Sonntag, 31. Oktober 2010

Sonntag &

roughly translated

Ich weiß, daß sich einige Menschen an diese Bilder gewöhnt haben, und deshalb will ich nicht so grausam sein, sie vorzuenthalten. Und es war warm genug, daß man mit ein wenig Tapferkeit noch einmal draußen sitzen konnte. Die erste Ente des Jahres, diesmal gefüllt mit Pflaumen und begleitet von Rosenkohl.

Wir hatten einen anregenden Sonnenuntergang, den will ich dann auch nicht vorenthalten.



I know some people have become accustomed to these images, so I will not be so cruel to withhold it. And it was warm enough that with a little courage you could sit outside once again. The first duck of the year, this time filled with plums, accompanied by Brussels sprouts.

We had an inspiring sunset, which I will not hold back then too.


Über Ezra Pound


aus Ezra Pound's "Cantos" LXXXI
hier gefunden

Ich hatte mir gestern so fest vorgenommen, etwas über Ezra Pound zu schreiben, und dann bin ich darüber eingeschlafen, peinlich, ich weiß.

Ezra Pound wurde vor 125 Jahren (+ 1 Tag) also am 30. Oktober 1885 in Hailey (Idaho) geboren und starb am 1. November 1972 in Venedig.

“For three years, out of key with his time
He strove to resuscitate the dead art
Of poetry; to maintain "the sublime"
In the old sense. Wrong from the start -“

aus E. P. Ode pour l'Election de son Sepulchre

Seine bekannteste Übersetzerin ins Deutsche, Eva Hesse, hat über dieses Stück eine kleine Kontroverse über das richtige Übersetzen geschrieben, einige Übersetzungen finden sich folglich dort auch. Wie überhaupt ihre Website sehr hilfreich ist, wenn man sich seiner Person nähern möchte, zumindest habe ich diesen biographischen Abriß über Ezra Pound von ihr schon vor Jahren mit großem Enthusiasmus gelesen. Und jetzt, wo ich ihn wieder lese, komme ich mir so kümmerlich vor, mit meinen wenigen Kommentaren, die ich mir zurechtgelegt hatte, man lese also bitte besser dort nach:

Ezra Pound

In the Old Age of the Soul

I do not choose to dream; there cometh on me
Some strange old lust for deeds.
As to the nerveless hand of some old warrior
The sword-hilt or the war-worn wonted helmet
Brings momentary life and long-fled cunning,
So to my soul grown old -
Grown old with many a jousting, many a foray,
Grown old with namy a hither-coming and hence-going -
Till now they send him dreams and no more deed;
So doth he flame again with might for action,
Forgetful of the council of elders,
Forgetful that who rules doth no more battle,
Forgetful that such might no more cleaves to him
So doth he flame again toward valiant doing.


Was mich neben seiner literarischen Größe immer für ihn eingenommen hat, ist seine Fähigkeit zur Freundschaft, er hat „The Waste Land“ von T. S. Eliot so zusammengestrichen, daß daraus das vielleicht herausragendste Gedicht des 20. Jahrhunderts geworden ist.

Der geborene Amerikaner hatte so ziemlich auf das falscheste Pferd gesetzt, nämlich auf Mussolini, und was sagte er bei seiner Verhaftung 1945:

„Wenn ein Mann nicht bereit ist, für seine Überzeugungen ein Risiko einzugehen, dann taugen entweder seine Überzeugungen oder er selber nichts“. Zur Belohnung, aber zitieren wir einfach aus dem Text von Frau Hesse:

„Man steckte ihn in einen Käfig aus Metallmaschen, dessen Gitter in der Nacht vor seiner Einlieferung noch eigens verstärkt worden waren. Solche ‚Gorillakäfige‘, wie sie von den Lagerinsassen genannt wurden, gehören zur Standard-Ausrüstung der Armee – sie sind noch heute in Guantanamo in Gebrauch – damals waren sie den zum Tode verurteilten Soldaten vorbehalten, die gehenkt werden sollten, und wurden Tag und Nacht bewacht, damit der Todeskandidat nicht zuvor noch Selbstmord begehen konnte. Drei Quadratmeter groß, mit einem Betonboden, überdacht von Drahtmaschen, enthielten sie als einziges Mobiliar eine Wolldecke und einen Kübel. Die Gefangenen mussten nachts, nur in ihre Decke gehüllt, auf dem Betonboden schlafen. Natürlich waren diese Todeszellen nicht für längere Aufenthalte gedacht - nur Pound blieb in verschärfter Isolationshaft drei Wochen lang darin. Bei strenger Strafandrohung war es den Wächtern verboten, mit ihm zu sprechen… Des Nachts wurde sein Käfig mit Scheinwerfern grell angestrahlt. Die anderen Strafgefangenen, die von den Spießen 14 Stunden lang täglich gnadenlos geschliffen wurden, betrachteten ihn von weitem mit scheuer Hochachtung. Das musste ein besonders schwerer Junge sein.“

