Donnerstag, 30. Juli 2015

Carl Blechen

 Carl Blechen, Meeresbucht in Italien, 1829
(in größerer Auflösung) hier gefunden 

 Carl Blechen,Turmruine mit Drachen, 1827
(in größerer Auflösung) hier gefunden 

Carl Blechen, Weg nach Castel Gandolfo, Detail, 1830

Carl Blechen ist einer der großen Unbekannten, sofern man an ein eher umfänglicheres Publikum denkt. Der Blogger Jay hat mir gestern ein schlechtes Gewissen gemacht, als er über ihn schrieb. Wenn wir übellaunig wären, würden wir behaupten, er habe nur seinen Beitrag von 2010, leicht aufgehübscht und eingekürzt, wiederholt, aber sein „Abstract“ wirkt auf mich dafür zu ernsthaft. Er wollte einfach noch einmal an ihn erinnern, denke ich.

Doch zurück zum Künstler; sein Leben läßt sich besser kurz abhandeln. Geboren am 29. Juli 1798 in Cottbus, der familiäre Hintergrund durchaus bescheiden. Immerhin konnte er das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium besuchen, doch für ein Studium genügten die Mittel nicht. 1812 kam er als Lehrling in ein Bankgeschäft, ab 1820 arbeitete er im Berliner Bankhaus Koehne. 1822 weisen ihn die Akten der Berliner Akademie der Künste als Schüler aus, für ein Jahr. 1823 reiste er nach Dresden, wo er Johan Christian Clausen Dahl besuchte und wohl auch die Bekanntschaft Caspar David Friedrichs machte. 1826 wurde er Mitglied im Berlinischen Künstlerverein.

Schinkels Empfehlung brachte eine Anstellung als „Decorationsmaler“ am Königstädtischen Theater in Berlin, wo er von August 1824 bis Juni 1827 eine große Zahl wirkungsvoller Bühnenbilder schuf, das er aber nach einem Streit mit der Sängerin Henriette Sontag wieder verlassen mußte. Er hatte sich nunmehr als freischaffender Künstler durchzuschlagen.

Im Sommer 1828 reiste er an die Ostsee. Im Herbst darauf begab er sich nach Italien und erreichte Ende November Rom, wo er bis zum Mai 1829 blieb, zwei Monate verbrachte er in der Umgebung Neapels und kehrte im heißen Sommer nach Rom zurück, um weiter dann im Herbst langsam durch Mittelitalien nach Berlin zurückzukehren, das er im November 1829 erreichte.

Während dieser Reise, die seine Malauffassung entscheidend neu prägen sollte, entstanden hunderte Skizzen, die später weiter ausgearbeitet wurden. Insbesondere die von ihm reflektierten Lichterfahrungen führten ihn über die zeitgenössischen Strömungen deutlich hinaus.

1831 bewarb sich Blechen, wieder auf Empfehlung Karl Friedrich Schinkels, erfolgreich für die Akademieprofessur der "Landschaftszeichnen Classe". 1833 bereiste er den Harz, 1835 folgt eine vierwöchige Reise nach Paris in Begleitung seines Freundes und Förderers Louis Sachse. Im selben Jahr wird er zum ordentlichen Mitglied der Akademie gwählt. Seit 1836 verstärkten sich die Anzeichen einer psychischen Erkrankung, die ihn zur Aufgabe der Lehrtätigkeit zwingen.

Am 23. Juli 1840 starb Carl Blechen geistig umnachtet. Sein Grab auf dem Dreifaltigkeitskirchhof in Berlin-Kreuzberg ist nicht mehr auffindbar, immerhin erinnert eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer als Ehrengrab des Landes Berlin an ihn.

 Carl Blechen, Das Innere des Palmenhauses auf der Pfaueninsel, 1832
(in größerer Auflösung) hier gefunden 

Fontane, der sich an einer Biographie Blechens versucht hatte, die er aber nie fertigstellte, hat sich nach den hinterlassenen Notizen über dessen Ende etwas derber geäußert:

"Was Blechen schließlich bis zur Pulle trieb, ist schwer festzustellen, vielleicht erblich, vielleicht natürliche Neigung, vielleicht Ärger, Kränkung, Verstimmung. Zu dieser Dreiheit mag allerlei Grund vorgelegen haben, und unter diesen Gründen wird auch eine 'unglückliche Ehe' genannt. Da sich diese Versicherung in fast allen Briefen wiederholt, so mag Wahres in der Tatsache gewesen sein. Aber das möchte ich mit annähernder Gewißheit sagen: Wenn es so gewesen ist, so ist nicht die Frau dafür verantwortlich zu machen. Im Gegenteil, nicht nur aus der Handlungsweise der Frau, wie sie sich in ihrem Testament und anderen Dingen ausspricht, sondern namentlich auch aus etwa dreißig mir vorliegenden Briefen und Briefchen der Frau geht hervor, daß es eine sehr gute, sehr verständige und, ich schreibe dies Wort mit allem Vorbedacht nieder, eine sehr edelmütige Frau gewesen ist, ganz schlicht, ganz einfach, ganz ohne 'Höhere Bildung', aber von allergesundestem Menschenverstand, und nicht bloß von richtigem, sondern auch von feinem Gefühl."

