Dienstag, 26. Juli 2016

Kleiner psychedelischer Nachtrag


Ach diese kleine schräge Geschichte muß ich doch nachtragen. Dieser Sommer ist typisch mitteleuropäisch merkwürdig. Innerhalb von Stunden wechselt das Wetter von Wolkenbruch zu sengender Sonne und wieder dem Gegenteil dazu. An diesem schon etwas zurückliegenden Tag war es wieder so. Der Vormittag drückend unangenehm, nachmittags wurde es besser, zum Abend hin wieder unerträglich. Keine Einbildung, ich habe recht nüchterne Bekannte gefragt, denen erging es ebenso.

Wir waren inzwischen von einer ganz lieben lebensklugen Frau sauberer gemacht worden (die Wohnung, bestimmter gesagt). Mein Fehler war vermutlich, mich nachmittags auf die Terrasse zu setzen. Warum? Nun es begann mit einem leichten Wind und dem entsprechenden, bekannten bedeutungsschwangeren Rauschen in den Blättern (etwas psychedelisch, aber nicht unangenehm; ein klar bestimmter, aber kaum beschreibbarer Zustand). Vermutlich war die Sonne weitergewandert.


Jedenfalls war mein Kopf plötzlich voll von Latein (das ich natürlich nicht verstand) und seltsamen Bildern, die Schloßkirche schwamm majestätisch in einem unbegrenzbaren Raum. Leider habe ich anschließend 2 Leute mit einem Bericht davon belästigt. Nur darum der Nachtrag. Mein Resumé bleibt bestehen, da hat sich der liebe Gott einfach mal vertan  (ich bin für Visionen völlig ungeeignet), oder es war der Anflug eines Sonnenstichs.

nachgetragen am 10. August

Montag, 25. Juli 2016

Erlkönig


Falkenstein - Erlkönig

Johann Wolfgang von Goethe

Der Erlkönig

Wer reitet so spät
      durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater
      mit seinem Kind;
Er hat den Knaben
      wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher,
      er hält ihn warm.

„Mein Sohn, was birgst du
      so bang dein Gesicht?“ -
„Siehst, Vater, du
      den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig
      mit Kron und Schweif?“
„Mein Sohn, es ist
      ein Nebelstreif.“

"Du liebes Kind,
      komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele
      spiel ich mit dir;
Manch bunte Blumen
      sind an dem Strand,
Meine Mutter hat
      manch gülden Gewand."

„Mein Vater, mein Vater,
      und hörest du nicht,
Was Erlenkönig
      mir leise verspricht?“
„Sei ruhig, bleibe
      ruhig, mein Kind:
In dürren Blättern
      seuselt der Wind.“

"Willst, feiner Knabe,
      du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen
      dich warten schön;
Meine Töchter führen
      den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen
      und singen dich ein."

„Mein Vater, mein Vater,
      und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter
      am düsteren Ort?“
„Mein Sohn, mein Sohn,
      ich seh es genau:
Es scheinen die alten
      Weiden so grau.“

"Ich liebe dich, mich reizt
      deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig,
      so brauch ich Gewalt."
„Mein Vater, mein Vater,
      jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir
      ein Leids getan!“

Dem Vater grauset's,
      er reitet geschwind,
Er hält in Armen
      das ächzende Kind,
Erreicht den Hof
      mit Müh' und Not:
In seinen Armen
      das Kind war tot.



Schubert - Der Erlkönig -  Dietrich Fischer-Dieskau

Johann Wolfgang von Goethe

[ á la Franz Peter Schubert ]

Elf-King

Who's riding so late
      through night so wild?
It is a father,
      he holds his child;
his son he cradles
      within his arm,
he keeps and shields him
      from frost and harm.

"My son, are you hiding
      your face in fear?"
Oh, father, see
      the Elf-King appear!
The King of Elves
      with crown and tail!"
"My son, it's fogs
      adrift the vale!"

"Thou pretty child,
      do come with me!
Such fine amusements
      shall I have with thee;
such pretty flowers
      grow on the shore,
my mother's got
      gold dresses galore."