Man hat ihn anschließend dann doch nicht getötet, sondern nur für 12 Jahre ins Irrenhaus gesteckt. Begraben ist er auf der Insel San Michele nördlich von Venedig. Er ist einer der größten Dichter des 20. Jahrhunderts, der Blogger silvae hat einen interessanten Beitrag über ihn gestern veröffentlicht, den ich nicht vorenthalten möchte.


Ezra Pound CANTO XLV
hier gefunden

Freitag, 29. Oktober 2010

Konradin &





Konradins Grabmal von Bertel Thorvaldsen in Santa Maria del Carmine, Neapel
hier gefunden

Eigentlich wollte ich heute des guten Konradin gedenken und ein paar angemessen verächtliche Worte über den ehrlosen französischen Papst Clemens IV. und seinen Kumpan Karl von Anjou verlieren, nein das Mittelalter war oft fern davon, romantisch zu erscheinen, aber dann stellte ich fest, ich habe das vor einem Jahr schon einigermaßen ordentlich bewerkstelligt. Merkwürdig, wie vieles ich vergesse, aber an den kühnen Jüngling Konradin erinnere ich mich immer wieder rechtzeitig.

Wir sind gerade in der gewissen Übergangszeit, in der der Herbst ein paar farbige Sensationen für uns bereithält und uns so über das tatsächliche Vergehen ein wenig hinweghilft, nun ja, wir wollen dies wenigstens kurz mit ein paar Bildern anerkennen.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Friedrich von Hagedorn


Das Dasein

Ein dunkler Feind erheiternder Getränke,
Ein Philosoph, trat neulich hin
Und sprach: Ihr Herren, wißt, ich bin.
Glaubt mir, ich bin. Ja, ja! Warum? Weil ich gedenke.

Ein Säufer kam und taumelt′ ihm entgegen,
Und schwur bei seinem Wirth und Wein:
Ich trink, o darum muß ich sein.
Glaubt mir, ich trink: ich bin. Wer kann mich widerlegen?

Nach den gedankenschweren Dichtern des Barock (zumindest waren sie das oft) begegnet uns heute Friedrich von Hagedorn, eher etwas leichtfüßig, nicht nur in seinen Dichtungen. Das ist das Kuriose an vielen Barockdichtern, die die verwegensten „Lust-Gedichte“ schrieben und dabei im tatsächlichen Leben erschreckend ehrbar lebten.

Hagedorn nun lebte in ganz wechselnden Verhältnissen, zwischen wohlhabend und Flucht vor den Gläubigern, geboren am 23. April 1708 als ältester Sohn des königlich dänischen „Staats- und Conferenzraths“ Hans Statius von Hagedorn, wuchs in einem Hamburg auf, das den Musen nicht unfreundlich war (Brokes), man mag seine Biographie hier oder hier genauer nachlesen, die Flucht vor den Gläubigern fand übrigens von Jena statt, wohin er sich 1726 zum Studium der Rechte begab.

Er hat sich um die Verbreitung der englischen Literatur in Deutschland verdient gemacht und daher war es wohl eine gerechte Fügung, daß er letztendlich bei einer englischen Handelsgesellschaft eine Stelle als „Secretär“ fand, die ihn materiell zufriedenstellte. Mit seiner Ehe hatte er sich wohl eher verspekuliert, vielleicht ein Grund, warum sein Lebenswandel, nun ja, nach Ausgleich suchte, sein Leben scheint keine größeren Aufregungen für ihn weiter bereitgehalten zu haben.

