Wie ich gerade lese, starb am 21. Juli 1928 Kostas Karyotakis, ein in seiner Heimat offensichtlich sehr beliebter griechischer Dichter, der mir bisher zu meinem offenkundigen Nachteil nicht das geringste sagte:
"Wir werden schlafen süß wie kleine Kinder,
so süß, und über uns im Himmelskreise
verlöschen Irdisches und die Gestirne.
Und wie ein Traum wird uns die Woge streicheln,
und blau wie eine Woge werden Träume
uns Länder zeigen, die es nie gegeben...
Die Rosen regen sich auf ihren Hecken
und kommen, um als Kissen uns zu dienen.
Um unsern Schlaf in Wohlklang zu verwandeln,
verschmähn die Nachtigallen ihren eignen.
Wir werden schlafen süß wie kleine Kinder,
so süß, und alle Mädchen unsres Dorfes
stehn um uns her wie wilde Birnenbäume
und beugen sich und sprechen im geheimen
von goldnen Hütten und von Sonnenstrahlen
am Sonntag, von schneeweißen Blumentöpfen..."
Dieses Gedicht spricht vom Tod und ist in Gänze hier aufzufinden.
Der Nachteil, eine Sprache nicht zu kennen, ist vor allem in der Lyrik schmerzhaft und dennoch, eine meiner sprachlichen Erweckungserfahrungen war das Werk von Odysseas Elytis, als literarischer Nobelpreisträger bekannt:
"O Körper des Sommers nackt verbrannt
Verzehrt von Öl und Salz
Körper des Felsens und Schauer des Herzens
Großes Wehen von Weidenhaar..."
(Körper des Sommers)
"Mitag aus Nacht Und nicht einer bei ihm
Nur seine treuen Worte, die all ihre
Farben mischten um seiner Hand zu
lassen eine Lanze aus weißem Licht..."
(Tod und Auferstehung des Konstantinos Paläologos)
Odysseas Elytis, "Glänzender Tag, Muschel der Stimme" Verlag Volk und Welt, Berlin 1982, in Lizenz aus Odysseas Elytis, Ausgewählte Gedichte, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 1979
Wir leben in einem Zeitalter der Denaturierung, Dinge verlieren ihren Geschmack, Worte ihre Bedeutung, Meinungen ihren Sinn. "Etwas in Frage zu stellen" ist eine der verabredeten Parolen, wenn es gilt, zu bekämpfen, was noch übrig ist.
Und darum bin ich aufrichtig dankbar, wenn es jemandem gelingt, ob als Dichter oder als Nachdichter, die Wirklichkeit dem Nichts zu entreißen, den Zwergenarmeen der Beliebigkeit und des gewalttätigen Geschwätzes zu trotzen und vor allem den Geist und das Sinnliche wieder miteinander bekannt zu machen, etwas, das in anderen Sprachen möglicherweise immer wieder eher gelungen ist als gerade im Deutschen.
Montag, 21. Juli 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen