmelskönig Lieder,
Festesfreude füllet wieder
Karls des Großen Heiligtum!
Feierklänge, Festgesänge
aus der frohbewegten Menge
einet volle Harmonie.
Hand und Herz zu Gott erhoben,
ihn zu preisen, ihn zu loben,
tönet süße Melodie.
Und des Königs Ruhmestaten,
seines Lebens reichste Saaten
rühmet heute Festgesang.
Fürsten ihr und Völker alle,
lobet ihn mit Jubelschalle,
jauchzet froh im Wettgesang.
Wohl zog nie ein Landsmann weiser
gute Frucht wie dieser Kaiser
aus dem Acher wüst und wild,
da er Heidenvolk bekehrte,
Heidentempel rings zerstörte
und zerbrach der Götzen Bild.
Stolze Fürstenwillkür zwingend
und für heilge Lehen ringend
hat er Christus Sieg verschafft.
Allzeit strengen Rechtes Pfleger
und Erbarmens milder Heger
übt er seines Amtes Kraft.
O Maria, Stern der Meere,
Heil der Welt, die Wege lehre
sichern Schrittes uns zu gehn.
Zu dem Himmel hilf uns schreiten,
bis im Licht der Ewigkeiten
wir vor unserm König stehn.
Christus, Gottes Sohn, geboren
von der Jungfrau auserkoren,
sei zu helfen uns bereit.
Höre deines Heiligen Flehen,
dessen Festtag wir begehen,
schenk uns ewge Seligkeit.

Es ist zu gestehen, daß der obige Thron, auch von mir einmal berührt wurde, aber mit allen Zeichen der gebotenen Verehrung. Kaiser Karl der Große starb am 28. Januar 814, jemand sollte daran erinnern; und wir hoffen, daß auch diesmal in Aachen und Frankfurt das Karlsamt zelebriert wurde, aus der die obige Sequenz stammt. Mitunter braucht es nur einen Menschen, um den zwangsläufig erscheinenden Abweg von Unheil und Zerfall in immer tiefere Barbarei hinein zu verlassen und etwas wieder zu Ehren zu bringen, was fast vergessen schien. Kaiser Karl war ein solcher Mann.

Morgens


Dienstag, 25. Januar 2011

Über einen gewesenen Tannenbaum &


Ich gestehe, daß ich mich bei der Entstehung dieses Beitrages einige Male innerlich geschüttelt habe. Aber ich hoffe, mit seiner Hilfe einen Ohrwurm aus meinem Kopf entfernen zu können, über dessen Text ich etwas, aber auch nur etwas zwiegespalten bin. Also der Reihe nach.

Ursprünglich wollte ich eine kurze Notiz zu dem heute endlich entsorgten Weihnachtsbaum machen. Daher das erste Bild . Doch dann schwankte ich, ob ich nicht vielleicht eher über Gregor von Nazianz schreiben sollte. Dieser herausragende Kirchenvater und glänzende Autor starb am 25. Januar 390. Um wenigstens etwas bei ihm zu verweilen - er hat sich große Verdienste darum erworben, die Lehre von der Trinität gegen die Häresie des Arianismus zu verteidigen. Ich will ihn einmal kurz selber sprechen lassen (er hat diese Rede wahrscheinlich 379 in Konstantinopel gehalten):

„Wir beten den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist an, ihre Proprietäten unterscheidend, aber ihre Einheit in der Gottheit bekennend. Um nicht in die Krankheit des Sabellius zu fallen, verwischen wir nicht die Drei zu Einem. Und um nicht an dem Wahnsinn des Arius teilzunehmen, trennen wir sie nicht in drei fremde, verschiedene Wesen. Muß man denn ein Bäumchen, wenn es sich nach der verkehrten Seite hinüberneigt, gewaltsam nach der entgegengesetzten Seite wenden? Soll man die Verkrümmung durch Verkrümmung heilen? Soll man nicht vielmehr in der Mitte gerade aufrichten, um innerhalb der Grenzen des Glaubens zu bleiben?“

Der ganze Text der Rede findet sich hier in der Bibliothek der Kirchenväter, und eine etwas profundere Beschreibung von Leben und Werk des heiligen Gregor von Nazianz gibt es dort auch.


Johann Gottfried Piefke, „Preußens Gloria“
hier gefunden

Nein, wir sind noch nicht am Ende unseres Beitrages, wir machen nur eine jähe Wendung (nicht die letzte): Johann Gottfried Piefke, dem wir Märsche wie „Preußens Gloria“ (siehe oben) oder den „Königgrätzer“ verdanken, starb am 25. Januar 1884 in Frankfurt an der Oder, und wer bei dem Namen etwas schmunzeln muß, liegt genau richtig, die Österreicher haben diesen liebevollen Spitznamen für ihre nördlichen Nachbarn mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von ihm entlehnt.

„Preußen“, genau dieses Stichwort brauchte ich, um einzuflechten, daß der noch recht junge gegenwärtige Chef des Hauses Preußen, Georg Friedrich Ferdinand Prinz von Preußen soeben seine Verlobung mit „Sophie, Tochter des Fürsten und der Fürstin von Isenburg“ bekanntgegeben hat; schön!


Robert Burns
"For A‘ that and A‘ that" oder "Is there for honest Poverty"
hier gefunden

Jetzt sind wir dort, wo ich eigentlich hinwollte, heute ist nämlich Robert-Burns-Tag. War mir auch entfallen, aber man unterhält sich ja über den Tag ein wenig mit freundlichen Mitmenschen, und die brachten mir das in Erinnerung. Der schottische Nationaldichter wurde am 25. Januar 1759 geboren, und jeder aufrechte Schotte ist stolz, wenn er dies bei einem traditionellen „Burns Supper“ begehen kann, zu dem der Verzehr von „Haggis“ gehört. Nein, dies wird nicht aus Schafshoden hergestellt, es ist aber kurz davor.

Der neugierige Leser mag ja den entsprechenden Links folgen. Wobei der gute Urs aus Zürich meint, wenn man die Bestandteile ausblendete, würde es eigentlich recht gut schmecken, ich werde das vermutlich nicht nachprüfen.

Das also ist jetzt der Ohrwurm. Ich gestehe, daß Burns Verse besonders stark wirken, wenn sie gesungen werden, und es gibt nicht viele Dichter, die in ihrem Sprachraum so verehrt werden wie er. Dies ist sein wohl politischstes Lied mit einer interessanten Nachgeschichte (die kann man hier nachlesen). Wir sind schon viel zu lang und deshalb werden wir uns über Freimaurerei, Trunksucht etc. heute nicht weiter auslassen, nur noch zwei Dinge, einmal wollen wir zitieren, was die preußische Zensurbehörde 1844 auszusetzen hatte:

"Die Grundgedanken … sind bei klarer und reiner Auffassung und Anwendung vollkommen wahr, und mögen auch in poetischer Form ausgesprochen und verherrlicht werden. Es ist aber denselben in vorliegenden Gedichten eine solche Wendung und Beziehung gegeben, daß damit den gegen sie bestehende, soziale und politische Ordnung der Dinge ankämpfenden Tendenzen – in dem ersten [= "Die Freiheit! das Recht!"] den falschen Freiheits-Ideen, in dem andern [= "Trotz alledem"] der feindlichen Entgegensetzung der verschiedenen Stände – in aufregender Weise das Wort geredet wird, weshalb die Censurwidrigkeit dieser Gedichte nach Artikel IV. der Censur-Instruction sich klar herausstellt.“

Und dann will ich auf Freiligraths Übersetzung verweisen (bevor am Ende das Original folgt). Man findet sie im Ganzen hier. Er übersetzt den letzten Vers:

„Drum Jeder fleh', daß es gescheh',
Wie es geschieht trotz alledem,
Daß Werth und Kern, so nah wie fern,
Den Sieg erringt trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Es kommt dazu trotz alledem,
Daß rings der Mensch die Bruderhand
Dem Menschen reicht trotz alledem!“

Robert Burns

For A‘ that and A‘ that

Is there for honest Poverty
That hangs his head, an' a' that;
The coward slave-we pass him by,
We dare be poor for a' that!
For a' that, an' a' that.
Our toils obscure an' a' that,
The rank is but the guinea's stamp,
The Man's the gowd for a' that.