Vom feinen Gefühl der Henriette Blechen teilt der Frauenversteher Fontane dann auch noch mit, sie habe Aktzeichnungen von Blechens Hand an den Kunsthändler Sachse verschenkt, "aber erst, nachdem die untern unanständigen Hälften mit der Schere weggeschnitten waren".

Aber es gibt genug anderes von Blechen, das eher unser Interesse beanspruchen sollte, wie das oben gezeigte Bild vom Palmenhaus, das vielleicht noch am ehesten eine gewisse Bekanntheit behalten hat. Über den Ort selbst (der nur wenige Jahrzehnte so bestand) schreibt Fontane sehr schön (in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Bd. 3, Die Pfaueninſel“):

„Pfaueninsel! Wie ein Märchen steigt ein Bild aus meinen Kindertagen vor mir auf: ein Schloß, Palmen und Känguruhs; Papageien kreischen; Pfauen sitzen auf hoher Stange oder schlagen ein Rad; Volièren, Springbrunnen, überschattete Wiesen; Schlängelpfade, die überall hin führen und nirgends; ein räthselvolles Eiland, eine Oase, ein Blumenteppich inmitten der Mark.“

„1830 wurde auch das Palmenhaus errichtet.

Das kleine Eiland stand damals auf seiner Höhe. 'Eine Fahrt nach der Pfaueninsel... galt den Berlinern als das schönste Familienfest des Jahres und die Jugend fühlte sich überaus glücklich, die munteren Sprünge der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das seltsame Hüpfen der Känguruhs hier zu sehn. Die tropischen Gewächse wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man träumte in Indien zu sein und sah mit einer Mischung von Lust und Grauen die südliche Thierwelt: Aligatoren und Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opalisirend oft alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuspiegeln schien.' Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich sie Eingangs ausgesprochen, finden hier ihre Bestätigung.“

Der Blogger Jay teilt uns Fontanes Urteil u.a. zu obigem Gemälde wie folgt mit: "Die Palmenhausbilder sind sehr schön und wohl kaum übertroffen. Aber doch eigentlich langweilig."

Nun ja. Es ist nicht zwangsläufig so, daß ein großer Schriftsteller wie Fontane mit seiner Begabung für's Schildern damit selbstverständlich auch hinreichend Empathie für ein ganz eigenartig Anderes miterwirbt. Er hat ihn vor allem, was nur zu menschlich ist, in ein Schema zu bringen gesucht, das ihm entgegenkam.

So urteilt er schließlich, Blechens "eigentlichen Landschaften" seien "realistisch, helle Töne, Sonnenbrand, gelbe Kahlheit herrschen vor. Mitunter nähern sich diese Landschaften aber dem Romantischen, und er tut manchmal ein romantisches Element hinzu." Und sein Fazit: "Widerlegung, daß er besonders im Romantismus gesteckt habe. Nur wenig spricht dafür."

Carl Blechen, Im Park der Villa d'Este, 1830
hier gefunden 

Er steht sich mit anderen Äußerungen dabei selbst ein wenig im Weg. So wenn er über das „Semnonenlager“ von 1828 (in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Müggelberge) schreibt: 

“Karl Blechen, 'der Vater unsrer märkischen Landschaftsmalerei', wie er gelegentlich genannt worden ist, hat in einem seiner bedeutendsten Bilder die Müggelberge zu malen versucht. Und sein Versuch ist glänzend geglückt. In feinem Sinn für das Charakteristische, ging er über das bloß Landschaftliche hinaus und schuf hier, in die Tradition und Sage der Müggelberge zurückgreifend, eine historische Landschaft. Die höchste Kuppe zeigt ein Semnonenlager. Schilde und Speere sind zusammengestellt, ein Feuer flackert auf, und unter den hohen Fichtenstämmen, angeglüht von dem Dunkelrot der Flamme, lagern die germanischen Urbewohner des Landes mit einem wunderbar gelungenen Mischausdruck von Wildheit und Behagen. Wer die Müggelberge gesehen hat, wird hierin ein richtiges und geniales Empfinden unsres Malers bewundern – er gab dieser Landschaft die Staffage, die ihr einzig gebührt.“

Doch was sagen Kategorien wie „romantisch“ oder hier wohl passender „heroisch“ schon aus, das Semnonenlager, das seit dem letzten Krieg verschollen ist, macht nicht unbedingt einen konventionell realistischen Eindruck. Wenn Kunst wesentlich ist, erscheint sie eher irreal oder besser überreal, da sie mehrere Wirklichkeiten übereinanderlegt.

100 Jahre nach Blechens Tod heißt das übrigens in der Nachfolge Fontanes dann, er habe den "Weg von romantischer Gedankenmalerei" zu einer heiter bejahenden Naturwiedergabe gefunden, "zu einer Malerei der Farbe und des Lichts, die den Impressionismus in manchen Stücken vorausnahm."

So sehr daran manches stimmt (man schaue sich nur die ersten 3 Bilder dieses Beitrages an), macht es Kunst doch auch zu einer Art von Treppenaufstieg (wohin eigentlich?). Genug davon.

Aber einmal noch Fontane zuvor: In einem Brief von 1873 gibt er der zeitgenössischen Architektur einen hübschen Seitenhieb; er versichert nämlich dem Adressaten, er solle seine Antwort einfach so dahinschreiben. „Abfassung gleichgültig; wie die modernen Architekten sagen: 'Der Stil wird angeputzt.'“.

