Großherzogin Marie vor Schloß Rumpenheim, ihrem Geburtsort,
Gemälde von Hofmaler Prof. Georg Kannengießer
Man kann gegenwärtig in Neustrelitz der Großherzogin Marie an 2 ganz unterschiedlichen Orten und in jeweils anders erstaunlicher Weise neu begegnen. In der Stadtkirche und im Kulturquartier. Aber ich will etwas weiter ausholen.
Beginnen wir mit einem Eintrag aus dem „Damen Conversations Lexikon“, Band 7 von 1836:
„Maria Wilhelmine Friederike, Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz, Gemahlin des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, eine Tochter des Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel und der Prinzessin Karoline Polixene von Nassau-Usingen wurde in Rumpenheim, dem nicht weit von Frankfurt, dicht an den Ufern des Mains liegenden Landsitz ihrer Eltern, am 21. Januar 1796 geb. Die ersten Zeiten ihres Lebens brachte sie abwechselnd in der freundlichen Heimath, theils in Frankfurt, theils in dem am Rheine prachtvoll gelegenen Schloße ihrer Großeltern, Biberich, zu, wo ihre Großmutter, die Fürstin von Nassau-Usingen, eine nach alter Weise in strengen Formen erzogene Prinzessin, sich nicht wenig Einfluß auf die Erziehung und das Benehmen ihrer munteren Enkelschaar aneignete, aber doch, bestochen durch die Liebenswürdigkeit derselben, zu mildern Grundsätzen gelangte, als ihr selbst in ihrer Jugend zu Statten gekommen waren.
So entfalteten sich, größtentheils in ländlicher Stille, aber umgeben von liebenden Eltern und Geschwistern, die persönliche Anmuth und die glücklichen Anlagen der Prinzessin. Es konnte daher an fürstlichen Bewerbern nicht fehlen, und am 12. August 1817 schlang sich die bräutliche Myrthe ihre Locken, indem sie dem Großherzoge von Mecklenburg-Strelitz ihre Hand zum ehelichen Bunde reichte.“
Damit hätten wir schon einmal einiges an Biographischem beisammen. Marie Wilhelmine Friederike Prinzessin von Hessen-Kassel wurde durch die Heirat von Georg von Mecklenburg-Strelitz Großherzogin. Sie hatte vier Kinder aus dieser Ehe, nämlich Luise (1818-1842), Friedrich Wilhelm (1819-1904), späterer Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, Karoline Charlotte Marianne (1821-1876), Georg (1824-1876).
Um an ihre früh verstorbene Tochter zu erinnern, rief sie einen der ältesten Kindergärten Deutschlands ins Leben, 1842 die „Kleinkinderbewahranstalt Luisenstiftung“, sie wollte sich den Widrigkeiten des Lebens offenkundig nicht so widerstandslos geschlagen geben; doch hatte sie generell eine Neigung zum Fürsorglichen.
Nach 45 Regierungsjahren verstarb am 6. September 1860 ihr Gatte, Großherzog Georg in Serrahn (seinem gewöhnlichen Sommeraufenthalt). Die Großherzogin folgte ihm erst mehr als zwanzig Jahre später am 30. Dezember 1880, in Neustrelitz. Beide sind in Mirow beigesetzt.
Großherzogin Marie war eine kunstsinnige Frau und begabte Malerin und fand vor allem in Prof. Georg Kannengießer einen sinnverwandten Förderer und Lehrer. Offenkundig war sie auch von ausgeprägtem Realismus, etwa, was die Originalität ihres Könnens betraf, also schuf sie vor allem Nachschöpfungen von Gemälden aus und nach der Renaissance, aber diese eben mit zunehmender Meisterschaft.
Davon ist manches erhalten, vieles ist verschollen oder eher wohl vernichtet; so verbrannte ihre Dürer-Version von „Christus am Kreuz“ in der Johanniterkirche zu Mirow 1945. Dasselbe dürfte von ihren Bildern im Neustrelitzer Schloß, der Orangerie oder im Marienpalais (ihrem Witwensitz) gelten.
Und hier kommt jetzt das Kulturquartier ins Spiel. Dort gibt es nämlich noch bis zum 20. Januar 2019 die Weihnachtsausstellung - „Schenkungen und Leihgaben“. Darin finden sich als neue Dauerleihgaben des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Strelitz Porträts von Familienmitgliedern (2 Gemälde der Königin Charlotte fallen besonders auf, genauer gesagt, ist das eine davon ein ganz rührendes Kinderporträt) und eben mehrere Gemälde, geschaffen von Großherzogin Marie.
Raffael, Hl. Familie, 1518
Louvre, hier gefunden
Die Kopie von 1859 des obigen Abbildes der Hl. Familie von Raffael zieht absolut in den Bann. Es hing einst an der Chorwand links neben dem Altar in der Schloßkirche von Neustrelitz (das eigentliche Altarbild – eine Grablegung Christi von Prof. Kannengießer - ist verloren, ich bilde mir ein, irgendwo gelesen zu haben, die Russen hätten es ´45 zerschossen, kann die Stelle aber gerade nicht wiederfinden).
[Eine erneute Suche nach der Stelle führte zu der Einsicht, daß diese Nachricht falsch war. Es betätigten sich dabei spätere Akteure, wie hier umfänglich nachzulesen.]
Das Gemälde ist eine Leihgabe der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Strelitzer Land und wird gerahmt von zwei Mariendarstellungen aus dem Besitz des Museums, gleichfalls von der Hand der Großherzogin.
Das Merkwürdige an Kopien ist, sie altern. Oft sieht man ihnen die Entstehungszeit an, was den Zeitgenossen vermutlich nicht auffiel, sehen wir heute sofort. Hinzu kommt, daß ihnen nicht selten etwas uninspiriert Pedantisches anhaftet. Und höflich gesagt, wenn man sich die Datierungen bei den Werken der Großherzogin anschaut, spürt man doch auch eine gewisse Entwicklung.