What though on hamely fare we dine,
Wear hodden grey, an' a that;
Gie fools their silks, and knaves their wine;
A Man's a Man for a' that:
For a' that, and a' that,
Their tinsel show, an' a' that;
The honest man, tho' e'er sae poor,
Is king o' men for a' that.

Ye see yon birkie, ca'd a lord,
Wha struts, an' stares, an' a' that;
Tho' hundreds worship at his word,
He's but a coof for a' that:
For a' that, an' a' that,
His ribband, star, an' a' that:
The man o' independent mind
He looks an' laughs at a' that.

A prince can mak a belted knight,
A marquis, duke, an' a' that;
But an honest man's abon his might,
Gude faith, he maunna fa' that!
For a' that, an' a' that,
Their dignities an' a' that;
The pith o' sense, an' pride o' worth,
Are higher rank than a' that.

Then let us pray that come it may,
(As come it will for a' that,)
That Sense and Worth, o'er a' the earth,
Shall bear the gree, an' a' that.
For a' that, an' a' that,
It's coming yet for a' that,
That Man to Man, the world o'er,
Shall brothers be for a' that.

Montag, 24. Januar 2011

Montags-Schnee


Unser Urlaub vom Winter scheint also sein Ende gefunden zu haben. Noch taut der Schnee zwar fast so schnell wie er fällt, aber in den nächsten Tagen wird er dann wohl liegenbleiben. Diese Bilder hatte ich heute morgen aufgenommen. Ein kleiner Gartenrundgang sozusagen.

Ich habe noch 2 Posts für die letzte Woche nachgetragen, einen kurzen über Achim von Arnim und einen geringfügig längeren über John Ruskin. Beides habe ich nicht allzuviel mit eigenen Gedanken belastet, ich kann die Lektüre somit guten Gewissens empfehlen.



Sonntag, 23. Januar 2011

Sonntag &

roughly translated

Die Kamera bettelte heute förmlich darum, entsorgt zu werden, also das ist immer noch dabei herausgekommen. Dafür war das Essen erträglich, ein Schweinebraten (auf Zwiebeln, Butterschmalz, Rosmarin und Thymian gebraten), die Sauce davon bekam etwas Saure Sahne ab. Als Gemüse Bohnen und Rosenkohl, ausnahmsweise habe ich mir eine Vorsuppe gegönnt, eine Art Wurstgulasch mit Tomaten und ziemlich viel Pfeffer und Paprika (war ziemlich gut). Das wär’s eigentlich, ich schreibe gerade die Posts der letzten Tage zu Ende, klingt albern, ist aber so. Schönen Sonntag.


The camera literally begged today to be discarded, well at least we got this. But the meal was tolerable, a pork roast (roasted with onions, butter, rosemary and thyme), the sauce from it was made with some added sour cream. Vegetables were beans and Brussels sprouts; exceptionally, I allowed myself a soup, a kind of sausage stew with tomatoes and quite a lot of pepper and paprika (was pretty good). That's it really. I'm just finishing the posts of the last days, this sounds silly, I know. Have a pleasant Sunday.

Freitag, 21. Januar 2011

Achim von Arnim

Peter Eduard Ströhling, Porträt "Achim von Arnim”
(1805), hier gefunden

Achim von Arnim

Der Mensch ist bald vergessen


Der Mensch ist bald vergessen
der Mensch vergißt so bald,
der Mensch hat nichts besessen,
er sterb´ jung oder alt.

Der Mensch ist bald vergessen,
nur Gott vergißt uns nicht,
hat unser Herz ermessen,
wenn es in Schmerzen bricht.

Wir steigen im Gebete
zu ihm wie aus dem Tod,
sein Hauch, der uns durchwehte,
tat unserm Herzen not.

Achim von Arnim starb am 21. Januar 1831, einer der romantischen Dichter, die Goethe nicht leiden mochte. Mit dem obigen Gedicht, finde ich, hat er sich selbst kein schlechtes Epitaph geschrieben. Und da es bald Gelegenheit gibt, erneut an ihn zu erinnern, wollen wir es heute dabei belassen.

Donnerstag, 20. Januar 2011

John Ruskin

John Ruskin, Portrait von John Everett Millais entstanden 1853-1854,

Als ich kürzlich etwas über einen der Präraffaeliten schrieb, hätte ich, so dachte ich, auch John Ruskin erwähnt. Habe ich aber gar nicht.Und dann muß ich gestehen, daß ich mir über seine Bedeutung für das geistige Leben im England des 19. Jahrhunderts nur höchst oberflächlich im Klaren war. Ich mag nicht nach der Art gewisser Hochstapler sofort von dem zu schreiben beginnen, was ich eben anfange zu lesen, also habe ich begonnen, in seinen Schriften zu stöbern. Man kann das online übrigens sehr gut an diesem Ort.

Das zuerst auffallende ist, man möchte bei nahezu jedem Satz entweder heftig widersprechen oder zustimmen, ein aufregender Denker also, erster Professor für Kunst an der Universität Oxford, Schriftsteller, Sozialreformer, Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Landschafts- und Architekturmaler und noch einiges mehr. Seine verschiedenen Interessen scheinen ihn geradezu übermannt zu haben. Großherzig im persönlichen Umgang, dafür oft scharf im Urteil. Für Ersteres gibt das obige Bild ein schönes Beispiel:

Ruskin war u.a. als Kunstkritiker ein großer Förderer der Präraffaeliten, einer von ihnen, Millais, schuf dieses Porträt Ruskins, und als es vollendet war, verließ diesen seine Frau Effie, sie ließ ihre Ehe gerichtlich annullieren und heiratete Millais im folgenden Jahr, und während dieser den Kontakt zu Ruskin abbrach, äußerte sich jener nichtsdestotrotz weiterhin freundlich über Millais.

Noch eine persönliche Kuriosität. Ich mag noch nichts Zusammenfassendes über Ruskin schreiben, es gibt hier im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon einen Artikel über ihn, der das wunderbar bewerkstelligt (auch wenn die Seite leider vom Optischen her stets nur schwer lesbar ist), aber ich will nachfolgend ausführlicher aus seinen Schriften zitieren und zwar aus einem Sammelband, der sich seit Monaten in meinem Besitz befindet. Mir war das zuerst gar nicht bei dem Stichwort Ruskin aufgefallen. Hintergrund: er gehört zu einem Stapel Bücher, die einem verstorbenen Pastor gehörten, seine Frau hatte sie mir freundlicherweise überlassen. Der Mann war Kettenraucher, folglich stanken die Bücher wie die Pest. Der Stapel wanderte langsam von der Terrasse in den Flur, und einzelne Titel landeten dann auch schon im Arbeitszimmer, wie dieser Ruskin, auf „den ersten Geruch“ hin schien er nun lesbar, aber als ich es aufschlug, schlug ich es sofort wieder zu. Die nachfolgenden Zitate sind also „erkämpft“.