Er veröffentlicht einen „Versuch in poetischen Fabeln und Erzählungen“, der versucht, etwa einen Lafontaine nachzuahmen, das hat ihm eine gewisse bleibende Aufmerksamkeit beschert. Seine gesicherten Lebensumstände scheinen ihn dazu verführt zu haben, die Dichtung letztlich mehr als eine Sache zur Dekorierung der Lebensumstände anzusehen, ein Rokoko-Dichter halt, wie auch immer. Ich muß gestehen, seine Dichtung erscheint mit oft eher flach unterhaltsam, als in die Tiefe vordringend, aber manchmal scheint dort Überrachendes auf.

Nach dem leichten Einstieg also noch ein wenig Moralisches. Genauso hat er eine seine Gedichtsammlungen übrigens genannt: „Moralische Gedichte“ (1750). Er scheint es zeitlebens versucht zu haben, seinem Leben noch ein wenig philosophischen Sinn hinzuzufügen, es gibt bekanntere Autoren, die weniger Gründe vorbringen können, sich ihrer zu erinnern, dieser starb in Hamburg am 28. Oktober 1754.


Das Schäfchen und der Dornstrauch

Ein Schäfchen kroch in dicke Hecken,
Dem rauhen Regen zu entgehn.
Hier konnt′ es freilich trocken stehn;
Allein die Wolle blieb ihm stecken.

Beglückt ist, den dies Schaf belehrt.
Bethörte Had′rer, laßt euch rathen.
Vertraut die Wolle nicht den scharfen Advocaten.
Oft ist, was ihr gewinnt, nicht halb der Kosten werth.


Der Bauer und die Schlange

Ein Ackersmann fand eine Schlange,
Die fast erstarrt vor Kälte war.
Sein Arm entriß sie der Gefahr,
Und ihrem nahen Untergange.
Er nahm sie mit sich in sein Haus,
Und sucht′ ihr einen Winkel aus,
Wo noch ein Rest von Reisern glühte.
Doch als ihr Frost und Noth entwich,
Erholte, regt′, und hub sie sich,
Und lohnte dem mit Biß und Stich,
Den ihre Rettung so bemühte.

Betrogne Huld und Zärtlichkeit,
Die Frevlern blindlings Hilfe beut!
Hier folgt der Schade stets der Güte.


Der großmüthige Herr und seine Sklaven

Auf dem Aegäermeer wird einst ein Handelsmann
Von einem schnellen Sturm ergriffen.
Er wendet sich, so gut er kann,
Und darf nur langsam seitwärts schiffen.
Allein es mehret sich die Noth,
Er und die meisten Sklaven klagen;
Die alten hoffen auf den Tod,
Die jungen melden sich, die Rettung noch zu wagen;
Nur halten sie dafür um ihre Freiheit an,
Doch die wird allen abgeschlagen.

Bald aber reißt der Sturm Mast, Stamm und Segel nieder.
Da ruft er: Freunde, fasset Muth!
Wir sinken; doch ich bin euch gut;
Ich geb′ euch jetzt die Freiheit wieder.

Wie kriechend äußert sich gemeiner Seelen Güte!
Wer karg ist, bleibt′s bis in den Tod,
In jedem Stand, im Glück, in Noth,
Und nichts erhöhet sein Gemüthe.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Händel &


Joan Sutherland singt "Ah, mio cor, schernito sei" aus "Alcina"
hier gefunden

Ich hatte letzte Nacht eine wunderbare Erfahrung: Ein weit entfernt lebender Freund und ich haben Händel-Arien und – Einspielungen verglichen und vor allem gehört, die Freuden des Internet. Alcina, Admeto … Als ich am nächsten Morgen den Stapel CD’s sah, mußte ich sofort lächeln und erinnerte mich daran, wie sich mehr und mehr eine Art Glücksgefühl eingestellt hatte. Ganz offenbar hat Händel diese Wirkung.

Denn ich bin nicht allein mit dieser Beobachtung, wenn etwa Donna Leon sagt: „Händels Musik hebt meine Stimmung, wie es keine andere Musik vermag.“ Ich erwähne sie, weil besagter Freund mich auf ein neues Buch von Donna Leon verwies – „Tiere und Töne“ (aus dem Englischen von Werner Schmitz, erscheint im Dezember bei Diogenes), in dem sie ihre Lieblingsarien beschreibt, mit Texten über diverse Tiere wie Löwe, Nachtigall, Elefant etc., bekanntlich spielen und Tiere, ihre Symbolik und überhaupt Verwandlungen eine große Rolle in seinen Opern.

