Freitag, 21. Januar 2022

Über den Prinzen Carl & das Ende einer Linie

Ansicht des Schlosses Glienicke vom Babelsberg aufgenommen, Carl Daniel Freydanck, ca. 1838, Bild von hier

Was läßt sich Überwältigenderes, Bleibenderes, Trostreicheres über jemanden sagen, als daß er Schönheit in die Welt gebracht hätte. Wir wissen ja meist nur, was andere berichten. Aber wenn wir wirklich Glück haben, finden wir die noch die unmittelbare Anschauung davon. 

Vor 12 Jahren fragte ich an dieser Stelle, was die Königin Luise denn Bleibendes hinterlassen hätte. Nun, ihre Kinder zuallererst. Recht unterschiedlich begabte, aber immer äußerst charaktervolle Kinder. Die Königin soll gesagt haben, er wäre ihr schönstes Kind. So es stimmt, das hätte er wiedergegeben. 

10. Geburtstag von Kronprinz Friedrich Wilhelm 1805 in Paretz (Gemälde von Heinrich Anton Dähling), stehend zwischen seinem Vater, König Friedrich Wilhelm III., und seinen Brüdern Wilhelm und Karl. An Königin Luise lehnt sich Prinzessin Charlotte, daneben ihre Schwester Alexandrine. Bild von hier

Ich spreche vom Prinzen Carl und von Schloß Glienicke. Er hatte das Landgut bei Potsdam 1824 erworben und sah hier die Möglichkeit, seine Italieneindrücke von 1822 im Märkischen in gestalteten Raum zu verwandeln, das Zusammenwirken von antiker Überlieferung und Formempfinden, Architektur und Skulptur, sprechend zu einer zugeneigten Landschaft.

Potsdam und seine Umgebung sind zuerst Stein gewordene königliche Träume, was immer andere dazugetan haben mögen. Davon ist das Schloß Glienicke ein ganz eigentümlicher Teil. Friedrich Wilhelm IV., dem der Ort vieles zu verdanken hat, unterstützte noch als Prinz den Bruder, der ihm mit Sicherheit nicht im Geringsten an Kunstsinn und Begeisterungsfähigkeit für das bedeutsam Schöne nachstand, dabei, seine „italienische Phantasie" Gestalt gewinnen zu lassen.

Blick von der Römischen Bank auf Schloss Glienicke, Carl Daniel Freydanck, ca. 1845 / 1838, Bild von hier

Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius als Architekten sowie Peter Joseph Lenné als Gartenschöpfer schufen dann eine Synthese von Bauten und Landschaft, die beeindruckt mit ihren Sichtbeziehungen zum weiteren Raum, den vollendeten Proportionen, der sanften Harmonie, beiläufiger Schönheit und anhänglicher Überlieferungsfreude, die sich an den gesammelzen Artefakten zeigt, wie antiken Mosaiken aus Karthago und Marmorfragmenten von antiken Skulpturen und Sarkophagen.

Stibadiumsskizze, Carl Daniel Freydanck, 1847, Bild von hier

Man mag sagen, daß dem Prinzen Carl bei seinen glänzenden Anlagen eine wirklich angemessene Aufgabe verwehrt blieb, was zu einer gewissen Resignation geführt haben kann. Unberechtigterweise, denn immerhin sein Werk Glienicke leuchtet seitdem durch die Zeit. 

Er begründete eine Linie des Hauses Preußen. Am 21. Januar 1883 verstarb Carl von Preußen, Sohn des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise. Diese Linie endete im Mannesstamm mit dem Tod von Friedrich Karl von Preußen am 19. Juni 2006.

Nachfolgend ist der Trauergottesdienst dokumentiert, den Herr Roloff aus diesem Anlaß halten durfte. 

Reiterportrait, Prinz Carl von Preußen, Friedrich Anton Kilp, ca. 1872, Bild von hier


Trauerrede

auf

SKH Prinz Friedrich Karl von Preußen

(13. März 1919 - 19. Juni 2006)


St. Peter und Paul auf Nikolskoe, 13. Juli 2006


St. Peter und Paul bei Nikolskoe, Carl Daniel Freydanck, 1844, Bild von hier

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

„Wer da glaubt, daß Jesus sei der Christus, der ist von Gott geboren; und wer da liebt den, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist.

Daran erkennen wir, daß wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.

Denn das ist die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer,

denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ Amen (1. Joh. 5, 1-4)

Noch einmal klingt sein Name laut durch diese Kirche, die seine Vorfahren zur alleinigen Ehre Gottes aber auch zur Verschönerung der Landschaft hier hoch über den Wassern haben errichten lassen.