John Ruskin, "The Chateau of Neuchatel at dusk, with Jura mountains beyond"
1866, hier gefunden

„Genau in dem Grade, in dem du Wesen finden kannst, die größer sind als du, zu denen du aufsehen kannst, in dem Grade wirst du edler, in dem Grade wirst du glücklicher werden. Wenn du immer in der Gegenwart von Erzengeln leben könntest, würdest du glücklicher sein, als in der Gesellschaft von Menschen; aber sogar in der Gesellschaft bewunderungswürdiger Ritter und schöner Damen würdest du desto glücklicher sein, je edler und glänzender sie wären, und je mehr du ihre Tugend verehren könntest. Wenn du dagegen dazu verurteilt wärest, unter einer blöden, dummen, verdrehten und boshaften Menge zu leben, so würdest du im beständigen Gefühl deiner Überlegenheit nicht glücklich sein. Ebenso hängt alle Freude und Kraft der Menschheit zum Fortschritt davon ab, daß etwas zu verehren gefunden wird, und alles Elend der Menschheit fängt mit der Gewohnheit des Verachtens an.“

„Kein physischer Irrtum kann tiefer, kein sittlicher kann gefährlicher sein, als die mönchische Lehre des Gegensatzes von Körper und Seele. In einem unvollkommenen Körper kann keine Seele vollkommen sein; kein Körper ist vollkommen ohne vollkommene Seele. Jede rechte Tat, jeder wahre Gedanke prägen das Siegel ihrer Schönheit auf Person und Antlitz; alles verkehrte Tun und unreine Denken das Siegel der Verzerrung. Ausdruck und Erscheinung des Menschen könnte so einfach gelesen werden, wie eine gedruckte Geschichte, wenn nicht die Eindrücke so mannigfaltig zusammengesetzt wären, daß es in einigen Fällen immer (und bei dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens in allen Fällen) unmöglich bleiben muß, sie vollständig zu entziffern. Nichtsdestoweniger kann das Gesicht eines beständig Gerechten von dem Gesicht eines in der Ungerechtigkeit beständigen Menschen auf den ersten Blick unterschieden werden; und wenn durch ein oder zwei Geschlechter hindurch in diesen Eigenschaften beharrt wird, so entsteht ein vollständiger Unterschied natürlicher Veranlagung… Noch sind die Grenzen des Adels nicht festgelegt, die der Mensch durch beharrliches Beobachten der göttlichen Gesetze über Geburt und Erziehung erreichen kann.“

John Ruskin, "Amboise" 1841
hier gefunden

„Die Bildung rechter Art und Neigung wird durch ein geduldiges Herz bedingt. Es verweilt bei dem, was ihm vorliegt. Es tritt es nicht mit Füßen – es möchten Perlen sein, obwohl es wie Schoten aussieht. Es ist guter Boden, der willig aufnimmt und treu bewahrt, der nicht die Dornen liebloser Gedanken treibt, den schwachen Samen zu ersticken, der auch hungrig und durstig ist und allen Tau trinkt, der auf ihn fällt. Ein aufrichtiges und gutes Herz, das kein zu schnelles Wachstum zeigt, ehe die Sonne aufgeht, aber das es hernach nicht mangeln läßt. Es mißtraut sich selbst und ist bereit, alle Dinge zu glauben und zu versuchen und ist doch so voller Selbstvertrauen, daß es nicht losläßt, was es geprüft hat und nichts unerprobt annehmen will. Die Freude, die es an den als treu und gut erfundenen Dingen hat, ist so groß, daß es unmöglich durch List und Betrug der Mode und des Scheins irregeführt werden kann, es kann in seinen Entschlüssen nicht durch Parteilichkeit und Heuchelei beschränkt werden. Seine Gesichte und seine Freuden sind zu dringend und zu lebendig, als daß irgendein übertünchtes Ding oder schaler Quell ihnen lange genügen könnte. Was es liebt, umfaßt es so innig, daß es zermalmt, was hohl ist.“

„Der Geschmack ist nicht nur ein Teil und Exponent der Sittlichkeit; - er ist die einzige Sittlichkeit. Die erste und letzte und schärfste Prüfungsfrage für jedes lebende Wesen ist: ‚Was magst du gern?‘ Sage mir, was du gern magst, und ich will dir sagen, wer du bist…. ‚Nein,‘ wirst du vielleicht antworten, ‚wir sollten lieber danach fragen, was diese Leute und Kinder tun, als was sie gern mögen… Das Tun ist das Große…‘ Das ist in der Tat für eine kurze Zeit und in einem vorläufigen Sinne wahr. Denn wenn die Leute mit Entschlossenheit tun, was recht ist, werden sie allmählich dahin kommen, es gern zu tun. Sie sind aber erst dann in der rechten sittlichen Verfassung, wenn sie es gern tun; solange sie es nicht gern tun, sind sie in einem verderbten Zustand… Es ist das ganze Ziel wahrer Erziehung, die Leute dahin zu bringen, daß sie die rechten Dinge nicht nur tun, sondern genießen, - daß sie nicht nur fleißig sind, sondern den Fleiß lieben, - daß sie nicht nur gelehrt sind, sondern das Wissen lieben, - daß sie nicht nur rein sind, sondern Reinheit lieben, - daß sie nicht nur gerecht sind, sondern hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.“

Mittwoch, 19. Januar 2011

Dienstag, 18. Januar 2011

Reichs-Geburtstag

Anton von Werner, “Die Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches“

Herr Roloff macht mir gerade die Freude, meinen derzeit etwas hilfebedürftigen Blog mit Inhalt zu füllen, heute ist es allerdings ein besonderes Ereignis, denn wenn man so will, wurde unter dem heutigen Datum vor 140 Jahren der Staat gegründet, in dem wir immer noch leben. Daß dies ansonsten kaum Erwähnung findet, sagt einiges aus u.a. über die seltsame Geschichtsvergessenheit dieser Gegenwart. Zu dem Bild von Anton von Werner wäre noch anzumerken, daß es historisch nicht ganz korrekt ist. Diese 3. Fassung, die ersten beiden wurden im letzten Weltkrieg zerstört, entstand zu Bismarcks 70. Geburtstag, und er erscheint dort etwas zu prominent plaziert. Das nur am Rande.

Was ich nicht vergessen will zu erwähnen, der Autor der nachfolgenden Zeilen, der hier schon oft präsente Herr Roloff, begeht morgen seinen Geburtstag, wer ihm also auf diesem Wege gratulieren will, dem steht es frei, dies zu tun.


Kalenderblatt
140. Jahrestag der Reichsgründung

Am 18. Januar 1871, also genau vor 140 Jahren, wurde in Versailles das Bismarckreich gegründet. Die im Spiegelsaal des Schlosses Ludwig XIV. versammelten deutschen Fürsten proklamierten den preußischen König zum Deutschen Kaiser. Wilhelm I. selbst hatte diesen Tag bestimmt, weil wiederum 170 Jahre zuvor in Königsberg die Krönung des ersten preußischen Königs stattgefunden hatte.