Bei der Suche nach einer Rezension stieß ich auf diese beiden Artikel, aus dem einen habe ich oben soeben zitiert. In dem zweiten findet sich eine schöne Begründung dafür, warum Händel offenbar die menschliche Stimme so sehr geliebt hat: „Er treibt sie in höchste Höhen, fordert ihr mannigfaltige Schwierigkeiten ab, huldigt ihr aber auch mit einer Weichheit der Melodie, einer schmeichelnden Schönheit der Linienführung, einer Eleganz, Gravität und schlanken Pathetik …“.

Man lese ihn hier. Ich fand dort etwas bemerkenswert, weil es meinem Empfinden entspricht: Es gibt Komponisten, die man schätzt, bei denen aber immer eine gewisse Distanz bleibt. Händel aber würde einem sofort gegenwärtig sein.

Und etwas weiteres, kurioses fand ich dort, daß nämlich „neben dem Backsteinhaus in der Londoner Brook Street, in dem Händel ab 1723 für 36 Jahre bis zu seinem Tod lebte", Ende der Sechziger des vergangenen Jahrhunderts Jimi Hendrix gewohnt hätte. "Beider Gedenkplaketten hängen draußen nebeneinander. Doch innen regiert in beiden Häusern heute einzig Händel.“


"Ombra cara di mia sposa" aus "Radamisto" gesungen von Joyce DiDonato
hier gefunden

Sonntag, 24. Oktober 2010

75

roughly translated



Ich hoffe, man sieht es mir nach, daß die üblichen Sonntags-Essen-Bilder heute ausfielen - wenn ich den Grund nenne – meine Frau Mutter hatte ihren 75. Geburtstag. Als Ersatz ein paar Impressionen von dem, was es zu essen gab, etwa Schnitzel gedünstet mit Pilzen oder Kräuterbouletten oder vorher diverse Torten. Das Ereignis ist glücklich vorbei. Was mir nur gerade auffiel, sie hat den Großteil ihres Lebens in einer ausgesprochen ländlichen Umgebung verbracht, die Geschenke sind entsprechend: Eier (mehrfach), Honig, Nüsse, Marmeladen, Leberwürste, nun gut, ein paar Blumen und Marzipan und Schokolade gab es auch.


I hope you forgive me that the usual Sunday dinner pictures were left out today - if I mention the reason - my mother had her 75th Birthday. As a replacement a few impressions of what was to eat today, like some steak cooked with Mushrooms & Chanterelles and herb patties or before various cakes. The event is happily over. What I just noticed is she has spent most of her life in a very rural area, the presents are correspondingly: eggs (several times), honey, nuts, jams, liver sausages, well, a few flowers and marzipan and chocolate too.


Freitag, 22. Oktober 2010

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Nachträge &



Stefan George


Komm in den totgesagten Park

Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade,
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.

Dort nimm das tiefe gelb, das weiche grau
Von birken und von buchs, der wind ist lau,
Die späten rosen welkten noch nicht ganz,
Erlese küsse sie und flicht den kranz.

Vergiss auch diese letzten astern nicht,
Den purpur um die ranken wilder reben
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.


Come to the Park they said was dead

Come to the park they said was dead. Pursue:
the shimmer of remote and shining harbors,
of purest clouds' quite unexpected blue
illuminating ponds and colored arbours.

Take here the yellow deep, the subtle grey
of birch and box wood. Mild are winds today
and latest roses still your eye will find.
Select them, kiss them, and a garland wind:

Do not forget late asters, and embrace
the crimson round the tendrils of wild vine,
and what remains of verdant life, align
and twine to features of your autumn's face.

Translation / Übersetzung
by / von Walter A. Aue


Mit etwas Verspätung (am Freitag) also dieses, um noch die weiteren Erläuterungen nachzutragen. Ich hatte am Montag einen vielleicht etwas übelgelaunten Herbstbeitrag geschrieben, auf den Prof. Aue mit einem George-Gedicht antwortete, das er übersetzt hatte. Und ich dachte, das geht als Kommentar möglicherweise unter, und außerdem ist es ein sehr schönes Gedicht und so kommt es doch noch zu der Herbststimmung, die man hier womöglich gerade vermißt.

Zu den Bildern, Herr Roloff hatte mir gesagt, daß die Bedrückung, die dort aus allen Richtungen auf einen einstürzen würde, von den Bildern nicht entfernt ablesbar sei. Diese Jetzt-und-einst-Gegenüberstellung gibt davon einen Hauch wieder, es ist übrigens das Haus seiner Mutter auf dem ersten Bild zu sehen. Von der ganzen Innenstadt ist erwähnenswert halt nur der kürzlich wiederaufgebaute Dom übrig (auf dem Bild unten zu sehen), die Börse, 2 Tore, ein paar Befestigungsanlagen, das ist es eigentlich.