"My father, my father,
      and do you not hear
how Elf-King softly
      tries to endear?"
Be still now, stay
      composed, my son:
you hear the breezes
      through dry leaves run."

"Wilt, pretty youngster,
      thou come with me?
My daughters shall be
      attending thee;
my daughters nightly
      their dances keep
and cradle and coddle
      and sing you to sleep."

"My father, my father,
      and do you not see
daughters of Elf-King
      beckoning me?"
"My son, my son,
      I see them quite clear:
those old willows look so
      grizzled and queer."

"I love you, I'm roused by
      your beautiful shape:
And if you're not willing
      I'll have you by rape."
"My father, my father,
      he's coming for me!"
Elf-King has done me
      an injury!"

The father's flesh creeps,
      he's riding like wild
his arms are protecting
      the whimpering child,
he reaches at last
      the old homestead:
Still in his arms
      the child
           was dead.

Translation/ Übersetzung
by / von Walter A. Aue

Wir denken ja gern, die Dinge, die wir mögen und die uns vertraut sind, wären für die Ewigkeit, sind sie hoffentlich auch, aber jedenfalls nicht hier. Am 25. Juli a.c teilte mir Herr Prof. Aue mit, daß seine Website, die an diesem Ort gelegentlich aufgetaucht ist, demnächst verschwinden wird, im August. Den haben wir inzwischen, es ist ein Nachtrag. Wenn man nicht mehr 16 Jahre alt ist, hat man unter gewöhnlichen Umständen das eine oder andere erfahren. Die in ungünstigeren Zeiten geboren wurden weit mehr davon, ich weiß. Aber das war offen gestanden ein Schlag in die Seele. Wir beginnen also mit Herrn v. Goethe, den gab es hier noch nicht so oft.

Der Ignoramus, der wir nun einmal sind, hat den Freiherrn ja schon des öfteren in den Verdacht des Oberflächlichen ziehen wollen. Aber hier ist er über sich hinausgewachsen. Diese psychologische Genauigkeit vor dem Grauen, in das jemand geworfen wird, das Ausgeliefert-Sein, die Versuche desjenigen, dem die Sorge obliegt, sich an das Bekannte und Vertraute zu klammern, obwohl er dem selbst längst nicht mehr traut. Eine Art hoffnungsloses Singen in dunkelster Nacht. Und selbst das Wesen des Grauens ist tastend beschrieben. Große Kunst, die sogar sprichwörtlich geworden ist.


Unser Großherzog war mit dem Herrn v. Goethe gut bekannt. Darum das Bild.
nachgetragen am 3. August

Sonntag, 24. Juli 2016

Sonntag & (gewissermaßen)

 

Die jüngere menschliche Evolution ging vermutlich so vonstatten: Als es bei unseren in Afrika beheimateten Vorfahren wieder einmal über 30° C war, sagten sich einige, das hält ja kein Affe aus und zogen gen Norden, bis sie sich im Schatten eines Eisbergs befriedigt niederlassen konnten. Die, die den Zustand eines abschmelzen Gehirns zu schätzen wußten, blieben zurück, oder so.

Ein Nachtrag sozusagen, aber auch nicht wirklich. Denn der Lachs, der an jenem Tag gekocht wurde, den bekamen einen Tag später die Katzen. Es war mir einfach zu warm und ich mochte am Ende nicht mehr.

Jüngst wurde ich wieder einmal wegen der ausbleibenden Essensbeiträge angeklagt. Und da dachte ich mir, bring Bilder vom letzten halbwegs erfolgreichen Versuch. Es ist erstaunlich, was in Menschen mitunter so hochkommt. Frau W. gelüstete es jedenfalls urplötzlich nach fettem Bauchfleich (das es kaum noch zu kaufen gibt). Davon existieren jedenfalls Bilder. Und es war im Juli. Am 10. davon, genauer gesagt.