Mit der Kaiserproklamation wurde ein Schlusspunkt hinter die wohl gewaltigste Umwälzung in der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts gesetzt. Drei Kriege hatte der in Schönhausen an der Elbe geborene Kanzler Otto von Bismarck führen müssen, um den Weg zur Deutschen Einheit frei zu machen. 1864 besiegten Österreich und Preußen noch gemeinsam Dänemark. 1866 wurde dann durch den Krieg Preußens gegen Österreich der innerdeutsche Dualismus entschieden und 1870/71 mit dem Sieg über Frankreich das letzte Hindernis zur Einheit Deutschlands beseitigt. Damit war innerhalb von nur ganz wenigen Jahren mit dem Reich wieder eine mächtige europäische Mitte entstanden, wie sie der Kontinent seit dem 30-jährigen Krieg nicht mehr gekannt hatte. Darum nannte auch der britische Premierminister Benjamin Disraeli das Jahr 1871 bedeutender für die europäische Geschichte als es das Jahr 1789 gewesen sei.

Bismarck war sich vollständig darüber im Klaren, dass das Äußerste erreicht war, was im Rahmen eines deutschen Nationalstaates möglich gewesen ist. Von nun an verlegte er seine gesamte Energie darauf, das Reich in der Mitte Europas zu bewahren. Der schwindelerregende wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands, seine Modernität und rasant wachsende Macht riefen nämlich unter den europäischen Mächten nicht unbedingt nur Bewunderung und Freundschaft hervor. Darum verschloss sich der Fürst auch weitestgehend jeder auftrumpfenden Politik. Sogar die 1884 für das Reich gewonnenen Kolonien stellte Bismarck wieder zur Disposition und trug sie dem Hamburger Senat zur Verwaltung an. Gegenüber dem Bürgermeister Versmann stellte er 1889 in für ihn typischer Weise klar: „Mein Gewerbe ist es, Europa den Frieden zu erhalten; wenn ich das tue, bin ich bezahlt. Mit anderen Kleinigkeiten kann ich mich nicht mehr abgeben. Kurz, das Auswärtige Amt wird die Kolonialsachen los oder es wird mich los.“

Genau diese „Kleinigkeiten“ aber wurden von Vielen dann ganz anders bewertet. Max Weber beispielsweise verlangte in seiner Freiburger Antrittsvorlesung 1895: „Wir müssen begreifen, dass die Einigung Deutschlands ein Jugendstreich war, den die Nation auf ihre alten Tage beging und seiner Kostspieligkeit halber besser unterlassen hätte, wenn sie der Abschluss und nicht der Ausgangspunkt einer deutschen Weltmachtpolitik sein sollte.“

Schon lange hat die Geschichte ihr Urteil darüber gesprochen, wer von beiden Recht behalten hat.
Thomas Roloff

Montag, 17. Januar 2011

Wildenbruch - Nachträge

Vielleicht füge ich später noch einen Satz an, aber Herr Roloff wies mich wegen meines Wildenbruch-Fragments vom Sonnabend darauf hin, er habe doch einmal etwas dazu geschrieben... Dies soll also sogleich folgen:


Ernst von Wildenbruch

Zum 100. Todestag des Begründers der „Bismarcklyrik“

Am 15. Januar 1909 starb Ernst von Wildenbruch. Er war einer der bedeutendsten Schriftsteller der wilhelminischen Zeit. Bereits seine Abkunft ist eines Romans würdig. Wildenbruch ist ein Enkel des legendären Preußenprinzen Louis Ferdinand, der 1806 bei Saalfeld im Kampf gegen Napoleon gefallen war. Aus dessen illegitimer Verbindung mit der Magdeburger Beamtentochter Henriette Fromme gingen zwei Kinder hervor - Louis und Blanka. Nach dem Tode des Prinzen nahm dessen Schwester Luise, die Gemahlin des Fürsten Anton Radziwill, die Kinder zu sich und zog sie mit den eigenen Kindern gemeinsam auf. Berühmt wurde vor allem ihre Tochter Elsa Radziwill als Jugendliebe des späteren Kaisers Wilhelm I. Das durch Anton Radziwill erbaute und nach ihm benannte Palais in der Berliner Wilhelmstraße sollte später Bismarcks Reichskanzlei werden.

Der 1803 geborene Louis, seit 1810 führte er, wie seine Schwester, den Namen Wildenbruch und war vom König in den preußischen Adelsstand erhoben worden, heiratete Ernestine von Langen, Generalstochter und Hofdame der Prinzessin Luise von Preußen.
Diese beiden waren nun die Eltern Ernst von Wildenbruchs, der am 3. Februar 1845 in Beirut zur Welt kam, weil sein Vater dort als Diplomat diente.

Ernst von Wildenbruch wurde nach seiner Schulausbildung in Berlin zunächst Offizier. Nach seinem aktiven Wehrdienst holte er am Gymnasium in Burg bei Magdeburg sein Abitur nach und studierte dann, wieder in Berlin, die Rechtswissenschaften. Nach der Teilnahme an den Einheitskriegen 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich wurde er zunächst Referendar und dann Richter. Später wechselte er ins Auswärtige Amt und wurde 1897 zum Geheimen Legationsrat befördert.

Öffentlich in Erscheinung trat er aber hauptsächlich durch sein literarisches Werk. Er schuf Dramen, Balladen, Romane und Erzählungen. Besonders populär aber wurde er durch die „Bismarcklyrik“, die er begründete. So kommentierte er die Entlassung des Kanzlers mit den Versen:

Bismarck 18. März 1890

Du gehst von deinem Werke,
Dein Werk geht nicht von Dir,
Denn wo du bist, ist Deutschland,
Du warst, drum wurden wir.
Was wir durch dich geworden,
Wir wissen´ s und die Welt-
Was ohne dich wir bleiben,
Gott sei´ s anheimgestellt.

Auf den Tod des in Schönhausen geborenen Reichsgründers wiederum dichtete er 1898:

Laß nicht den Bismarck sterben in Dir!
Gib es nicht her das errung´ne Panier,
Laß in Vergessens Erbärmlichkeit
Nicht versinken die heilige Zeit (…)
In deiner Seele, die sich erhebt,
Steht er dir auf, kommt wieder und lebt,
Kommt und ist da,
Allgegenwärtig und nah,
Deutschland, Dein Bismarck, er lebt!

Ernst von Wildenbruch war mit Karoline von Weber, einer Enkelin des Komponisten Carl Maria von Weber, verheiratet. Mit ihr zog er 1907 nach Weimar. Hier hatten sie nach Entwürfen des Architekten Paul Schultze-Naumburg, der später auch für das letzte Kronprinzenpaar des Deutschen Reiches den Cecilienhof baute, das „Haus Ithaka“ errichtet. Auch sein Grabmal in Form eines dorischen Tempels auf dem historischen Friedhof von Weimar stammt von Schultze-Naumburg. Heute genau vor 100 Jahren, am 19. Januar 1909, wurde Ernst von Wildenbruch dort begraben.