Was sonst noch an Gebäuden steht, befindet sich entweder in ungebremstem Verfall oder es sind genauso unansehnliche Betonklötze, wahllos zerstreut. Und genauso seien ihm die Menschen begegnet - verbittert, unfreundlich, argwöhnisch, hoffnungslos. Insofern scheinen das Königstor oder der Dom nur für einen Aufbruch zu stehen, der tatsächlich nicht stattgefunden hat. Aber dennoch kann man nicht anders, als eher dieses zu zeigen anstatt des riesigen Fußabdrucks der Zerstörung.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Aus einem verwüsteten Land


Man kennt dies aus Fantasy-Romanen – eine böse Macht ist über ein Land hinweggefegt, und nun ragen nur noch wenige Ruinen als Zeugen des Vormaligen in die Zeit. So ist es mit dem nördlichen Ostpreußen, einem Stück Deutschlands, das nun Rußland besitzt.

Nur angedeutet hatte ich vor einigen Wochen, daß es Herr Roloff war, der sich auf die Spuren des Geburtsorts seiner Mutter, nämlich Königsbergs begeben hatte. Und entsetzt zurückkehrte. Es ist eines, zu lesen, daß ein Land völlig verwüstet sei, so daß 1000 Jahre Zivilisation nahezu ausgelöscht sind, und ein anderes, dies zu erleben. Er sagte mir, daß die Bilder das nicht entfernt wiedergeben würden.

Und dabei wählt man schon instinktiv diejenigen, die noch einen freundlichen Aspekt vermitteln, hier etwa das restaurierte Königstor oder die Orgel im Dom, aber das sind wirklich seltene Ausnahmen, alles andere ist Verzweiflung und Verwüstung, wie er mir nachvollziehbar berichtete. Was soll man dazu bemerken? An der Stelle des Schlosses befindet sich die nie vollendete Bauruine des „Hauses der Räte“, wie sinnreich. Möglicherweise wird er sich noch zu einem kleinen Reisebericht aufraffen, wir werden sehen. Und wir gehen gerade darin fehl, in all diesem noch etwas Hoffnungsvolles aufzufinden.



Montag, 18. Oktober 2010

Modrige Zeiten


Ein merkwürdiges Jahr, ein gräßlicher Winter, ein spätes Frühjahr, ein paar Wochen großer sommerlicher Hitze, dann Regen, lange; nun ein früher Herbst, mit mehreren Nächten von leichtem Frost, Mitte Oktober (!), ich muß nicht betonen, wie wenig ich dieses Jahr mochte, die Apfelbäume trugen kaum, die Rosen, nun ja, und auch sonst, aber ersparen wir uns das.


Gerade habe ich die 5 Amaryllis-Töpfe für die Winterruhe ins Haus geholt. Als ich heute ein wenig umherwanderte, um etwas Zeug für den Zweck zusammenzusammeln, Gräber aufzuhübschen, roch es aus allen Winkeln schon genau so, modrig eben. Das Bild zeigt einen Teil der Ausbeute. Und sollte mir heute abend noch etwas Mitteilenswertes einfallen, werde ich es nicht vorenthalten.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Sonntag &

roughly translated


Wir waren heute noch einmal tapfer und haben auf der Terrasse gegessen, bei nicht ganz 10°C fürchte ich (ich habe lieber nicht auf’s Thermometer geschaut, um nicht anzufangen zu frieren), aber in den Momenten, in denen die Sonne durch die Wolken brach, erschien es einem wärmer. Es gab Putenbrust, gegart mit Zwiebeln und etwas Oregano, Thymian, Majoran und Rosmarin, die Sauce davon war zufriedenstellend, wie schon eines der Bilder hier nahelegt. Und als Gemüse Broccoli, das Gefäß dafür war in der Tat etwas überdimensioniert, aber dies war dem Bedürfnis geschuldet, die Sachen nicht sofort erkalten zu lassen, für die Bilder wurden die Deckel gelüftet und danach schnell wieder geschlossen.