Noch einmal klingt sein Name laut in diesem Raum und reiht sich in die Folge der Namen von Königssöhnen, die sich unlöslich verbunden haben mit dem Land, das ihren eigenen Namen trägt und dessen Namen sie tragen.

Noch einmal erklingt sein Name:

Prinz Friedrich Karl Viktor Stephan Christian von Preußen.

...und verklingt.

Er führte das Prädikat „Königliche Hoheit“ und hat nun abgelegt alles, was von Hoheit an ihm war und was königlich gewesen, das ist nun fern.

Wappen von Prinz Friedrich Karl von Preußen als Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, Bild von hier

Wir haben uns versammelt um das herum von ihm, das sterblich war und wollen Abschied von ihm nehmen hier an dem Ort, der wie kaum ein anderer mit seinem Zweig der Familie verbunden war, der nun mit ihm erlischt.

Als Friedrich Karl von Preußen am 13. März 1919 in Glienicke geboren wird, ist die Monarchie bereits zerstört.

Von Anfang an zeugte also schon sein Name von einer anderen Welt, von vergangener Zeit. Das Oberhaupt der Familie war im Exil, das Land zerrissen, die Gefahren längst nicht gebannt. In allem drückte sich aus, dass diese Welt noch weniger Heimat sein konnte als jemals und auch ein königlicher Prinz nur ein Wanderer ist, ohne bleibende Stadt. Ist dort schon die Ursache zu suchen für das Unbeständige, das sein Leben immer wieder tragisch überschattete?

Friedrich Karl war gerade acht Jahre alt, als er seinen Vater, Friedrich Sigismund, einen erfolgreichen und bewunderten Reiter, der unser Land bei der Olympiade in Amsterdam vertreten sollte, durch einen Unfall verlor.

Der Vater hatte im Sport einen Weg gefunden, seinem Land zu dienen, seiner Familie Ehre zu machen und sich selbst Ziele zu setzen. Gerade hatte er seiner Familie ein Haus am Lehnitzsee erworben, konnte es selbst aber nicht mehr beziehen.

Wir haben hier keine bleibende Stadt.

St. Peter und Paul in Berlin-Wannsee. Kolorierte Lithographie, ca. 1850, Bild von hier

Es war nun die Mutter allein, die ihre beiden Kinder mit der Liebe einer Frau aufzog, die leider auch viel zu früh sterben musste. Seit 1938 waren beide Kinder Waisen.

Im II. Weltkrieg diente Friedrich Karl als Oberleutnant, bis er im August 1943 in Folge des so genannten „Prinzenerlasses“ aus der Wehrmacht entlassen wurde. Damit war ihm die Möglichkeit genommen, dem zu entsprechen, was der Herzog von Braunschweig schon im I. Weltkrieg durch die Worte beschrieben hatte: „Für uns Fürsten ist das einzige, was wir für die braven Leute tun können, das, dass wir mit ihnen leiden, bei ihnen sind, ihnen zeigen, dass wir auch wie sie von allem fern bleiben müssen und können.“

Ein Studium der Forstwirtschaft folgte und verschaffte Friedrich Karl zumindest Möglichkeiten, um in der Heimatlosigkeit, die dem Zusammenbruch folgte, wieder Fuß zu fassen. Nachdem er 1961 Lady Stuart geheiratet hatte, hätte eigentlich sogar doch noch ein schönes Leben beginnen können.

Es war ihm nicht vergönnt.

Ein grauenhafter Unfall entriss ihm die geliebte Frau. Auch die Geburt als Prinz verschafft kein Anrecht auf Glück. Friedrich Karl ging für einige Jahre nach Afrika. Er erlebte das Scheitern einer zweiten Ehe, bevor er sich für seine letzten Jahre auf die spanischen Balearen zurückzog.

Von dort ist er nun hierher heimgekehrt. Als den letzten Herrn auf Glienicke werden wir ihn anschließend auf dem Prinzenfriedhof beisetzen, auf dem auch schon seine Eltern ruhen.

Sein Leben, wie auch sein Leib sind nun zu Asche verbrannt. Mehr wäre also nicht zu sagen, wenn er nicht getauft wäre in Jesus den Christus, denn dadurch ist er von Gott geboren.

Gott prüft uns in unserem Leben, zuweilen entreißt er uns was wir lieben, zuletzt ruft er uns selbst aus dieser Welt, aber niemals verlässt er uns.