Thomas Roloff

Sonntag, 16. Januar 2011

Sonntag &

Roughly translated

Heute wurde ein Hackbraten ausprobiert, ich wollte endlich wieder etwas machen, was länger zurücklag. Da es ungezählte Varianten gibt: Bei dieser kamen zu dem Gehackten neben Zwiebeln und Eiern noch Petersilie und getrocknete Tomaten hinzu, auch so, und Oregano. Als Füllung ebenfalls Eier. Für die Soße wurden Tomaten verkocht zusammen mit Thymian, da sie recht sauer waren, etwas Zucker dazu, die helle Farbe kommt wohl von der Sahne. Das wär’s. Einen angenehmen Sonntag!


Today, a meat loaf has been tried; I wanted to cook finally something I haven’t for some time. Since there are countless variations: Here were added to the chopped meat onions and eggs of course and then parsley and dried tomatoes, and oregano. For the filling eggs again. The tomato sauce was cooked with thyme, because it came out a bit sour, sugar was added, the bright color results probably from the cream. That's all. A pleasant Sunday!

Samstag, 15. Januar 2011

Über Vergessenes


Ernst von Wildenbruch

Weihnacht.

Die Welt wird kalt, die Welt wird stumm,
der Winter-Tod zieht schweigend um;
er zieht das Leilach weiß und dicht
der Erde übers Angesicht –
Schlafe - schlafe

Du breitgewölbte Erdenbrust,
du Stätte aller Lebenslust,
hast Duft genug im Lenz gesprüht,
im Sommer heiß genug geglüht,
nun komme ich, nun bist du mein,
gefesselt nun im engen Schrein -
Schlafe - schlafe

Die Winternacht hängt schwarz und schwer,
ihr Mantel fegt die Erde leer,
die Erde wird ein schweigend Grab,
ein Ton geht zitternd auf und ab:
Sterben - sterben.

Da horch – im totenstillen Wald
was für ein süßer Ton erschallt?
Da sieh – in tiefer dunkler Nacht
was für ein süßes Licht erwacht?
Als wie von Kinderlippen klingt's,
von Ast zu Ast wie Flammen springt's,
vom Himmel kommt's wie Engelsang,
ein Flöten- und Schalmeienklang:
Weihnacht! Weihnacht!

Und siehe – welch ein Wundertraum:
Es wird lebendig Baum an Baum,
der Wald steht auf, der ganze Hain
zieht wandelnd in die Stadt hinein.
Mit grünen Zweigen pocht es an:
»Tut auf, die sel'ge Zeit begann,
Weihnacht! Weihnacht!«

Da gehen Tür und Tore auf,
da kommt der Kinder Jubelhauf,
aus Türen und aus Fenstern bricht
der Kerzen warmes Lebenslicht.
Bezwungen ist die tote Nacht,
zum Leben ist die Lieb' erwacht,
der alte Gott blickt lächelnd drein,
des laßt uns froh und fröhlich sein!
Weihnacht! Weihnacht!

Da ich gerade nicht schlafen kann, dachte ich, einfach eines dieser Fragmente zu veröffentlichen, die üblicherweise als unsichtbarer Entwurf enden. Nein, es ist nicht so, daß ich nicht vom Thema Weihnachten lassen könnte, aber Ernst von Wildenbruch starb am 15. Januar 1909, und dies ist eines seiner brauchbareren Gedichte, das sich eine gewisse Bekanntheit erhalten hat. Eine anderes, das gelegentlich noch zitiert wird, heißt "Bismarck lebt!", aber das wollte ich nicht zumuten. Wie schreibt ein Oskar Walzel noch 1918: „Der erste Träger des neupreußischen Bewußtseins in deutscher Dichtung erstand endlich in Ernst von Wildenbruch … Wildenbruch … sprach erlösende Worte im rechten Augenblick als … sein kraftvolles Temperament und seine prächtig tönende Wortkunst sich in den Heldenliedern „Vionville“ und „Sedan“ zum erstenmal ausdrückten…“. Er war sozusagen ein staatstragender Dichter, zudem mit den Hohenzollern auch familiär verbunden; einerseits hochangesehen, andererseits bei Kollegen nicht unumstritten, Theodor Storm schätzte ihn, Theodor Fontane nannte ihn einen „armen Stümper“. Doch warum ich mich eigentlich überhaupt mit ihm beschäftigen wollte, er ist ein Paradebeispiel eines zu Lebzeiten außerordentlich bekannten und heute nahezu vergessenen Dichter.

Mit einigen Abschwächungen gilt das auch für Franz Fühmann, den das Datum kurioserweise mit Wildenbruch verbindet, er wurde am 15. Januar 1922 geboren. Und ein anderer Aspekt verbindet, auch Fühmann begann sehr staatstragend, auch wenn es ein Staatswesen sehr verschiedener Art war, er stürzte sich gewissermaßen nach Kriegende in eine neue Identität und wollte dieses „Menschheits-Beglückungsprojekt“ enthusiastisch voranbringen. Er ist dann reifer und auch resignierter geworden, ich hatte mir schon mehrfach vorgenommen, ausführlicher über ihn zu schreiben und diesmal sollte es eine Betrachtung über das Vergessen-werden werden, ein anderes Mal. Das Bild übrigens zeigt einen Gegenstand, der in meiner eigenen Biographie mit diesem Thema verbunden ist, aber wir wollten dies ja diesmal als Fragment belassen.

Freitag, 14. Januar 2011

Zwischendurch - Post


Bevor jemand glaubt, ich wäre bereits in die Unterwelt enteilt und würde jetzt dort Schuldige mit meinen Meinungen quälen, ein kleiner Zwischen-Beitrag mit Bildern von unserem derzeitigen Nicht-Winter. Es fühlt sich merkwürdig an, wo der ganze Schnee entschwunden ist und die Luft so ungewöhnlich mild. Die Weihnachtsdekoration sieht deplazierter aus als sonst schon bereits, ich lasse sie aber noch etwas dort. Als das warme Wetter begann, roch die Luft merkwürdig alt, überhaupt nicht wie Frühling oder dergleichen. Irgendwie empfindet man sich in einer Zwischenzeit, etwas aus der Jahreszeit gefallen.


Montag, 10. Januar 2011

Seltsamkeiten



Es verrieselt, es verraucht,
Mählich aus der Wolke taucht
Neu hervor der Sonnenadel.
In den feinen Dunst die Fichte
Ihre grünen Dornen streckt,
Wie ein schönes Weib die Nadel
In den Spitzenschleier steckt;
Und die Heide steht im Lichte
Zahllos blanker Tropfen, die
Am Wacholder zittern, wie
Glasgehänge an dem Lüster.
Überm Grund geht ein Geflüster,
Jedes Kräutchen reckt sich auf,
Und in langgestrecktem Lauf,
Durch den Sand des Pfades eilend,
Blitzt das goldne Panzerhemd
Des Kuriers; am Halme weilend
Streicht die Grille sich das Naß
Von der Flügel grünem Glas.
Grashalm glänzt wie eine Klinge,
Und die kleinen Schmetterlinge,
Blau, orange, gelb und weiß,
Jagen tummelnd sich im Kreis.
Alles Schimmer, alles Licht;
Bergwald mag und Welle nicht
Solche Farbentöne hegen,
Wie die Heide nach dem Regen.

