Freitag, 27. April 2012

Etwas Barock


Wo ich gerade mit großem Vergnügen in einem Nachdruck über 300 Jahre alter Gedichte lese, wenigstens dies als kleine Probe (der Anfang eines Begräbnis-Gedichts auf einen Herzog von Curland, gest. 26. Juli 1686 vor Ofen):

Dies ist die Nichtigkeit der menschlichen Gedanken!
Wir nehmen in der Welt uns große Dinge vor;
Die Hoffnung reizet uns und schmeichelt unser Ohr;
Die Jugend stecket sich die weitsten Lebens-Schranken.
Die Hoheit der Geburt / das Glücke das uns blüht /
Ist selbsten nicht genug die Ehrfurcht zu vergnügen;
Sie sucht ein höher Ziel / und eh man sichs versieht /
Sieht man nebst unserm Wunsch / uns auf dem Rücken liegen...

Es ist ein langes Gedicht, also enden wir doch besser diesmal mit einem kurzen Gryphius:

Andreas Gryphius 

ES IST ALLES EITEL 

Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden:
Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles dies, was wir für köstlich achten,
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't.
Noch will was ewig ist kein einig Mensch betrachten!

ALL IS VANITY

Look over Earth, you’ll see but vanity at large.
What this man builds today, that man tears down tomorrow;
Where towns are standing now, one soon will see a meadow
On which a shepherd’s boy is playing with his charge.
What swells in gorgeous bloom, will soon be trampled under.
What vaunts and flouts right now, next sun is ash and bone;
Nothing may hope to last, no metal and no stone.
Now fortune smiles at us, in no time troubles thunder.
The fame of noble deeds must like a dream fall past.
So shall the toy of time, this flimsy man, stand fast?
Ah! what is everything, this all we deem sublime,
But dismal nothingness, but shadow, dust and pain;
A meadow flower one can never find again.
Yet not one man will give eternity his time!

4 Kommentare:

Morgenländer hat gesagt…

Da antworte ich doch mal mit einem Gedicht Henry Kings, ein Freund Donnes und Jonsons und von 1642 bis zu seinem Tod im September 1669 Bischof von Chichester:

Sic Vita

Like to the falling of a star,
Or as the flights of eagles are,
Or like the fresh spring's gaudy hue,
Or silver drops of morning dew,
Or like a wind that chafes the flood,
Or bubbles which on water stood:
Even such is man, whose borrowed light
Is straight called in, and paid to night.
The wind blows out, the bubble dies;
The spring entombed in autumn lies;
The dew dries up, the star is shot;
The flight is past, and man forgot.

Anonym hat gesagt…

Really.

MartininBroda hat gesagt…

@Morgenländer: Man dankt :)

MartininBroda hat gesagt…

@Anon what a pleasure following unable comment moderation