Die obige Ansicht der Villa d'Este von 1830 ist vielleicht auch noch etwas bekannter. Sie scheint seinen Zug zum Theatralischen zu bestätigen. Aber was bedeutet das schon, ist es bei ihm nicht eher verdichtete Wirklichkeit, ein Blick, der Dinge nicht einfach so dahinnimmt, sondern geradezu mit dem Finger befiehlt: Sieh hin und sehe! Ganz ohne Belehrung, nur als dringliche Mitteilung. Völlig anders, aber ebenso eindrücklich etwa nachfolgend.

Carl Blechen, Bäume im Herbst bei Sonnenaufgang,1823

Und bevor ich jetzt etwas Unsinniges wie z.B. 'fast schon eine Art von chinesische anmutendem Impressionismus' daherfasele, will ich noch zu einem anderen Bild von 1829 verlinken (die Abbildung ist extrem klein, gibt aber einen Eindruck), da versinkt nämlich das, was vom Forum Romanum noch übrig ist, gewissermaßen in Licht und Sand.

Die Poesie des Wirklichen, sprich die Tiefe des Lichts und die Präsenz des Vergangenen vermag er atemberaubend lebendig vor uns hinzustellen, nur dies genannt (er hat selbst Fabriken gemalt, aber das mögen wir weniger an diesem Platz). Die Klosterruine Oybin wird nicht zur Gedankenikone, wie bei unserem Friedrich, das mag sein, aber er malt sehr „realistisch“ eine Seite aus dem Buch des Lebens und der Welt, das uns schaudern läßt. Wie bei dem darauf folgenden. Man muß viel geschaut haben, um Derartiges mitteilen zu können. In Bildern, das war die Sprache, die ihm zu Gebote stand, und die wir nur versuchen können zu entziffern.

Und selbst dem Verfall vermag er etwas Gelöstes abzulesen. Das Vergehen des Schönen hinterläßt dem, der zu sehen vermag, mehr als nur Leere. Er wußte das.

 Carl Blechen, Klosterruine Oybin, 1822
(in größerer Auflösung) hier gefunden 

Carl Blechen, Gotische Kirchenruine, 1826
Carl Blechen, Gotische Kirchenruine, c. 1829-1831
hier gefunden 

vorläufig beendet am 1. August

Sonntag, 26. Juli 2015

Sonntag & &



Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man's salzen? Es ist hinfort zu nichts nütze, denn das man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten.
 Matthäus 5.13. 

Das hörte ich heute wieder, als mich mein schlechtes Gewissen in die nüchtern-düstere Neustrelitzer Stadtkirche trieb (die jetzt von außen wirklich nett ausschaut); und was schade daran ist, man denkt als halbwegs verständiger Mensch sofort: Was für ein Quark. Und der Rest wird darauf dann auch eher argwöhnisch betrachtet.

Mein erster Gedanke - das muß der normal-jüdische Jesus nach seiner menschlichen Natur gewesen sein, dem die Küche traditionsgemäß völlig fremd war. Der ewige Christus, der naturgemäß alles weiß, hat dann vermutlich gerade geschlafen. Aber jetzt las ich, das Salz zur Zeit Jesu wäre wohl durch keine unserer Lebensmittelkontrollen gekommen. Da war außerdem noch soviel Kram drin, mit dem das chemisch schlichte Kochsalz tatsächlich hätte reagieren können. Wir glauben das mal so.

Und wo wir gerade derart religiös gestimmt sind. 2 Monate „Hello Dolly“ sind vielleicht nicht die Hölle, aber man bekommt eine Ahnung. Nun ist der nahe Standort natürlich ungünstig. Denn, was zum einen herüberweht, ist die immer gleiche Pausen-Blasmusik, sind die besonders schrillen Stellen, die gestelzten Deklamationen, das betörende Brummen des Generators... Die tollen Kostüme bei dem allen kann man aber durch die Schloßkirche hindurch natürlich nicht sehen. Nun isses ja vorbei. Den Göttern sei Dank. Und Frau Frederic selbst war auch gar nicht so schlecht, nur muß es wirklich vorbei sein, daß man zu soviel Gerechtigkeit sich aufzuraffen vermag. Und ich könnte jetzt komplett die Hauptmelodien ungewollt mitsingen. Fällt dass schon unter Körperverletzung?

Dies ist jedoch ein Ort, an dem üblicherweise über's Essen gesprochen wird. Nun, das war so übel nicht. Unsere Haus-Frisösin hatte uns kürzlich eine Zucchini hinterlassen und auch gleich auch noch ein Rezept dazu. Die lag jetzt vor sich rum, die Zucchini, zusammen mit einigen Mairübchen.


Die kleinen „blutigen“ Steaks waren meine Rückversicherung, falls alles schief gehen sollte, ging es aber nicht.


Und das also die mit Hackfleisch gefüllten Zucchini. Da sie eher nach nüscht schmecken, mußte also das Hackfleisch (neben dem sonstigen üblichen Kram) eine Überdosis an Geschmack abbekommen: Mediterrane Kräuter, Kräuterpfeffer...


Ich vergaß die Mairübchen - kurz angebraten, dann in einer Schmorbrühe aus Gemüsefond, Honig und Senf weiterbehandelt.