Das obige ist ein Stück aus dem Gedicht „Die Vogelhütte“ von Annette von Droste-Hülshoff, wie eigentlich alle ihre Gedichte ist es eher zu lang für so einen auf Kürze bedacht sein müssenden Blog. Vor einem Jahr war es mir noch gelungen, rechtzeitig daran zu erinnern, daß sie (vermutlich) am 10. Januar 1797 auf Burg Hülshoff bei Münster geboren wurde. Dieses Jahr ist es leider ein Nachtrag geworden, das Datum trügt, wir haben in Wahrheit schon die Nacht auf Donnerstag. Aber erinnern wollte ich unbedingt an sie, es sind wenige Dichter, die eine so unverwechselbare Stimme aufweisen können, und der Droste-Hülshoff gelingt es mit ihren Worten, eine Welt so lebendig aufzurufen, daß man den Tau zu spüren glaubt.

Wer sich dem wahrhaft Schönen, dem im tieferen Sinne Geschaffenen öffnet, hat nicht nur die Freude und den Trost dieser Erscheinungen für sich, er erlebt oft daraus auch das Verbindende zu anderen Menschen, denen es ebenso ergeht. Eine Seele ohne Dichtung, ohne Kunst überhaupt, kann ich mir nur als eine trostlose und leere vorstellen, und eine verloren einsame dazu. Wie ich darauf komme. Zu meiner Überraschung hatte die Bloggerin Rosabella schon vor einem Jahr den eben genannten Beitrag kommentiert, ich habe sie gerade im Zusammenhang mit meinem Sonnabend-Beitrag zu dem Maler Alma-Tadema erwähnt (auch nachgetragen natürlich). Wir kennen uns also schon länger als ein Jahr, und etwa die Droste-Hülshoff ist es beispielsweise, was uns auf eine wohltuende Weise verbindet. Seltsam, wie die Zeit uns zerrinnt, ohne daß wir etwas davon bemerken, und uns im Wahn des immerwährenden Augenblicks fühlen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Sonntag &

very roughly translated

Ich brauche wohl noch ein paar Minuten, um den Beitrag von gestern fertigzuschreiben, also ziehen wir dies doch besser vor, bevor jemand etwa etwas vermissen sollte: Man sieht ein Lachs-Sahne-Gratin. Die erste Einstellung am Photoapparat war wohl nicht so passend, daher dieser merkwürdige Eindruck beim ersten Bild, dafür sind die nächsten besser. Wie gesagt, (offensichtlich zu viele) Lachs-Stücke wurden da im Ofen gebacken, ich habe der Fertigsauce (ich gestehe! Asche aufs Haupt) noch frischen Dill und Thymian beigefügt. Mit dem Gemüse ist es um diese Jahreszeit ja immer etwas heikel, der Blumenkohl war offiziell frisch, aber im Kühlhaus hatte er wohl ein wenig an Charakter verloren. Der Spargel war, dafür daß er tiefgefroren daherkam, durchaus eßbar. Aber es gibt schon einen Grund dafür, warum man Gemüse eigentlich nur in der entsprechenden Saison essen sollte, allerdings: Wer mag ewig Sauerkraut und eingelegte Gurken, bloß weil gerade Winter ist.




I probably need a few more minutes to finish the post from yesterday, so we better look at this first before someone should think he missed something: You see a salmon and cream gratin. The first setting on the camera was probably not so appropriate, therefore this strange impression on the first picture, the next ones are better. As I said, (obviously too many) salmon pieces were baked in the oven, I added to the finished sauce (I admit! ashes on head) some fresh dill and thyme. It’s always tricky with vegetables this time of the year, the cauliflower was officially fresh, but in cold store had probably lost a bit of character. The asparagus was, when you consider it came along frozen, perfectly edible. But there's a reason why you really should eat vegetables only in the appropriate season, however: Who wants to eat sauerkraut and pickles every time, just because it’s winter.

Nachtrag:

Ein freundlicher Mensch fand das erste Bild zurecht wohl etwas zu gruselig und hat es daher verbessert. Danke Frank :-)

Samstag, 8. Januar 2011

Lawrence Alma-Tadema oder die Faszination der Oberfläche

"The Finding of Moses", 1904

"Alma-Tademas Bilder können uns kein tieferes Interesse einflößen", sie gehörten nur dem modernen "Zimmer-Ausschmückungs-Apparat" an. Und ein Künstler, der "alles ägyptisiert", dürfe sich nicht wundern, "wenn man, sooft er nur sein Sacktuch zieht, jedesmal fürchtet, ein kleines Taschenkrokodil hervorspringen zu sehen".

Ich vertrottele gerade. Da hätte ich schwören können, schon einmal etwas über Alma-Tadema geschrieben zu haben, dabei war es John William Waterhouse! Die obige Lektürefrucht entstammt nicht meinen Bildungsbemühungen, ich habe sie in einer Besprechung von Rosemary Barrows Buch "Lawrence Alma-Tadema" durch die FAS gefunden, amüsant zu lesen. Falls jemand dem Link folgt, sei nachzutragen, die Besprechung stammt von 2002. Warum das erwähnenswert ist? Nun, der Bemerkung - „1995 fand das 1960 erfolglose Gemälde "The finding of Moses" für 1,56 Millionen Pfund bei Christie's einen Käufer“ - ist hinzuzufügen, am 4. November 2010 wechselte dasselbe Werk für 35.922.500 $ den Besitzer. Wer weiß, in welchem vermutlich eher südöstlich von uns gelegenen Anwesen es jetzt sein Dasein fortsetzt.

Nicht nur Bücher haben ihre Schicksale. Und daß ein Werk von der Höhe der Bewunderung in den Abgrund der Mißachtung fiel, um heute in ungeahnte Höhen der Wertschätzung aufzusteigen, sagt viel über unsere, sagen wir letzten 100 Jahre aus.

"A coign of vantage", 1895
hier gefunden

Ich habe der freundlichen Bloggerin Rosabella zu danken, daß sie mich an seinen Geburtstag erinnerte, den 8. Januar 1836. Denn er ist einer der Maler, die ich durchaus mag, allerdings auf eine offenkundig eher unreflektierte Art. Ich mag diesen Farbenrausch, die Verläßlichkeit des Dargestellten, die Echtheit der Imagination, wie sich alles zu einer so selbstverständlichen Schönheit zusammenfügt, daß man mit den Händen nach einem Stück der Antike greifen möchte, die da vor einem liegt (meist ist es ein antikes Sujet). Bei uns hat man das Historienmalerei genannt, aber es gibt da niemanden, der diesen unverwechselbaren Zauber vorweisen kann. Das ist das Merkwürdige, man ist sofort in den Bann geschlagen von diesen berückenden Szenerien oder sollte man sagen, von dieser berückenden Oberflächlichkeit?

"Silver Favourites"
hier gefunden

Ich habe übrigens nicht von ungefähr auf die englische Variante des entsprechenden Lexikonartikels verwiesen, denn was der deutsche dürr protokolliert, beschreibt der englische unterhaltsam, einfühlend und vor allem detailreich, nicht untypisch leider. Und damit sind wir schon sehr nahe an Alma-Tadema, das Bild mag abseitig wirken, aber seine Gemälde haben oft etwas von einem Schmetterling, man kann sich an dessen lebendigem Flug erfreuen, man kann ihn aber auch aufspießen und anschließend klassifizieren, er verliert dabei aber wesentlich an Zauber.