Durch diese Liebe zu einem Gott, der uns nicht verlässt, ertragen wir die Verlassenheit. Die Verlassenheit, die uns in dieser Welt befällt, wird zur Gnade, weil sie uns zu jeder Zeit in Erinnerung ruft, dass wir auf dieser Welt nicht ganz zu Hause sind, sondern die künftige suchen.

Das Leid, das wir zu tragen haben, bleibt nicht sinnlos, weil es uns Anteil nehmen lässt am Leid der Mitmenschen und am Leid Christi. Die Ruhelosigkeit wird zum Zeichen für alle, weil sie kündet von der Ruhe, die wir eben nur finden können bei Gott.

Wie verwandelt ist nun unser Blick auf Friedrich Karl. Das was für ihn schwer zu tragen war, wird uns zum Zeichen.

St. Peter und Paul - Schnitt Altarnische, Bild von hier

Die ganz selbstverständliche, keine Grenzen kennende, universale und kosmopolitische Wirklichkeit seiner Familie ist etwas, um das die Völker heute wieder ringen, nachdem sie ihren Wert so lange gering geschätzt haben.

Die Bedeutung der großen Familien ist doch auch darum gesunken, weil das Bewusstsein von der Einheit, Gemeinsamkeit und von dem Wert der Geschichte geschwunden ist. Wir alle werden diese Gewissheit aber nur wiederfinden in dem Glauben, der Menschen und Völker untereinander verbindet und auch zu dem Gott führt, der in Christus alles niederreißt, was uns trennen will und sei es der Tod.

In diesem Glauben hat Friedrich Karl gestanden und nun alle Hoheit und alles Königliche abgelegt, in das die Welt ihn gestellt hat, und das sie doch nicht erfüllen konnte.

Von diesem Tag an kündet aber die Kirche hier hoch über den Wassern auch von seinem Leben und von dem Leid, das ihn heimgesucht hat, denn er ist nun aufgehoben in die Verheißung: Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. In diesem Sieg werden ihm Hoheit und Königlichkeit zu Teil, die unvergänglich sind.

Amen


Lasset uns beten:

Herr, unser Heiland,

du kommst zu uns mit unergründlicher Liebe

und gibst uns den Frieden, der höher ist als alle Vernunft.

Amen

St. Peter und Paul in Berlin, Christus, Bild von hier

nachgetragen am 23. März 2022


Donnerstag, 6. Januar 2022

Wie die drei Magier aus dem Morgenlande heilig wurden

 

Dreikönigenschrein, Kölner Dom, hier gefunden

Wenn jemand nur beharrlich und lange genug wartet, wird er mitunter darüber sogar heilig. So geschah es den drei Königen aus dem Morgenland, von denen das Evangelium zunächst nur weiß, sie seien Magier gewesen, die einem Stern gefolgt wären, der sie schließlich in einen Stall geführt hätte. In den Stall, von dem die Rettung der Welt ausging.

Sie kehrten in ihre Heimat zurück und warteten dort und wurden darüber alt. Dann aber kam der Apostel Thomas, bekannt als der ungläubige Apostel. Den hatte es nach Indien verschlagen (wo er auch sein Martyrium fand, nämlich bei hundeköpfigen Menschen). Das wiederum wissen wir aus anderen Quellen.

Über eine solche schrieb Goethe 1819 enthusiastisch: „Mag es sein, daß die Überraschung dieses Fundes mich dafür einnimmt; Geschichte, Überlieferung, Mögliches, Unwahrscheinliches, Fabelhaftes mit Natürlichem, Wahrscheinlichem, Wirklichem bis zur letzten und individuellsten Schilderung zusammengeschmolzen, entwaffnet wie ein Märchen alle Kritik. Genug, ich meine nicht, dass irgend etwas Anmuthigeres und Zierlicheres dieser Art mir in die Hände gekommen wäre. ... Ich wüßte kein Volksbuch, neben dem dieses Büchlein nicht stehen könnte.“ 

Peter Paul Rubens: Anbetung der Magier, zwischen 1628 und 1629, hier gefunden

„Drei ernste Könige mit Gefolg’ und Schätzen nach Belieben, herrliche Mutter und Kind mit ärmlicher Umgebung, fromme tüchtige Ritter, elftausend hübsche Mädchen – das ist doch ein Element, worin der Künstler sich ergehen und fromm mit den Fröhlichen sein kann.“ 

Er war auf die Dreikönigslegende gestoßen - „Historia Trium Regum“ des Johannes von Hildesheim von 1364, geschrieben zum 200. Gedenktag der Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln. 