Diese sog. Sauce sollte (deutlich hörbar) schnell weniger werden. Es war der Fond, in dem die Zucchini nach dem Anbraten vor sich hin schmorten. Das Zwischenstatement – Mairübchen gut, kannste wieder machen, das Hackfleisch auch, ich weiß nicht, was die Leute an diesen Zucchini finden. Nun ja.


Ermutigt von der Stille nebenan, die nur von wohltuenden Abbaugeräuschen unterbrochen wurde, ging ich noch kurz in die Schloßkirche, um anschließend den Abend zu genießen. Aber die Schloßkirche ist wahrlich ein überirdischer Ort. Die jetzige Ausstellung, äußerlich ist sie ja nun keine Kirche mehr, sondern eine Skulpturengalerie, ist wirklich angenehm. Eine Woche geht sie noch. Das Besondere aber - wie ein wahrer und schöner Ort das zu steigern vermag, das sich in ihm einfindet.




Sonntag, 19. Juli 2015

Sonntag & (nachgetragen)


Ich gebe es ja zu, die Banalität ist überwältigend, die der Bilder sowieso. Und ich will auch nicht mit Plattitüden über Lebenszeichen oder dgl. langweilen. Also „in medias res“ (soviel an Attitüde wenigstens):

Es war nicht schwer, mich dazu zu überreden, daß eine Gemüsesuppe es auch tun würde, nur bei den mitgedachten Bockwürsten habe ich mich klar verweigert.

Das ist sie also. Den Abend zuvor hatte ich die Einlage verfertigt, das entspannt am Sonntagvormittag doch sehr die Abläufe. Es waren kleine Fleischklöße aus gemischtem Hackfleisch mit ziemlich viel „frisch eingefrorenen“ mediterranen Kräutern, reichlich, tatsächlich frischem Pfeffer und etwas Muskat darin, die anderen üblichen Zutaten stillschweigend vorausgesetzt, die dann in einer Gemüsebrühe vor sich hin köchelten und danach die Nacht ungestört auf dem Herd verbringen konnten.


Die zugehörige Gemüsesuppe vom nächsten Tag bestand aus in Butterschmalz angeschmorten Zwiebeln und weiter Mohrrüben, Sellerie, Porree, und jetzt verläßt mich auch schon mein Gedächtnis. Ah ja, ich hatte noch fette Knacker mit hineingeschnitten, die mir aufgedrängt worden waren. Ich glaube, das war es dann im wesentlichen. Das Ergebnis nicht übel. Zuviel von allem natürlich.

Und es wurde darauf die folgenden Tage nicht wirklich weniger, nachdem der Hauskater im Schlepptau der besuchenden Seniorin von nebenan sich am nächsten Morgen Klöße aus der offenen Terrine, die in der Küche vor sich herumstand, geangelt hatte.

Ich gebe zu, es ging ziemlich schnell. Und wenn im Alter eines gilt, die Zeit schrumpft und dehnt sich zugleich. So man etwas nicht gleich bekommt, werden Jahrhunderte daraus, und Nebensächliches, das auch noch in einem gewissen Zeitmaß stattfindet, schrumpft zum Augenblick. Aber ich klinge miesepetrig, was ich nicht einmal bin.

Was mich offen gestanden doch etwas irritiert, ist der Inhalt des Sektglases auf dem letzten Bild. Denn dort erscheint es so, als wäre der Inhalt komplett einer Chemiebude entsprungen, und ich hoffe doch, daß wir da noch nicht angekommen sind. Merkwürdig wirklich, und mir nicht einmal vorher aufgefallen. Nein, dorthinein waren weiter keine zusätzlichen berauschenden Substanzen aufgelöst worden. Manchmal muß es einfach auch so gehen.

nachgetragen am 23. Juli

Samstag, 18. Juli 2015

Lieblosigkeit ist immer Irrtum - eine Predigt u.a. über Plato

Anselm Feuerbach,  Platos Symposion, 1874
hier gefunden

Herr Roloff hat sich an diesem Sonnabend sehr Erbauliches abgerungen, und ich war so schnöde, es an diesem Ort nicht sogleich mitzuteilen, weil ich aus alberner Eitelkeit zunächst vermeinte, auch noch etwas beitragen zu müssen. Dem ist aber nicht so. Höchstens das – aus Gründen habe ich doch lieber die kühlere erste Fassung des Feuerbach Gemäldes von 1869 auswählen wollen, eigentlich, was aber wohl aus Müdigkeit mißlang, wir lassen das jetzt so stehen, man findet sie aber hier. Und so folgt nun Herr Roloff, mit einiger Verspätung.

Platos Akademie heute 

Predigt zu einer Jubiläumsfeier am 18. Juli 2015 in Salzwedel

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

Ihr Lieben, laßt uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.
Liebe Brüder wir wollen einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.
1 Joh 4,7

Liebes Silberpaar, liebe Festgemeinde,

es gibt eine sehr schöne Geschichte, die Aristophanes beim Gastmahl des Agathon erzählte, und die das Wesen der Liebe verdeutlichen soll. Die Menschen wären ursprünglich als Kugeln geschaffen worden mit jeweils vier Armen, vier Beinen und zwei Gesichtern. Die Götter hätten dann beschlossen, diese Wesen zu teilen und sie aufrecht gehen zu lassen. An der Seite der Teilung wurde die Haut kunstvoll zusammengezogen und dort verbunden, wo wir noch heute den Bauchnabel sehen.