Mit anderen Worten, ich bin etwas hilflos darin zu sagen, was mich an ihm fasziniert. Natürlich ist er technisch brillant. Er hat sehr sorgfältig historische Genauigkeit erreicht, Komposition und Lichtführung sind souverän und immer interessant, dabei ist er nicht pedantisch, es gibt oft eine nahezu schwebende Leichtigkeit und dann wiederum spürt man förmlich die Wärme der Körper und ahnt, wie der vereisten viktorianischen Haltung etwas Sinnlichkeit zugeführt wurde, in gesellschaftlich akzeptabler Weise, wohl einer der Gründe seines Erfolges.

Er zeigt eine Nähe zur späten Antike, man fühlt ihr Raffinement, die Freude an der Fülle der Sinne, ihre Überreife, von mir aus auch ihre Dekadenz, aber bei aller Genauigkeit hat man doch überwiegend das Gefühl, daß die bezaubernden Schönheiten eher Engländerinnen sind, oder sagen wir, die Art von Engländerinnen, die sie in ihren geheimeren Träumen gerne wären. "Victorians in toga" hat man das genannt, dabei war er kurioserweise ursprünglich Holländer. Aber es stimmt schon nicht selten, die Bilder haben etwas von einem englischen Landhaus, das als römischer Palast erscheinen will, aber das ist nicht alles.

Er ist ein Perfektionist der Oberfläche, sei es die der warmen Haut einer erstrahlenden Schönheit oder die des weißesten Marmors, man hat ihm entsprechende Spottnamen gegeben - "marbellous painter". Es stimmt, die Regungen der Seele bleiben hinter diesen Fassaden eher verborgen, die Gesichter zeigen häufig den Ausdruck einer gepflegten Langeweile, nicht immer, gerade für das letzte hier würde ich das überhaupt nicht gelten lassen.

Zu Lebzeiten war er hochgeehrt, amüsant, sich seine Zeitgenossen in Erinnerung zu rufen, als lebten sie in geschiedenen Welten. 1876 Mitglied der Royal Academy, 1899 Erhebung in den Adelsstand, beigesetzt wurde er 1912 in der St. Pauls Kathedrale. Die Perfektion der Oberfläche wurde später zum Vorwurf der Oberflächlichkeit, aber auch dieser Vorwurf ist oberflächlich, wie sagt doch Keats: „A thing of beauty is a joy for ever: / Its loveliness increases; it will never / Pass into nothingness…“


"Sappho and Alcaeus", 1881
hier gefunden

Freitag, 7. Januar 2011

Details


Beiläufigkeiten zwischendurch: Auf diesen Hut blicke ich, wenn ich aus meinem Arbeitszimmer trete, hm, die Photographie – nur eine Laune, aber wer etwas eigentümlich Eindrucksvolles sehen will, folge diesem Link.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Epiphanias



Weihnachten ist also vorbei am Anfang dieses Jahres. Epiphanias, das "Fest der Erscheinung des Herrn", ist ein sehr altes Fest, irgendwie in den Hintergrund getreten, später, ich habe das vor einem Jahr schon in etwa so erwähnt. Gefeiert wurde das Erscheinen Jesu, man darf nie vergessen, im Christentum wird der sehr ferne Gott, bei allen scholastischen Bemühungen, nur greifbar durch Ihn. Seit Weihnachten am 25. Dezember gefeiert wird, wurde dieses Fest etwas fremd, die "Heiligen Drei Könige" waren dann sehr hilfreich, wie sie endlich auch das Jesuskind fanden an diesem Tag. Das Fest der Menschwerdung Gottes wurde etwas menschenfreundlicher.

Mit dem 6. Januar jedenfalls endet in einer Tradition, die mir nachvollziehbar erscheint, Weihnachten und es beginnt die Epiphanias-Zeit, an deren Ende die Christenheit vom Wunder der Weihnacht hin blickt auf Karfreitag und Ostern. Dies sind sehr schwere Gedanken, und ich wollte sie unbedingt mit einem Gedicht abmildern, dachte erst an Rilke, aber der war hier zu schwach, erinnerte mich an Goethe, aber der erwies sich einmal mehr als Leichtgewicht, leider, und kam so auf Heine, welche Überraschung:



Die Heil'gen Drei Könige aus Morgenland,
Sie frugen in jedem Städtchen:
"Wo geht der Weg nach Bethlehem,
Ihr lieben Buben und Mädchen?"

Die Jungen und Alten, sie wußten es nicht,
Die Könige zogen weiter;
Sie folgten einem goldenen Stern,
Der leuchtete lieblich und heiter.

Der Stern blieb stehn über Josephs Haus,
Da sind sie hineingegangen;
Das Öchslein brüllte, das Kindlein schrie,
Die Heil'gen Drei Könige sangen.

Da Epiphanias mit dem Stern von Bethlehem verbunden ist, also diese Bilder von diesem Jahr und dem vergangenen, und der Weihnachtsbaum durfte auch noch einmal seine erfreuliche Gestalt vorzeigen.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Österreichische Nachträge

Ein kleiner Nachtrag, ich bin gerade in der Stimmung dafür, wenigstens diesmal nur eine Erwähnung, die ich gestern machen wollte, also nur einen Tag zu spät (nur um keine Verwirrung aufkommen zu lassen, ich schreibe dies in Wahrheit am 6.). Johann Joseph Wenzel Anton Franz Karl Graf Radetzky von Radetz starb am 5. Januar 1858. Vor einem Jahr hatte ich ein wenig darüber geschrieben, was zu meinem Erstaunen Prof. Aue sehr gefreut zu haben schien. Ich verweise deshalb darauf, weil er der eigentliche Grund für diesen Beitrag ist. Denn er hat kürzlich zu meinem Post vom 23. Dezember, in dem ich ein Gedicht von Emily Dickinson zitierte, als Kommentar dankenswerterweise die nachfolgende Übersetzung angebracht, und es wäre schade, wenn diese dort vielleicht untergehen würde:

Emily Dickinson

I dwell in Possibility -
A fairer House than Prose -
More numerous of Windows -
Superior - for Doors -

Of Chambers as the Cedars -
Impregnable of Eye -
And for an Everlasting Roof
The Gambrels of the Sky -

Of Visitors - the fairest -
For Occupation - This -
The spreading wide of narrow Hands
To gather Paradise -


Ich weil in Möglichkeiten:
Ein besser' Haus als Text —
An Fenstern weitaus reicher,
mit größer'n Tür'n besetzt.

Mit Räumen wie die Zedern —
vom Auge unzwingbar —
und, als ein Dach für ewig,
des Himmels Balken gar —

Besucher — nur die besten —
Mein Wohnen drinnen — dies:
die Hände auszubreiten —
zu sammeln — Paradies —

übersetzt von Walter A. Aue

Dienstag, 4. Januar 2011

Nachdenkliche Würdigung


„Die eine Rose überwältigt alles, / Die aufgeblüht ist aus dem Traum. / Sie rettet uns vom Grund des Falles. / Schafft um uns einen reinen Raum…“, (wer das ganze Gedicht sucht, mag hier fündig werden). Als ich vom Tod Eva Strittmatters hörte, fielen mir merkwürdigerweise Zeilen wie diese wieder ein. Und auch, wie leicht man doch in der Jugend zum harschen Urteil neigt.