Das Bauchfleisch, ich versuche mich gerade zu erinnern, wurde von mir also kleingeschnitten und gekocht, die Reihenfolge bekomme ich nicht mehr zusammen, jedenfalls kamen dazu – Lorbeerblatt, Pfeffer, Piment, Essig, Zucker, Salz – es fehlt sicher noch einiges. Ich hab es unter innerlichem Protest abgeschmeckt.

Für mich gab es dann Rosmarin-Kartoffeln, ein Steak und Bohnen. Wie gesagt, warum sollte man die netten Momente vorenthalten. 

Ich sehe gerade, auf einem der Bilder erkennt man im Hintergrund die Kulisse vom "Weißen Röß'l", die, der Jungfrau sei's gedankt, ab heute endlich abgebaut wird.  Man darf das alles auch ganz anders sehen, etwa so, wir wollen fair bleiben. Aber ein Monat Probe + überlautem Generator gewissermaßen vor dem Fenster hat im Endeffekt die Wirkung einer Neutronenbombe. Da wächst erst einmal nichts mehr. 

Wenn ich nicht gleich einschlafe, gibt es bald weitere Nachträge. Wir werden sehen.




nachgetragen am 1. August

Samstag, 23. Juli 2016

Über zeitgenössische Wahrsagerei

John Collier: Pythia, Priesterin des Orakels von Delphi

Herr Pohlmann kommentierte meinen letzten Beitrag etwas überraschend mit einem Verriß von Prognosen, völlig zurecht. Ich wollte ihm gerade antworten, aber da das doch etwas länger geworden ist und ich noch ein paar Links unterbringen wollte, gibt es die Antwort hier:

In einem Interview des Bayrischen Rundfunks erzählte Herr Schellnhuber einmal mit ernster Selbstsicherheit, die großen Himalaya-Gletscher würden"in dreißig, vierzig Jahren verschwinden", bei zwei Grad Erwärmung, zweieinhalb Milliarden Menschen würden dabei ihre sichere Trinkwasserversorgung verlieren. Er hatte das aus einem Report des Weltklimarates. Ein Zahlendreher, gemeint war 2350, und selbst dies hatte man aus einer Broschüre des WWF abgeschrieben. So ein Versehen kann zwar unterlaufen, in einem Gespräch etwa, aber zumindest der Gegenüber sollte dann stutzig werden.

Allerdings, man meint also tatsächlich, Prognosen für die nächsten 300 Jahre abgeben zu können und vermag mit den jetzigen Modellen nicht mal die vergangenen 300 Jahre rückwärts zu erklären. Und bei den zweifelhaften Prognosen bleibt es ja nicht. "Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das Weltvermögen neu", konstatiert selbstbewußt der Chefökonom des Potsdamer PIK.

Des Club of Rome, auch so eine Zusammenballung von Expertenwissen, stellte 1972 seine Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft "Die Grenzen des Wachstums" vor, die sehr berühmt wurde. Ohne eine dort geforderte Begrenzung des Wachstums wurde die große Katastrophe für 2100 prognostiziert. Von den übrigen Prognosen, später meinte man, es seien nur Szenarien gewesen, erfüllte sich fast keine. Anfang der 90er etwa sollte weltweit alles Erdöl verbraucht sein.

Nach solchen Bauchklatschern könnte man für danach von den Urhebern derartiger Untergangsprophetien vielleicht mehr Zurückhaltung, Vorsicht, gar Selbstkritik vermuten, wenn man naiv wäre. Nein, Jahrzehnt für Jahrzehnt werden zwar die aktuellen Zahlen eingespeist, die düsteren Zukunftsbilder bleiben gleich und werden einfach nur fortgeschrieben, jetzt noch verbunden mit der angeblich nahenden Klimakatastrophe. Da findet sich zusammen, was zusammen gehört.

Was ist das - Größenwahn, gepaart mit Unwissenschaftlichkeit und hypertrophischer Anmaßung, die Welt, das Klima nach den selbsterfundenen Regeln machen zu können? Oder einfach nur Scharlatanerie.

