Donnerstag, 9. Oktober 2008

Rilke & andere Merkwürdigkeiten



Rainer Maria Rilke


Die Engel

Sie haben alle müde Münde
und helle Seelen ohne Saum.
Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)
geht ihnen manchmal durch den Traum.

Fast gleichen sie einander alle;
in Gottes Gärten schweigen sie,
wie viele, viele Intervalle
in seiner Macht und Melodie.

Nur wenn sie ihre Flügel breiten,
sind sie die Wecker eines Winds:
als ginge Gott mit seinen weiten
Bildhauerhänden durch die Seiten
im dunklen Buch des Anbeginns.


Rainer Maria Rilke

The Angels

They all have lips profoundly tired
and lucid souls without a seam,
and yearning (like a sin desired)
moves sometimes slowly through their dream.

They nigh resemble one another
and walk His gardens silently:
so many intervals that gather
in God's majestic melody.

But only with their wings extending
do they call forth the heaven's gales:
like sculptor God Himself were bending
the pages, and His hands were mending
the book of dark creation tales.

Übersetzung / Translation
von / by Walter A. Aue

Die Dinge sind manchmal sehr seltsam. Da dachte ich gestern Abend, ich hätte zu lange nichts aus der schönen Sammlung des Prof. Aue vorgestellt, die weit mehr ist als eine Zusammenstellung bemerkenswerter Gedichte und ihrer Übersetzung, denn hinzu kommen wundervolle Photographien, Erörterungen über Sprache, Metaphysik, Mentalitäten…

Also brachte ich seine Übersetzung des schönen Gedichts von Emanuel Geibel „Ich sah den Wald sich färben“. In dem Augenblick (auf die Minute), da ich ihm dies anzeigen will, erreicht mich zu meiner völligen Verblüffung seine Mail, er hätte einiges Neues bei Rilke und Geibel (!) hinzugefügt. Leider war sein Postfach offenbar überfüllt, so daß ich nach dem dritten Antwortversuch abgebrochen habe.

Über diese Seite bekommt man schnell einen Überblick über seine Sammlung, besonders beeindruckend empfand ich seine „Beifügungen“ zu Emanuel Geibels „Gute Stunde“ und sehr unterhaltsam seine Überlegungen darüber, was Rilke möglicherweise für Amerikaner interessant macht (samt einem Porträt von Paula Modersohn-Becker und einem Bild von Rilkes Grab).

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