Zur Erklärung: Als ganz junger Mensch (ich habe noch einmal nachgesehen, bei ihrem zweiten Gedichtband war ich vermutlich kaum 12 Jahre alt) faszinierte mich ungeheuer die natur- und gefühlsverliebte Innerlichkeit ihrer Gedichte, ich habe sie zweifelsohne mit großer Anteilnahme gelesen, alles Erreichbare gesucht, später dann in Bausch und Bogen die Handvoll schmaler Gedichtbände als zu nahe am Kitsch aus meiner Büchersammlung verbannt. Es war bis auf die Briefe aus Schulzenhof I nichts mehr auffindbar, wahrscheinlich verschenkt, sie war schließlich sehr populär. Im Osten Deutschlands ist das wohl auch so geblieben, im Westen war es nie so. Vielleicht liegt es daran, daß sich mehr eine Bereitschaft erhalten hatte, sich einem bestimmten romantischen Tonfall, einer verinnerlichten Weltsicht zu öffnen, irgendwie hatte ich immer den Eindruck, daß gegen alle äußeren Veränderungen sich bestimmte ältere Gefühlslagen hier länger erhalten hatten (vom Religiösen abgesehen).

Wie gesagt, ich hatte Mühe, etwas von ihren Gedichten zu finden, daher die Verzögerung, und bin, mit diesem Abstand von 20 Jahren ihre Sachen wieder lesend, hin- und hergerissen.

„Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter;
Und so vergeh ich nicht.“

Das sind die letzten Zeilen aus dem Gedicht „Vor dem Winter“. Es gibt einiges an Seiten, die sich ihrer Dichtung annehmen, dieses etwa konnte ich an diesem Ort wiederfinden. Und ein anderes, sehr schönes über die Mark Brandenburg findet man hier, es beginnt:

„Mich rühren die sandigen Wege
Im alten sandigen Land.
Die Heckenrosengehege.
Die Holderbüsche am Rand
Der alten Felderraine.
Die Gräser reden mir da
Von Zeiten, die warn noch nicht meine,
Als ich das Früheste sah:…“

Und so wie man bei Annette von Droste-Hülshoff die Physiognomie des alten Westfalen zu erkennen glaubt, findet man in diesen Worten, auf ganz andere Weise, etwas von der Wahrheit, wie Charakter und Geschichte einer Landschaft die eigene Seele zu prägen vermögen.

Es gibt eine einfach daherkommende Sprache, die gleichzeitig von naturhafter Schönheit ist, bei Luther etwa findet man sie oft. Schlichte Gemüter mögen meinen, daß so etwas aus einer schlichten Denkungsart entstehen muß, nun brauchen uns derartige Leute nicht weiter zu interessieren, ich sage das nur, weil sie mitunter reichlich unbefangen mit den sprachlichen Mitteln umgeht und auch vor dem Einfachsten nicht zurückschreckt, das ist oft groß, mitunter irritiert es jedoch. Es steckt aber in allem soviel Herzenswärme, Lebensklugheit, Genauigkeit im Sehen und Weisheit aus Leidenserfahrung, daß auch das Schwächere davon getragen wird. Ein 14jähriger mag das ahnen, ein 19jähriger schon nicht mehr verstehen. Später kommt das dann irgendwie zurück, meistens. Ich wollte keinen Nachruf verfassen, dafür bin ich gänzlich ungeeignet, einen sehr angenehmen findet man hier, dieses und dieses erscheint zumindest interessant.

Lassen wir sie am Schluß selbst noch einmal zu Wort kommen, sie beklagt sich dort über Briefe von Lehrern und Schülern, und dabei wird umgekehrt deutlich, was ihr selbst am Herzen lag: „Nichts von Verbindlichkeit, keine Vorstellung davon, daß man einem Menschen schreibt,…Wohl kann man Wissen finden, aber wenig Kultur ist da (denn echte Freundlichkeit hat viel mit Kultur zu tun) und keine Eleganz.“ Sie hingegen war zweifelsohne ein aufmerksamer, das Verbindende suchender Mensch, und ein hilfreicher zudem, sie hat vielen geholfen, sich im Leben zurechtzufinden und sie hat mit ihren Versen vielen das Tor zur Schönheit und Tiefe der Poesie aufgemacht. Das ist nicht wenig.

Sonntag, 2. Januar 2011

Über preußische Könige


Wenn man Abstand zu zeitgenössischen Urteilen gewinnen will, hilft es, kurz auf einen nicht lange zurückliegenden meinungsstarken Beitrag zu blicken, dessen Voraussetzungen inzwischen völlig obsolet geworden sind. Das klingt jetzt etwas kryptisch, aber ich hatte jüngst so eine Erfahrung, da der Post aber zu gallig geriet, habe ich ihn seinlassen, vielleicht trage ich ihn doch noch nach, ich weiß nicht recht, ich mag dieses Harsche nicht so.

Wir wollen heute an einen König erinnern, der vor 150 Jahre starb und auch ein wenig an seinen Bruder, der ihm nachfolgte und später zum 1. Kaiser des Zweiten deutschen Kaiserreichs wurde, wir sprechen folglich von Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. Wir haben, fürchte ich, diese Erinnerung etwas exklusiv für uns, in Potsdam hielt man es nicht groß für erforderlich, eines Königs zu gedenken, dem diese Stadt außerordentliches zu verdanken hat, der Zeitgeist halt, für den exemplarisch dieser mehr pflichtschuldig heruntergenudelte Beitrag stehen mag, in dem sich die gegenwärtig vorherrschenden Urteile widerspiegeln. Ein anderer Artikel ist da ein wenig origineller, weil er mit dem Gedanken spielt, was geschehen wäre, wenn Friedrich Wilhelm IV. vom Parlament der Frankfurter Paulskirche die angebotenen Kaiserkrone akzeptiert hätte, die er bekanntlich zurückwies.


Also schieben wir das Zeitgenössische einmal beiseite, und nehmen das vorweg, was die Geschichte aller paar Jahrzehnte regelmäßig zu machen pflegt, wenn sie die Gewißheiten und Sicherheiten umstürzt, und blicken auf dieses Brüderpaar, Söhne unserer verehrten Königin Luise. Ich habe hier gewissermaßen ein kleines Gedenkfeuer entzündet, und nun mögen wir darüber nachsinnen, was bleibt, wenn die geistige Haltung, aus der jemand gelebt hat, ja seine ganze Welt lange schon entschwunden sind. Meine eigenen Gedanken bewegen sich da noch immer ganz in den Bahnen, die ich im letzten Jahr andeutete, denn der Vorteil bei Friedrich Wilhelm IV. ist, das sein Denken zu Stein wurde – Glaube, Schönheit, Tradition, Königtum, das wären wohl die Begriffe, unter denen er seiner Zeit widerstand.

Bei seinem Bruder ist das etwas schwieriger zu fassen, denn sein Werk ist weniger greifbar, er hat den Staat begründen helfen, in dem wir immer noch, nach vielen Brüchen, leben. Ich habe mich zu ihm bisher immer nur bruchstückhaft geäußert, hier etwa, aber er wäre es wirklich wert, daß man einmal etwas gesammelter über ihn schreibt. Er gab das mustergültige Beispiel für jemanden, der die Charakterstärke hatte, einem politisch Begabteren, nämlich dem Fürsten Bismarck, die Möglichkeiten seines Handeln zu verschaffen, wofür das bekannte Wort steht:„Es ist nicht leicht, unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein.“ Wir leben, wie gesagt, äußerlich noch immer in dem Staat, für dessen Anfänge Wilhelm I. steht. Wieviel davon innerlich erhalten ist, darüber wollen wir dann nun schweigend nachdenken beim Blick in dieses Feuer.