Jede Zeit produziert sich ihre Gewißheiten. Was den Altvorderen die Astrologie war, sind heute der Club of Rome, Herr Schellnhuber und ähnliche Wahsager. Das ärgerliche an der Astrologie war nur, daß sie die Astronomie dabei auch gleich noch mit herunterzog, aber verglichen mit dem Heutigen ist sie ein ehrbares Handwerk.

Donnerstag, 21. Juli 2016

Nächtlich - dem 20. Juli nachgetragen

Weichselmünde, ein vergangener Ort

"Ich mache mir viel Gedanken darüber, was mit Deutschland in 50 Jahren sein wird." Es war in diesem versiegenden, beunruhigten Tonfall gesprochen, in dem man an lange verstorbene Verwandte denkt, die noch so lebendig sind. Im eigenen Geist, der sich auf eine andere Wanderschaft vorbereitet, wann immer sie ansteht.

Ich war selbst schuld, hatte ihr auf ihrem Bett ein paar Aktualitäten mitgeteilt, mit der beruhigend gemeinten Beifügung: In 50 Jahren beträfe uns beide das alles nicht mehr.
Darauf obige Antwort.

Sie ist besorgt, nicht überrascht. Und das erinnert mich (um viele Ecken) an die Worte eines in einem Film präsentierten erkennbar betagten Zeitzeugen, der sinngemäß sagte: 'Am Ende, als die Front an die Reichsgrenze kam (in Ostpreußen), dachten wir, nun ist er wenigstens vorbei, der Krieg. Denn ins Reich können sie doch nicht'.

Sie konnten.

Jännerwein - Durch Jede Stunde

Mittwoch, 20. Juli 2016

„Halleluja! Danke Neustrelitz!“ - ein Abend mit der Tanzkompanie


In einer deutschen Übersetzung eines britischen Romans voller Hingabe an aristokratische Untergänge gibt es das hübsche Wort - „Kkkitsch!“. Nur, bevor sich jemand die Mühe machen sollte weiterzulesen. Aber der Reihe nach, allein, es wird ein wenig mäandern.

Wir beginnen mit dem Anfang, besser noch vor dem Anfang. In einem verflossenen Staat wurde einmal ein „Staatliches Folklore Ensemble“ begründet. Nach der Wende knüpfte daran die „Deutsche Tanzkompanie“ im hiesigen Neustrelitz an.

Als ich meine Jugendzeit dort in einem Lokalarchiv für etwas mehr als ein Jahr verplemperte (im anderen Jahrtausend) schwärmte mir die Leiterin, die man von dorther dorthin abgeschoben hatte, etwas von einem 'sündigen Dorf' vor, war wohl ein Stück, gab's aber auch als Film anno 1940. Ein Spruch von ihr bleibt mir in dankbarer Erinnerung: “Worauf Sie keine Lust haben, das tun Sie dann auch gar nicht.“ In resigniert fröhlichem Einverständnis. Sie endete leider im Suff.


Das sündige Dorf (1940)

Wir springen in die Gegenwart. Leider ist für den überwiegenden Teil der demokratischen Partei (ich bin nun mal ein Mensch des 19. Jhts.) Kultur ein modisches Accessoire, man schmückt sich damit, will auch als geschmückt gesehen werden, aber dem Grunde nach ist es einem wurscht. Übertreibung?

Mir ist gerade entfallen, welche dieser Truppen 1996 ganz wichtig war, da betrug die Landesförderung für Theater etc. in diesem Ländle etwa 25 Mio. €. Seither war der Betrag auf nominal 35,8 Mio. gedeckelt. Gesunder Menschenverstand genügt, um auszurechnen, was dann über die Jahre hinweg passiert. Das soll übrigens bis 2020 so weitergehen. Es erinnert ein wenig an einen kleinen Horrorfilm, wo jemand eine Tür aufmacht, und die Dinge beginnen, rasant zu verschwinden.