Giovanni Battista Cima, St. Helena v. Konstantinopel, 1495 

Johannes von Hildesheim ist es, der uns berichtet, die Könige seien eben nicht nur zurück nach Hause gezogen, sondern der Apostel Thomas habe sie nach ihrem langem Warten getauft und zu Erzbischöfen geweiht.  Ihre Reliquien werden nach Jerusalem gebracht, wo die Kaisermutter Helena sie später wiederfindet und nach Konstantinopel verbringt, von wo sie noch später nach Mailand gelangen.

Heilige Helena über dem rechten Portal der Nordfassade der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, hier gefunden

Übrigens, daß es 3 Magier gewesen sein müssen, darauf stieß der Kirchenvater Origenes (†253), er schloß es aus der Dreizahl der Geschenke. Und Tertullian († (nach) 220) war sich unter Ansehung von Psalm 72,10 und Jes. 60,3 sicher, daß es Könige waren.

Anschließend bringe ich einen Auszug aus der Legende, der das obige ausführlich schildert. Wo Auslassungen angedeutet sind, darf man davon ausgehen, daß Bekehrungen, Heilungen und Austreibungen weggelassen wurden. Einmal wird nämlich wieder und wieder geschrieben, daß sie geschahen und dann noch, daß jemand davon hörte etc. etc., es hat etwas von einem Kehrreim und wird auf die Dauer doch zu monothematisch.

Aber ein anderes fand ich an der Legende noch bemerkenswert: Nicht nur die heiligmäßige Geduld der Könige, sondern auch, daß sie zunächst ja verehrten, von dem sie gar nicht genau wußten, was es war, sondern nur auf Grund ihres Berührt-Seins hatten sie die Gewißheit von etwas Außerordentlichem. Und so wurde ihre Geduld mit der Deutung des Zeichens gekrönt.

Church of the Good Shepherd (Rosemont, Pennsylvania), ca. 1896, hier gefunden

Es folgt der Text:   

"Da Sankt Thomas in Indien das Evangelium des Herrn treulich verkündigt hatte, und alle Lande und Inseln umwandert, und die bösen Geister mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes vertrieben, und mancherhand Seuchen und Krankheiten geheilt, und Gott durch ihn daselbst viel Wunder gewirket, und viel Volks zu dem rechten Glauben bekehrt, wie er nun in allen Tempeln der Abgötter den Stern fand, mit dem Kindlein und dem Zeichen des heiligen Kreutzes, so wie es die drei Könige in allen ihren Landen und Reichen und Tempeln hatten machen lassen, als sie aus Bethlehem zurückgekehret waren: - Da fragte Thomas, und lernete von den Priestern der Tempel und der Abgötter, wie es wäre um den Stern. 

Sant'Apollinare Nuovo, Ravenna, die drei Weisen, etwa 526 n. Chr., hier gefunden

Die sprachen, daß vor langen Zeiten ein solcher Stern mit diesen Zeichen auf dem Berge Vaus wäre gesehen worden, anzudeuten, daß der König der Juden geboren sey, wie denn eine Stimme davon aus dem Stern selbst gehört worden; und deßwegen seyen die drei Könige gewandert, und hätten das neugeborne Kind gesucht, es anzubeten, und ihm zu opfern; und seyen wunderbarer Weise in dreizehn Tagen ohne einige Fährlichkeit nach Bethlehem gekommen, aber mit vieler Arbeit binnen zweier Jahre in ihre Lande und Reiche zurückgekehrt. Und alles, was diesen drei Königen widerfahren war, und was sie gesehen, und gehört, und gethan, das verkündigten Alles dem Apostel Thomas diese Priester.

Sant'Apollinare Nuovo, Ravenna, die drei Weisen, hier gefunden

Als alles dieses Thomas hatte gehört, da ward er sehr erfreuet, und ward mehr erfüllt mit dem heiligen Geiste; hub an und predigte den Priestern der Abgötter, und den Heiden, mit brennendem Herzen unsers Herrn Jesu Christi Kindheit, und Gottheit, und Menschheit, und Marter, und Auferstehung, wie er sie, ungläubig mit den Händen gegriffen und also erfahren. Das alles verkündigte und predigte er ihnen getreulich. Und mit der Gnade des heiligen Geistes thät er viele Zeichen und bekehrte diese Priester der Abgötter und viel Volks durch Wunder und Lehre zum Glauben, und taufte sie, und deutete ihnen das Zeichen des heiligen Kreutzes und des Sternes, und des Kindes, das ihre Könige gesucht hatten, und es mit Opfern angebetet…