Sofort, nachdem das zweifellos auch schmerzliche Werk vollbracht war, machte sich ein jeder Teil auf, um seine andere Hälfte zu suchen. Sobald er sie gefunden hatte, umarmte er sie und wollte sie am liebsten nicht mehr loslassen.

Diese Sehnsucht nach der anderen, nach der besseren Hälfte des eigenen Wesens, das wäre die Liebe, meinte Aristophanes.

Bemerkenswerter Weise lässt sich dieser Gedanke sogar in der Schöpfungsgeschichte des Alten Testamentes vermuten. Diese kann nämlich auch so erzählt werden, dass Gott die Welt schuf und sie in Himmel und Erde teilte, die Erde wiederum zerfällt in Meer und Land. Dann schafft er den Menschen und teilt ihn in Mann und Weib. Es hebt das Drama des Kosmos an, in dem sich Schöpfung und Geschichte immer wieder beeinflussen und durchdringen und durch die Zeiten stürmen.

Das alles bestimmende Prinzip dieses Dramas ist die Sehnsucht und die Suche nach der verlorenen ursprünglichen Einheit. Gerade darin spiegelt sich die Liebe Gottes, aus der die ganze Schöpfung hervorgegangen ist.

Alle Gebote und das Liebesgebot ganz besonders haben also keineswegs den Sinn, den Menschen zu beschränken und ihm willkürliche Grenzen zu setzen, sondern richten ihn auf sein eigentliches Wesen und auf seinen Schöpfer. Wer sich dem ganz überlässt, der bringt Gutes und Schönes hervor, und er kann erfahren, dass uns in der Liebe so etwas begegnet wie die Gravitationskraft alles Lebendigen. Sie ist eine zum Guten ordnende Gewalt. Ihr sollen wir uns mit unserem ganzen Leben aussetzen.

Mit diesem Gedanken gelangen wir geradezu auch in die Mitte des christlichen Glaubens. Diese wird nämlich vielleicht gerade dadurch bezeichnet, dass die Liebe sogar noch über dem Leben steht. Die Liebe bringt alles hervor. Die gesamte Schöpfung in ihrer unergründlichen Schönheit und Vielfalt ein Ausdruck für die Liebe Gottes, die an ihrem Anfang steht. Nur darum kann doch der Apostel schreiben: Denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren.

Wir Menschen dürfen Anteil nehmen an Gottes ursprünglicher Schöpfermacht. Wir treten tatsächlich in Verbindung zu Gottes Liebe. So groß, mächtig und heilig ist die Liebe in uns Menschen. Darin liegt die Bedeutung unseres menschlichen Lebens. Mit der Liebe tragen wir das Antlitz Gottes durch die Zeit. Überall, wo wir das tun, da erfüllen wir wahrhaftig die uns geschenkten Jahre.

Es wird aber auch noch etwas anderes möglich. Der Apostel drückt es mit den schlichten Worten aus: Jeder der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Bereits aus der archaischen Sprache des Alten Testaments scheint etwas davon auf, dass Liebe immer etwas mit dem Erkennen der Dinge zu tun hat. Unvergleichlich klarer aber bricht mit diesem griechischen Gedanken die Einsicht hervor, dass die Liebe die entscheidende Möglichkeit zur Erkenntnis ist.

Andreas Ritzos,  aus dem Leben des Hl. Johannes, 1. H. 15. Jh.
Dort wo wir Liebe üben, da beginnen wir immer auch, Gott zu verstehen. Dieser Zusammenhang stellt unsere ganze geistige Welt erst wirklich auf die Füße. Wir werden gewahr, wo wir Gott verlassen, da wird das Universum zur Sternenwüste in der wir als Kuriosität vorkommen. Wir wären Gefangene unserer Phantasien und Opfer der unerbittlich ablaufenden Zeit.

Die Gewissheit des Glaubens befreit uns aus diesem Alp. Die Zusage, Gott ist die Liebe, lässt uns an die äußerste Grenze der Welt greifen. Aus dem Chaos der Dinge wird ein von Gottes Liebe umschlossener und aus ihr hervorgegangener Kosmos, und unsere Liebe ist die Antwort auf sein Tun.

Wer darum nach Wahrheit sucht, der findet überall Liebe. Nur so konnte der Apostel schreiben: „Die Liebe höret nimmer auf“. Das heißt dann aber natürlich auch, Lieblosigkeit ist immer Irrtum. Liebe verbindet, mit dem eigenen Leben, mit anderen Menschen und auch mit Gott. Lieblosigkeit aber trennt uns, auch von unserem Schöpfer, sie wirkt den Tod. Nur die Liebe ist selbst dem Tode gewachsen, weshalb es im Hohelied Salomos auch heißt: „Liebe ist stark wie der Tod“. Nur die Liebe wird die Welt überdauern, weil sie schon zuvor gewesen ist. Sie ist fürwahr eine Himmelsmacht.