Das war langweilig, aber notwendig, um zu zeigen, wie diese Typen hier gestrickt sind. Nicht alle, denn besagte Tanzkompanie sollte längst abgewickelt  sein, wurde aber von den lokalen Politikern noch einmal gerettet, für etwas mehr als ein Jahr, voraussichtlich. Wir schätzen das wahrlich nicht gering, denken uns aber unseren Teil.

Das war bisher nur wohlwollend, obwohl der Krach gestern einen rechtschaffen fast in den Wahnsinn trieb. Eine Dankesvorstellung war angesagt, in den Kulissen des 'weißen Rößl's', und bei der Generalprobe abends meinte ich bald, 'bevor du verrückt wirst, kannst Du da auch hingehen, vielleicht ist es von nahem weniger schlimm'. Nun ja. Vielleicht.

Heute tat ich mir die Vorstellung an. Das Publikum in der ausverkauften Arena war enthusiasmiert. Und ab jetzt bringe ich Bruchstücke vom Geschehen.

Nettes Harfengeklimper am Anfang. Feuer werden entzündet, musikalisch leicht folkloristisch begleitet. Die Eingangsbegrüßung spielt mit 'Residenz - Resistenz - Stadt' (neulich waren doch diese vielen gruseligen Fanfaren hier, der Moderator hatte die Worte verwechselt, also ein sog. Insider-Joke, es war aber auch sehr warm an jenem Tag).

Sinngemäß dann – wo einst die Herzöge residierten und jetzt Kunst und Kultur herrschen... – begrüßt werden die, die über eine kurzzeitig reaktivierte „Ferkelbahn“, eine stillgelegte Regionalstrecke, angerückt sind (das Lokalkolorit schimmert zum allgemeinen Vergnügen) – im kulturellen Heerlager des größten Landkreises der BR (Mein Jott).

„Wer Augen hat zu schauen...“, das Stichwort war also nicht fahrlässig gewählt. Gesungen wird – „Kein schöner Land...“, dann Trommelwirbel & leicht zigeunerische Folklore (?), gefolgt von eher tibetanischem (?) Höhlengesang, mit Begattungsandeutungen auf der Bühne. Wieder Folklore (mhd.? 'Rosen sollen gesund machen', ich saß in der letzten Reihe). Gefolgt von Byzantinischem (?). 2 Männer umtanzen sich jedenfalls, Kain & Abel (?), aber nein, es folgen wie gesagt Balzzeremonien o.ä.

Weiß gewandete Frauen unterbrechen das auf Russisch (das Publikum scheint es zu verstehen, Heiterkeit), andere Folklore, gefolgt von Rammstein und halbnackten Männern, die mit langen Wasserrohren spielen; sollte wohl an Speere erinnern.

2 Damen werden darauf barock untermalt. Man denkt zuerst: „Ah, das Pendant', aber die Musik reißt es heraus, eine Mezzosopranistin singt ein barockes Ave Maria auf Latein (sehr berührend übrigens, musikalisch etc., ein Lichtblick, obwohl es schon zunehmend dunkler wurde). Die Damen werden von dem Rest der Truppe umringt. Doch dieser zumindest musikalische Höhepunkt wird abrupt abgebrochen von den Cranberries und „Salvation“ (war mal sehr populär und klingt inzwischen entsprechend hohl).

Darauf ging der Mond unter, gesungen, die Tänzer auf dem Boden oder an einer Kletterwand, jedenfalls immer weiße Schuhe vor sich her tragend oder in der Nähe. Die Tänzerinnen spielen zu Nordeuropäischem (?) mit Vorhängen, unterbrochen von einem elektronischen Schneesturm; man birgt sich in einem Zelt, kriecht wieder heraus, macht einen Kreis zu folkloristischem Klimper-Geräuschen und indianisch Hallendem und mongolisch Tiefdröhn - Kehlendem, ein nettes Gewusel mit dramatischen Einlagen + Tonnen - Getrommel.

Die Nibelungen hier im Landestheater vor einiger Zeit waren großartig. Wir nähern uns aber jetzt dem Eingangswort mit K... (wofür die Tänzer nichts können, sie sind auch deutlich weniger ausgerutscht als bei der Generalprobe).