We were brave once again and ate on the terrace, at not quite 10° C, I'm afraid (I’ve rather not seen on the thermometer, to prevent feeling cold), but in the moments when the sun broke through the clouds it appeared warmer. There was turkey breast, cooked with onions and some oregano, thyme, marjoram and rosemary, the sauce was satisfactory, as was one of the images here suggest. And as vegetable broccoli, the bowl was a bit oversized indeed, but this was due to the need not to let things cool down immediately, for the images the tops were released and then the bowls quickly closed again.

Samstag, 16. Oktober 2010

Merkwürdiges


Cecilia Bartoli – Händel, „Xerxes“, „Ombra Mai Fu“
hier gefunden

Da sitzt man nun, etwas mißmutig, während man Cecilia Bartoli zuhört, die davon spricht, wie sie sich bemüht habe, die Musik wieder lebendig werden zu lassen, die einst von Kastraten gesungen wurde, diesen bedauernswerten Geschöpfen, die ein Verbrechen oft zu einem Ursprung großartiger Musik werden ließen. Experten mögen sich darüber streiten, wie nahe sie diesem Phänomen stimmlich gekommen sei, es bleibt seelenbefriedende Musik, zu hören etwa auf ihrem Album „Sacrificium - Die Schule der Kastraten“. Ich gebe zu, dieser Seelenfrieden erlitt einen kurzzeitigen erneuten Rückschlag (den ursprünglichen Anlaß des Mißmutes lassen wir beiseite), als mir bewußt wurde, daß mir dieses Album vor einigen Monaten der gute Prof. Aue zugesandt hatte, denn ich habe ihm einige zügige und vor allem gedankenvollere Antworten in letzter Zeit vorenthalten (vorausgesetzt, dergleichen wäre früher vorgekommen). Und wer der letztem Link folgt, wird ein paar damalige Bemerkungen von mir zu der Musik finden.


Nicola Porpora, “Parto, ti lascio, o cara” gesungen von Cecilia Bartoli
hier gefunden


Das nachfolgende Bild mag überraschen, aber wo wir gerade das Wort „Verbrechen“ gebrauchten, am 16. Oktober 1793 wurde Marie Antoinette, Königin von Frankreich und Navarra, von den „Revolutionären“ ermordet.

Marie Antoinette, gemalt von Marie Louise Élisabeth Vigée-Lebrun
hier gefunden

Es gibt dieses böse Bonmot über sie, sie sei „jeder Zoll keine Königin“ gewesen, mir fällt im Moment nicht ein, von wem es stammt. Daran ist soviel wahr, daß sie wohl zu einer eher leichten Sicht der Dinge neigte, was sich entsprechend in ihrem Lebenswandel niederschlug, aber es ist auch unglaublich viel Bösartiges über sie erfunden worden, bis hin zu dem nachweislich falschen Spruch, wenn die Leute kein Brot hätten, sollten sie doch Kuchen essen.

Alphonse François, Marie-Antoinette vor dem Revolutionstribunal
hier gefunden

Daß ich nicht zum ersten Mal an sie erinnere, ist dem Umstand geschuldet, daß es mich immer fasziniert hat, wie jemand im Augenblick größter Demütigung so über sich hinauszuwachsen vermag. Ihre stolze Haltung gegenüber ihren Anklägern, die sich in immer absurdere und abartigere Beschuldigungen verstiegen, ihre ruhige Frömmigkeit und ja Tapferkeit im Angesicht des Todes bezeugten die Königin, die zu sein ihr bestimmt war. Und sie machen die Barbarei der Gegenseite umso sichtbarer. Nur ein Detail dafür, wie sehr sie ihre Haltung zu wahren wußte, sind ihre Worte gegenüber ihrem Henker, auch wenn er dieser nicht wert war, als sie ihm versehentlich auf den Fuß getreten war: "Mein Herr, ich bitte Sie um Verzeihung, ich tat es nicht mit Absicht." Ihre letzten Worte.

Grabmonument für Ludwig XVI. und Marie Antoinette in Saint Denis
hier gefunden

Freitag, 15. Oktober 2010

Dies & Das


Ich bitte um Nachsicht für meine spärlichen Beiträge der letzten Zeit und das Ausbleiben von Antworten, es schwirrt einiges zuviel im Kopf herum, aber das wird sich schon setzen, spätestens bis morgen.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Dies & Das



Es gäbe so einiges, über das man heute nachdenken könnte, etwas das „Sonnenwunder“ von Fatima am 13. Oktober 1917, wo Zehntausenden die Gottesmutter ein letztes Mal erschienen sein soll. Oder wie sich der französische König Philipp IV. seines Hauptgläubigers entledigte, indem er ihn umbrachte, mit Hilfe seines Geschöpfes Clemens V. (ein „Papst“, den Dante wohl nicht zu Unrecht in der Hölle wähnte).

