Freitag, 6. Februar 2009

Über einen unbekannten Park



Manchmal gehört nicht viel dazu, sich vorstellen zu können, wie die Welt aussehen würde, wenn sie in Ordnung wäre, keine Utopien, nichts Überspanntes, einfach dies:



Vielleicht ist es besser, ein paar Erläuterungen vorauszuschicken, diese Stadt, in der ich derzeit wohne, hat eine etwas merkwürdige Geschichte, gut, das haben alle Orte; aber schauen wir uns doch diesen genauer an und beginnen nicht beim 30jähriegen Krieg, über den es auch einiges zu erzählen gäbe, nein, begeben wir uns ins übervorige Jahrhundert, wo diese kleine Stadt, auf Grund ihrer Lage an einem größeren See etc. wieder aufzublühen begann, es gibt einen Villengürtel um den erstaunlich gut erhaltenen Stadtkern und es macht sich die Anlage eines neuen Friedhofs erforderlich, den man an der Ausfallstraße (dieser Begriff klingt in der Tat zu martialisch für diesen bescheidenen Ort) nach Friedland anlegt.



Ein paar Jahrzehnte später wird diese Stadt in einem verlorenen Krieg weitgehend zerstört, exakt gesagt, fand der Großteil der Zerstörung unmittelbar nach Kriegsende statt, der Feind war halt in Übung, und von Gewohnheiten ablassen, fällt schwer…

So ist diese Stadt die des vielleicht nicht bewußt, aber gewollt zerstörten Gedächtnisses geworden.

Man beschloß dann, die Stadt zum Prototyp des neuen Geistes aufzublasen, wir ersparen uns das Vokabular, das zu dieser Zeit gehört, die Bewohnerschaft vervierfachte sich… wir brechen auch jetzt wieder ab, diesmal kurz vor der Gegenwart, und wenden uns dem obigen Friedhof zu.

Eine Bemerkung zur Qualität der Architektur in dieser Zeit lassen wir beiseite, gut, zur Gegenwart ließe sich auch einiges sagen, aber bleiben wir dort, nun ja man kam also auf die Idee, an der Stelle dieses alten Friedhofs Gebäude der neuen Art aufzustellen, karrte die Gebeine weg… Es muß Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre gewesen sein, immerhin ließ man die Friedhofkapelle stehen.



Ein Einschub: Meine letzte Wohnung in Potsdam lag in einem Gründerzeitviertel (selbst zu der mag man ja Anmerkungen machen wollen) in der Nähe des "Heiligen Sees", wozu übrigens das Logo weiter oben gehört. Und zu einem bestimmen Zeitpunkt, es war Herbst, die alten Bäume meiner Gründerzeitstraße verloren ihr Laub, der Wind wehte die erstorbenen Blätter an diversen Säulen und Torbögen vorbei… mußte ich jeden Morgen nach Berlin in den östlichsten Stadtbezirk fahren, es war der Abstieg in die Hölle, rein visuell, und als ich einmal bemüht humorig von der täglichen kleinen Höllenfahrt sprach, vollkommenes Unverständnis, dann auch meinerseits, und die Frage, die sich mir seitdem stellt: Sind wir überhaupt die gleichen Menschen, auch wenn wir äußerlich so erscheinen, oder ist da etwas im Tiefsten fremd (bösartig gesprochen, wir wollen uns nicht besser darstellen als wir sind - sind es Monster, wenn auch vielleicht freundliche, die gar nicht wissen, daß ihnen Entscheidendes fehlt).

Eine Zeit, deren Denken intakt geblieben wäre, hätte, so bin ich mir sicher, aus diesem aufgegebenen Friedhof einen Park gemacht, mit alten Bäumen, mehr oder weniger wesentlichen Monumenten der Erinnerung und inmitten diese wunderschöne kleine Kirche…

die übrigens im Auftrag des Großherzogs Friedrich Wilhelm von Mecklenburg durch Friedrich Wilhelm Buttel, Schüler von Karl Friedrich Schinkel, 1864 errichtet wurde (man hatte offenbar in dieser Zeit eine Vorliebe für gewisse Vornamen).

Tatsächlich ist sie jetzt eingezwängt von häßlichen Klötzen, die ein perfektes Abbild der Zeit abgeben, aber nach meinem Gefühl gibt es hier in Wahrheit diesen Park… er ist nur nicht sichtbar.

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