Schlußmonologe: „Wenn ich von hier weggehe... nach Neustrelitz, weil dort noch die Kultur lebendig ist“ - Großer Jubel (ein voriger „Joke“, nach China, weil er dort den größten hätte, bekam eher höfliche Heiterkeit). Man singt „Lieb Heimatland ade“ zu wuselnder südeuropäischer Folklore.

Und jetzt endlich wirklich der Schlußmonolog, sozusagen etwas verklemmt heraklitisch: „Ich mag Schwarzwälder Kirschtorte..., meine Zunge durchtanzt Schicht für Schicht..., Bäume haben auch Schichten, stützende Schichten, schützende...,  wie der Mensch von innen nach außen“.

Wir haben es fast überstanden. Meditationen über aufgefaltete und erodierende Gebirge folgen. Alte Kirchenfenster sind unten dicker als oben, denn auch Glas fließt. Alles fließt. Zellen erneuern sich, nach 7 Jahren - ein neuer Mensch. Alles fließt. Bewegung, Musik und Tanz. Alles tanzt – Planeten, Galaxien etc. pp. „Ich bewege mich, also bin ich, ich tanze, also bin ich. Wir sind Phönix. Wir kämpfen, leben, lieben, tanzen (Worte wiederholt mit unterschiedlicher Stellung). Halleluja! Danke Neustrelitz!“.

Wir sind durch und es folgte - Große Begeisterung. Kurz gesagt - Das sündige Dorf + Rammstein und eine gewisse Art von folkloristisch lärmender Langeweile (tut mir leid). Eine betagte Nachbarin erzählte mir danach im Verteidigungsmodus - „Aber die Jugend will das doch, was sollen sie denn sonst noch machen.“

Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls haben sie zu ihren Wurzeln zurückgefunden und zum K., aber das erwähnten wir ja bereits.









Nachträge:

Die Bilder sind ganz gruselig, geben aber eine Idee (wie gesagt, letzte Reihe...). Mehr sollte es auch gar nicht sein. Als ich bei der Generalprobe einen ersten Versuch machte, grinste mich einer der Akteure herablassend an, und im aufleuchtenden Moment hinreichend verärgerter Erkenntnis hätte ich ihm am liebsten zugerufen - „Für solcherlei Bedürfnisse gibt es inzwischen ein Ding namens Internet.“ Aber dann hätte man sich auch schon gemein gemacht, und das wollen wir denn doch nicht.

Ich wünsche der Tanzkompanie von Herzen alles Gute. Wäre aber sehr dankbar für bessere Vorwände zu einer lang andauernden Zukunft.

Samstag, 9. Juli 2016

Nachträge


Zeit für Nachträge (wir waren etwas schreibmüde u.a.). Das Warten, Unterhaltsames geschähe vielleicht, welches das Pausieren der Essensbeiträge etwa aufwöge, sollte nicht belohnt werden. Also bleiben wir ereignisarm. Am 26. Juni durfte ich mit dem Chor den Herrn loben, in Feldberg, es war, einmal abgesehen davon, daß ich mir fast die Seele aus dem Leib geschwitzt hätte, angenehm. Das Eingangsbild zeigt besagte Kirche.


This I Believe (The Creed) - En esto Creo (El Credo)

Zufällige Begegnungen sind mitunter recht kurios. Es gibt da ein Stück – Our God is three in one – Creed (das Credo), eigentlich christliche Populärmusik aus Australien, ich finde das Arrangement unserer Frau Chorleiterin besser, um nicht zu sagen erwachsener, der Chor mag es, aber ich kann mich natürlich täuschen, die Zuhörer oft weniger. Wie auch ein offenkundig empfindsame junger Mann, der bemerkte, es habe ihn ganz traurig gemacht (aber als Zugabe gab dann ja immerhin etwas rhythmisch Fröhliches, das riß es wohl wieder heraus). Das obige Stück ist das Original in Spanisch, ich mag es eher noch, obwohl ich gar kein Spanisch kann.