Und bei der Hl. Familie ist das dann überraschend anders, man scheut sich fast, das Bild noch eine bloße Kopie zu nennen. Eher ist es eine wundersam lebendige Nachschöpfung. Denn nicht nur ist diese handwerklich exzellent und keinesfalls konventionell, aus keinem Winkel erscheint sie medioker, sondern aus jedem geradezu alterslos lebendig. Respekt. Und dazu muß man wissen, daß das Bild in einem beklagenswerten Zustand ist, und wir reden nicht von nachgedunkeltem Firnis. Die Abbildung oben steht für das Original aus dem Louvre, bei unserem Bild ist die Leinwand an 3 Stellen aufgerissen, einer geht durch das Gesicht des Johannes-Knaben. Das Bild erscheint aber rettbar, und wir können nur hoffen, daß es dazu, auch ggf. durch Spenden, kommen wird.
Eine dringende Empfehlung also, diese Sonderausstellung zu besuchen, wie gesagt, bis zum 20. Januar 2019 kann sie täglich besichtigt werden.
Wie eine solche Rettung ausfallen kann, läßt sich jetzt in der Stadtkirche bestaunen. Als ich im Juli diesen Jahres 4 Statuen aus der Stadtkirche etwas näher beleuchtete („Glaube, Liebe, Hoffnung & Barmherzigkeit in der Stadtkirche zu Neustrelitz“), mußte ich kurz erwähnen, wie ein offenbar psychisch kranker 29-Jähriger, benebelt von Alkohol und Drogen, dort gehaust hatte.
Die Schäden sind inzwischen behoben, und es kommt einem wieder einmal 1. Mose 50 Vers 20 in den Sinn, nämlich wie sich böse Absichten gegen die Intentionen des Bösewichts richten können („Ihr gedachtet's böse mit mir zu machen; aber Gott gedachte es gut zu machen.“). Auch das Altargemälde hatte Schaden genommen, ebenfalls eine Arbeit der Großherzogin Marie, und jetzt hängt es, wunderbar restauriert, an seinem alten Platz. Und hier können wir froh ausrufen: So wie das Original, das oben abgebildet ist, ganz so stelle man sich jetzt die „Kopie“ vor, nur den prächtigen Goldrahmen muß man sich noch hinzudenken.
Am 22. Dezember werden in der Stadtkirche ab 17.00 Uhr die Kantaten I - III des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Das wäre dann die nächste Gelegenheit, sich von dem oben Genannten selbst zu überzeugen.
Das Merkwürdige an Kopien ist, sie altern. Oft sieht man ihnen die Entstehungszeit an, was den Zeitgenossen vermutlich nicht auffiel, sehen wir heute sofort. Hinzu kommt, daß ihnen nicht selten etwas uninspiriert Pedantisches anhaftet. Und höflich gesagt, wenn man sich die Datierungen bei den Werken der Großherzogin anschaut, spürt man doch auch eine gewisse Entwicklung.
Und bei der Hl. Familie ist das dann überraschend anders, man scheut sich fast, das Bild noch eine bloße Kopie zu nennen. Eher ist es eine wundersam lebendige Nachschöpfung. Denn nicht nur ist diese handwerklich exzellent und keinesfalls konventionell, aus keinem Winkel erscheint sie medioker, sondern aus jedem geradezu alterslos lebendig. Respekt. Und dazu muß man wissen, daß das Bild in einem beklagenswerten Zustand ist, und wir reden nicht von nachgedunkeltem Firnis. Die Abbildung oben steht für das Original aus dem Louvre, bei unserem Bild ist die Leinwand an 3 Stellen aufgerissen, einer geht durch das Gesicht des Johannes-Knaben. Das Bild erscheint aber rettbar, und wir können nur hoffen, daß es dazu, auch ggf. durch Spenden, kommen wird.
Eine dringende Empfehlung also, diese Sonderausstellung zu besuchen, wie gesagt, bis zum 20. Januar 2019 kann sie täglich besichtigt werden.
Raffaello Sanzio da Urbino, Kreuztragung Christi, ca. 1516
Museo del Prado, hier gefunden
Wie eine solche Rettung ausfallen kann, läßt sich jetzt in der Stadtkirche bestaunen. Als ich im Juli diesen Jahres 4 Statuen aus der Stadtkirche etwas näher beleuchtete („Glaube, Liebe, Hoffnung & Barmherzigkeit in der Stadtkirche zu Neustrelitz“), mußte ich kurz erwähnen, wie ein offenbar psychisch kranker 29-Jähriger, benebelt von Alkohol und Drogen, dort gehaust hatte.
Die Schäden sind inzwischen behoben, und es kommt einem wieder einmal 1. Mose 50 Vers 20 in den Sinn, nämlich wie sich böse Absichten gegen die Intentionen des Bösewichts richten können („Ihr gedachtet's böse mit mir zu machen; aber Gott gedachte es gut zu machen.“). Auch das Altargemälde hatte Schaden genommen, ebenfalls eine Arbeit der Großherzogin Marie, und jetzt hängt es, wunderbar restauriert, an seinem alten Platz. Und hier können wir froh ausrufen: So wie das Original, das oben abgebildet ist, ganz so stelle man sich jetzt die „Kopie“ vor, nur den prächtigen Goldrahmen muß man sich noch hinzudenken.
Am 22. Dezember werden in der Stadtkirche ab 17.00 Uhr die Kantaten I - III des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Das wäre dann die nächste Gelegenheit, sich von dem oben Genannten selbst zu überzeugen.
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