Es ist darum ein fatales Missverständnis, dass mit den Geboten, auch durch das Liebesgebot, gleichsam von außen in die Welt eingegriffen würde, weil sie sonst aus ihrem eigenen Lauf heraus im Verhängnis endete. Das Tun des Menschen aus eigenem Antrieb wäre dann immer Sünde, und das Gute erwächst daraus, dass wir uns bremsen, steuern, regulieren lassen. Ein solches Denken macht Gott geradezu zum obersten Polizisten. Das alles wäre ernüchternd und ist in meinen Augen auch falsch.

Die ganze Welt ist doch Gottes Schöpfung, und der Mensch, so wie er ist, ist Gottes Geschöpf. Die Begabung zur Liebe ist also von Anfang an in ihn hineingelegt.  Das heißt doch dann vor allem, dass wir die Liebe, die wir an dem einen Menschen entdecken, gegenüber allen Menschen üben sollen. Diese Beziehung zwischen unserer Liebe und der ursprünglichen Liebe Gottes ist der Weg des Menschen in die Freiheit.

Benedikt XVI. hat das so formuliert: „Gott ist nicht der Gegner unserer Freiheit, sondern ihr Grund; Nur die Liebe, die allmächtig ist, kann Grund angstloser Freude sein.“ Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn.

Amen
Thomas Roloff

nachgetragen am 23. Juli

Sonntag, 12. Juli 2015

Sonntag & (nachgetragen)


Mitunter stellt man fest, nachdem das Aussortieren mißlungener Bilder befriedigenderweise endlich abgeschlossen ist - eigentlich blieben keine übrig. Hm. Das ist bei einer Rubrik wie dieser etwas mißlich, andererseits; wir kommen gleich dazu.

Und beginnen mit dem Reis, auf dessen höchster Erhebung einige Butterstücke dahinschmelzen, gefolgt von eingelegten Spreewälder Gewürzgurken.


Und schon ist der Grund klar, warum das in diesem Falle mit Bildern sowieso eher schwierig ist: Pampe ist per se wenig photogen. Genauer gesagt, handelte es sich um Geschnetzeltes, also eine Art Gulasch, das nur anders heißt.

Dabei wurden schmale Stücke vom Schweinefilet angebraten, ebenso Zwiebeln, und zum Ende Streifen von Paprika, ohne Kerngehäuse etc.

Ich besaß noch einen Berg von eingeschrumpelten Tomaten, die hatte ich kurz in kochendes Wasser getan und nach dem Abkühlen ausgestochen, gepellt und danach kleingeschnitten. Das ist zwar eine ziemliche Sauerei, aber so weiß man, zumindest äußerlich, was man hat. Die kamen auch in die Pfanne und irgendwann köchelte alles zusammen mit reichlich Kochsahne vor sich hin.

Ansonsten schmorten einige Rosmarinzweige von Anfang an mit, Thymian kam später dazu, wie auch Kräuterpfeffer und das unvermeidliche Salz irgendwann. Offen gestanden hatte ich das Fleisch zu lange angebraten (es war leicht trocken). Das nächste Mal werde ich es halbgar mit dem restlichen Zeug vor sich hin schmoren lassen. Viel mehr an Abträglichem fällt mir aber auch nicht ein.


Aber eben leider ebenso nichts an Zuträglichem. Also irgendeine höhere Einsicht mit der man das Ganze noch grün-hoffnungsfroh garnieren könnte, oder so was. Darum dieser späte Bericht, mit dem ich jetzt ehrlicherweise nur Familiärem ausgewichen bin (mein Herr Bruder macht gerade seinen jährlichen Besuch und redet über Familienaufstellung), da schreibe ich doch lieber über Pampe.

Das hat eine gewisse Ratio und Routine und ein grundehrliches Ergebnis - vielseitig oder versalzen, zäh oder eben richtig, überraschend oder flau, man ahnt, was ich meine. Und mit diesem Lob der Banalität wollen wir auch enden.

nachgetragen am 16. Juli

Mittwoch, 8. Juli 2015

Wo letzte Ängste leuchten - Gedichte von Maria Wandelt


Mein Gott, welche Schönheit. Durch das geöffnete Erker-Fenster weht der Regen Blätter und Blüten aus dem Schloßgarten. Die größeren Zweige bleiben zum Glück draußen liegen.

Und auf einmal läßt sogar die ramponierte vergessene Spieluhr auf dem Schrank in Form eines Engels wieder Töne hören. Die Bewegung der Luft muß wirklich heftig sein. Vor allem verhilft sie Körper und Gemüt wieder zum Atmen.


Das war gestern. Herr Busse, der u.a. Gedichte von Maria Wandelt herausgegeben hat, überraschte mich diesen Vormittag mit seinem Besuch, an dem ich nicht völlig unschuldig war. Er hat sie quasi als Privatdruck veröffentlicht. Ich konnte ihn nicht erreichen, nur um ihn lediglich zu fragen, ob ich nicht doch ein paar hier bringen könne, besprochen oder unbesprochen. Er stimmte zu meiner Überraschung zu. Offen gestanden, brauchte ich einige Zeit, um einen Zugang zu finden. Aber nachdem ich ihn fand, wollte ich wenigstens etwas davon weitergeben, dies wird folglich keine Besprechung, nur ein Einstieg.