Da dies bisher Essensbeiträgen vorbehalten war, ein kleiner Einschub, ich hatte für besagten Sonntag sogar etwas recht Nettes vorgekocht. Fleischklöße in Gemüsesuppe. Die Klöße wurden ziemlich gut - gemischtes Hackfleisch, Eier, gehackte Zwiebeln, wenig Semmelmehl, Muskat, soweit so bekannt, aber dazu gab es eine Art von Gewürz-Supergau - Mittelmeerkräuter, frisch gehackt als auch getrocknet, viel frischer Pfeffer, Einheimisches, wie Petersilie, das als grobe Zusammenfassung, mir fällt auch nicht mehr alles ein. Das Ergebnis war umwerfend, im guten Sinne. Aber ich hatte das Vergnügen nur für mich, daher auch keine Bilder.




Ach ja, die Katzen, sie kamen und sind wieder fort. Die Katzen-Mutter schaut mir gerade beim Schreiben zu. 4 Stück hatte sie vertrauensselig im Korbsessel hinter der Terrassentür abgelegt, und irgendwann entwickelten sie einen großen Eifer, unter den Küchenschränken zu verschwinden, wenn die Tür einmal auf war. Nett waren sie ja, aber es war zuviel. Freundliche Mitmenschen haben sie jetzt in ihren Garten verschleppt.


Um mit etwas Kuriosem fortzufahren: „Ach, ist schon wieder Kinderlandverschickung?“ Die Kaufhalle (Supermarkt) war am Abend auffallend belagert von jungen Menschen, die irgendwie, unter ethnologischen Gesichtspunkten, merkwürdig aussahen (aber ich bin ja auch aus dem vorvorigen Jahrhundert, mindestens, und da wird man etwas fremd zur Gegenwart). Nach meiner Frage stutzte die freundliche Dame an der Kasse kurz, verneinte dann aber ganz sachlich: „Nein, ist doch wieder Festival in Lärz“. Es gibt also doch noch Erinnerungen, die allgemein mitschwimmen.

Das Festival nennt sich Fusion, begann am 29. d. M. und zelebriert nach eigener Aussage eine Art „Ferienkommunismus“. Um die sozusagen poetische Eigenbeschreibung nicht vorzuenthalten: „Fernab des Alltags entsteht für vier Tage eine Parallelgesellschaft der ganz speziellen Art. Im kollektiven Ausnahmezustand entfaltet sich an einem Ort ohne Zeit ein Karneval der Sinne, indem sich für uns alle die Sehnsucht nach einer besseren Welt spiegelt.“

Es ist zum Glück ganz weit weg, jedenfalls nicht in Hörweite, wahrscheinlich schrecklich laut und subversiv, und wie eben gesagt, weit weg und schon wieder vorbei. Was man vom anderen Extrem nicht behaupten kann, es ist sehr wohl in Hörweite, und noch nicht vorbei, allerdings die Proben, und das ist der schlimmere Teil.




Sollten Sie etwas, daß sie sowieso nie mochten, in einer Dauerschleife ertragen müssen, wie etwa: „Was kann der Sigismund dafür, daß er so schön ist“, nach der Hälfte abgebrochen und wiederholt, oder nach ¾ oder 7/8, gefühlt ewige Mal (oder: „Es muß was Wunderbares sein, von Dir geliebt zu werden.“ Oder: „Die ganze Welt ist himmelblau.“ Oder als Krönung des Ganzen: „Im Salzkammagut, doa kamma gut lustig sein, wenn die Musi spielt, holdrio“), dann werden Sie für jeden Wolkenbruch dankbar, der das unvermeidliche Eintreten des Wahnsinnig-Werdens hinauszögert. Man kann natürlich auch bis nach Mitternacht Mozart hören, falls sich kein Regen einstellen will.

Die Schloßfestspiele führen diesmal folglich „Im weißen Rößl“ auf (etwa 200 Meter entfernt), inzwischen war verregnete Premiere, man weiß ab jetzt also wenigstens, wann Schluß ist. Und damit beenden wir den ersten Teil unserer Nachträge.