Aber ich bin für derart anspruchsvolle und anstrengende Themen zu müde im Moment, und daher etwas ganz anderes: Als ich heute jemandem scherzhaft ein Schlaflied schicken wollte, erinnerte ich mich an Brahms‘ Wiegenlied, nun es ist spät, dasselbe also oben in einer populären englischen Version, unten das Original.


Dienstag, 12. Oktober 2010

Joan Sutherland


G. F. Händel - ALCINA "Mi restano le lagrime"
hier gefunden


Wir hatten heute unseren ersten leichten Frost, zum Leidwesen der Dahlien, und da mir dies alles doch zuwider war, habe ich mich geweigert, den Tag über Bilder von den trügerisch sonnigen Ansichten zu machen. Joan Sutherland starb letzten Sonntag, eine wirklich große Sängerin. Gewissermaßen Antipodin zur Callas, warum ich das erwähne, nun ich las heute, daß sich beide 1952 in London an der Covent Garden Opera begegneten, weil dort nach Jahrzehnten Bellinis "Norma“ wieder aufgeführt wurde sei.

Es ist seltsam, wie vieles uns gegenwärtig Selbstverständliche dies erst in der letzten Zeit wieder geworden ist (man denke nur an all die grandiosen Händel-Opern). Und Joan Sutherland habe sich durchaus neben der großen Callas behauptet, diese sei auch sehr angetan gewesen, später allerdings nicht immer.

Man wird sich nicht wundern, daß ich als ein glühender Verehrer der Maria Callas das ein wenig verstehen kann, war diese doch reiner Ausdruck, ein Durchwandern der Tiefen der menschlichen Existenz bis zur Selbstauflösung, wo manch technische Brillanz unbeachtet blieb. Dagegen auf der anderen Seite die Australierin, die den Zauber der Perfektion vorführte, und zwar nicht den der glatten Perfektion, sondern der phantasiereich selbsterworbenen, vielleicht dabei manchmal etwas unbeteiligt erscheinend. Aber eine reine Stimme steht ebenso für das Menschliche wie die aufgewühlte Leidenschaft, es ist nur eben ein anderer Gipfel des Menschlichen, die menschliche Seele und Stimme sind ein weitgespanntes Land.

Dies ist weniger als ich eigentlich schreiben wollte, aber wenigstens dieses sollte gesagt sein.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Sonntag &

roughly translated



Wie unschwer zu erkennen, war es diesmal erneut ein Schweinebraten, der auch ganz ordentlich gelang, u.a. mit Hilfe von Oregano, Thymian, Majoran und Rosmarin. Zwei Dinge waren verschieden zu früheren Sonntagen: Zum einen es war ein herrlich sonniger Tag, nicht sehr warm, erklärlicherweise zu dieser Jahreszeit, aber dennoch angenehm, erfüllt von einem Licht, das alle Dinge förmlich in eine ätherische Klarheit tauchte. Zum anderen fragte mich meine alte Frau Mutter, warum ihre Heimatstadt Danzig heute polnisch, Hamburg aber nicht britisch sei, mit anderen Worten, sie war in Sinnierstimmung und fragte mich nach so etwas wie dem Sinn in der Geschichte. Ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher, ob es den gibt, merkwürdig das alles.


As you can see, there was a pork roast again, which was also pretty good, with some help of oregano, thyme, marjoram and rosemary. Two things were different to previous Sundays: First, it was a glorious sunny day, not very warm, understandably at this season, but still comfortable, filled with a light that let appear all things in an ethereal clarity. Second, my old mother asked me why her home city of Danzig today is Polish, but Hamburg not British, in other words, she was in a pensive mood and asked me more or less for the reason of history. I am not quite sure anymore there is something like that, strange this all.

Samstag, 9. Oktober 2010

Dies & Das


Dies ist nicht entfernt ein ernstzunehmender Post, aber zu dem gestrigen Beitrag trug ein guter Freund ein paar Links hinzu, das untenstehende Stück stammt von der Liste, man schaue auf den Kommentar. Es hat mich wirklich gefreut, mich mit meiner Verehrung für Schütz nicht ganz allein zu sehen.