Sein Erinnerungsbuch, zu dem indirekt dieser Link führt, hat ziemlich gewiß klarer, und oft verstörend, das Bild des Menschen hervortreten lassen, der für meine Jugenderinnerungen steht. Sie werden dadurch nicht unwahr, nur das Mosaik der Erinnerung wird größer. Es muß ihn beachtliche Überwindung gekostet haben. Ich habe das dort nur angedeutet.

Es ist nicht verwerflich, wenn Menschen ihr Leben in eine Erzählung verwandeln, wir alle tun das übrigens täglich. Die Frage ist lediglich, wie viel belastbare Substanz in dieser Erzählung enthalten ist. Das war in ihrem Fall verstörend viel, wie aus den nachfolgenden zwei Gedichten deutlich werden kann.

Ich hatte in meinem kleinen  Erinnerungsbeitag angemerkt: „Aber es ist nicht wahr, daß die Dinge von ihrem Ende her gültig sind. Ein Ende kann täuschen und auf Gründen beruhen, die ebenfalls lange zerfallen sind.“


Das ist ein Aspekt. Wichtiger wäre wohl zu sagen, daß sie in den letzten Jahren ihres Verfalls aus ihrem geistigen Leben Worte wie die nachfolgenden entgegenzustellen vermochte.

Und auch, wenn das diesen Gedankengang bricht, unsere Bekanntschaft ist schließlich schon fast vorhistorisch, und wir sind so fremd in vielem gegeneinander, bis heute. Doch in unserer unverhofft 1 ½ stündige Unterhaltung wurde mir deutlich: Er hat das alte Regime aus tiefem Herzen gehaßt. Wenn er aber in so klaren Worten die innere Verworfenheit des Gegenwärtigen, das ich zunächst noch zögernd entschuldigte, mit schlicht logischen Aufzählungen begründen kann: Manchmal muß man wirklich wohl einfach nur weiter im Wald wohnen, um bei Verstand zu bleiben. Es waren diese Prinzipien von präziser Aufmerksamkeit, die ihm damals mutmaßlich zu überleben halfen, und hoffentlich auch heute.

Wir leben noch in diesem Gothic Novel, wo auch solche Einsichten vermutlich nicht weiter helfen. Aber die Poesie, die vermag viel. Auch zu verbinden, rückzubinden. Wem käme bei dem nachfolgenden Gedicht nicht der „Wolken sagenhafte Kampfgestalt“ in den Sinn, die Rilke beschrieben hat. Dabei ist ihr Text keinesfalls epigonal, er ist sogar ganz anders, von anderer Gestimmtheit, Naturerfahrung, doch spürt man die respektierende Kenntnis derjenigen, die vor einem waren.

„Reiten, reiten, reiten, durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag.
Reiten, reiten, reiten.
Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß. Es gibt keine Berge mehr, kaum einen Baum. Nichts wagt aufzustehen. Fremde Hütten hocken durstig an versumpften Brunnen. Nirgends ein Turm. Und immer das gleiche Bild. Man hat zwei Augen zuviel. Nur in der Nacht manchmal glaubt man den Weg zu kennen. Vielleicht kehren wir nächtens immer wieder das Stück zurück, das wir in der fremden Sonne mühsam gewonnen haben? Es kann sein.“

Der Beginn der „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ war, die Häufigkeit des Rezitierens zum Maßstab genommen, wohl ihr Lieblingsstück von ihm.

Eine andere wesentliche Seite lernt man im darauf folgenden Text kennen - ihre tiefe Natureingewobenheit, in der sie dort alles beseelt vorfand, was anderswo, in der pragmatisch-leeren Menschenwelt etwa, ihr zu sehr ermangelte. Das Ächzen und Krachen eines fallenden Baumes erklärte sie mir einmal als letzten Aufschrei des sterbenden Wesens... Selbst Gott scheint sie im Wald noch am ehesten gespürt zu haben:


Maria Wandelt

Regenfall

Der Himmel dicht bedrängt von Wolkentieren.
Sie wachsen riesig, fressen alles Blau,
gebuckelt und gebuchtet, weiß und grau;
Wind treibt sie, daß sie sich im Kampf verlieren,
sich jetzt zerstören, nun sich neu gebären;
nicht länger Tiergestalt, hier Burg und Wall,
die schon verdunkeln, kühler Tropfenfall,
herbstliche Zeiten, die im Sommer währen.

Die Pflanzen zittern, einsam, seltsam blaß,
kein Falter, keine Biene sucht die Blüten.
Sogar die Schwalben, diese nimmermüden
geliebten Schwätzer schweigen in dem Naß.

3. 7. 1990


Aprilnächte

Ach, daß wir wieder auf die Stille lauschen,
wenn Bäume in den Sternennächten singen;
wortlos, sehr sanft der Hauch, die Winde klingen,
die Traum und Leben schenken selbst den Dingen,
fernferne Melodie wie Muschelrauschen;
die nahe auch in unsre Seele dringen
und letzte Ängste klar zum Leuchten bringen.

In diesen Nächten selbst der Vogel schweigt,
sein zarter Jubel wäre noch zu laut.
Nur Stille ziemt, da neues Leben baut
ER, dem ein jedes Leben ist vertraut
und dem sich SEIN Geschöpf in Demut neigt...
doch auch der Tod großäugig auf IHN schaut;
nichts, das in solcher Nacht sich vor ihm graut.

