Dienstag, 29. Juli 2008

Unfreiwillig verlängerte Fahrradtour

Ich war es leid, verkrampft vor dem Computerbildschirm zu hocken und mir dabei zuzusehen, wie das wenige, was an Geist übrig war, auch noch aus meinem Kopf flüchtete. Wenn schon der Geist tot war, vielleicht sollte der Körper bewegt werden?

Die Hitze ließ nach, es dämmerte, war aber noch hell genug, daß nichts gegen eine kleine abendliche Fahrradtour sprechen konnte. Tatsächlich, ich fahre seit kurzem wieder Rad, teils durchaus unsicher und der Verschleiß wird bei meinem Lebendgewicht (na ja „Lebend“) an dem armen Vehikel auch beträchtlich sein.

Wenn es hier etwas gibt, dann Gegend und stillgelegte Eisenbahnstrecken u.dgl., ich blicke flüchtig auf eine Karte und fahre los. Diesmal nicht zum See, sondern auf das nächste Dorf zu in den Sonnenuntergang. Da ich inzwischen offenbar ein Faible für Untergänge entwickelt habe, erschien mir das ganz passend.

Der vermutete Weg fand sich bald. Fahrradfahren war ausdrücklich erlaubt,



anderen wurden buchstäblich immer wieder Steine in den Weg gelegt.


Ich kam an eine halbverfallene Brücke, die sich über ein kleines Bachtal schlug.


Dahinter Acker und wieder Acker und ein wenig Feldrain.


Ärgerlicherweise ging der Weg in die völlig falsche Richtung. Ich hätte natürlich den Weg zurück nehmen können. Wir nicken verständig, wenn wir hören, man solle einen als falsch erkannten Weg zurückgehen, aber tun wir das auch, natürlich nicht, wir suchen nach Abkürzungen, Ausreden, immerhin war es wohl nicht unbedingt opportun, den Rückweg zu wählen, da es doch inzwischen merklich dunkler geworden war und zur Erinnerung – die Steine.


Ich sah mich also schon in hohem Bogen über das Lenkrad gehen, Schieben? Auf keinen Fall, aber in einiger Entfernung schien sich rechts ein Feldweg abzuzeichnen, zumindest deutete ich so die Linie der Büsche und Bäume und begab mich also notgedrungen auf das Getreidefeld, der Spur folgend, die irgendein landwirtschaftliches Fahrzeug regelmäßig hinterlassen hatte.

Es gab keinen Feldweg, jedenfalls lange Zeit nicht, ich steckte mitten auf einem recht ausgedehnten Weizenfeld, jedesmal, wenn ich glaubte, an einen Weg zu kommen, waren es ein paar Büsche , Sträucher, es wurde dunkler, um mich nur der Geruch von reifem Korn, in der Ferne waren die Lichter des Dorfes zu erkennen, bis zu dem ich eigentlich überhaupt nicht gewollt hatte.

Nach einer eher mühseligen Fahrt über das Weizenfeld (inzwischen in nächtlicher Dunkelheit) kam ich dort endlich an, ich war an der Rückseite des Friedhofs (sic!) gelandet, die Dorfstraße war immerhin zu erkennen, aber es gab keinen einsehbaren Weg am Friedhof entlang ins Dorf, ich bewegte mich an der rückwärtigen Seite diverser Grundstücke vorbei, kein Weg, letztlich schlich ich mich über eines, um zur Straße zu gelangen. Es ist ein eigentümliches Fremdheitsgefühl, ungebeten nachts auf fremdem Grundstück zu spazieren, mir lag unentwegt der Satz auf der Zunge, „ich bin kein Einbrecher“, zum Glück gab es keine Hunde.

Der Rückweg war, abgesehen von einer weiteren mißratenen Abkürzung, kein erhebliches Problem. Nach knapp 2 Stunden war ich zurück, etwas später als geplant. Das Ganze geschah am Sonntagabend.

Ich habe den Weg heute Nachmittag an seinem Beginn etwas rekonstruiert, in Gänze, das wäre wohl doch ein wenig zu ambitioniert gewesen. Das Feld ist inzwischen abgeerntet. Der Rückweg zu Fuß von dem fatalen Abzweigungsort hätte übrigens vermutlich weniger als eine halbe Stunde gedauert.

Die Originalität spontaner Ideen wird häufig entschieden überschätzt.

2 Kommentare:

Greg hat gesagt…

Martin, it sounds like was one of those cases where the journey was more important than the destination. First stones on the bike path, then stones in the cemetary...I'm pleased you found your way back safe and sound.

MartininBroda hat gesagt…

Greg, it was an attempt to find sense in a strange and foolish story.
I had taken a path I did´nt know and was sometimes a little lost in the evening.