Aber aller Lande Völker, durch welche Thomas durchzog, als sie seinen Leumund vernommen, strömten sie herbei, und brachten zu ihm allerlei Kranke und gebrechliche Leute, und die von bösen Geistern besessen waren; und was sie auch für Seuche hatten, die machte er alle gesund in dem Namen des Kindes und mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes; und bekehrte sie zu dem Glauben, und taufte sie. Und dieselben, die also geheilt und getauft wurden von Sankt Thomas, die thaten auch Zeichen in den Landen, da Thomas nicht hinkommen konnte, und machten da andere Leute gesund von mancherhand Seuchen und Krankheiten.

El Greco  (Domenikos Theotokópoulos), der hl. Apostel Thomas, zwischen 1610 – 1614, hier gefunden

… da kam er [St. Thomas] endlich auf Gottes Wink in die wahren Reiche der drei Könige, die dem Herrn Jesu in seiner Kindheit die Opfer dargebracht. Und er fand diese Könige noch im Leibe lebend und gesund; aber sie waren zumal alt und hinfällig, und hatten geharret nach Art des gerechten Simeon. Denn Gott hatte ihnen im Geiste kund gethan, daß sie nicht sterben sollten, sie wären denn vorher durch die heilige Taufe und den Geist wiedergeboren, und würden vollkommener unterweiset von dem Kinde Jesu, das sie gesucht hatten, und ihm ihre Opfer dargebracht und es angebetet.

Als nun diese drei Könige von allen Leuten höreten, daß in ihre Lande und Reiche ein Mensch kommen wäre, der heiße Thomas, der predigte offenbarlich das Kind, das sie gesucht und angebetet hatten über langen Jahren… da machten sich diese drei Könige – obwohl sie alt und hinfällig waren – mit einemmal fertig zur Reise samt allen Königen, Fürsten und Edeln, die in ihrem Lande waren, und mit allem Volk ihrer Reiche, und kamen zu dem heiligen Thomas. Die empfieng Sankt Thomas mit großer Freude, belehrte und unterweisete sie in allen Dingen, die Jesus in seiner Kindheit, Gottheit und Menschheit hatte gethan und gelehrt, und zeigte ihnen seine Marter und seine Auferstehung (wie er, ungläubig, sie mit seinen Fingern begriffen hätte) aus den heiligen Schriften und Propheten, und belehrte sie vollkommen. 

Caravaggio: Der ungläubige Thomas, ca. 1601-1602, hier gefunden

Und so hat er die drei Könige mit all ihrem Volke durch die Gnade des heiligen Geistes getauft; da wurden die Könige mit dem Feuer des heiligen Geistes erfüllt, und kamen dem Apostel in der Predigt des göttlichen Wortes zu Hülfe, und verkündigten allen Völkern, Stämmen und Zungen, die da zusammengekommen und zugegen waren, vom Anfang bis ans Ende Alles, was sie gesehen und gehört hatten, und ihnen widerfahren war, als sie Jesum in seiner Kindheit zu Bethlehem mit ihren Opfern gesucht und angebetet. Das alles setzten sie demüthiglich und getreulich auseinander, und predigten es offenbar. Und Alles, was die Könige predigten und verkündigten, das bestätigte und erläuterte Thomas aus der heiligen Schrift. Und umgekehrt, Alles, was Thomas, von der Marter, Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn, den Völkern verkündigte, das haben die drei Könige mit seiner heiligen Kindheit bestätigt, die sie mit ihren eigenen Augen geschauet hatten.

James Tissot: Die Magier unterwegs, zw. 1886 – 1894, hier gefunden

Da fuhren die ruhmwürdigenKönige mit dem seeligen Thomas, und mit all ihrem Volke und Geleite auf den Berg Vaus; und die Capelle auf diesem Berge, mit dem Stern, mit dem Zeichen des Kreutzes, die zur Ehre des Kindes gebaut war, dessen Stern über dem Berge erschienen, die weihete Thomas selber ein, und begann von neuem allem Volke nach der Ordnung zu predigen, wie dieses Kind mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes, wie es sich in dem Sterne geoffenbart hatte, für das Heil der Menschen sich williglich ans Kreutz ließ hängen: und es ward eine große Freude unter dem Volk; also daß die Menschen beiderlei Geschlechts, Junge und Erwachsene, die da nicht waren in dem Geleite der Könige, von den fernsten Landen auf diesen Berg Vaus und zu der Kapelle in großer Frömmigkeit zusammen kamen; und aus solcher Innigkeit bauten die drei Könige an dem Fuße des Berges Vaus eine sehr große und edle Stadt, und statteten sie mit vielem Reichthum aus, und nannten die Stadt Skulla, die noch die reichste und größte Stadt in allen Landen Indiens ist, bis auf den gegenwärtigen Tag. Und in dieser Stadt ist die Wohnung des Priester Johannes, der nun Herr ist über Indien, und Thomae Patriarchen von Indien.