Und man sehe mir diese im Halbdämmer geschriebenen Worte nach, aber als ich in der gestrigen Nacht meinen kleinen Beitrag schrieb, und dazu ein Stück nach dem anderen von Schütz anhörte, trieb ich gewissermaßen auf einer Wolke des Wohlbefindens dahin. Es war, als ob jedes neue Stück das Laute, das Banale, das Häßliche, das Falsche aus einem austreiben würde, ganz nebenbei, damit man unbeschwert in diesem Garten seliger Schönheit wandeln könne.

Freitag, 8. Oktober 2010

Heinrich Schütz und etwas Herbst



Wenn man sich von der Schönheit der vertonten deutschen Sprache trösten lassen will, dann ist Heinrich Schütz eine ziemlich gute Wahl:

SWV 281 - Musikalische Exequien

III. Canticum B. Simeonis

Intonatio:
Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast.

Chorus I
Denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast für allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volks Israel.

Chorus II
Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben, sie ruhen von ihrer Arbeit und ihre Werke folgen ihnen nach. Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie. Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben.

Nachdem wir gestern etwas katholisch sympathisierten (diese Bemerkung muß in diesem Moment verwirren, da der entsprechende Beitrag noch nachzutragen ist), heute also ein grundlutherischer Komponist. Schütz (der nach dem julianischen Kalender am 8. Oktober 1585 geboren wurde) zu hören, ist wie in einem umhegten Garten spazierenzugehen, von dem man weiß, daß in ihm bedeutende Dinge stattfinden, ein merkwürdiges Gefühl von Geborgenheit und ja Verstörung?


Man muß vielleicht nur andeuten, daß Schütz seine Musik in der wahrscheinlich schrecklichsten Zeit schrieb, die Deutschland jemals erlitten hat.

SWV 279 - Musikalische Exequien

Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erden, wenn mir gleich Leib und Seele verschmacht, so bist du Gott allzeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Er ist das Heil und selig Licht für die Heiden, zu erleuchten, die dich kennen nicht und zu weiden, er ist seines Volks Israel der Preis, Ehr, Freud und Wonne.

Unser Leben währet siebenzig Jahr, und wenn's hoch kömmt, so sind's achtzig Jahr, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Müh und Arbeit gewesen.

Ach, wie elend ist unser Zeit allhier auf dieser Erden, gar bald der Mensch darnieder leit, wir müssen alle sterben, allhier in diesem Jammertal ist Müh und Arbeit überall, auch wenn dirs wohl gelinget.

Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und er wird mich hernach aus der Erden auferwecken, und werde darnach mit dieser meiner Haut umgeben werden, und werde in meinem Fleisch Gott sehen.

Weil du vom Tod erstanden bist, werd ich im Grab nicht bleiben, mein höchster Trost dein Auffahrt ist, Tod‘sfurcht kannst du vertreiben, denn wo du bist, da komm ich hin, daß ich stets bei dir leb und bin, drum fahr ich hin mit Freuden.

Herr, ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.

Er sprach zu mir: halt dich an mich, es soll dir itzt gelingen, ich geb mich selber ganz für dich, da will ich für dich ringen, den Tod verschlingt das Leben mein, mein Unschuld trägt die Sünden dein, da bist du selig worden.



Ich mag hier nicht als ein Schütz-Experte sprechen, der ich nicht bin, darum soll all dies, daß er wohl die erste deutsche Oper schrieb etc. ungesagt bleiben. Aber eines dann doch: Es fehlt im Deutschen ein Begriff, nun der Begriff ist da, er wäre „Kultur“, aber der hat fast keine Bedeutung, ihm fehlt die emotionale und intellektuelle Angespanntheit, die ihn prägen sollte. „Kultur“ ist für die meisten Zeitgenossen, gerade auch für die, denen Verantwortung zugefallen ist, etwas Dekoratives, Nebensächliches …


Dabei geht es um eine Anstrengung, eine Haltung, etwas Wesentliches, etwas, das man sich in Jahrhunderten mühsam erwirbt, und diese Daseinshöhe ist zu den Lebzeiten von Schütz fast ermordet worden, und ich bin überzeugt davon, Deutschland hat sich von diesem Fall nie wirklich erholt, um so mehr leuchtet seine Musik aus dem Dunkel der Zeit.