Mittwoch, 26. November 2008

Jeglicher Hahn vermeint, er lege die besten Eier.

Ich kann mich zwar nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern („Schwulst“ und in den Augen des Autors Verächtlicheres kamen mit Sicherheit vor), aber umso deutlicher an die Wirkung.

Ich war vermutlich ein Kind von 14 – 15 Jahren und fand in einem Lexikon eine mit sehr spitzen Fingern geschriebene Bewertung der barocken Dichtung (vermutlich liegt das „Buch“ noch irgendwo auf dem Dachboden, aber ich bin zu faul um nachzusehen), exakt ging es um Hofmannswaldau, und meine Reaktion war: Das werde ich lieben. Ich kannte kein Stück:


VERGÄNGLICHKEIT DER SCHÖNHEIT

Christian Hofmann von Hofmannswaldau



Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen,
Der liebliche Korall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand,

Der Augen süßer Blitz, die Kräfte deiner Hand,
Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen.
Das Haar, das itzund kann des Goldes Glanz erreichen,
Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.

Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden,
Die werden teils zu Staub, teils nichts und nichtig werden,
Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.

Dies und noch mehr als dies muß endlich untergehen.
Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen,
Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.


TRANSITORY BEAUTY

trans. Michael Haldane



Pale Death, with his cold scythe-like swaying hand
will stroke your breasts with bony-knuckled time;
your coral-red delicious lips will rime,
your shoulders' clement snow shall run cool sand.

Your eyes' sweet lightning-flashes, your hands' strength -
these conquerors shall yield to Time's taut grip;
the years and days shall finally unslip
your hair from its bright gold attaining length.

Your well-appointed foot, your charming ways,
Will part be dust, and nil and nought in part:
No more prostration at your splendour's shrine.

All this, and more, must end in dead decays;
Nothing can last forever, but your heart -
Created in the deepest diamond mine.


Warum gerade jetzt Hofmannswaldau, nun Dr. Haldane war so freundlich, mir heute zu erlauben, seine Übersetzungen plündern zu dürfen, wovon ich in diesem Fall nur zu gern Gebrauch mache.

Und zu der Überschrift: Arno Holz hat ein wunderbares Büchlein namens „Des berühhmbten Schäffers Dafnis …“ geschrieben, in dem dieser Dafnis sich selbst beschreibt mit den Worten: „Dafnis / der Verfärtiger gegenwärtiger Boesie. Ich habe sie mit so großer Lust gesezzt / daß ich nicht förchte / sie werde mit meinen Hahren verschimmeln. Da ich weder ein gebohrner Schlesier / noch auß Meißßen bün / habe ich in ihrer Orthographia nichts substituirt / alß meinen natürlichen Verstand. Suum cuique Pulchrum; zu Teutsch / jeglicher Hahn vermeynt / er lege die bäste Eyer.“

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