12. 4. 1992


für beide obigen Texte © Gerhard Busse, Rodenskrug 2014

nachgetragen am 11. Juli

Sonntag, 5. Juli 2015

Sonntag &


Schneeregen wäre schön, aber immerhin donnert's schon. Ansonsten erbaut mich gerade das obige Bild aus dem Dezember '14, nein nicht 1814 oder 1914, es war 2014, obwohl einem die Jahrhunderte schon mal durcheinander geraten können, bei der Hitze. Und jetzt regnet's sogar. Die Katze, die uns jüngst ihre 4 neuen Jungen in die Wohnung geschleppt hatte, scheint mitten im Regen Schutz vor dem Regen gesucht zu haben, auch eine Idee. Die im Bild ist aber der Geschwister-Kater.


Es war vorher so unerträglich heiß, daß man fast von Visionen befallen worden wäre, jetzt versteht man auch, warum die hier vorherrschenden Religionen alle im Nahen Osten entstanden sind.


Sarkasmus beiseite. Die Idee mit dem Kartoffelsalat war nicht von mir, das gebe ich frei heraus zu, aber bei den Wiener Würstchen habe ich mich dann verweigert. Wie man sehen kann. Hühnerbrüste, mit Zwiebeln und Rosmarin angebraten und dann im Ofen auf Thymian und Butter bei milden Temperaturen nachgegart stattdessen (abgedeckt natürlich, die werden doch schnell zu trocken).


Was das Produkt von Mondelēz International aus Bad Fallingbostel mit einem Mirakel zu tun hat, erschließt sich mir nicht, aber in seiner leichteren Variante konnte ich mich so um die Mayonnaise herummogeln, was übrigens gar nicht weiter auffiel. Außer den zerkleinerten Pellkartoffeln bestand der Salat ansonsten aus eingelegten Spreewaldgurken, reichlich Zwiebeln, Dill, ein paar anderen Kräutern, (zu) viel Pfeffer und etwas Salz.


Wenn man bedenkt, daß ich bei solchen Temperaturen üblicherweise kaum etwas herunterbekomme und ich ihn dennoch kräftig mitvernichtete, und selbst die bäuerlich-bodenständige Nachbarin, die ebenfalls etwas davon abbekam, zur Überraschung von Frau Mutter das Ergebnis deutlich lobte, kann ich soviel nicht falsch gemacht haben.

Er hatte jedenfalls einen durchaus komplexeren Geschmack, und das muß man erst mal hinkriegen bei einem Kartoffelsalat. Wo Kartoffeln doch üblicherweise sehr dazu verhelfen, alles ein wenig dumpf schmecken zu lassen.


Ach so, und das alles geschieht unter den gnädigen Augen unserer Königin Luise, weil ich deren Büste von einem Bücherschrank räumen mußte; wie ich schon andeutete, die Katzen. Er diente ihnen (vorübergehend) als ideales Versteck.


Und zum Ende noch eine psychedelische Rose.

nachgetragen am 6. Juli

Freitag, 3. Juli 2015

Kleines Déjà-vu


Die Überschrift bezieht sich auf einen Beitrag von Anfang der Woche, wo ich bei ziemlich den gleichen Sujets eine Serie über die Befreiungskriege bzw. das Jahr 1815 angekündigt hatte. Wer sich das wirklich antun will, müßte hier einsteigen und dann zu den vermeintlich älteren Beiträgen wechseln (ich weiß nicht, ob es so lesbarer wird, das war jedenfalls die Absicht).

Das wenig Positive an dieser Hitze ist - man kann sowieso nicht schlafen...




Donnerstag, 2. Juli 2015

Hermann Hesse *2. Juli 1877






Hermann Hesse

Allein

Es führen über die Erde
Straßen und Wege viel,
Aber alle haben
Dasselbe Ziel.

Du kannst reiten und fahren
Zu zwein und zu drein,
Den letzten Schritt
Mußt du gehen allein.

Drum ist kein Wissen
Noch Können so gut,
Als daß man alles Schwere
Alleine tut.

Alone

Across the Earth are leading
many a road and bend,
yet all are speeding
to the selfsame end.

Be you riding or driving
as twosome or three,
the last of your steps
belongs but to thee.

For skill's not as valid,
nor all that is known,
as tackling the difficult
stuff by your own.



Wir leben hin...

Wir leben hin in Form und Schein
Und ahnen nur in Leidestagen
Das ewig wandellose Sein,
Von dem uns dunkle Träume sagen.

Wir freuen uns an Trug und Schaum,
Wir gleichen führerlosen Blinden,
Wir suchen bang in Zeit und Raum,
Was nur im Ewigen zu finden.

Erlösung hoffen wir und Heil
In wesenlosen Traumesgaben -
Da wir doch Götter sind und teil
Am Urbeginn der Schöpfung haben.

We live as form...

We live as form, from truth estranged -
surmising (when the pains assail us)
eternal realm that never changed,
of which dark dreams at night do tell us.

We like illusion's false embrace,
we're blind and leaderless and lonely -
and search in fear through time and place
for what's of the eternal only.

Salvation we expect and grace
from dreams that cannot go the distance -
We, who are Gods, and in whose space
creation first became existence.

Translations by Walter A. Aue 

Hermann Hesse liest "Stufen"