Als nun Thomas in allen Landen alles Volk zum Herrn bekehrt und getauft hatte, da weihte er auch diese drei ruhmwürdigen Könige zu Erzbischöfen; und als sie zu Erzbischöfen geweihet waren, lasen sie andre Bischöffe und Aelteste von allem Volke aus, und verordneten sie; und weihten alle Tempel der Abgötter zur Ehre Gottes und seiner Mutter Maria. Und allen diesen, und andern Dienern schenkten sie reichlich Güter und Besitzungen. 

Sankt Thomas aber lehrte die drei Könige, und die Erzbischöfe und andre Bischöfe, und Aelteste die Ordnung der Messe, und die Worte, die Christus bei dem Abendmahle sprach, als er seinen Leib und sein Blut weihete, und das Gebet des Herrn; und in allem diesem unterrichtete er sie treulich: namentlich, wie man sollte taufen; und mahnte sie, daß sie ja nicht auf irgend eine Weise vergäßen der heiligen Taufe. 

Dieses gebot Sankt Thomas allem Volke, das da zu Gottes Dienste bekehrt und getauft war; und nachdem er sie alle Dinge gelehrt, und Alles, was zum Dienste des wahren Gottes gehört, wohl verordnet hatte, da machte er sich auf zu dem obersten Indien, um den christlichen Glauben zu predigen, und den Samen des heiligen Evangeliums zu säen. Und allda hat er viel Volks bekehrt, und viele Wunder gewirket; da empfieng er die Krone der heiligen Märtyrer, und hat sein Leben löblich geendet, wie in seiner Passion geschrieben stehet.

Und alles Volk, Frauen und Männer, in dem Lande da Sankt Thomas ward gemartert, haben Häupter wie Hunde, nur daß sie nicht rauch sind, bis auf den gegenwärtigen Tag. Denn in einem jeglichen Lande und jeglicher Insel in Indien, sind in allwege sonderliche Leute, auch seltsame Kräuter und Thiere, und viele Wunder, davon zu sprechen allzu lange wäre.“

Basilika St. Thomas in Chennai-Mylapore über dem ursprünglichen Grab des Apostels, hier gefunden

nachgetragen am 29. Januar

Montag, 3. Januar 2022

Großherzog Georg und Goethens Uhr

Großherzog Georg von Mecklenburg (-Strelitz)

Dinge verbinden uns oft in besonderer Weise mit unserem Lebensfaden. Und auch der allfällige Einwand der Vergänglichkeit behält dagegen nicht selten nur seine kleine begrenzte Wahrheit. 

Mit wieviel Takt und Einfühlungsvermögen unser Großherzog Georg Goethe zu erfreuen wußte, mit dem ihn nicht nur ein reger Briefwechsel, sondern wirkliche Wertschätzung verband, zeigt diese Geschichte aus der Gartenlaube von 1863 von Eduard Schmidt-Weißenfels, die ich gerade eben fand. Ich bringe sie gekürzt. Wer das Original sucht, begegnet ihm hier.

„Karl August’s fünfzigjährige Regierung war eben erst glänzend und herzlich vom weimar’schen Volke gefeiert worden, als sich die Elite der Dichterstadt und des deutschen Landes anschickte, Goethe’s goldenen Jubeltag als Dichterfürst und Dioskur des Großherzogs von Weimar zu feiern. Am 7. November 1825 waren es fünfzig Jahr, daß Goethe in jugendlicher Kraft und geschmückt mit den ersten Kränzen dichterischen Ruhmes in Weimar eingetroffen; an diesem Tage sollte die Jubelfeier stattfinden. Der Großherzog Georg Friedrich von Mecklenburg-Strelitz war einer der eifrigsten unter den deutschen Fürsten, seine Verehrung für Goethe an diesem Festtage in sinniger Weise an den Tag zu legen...

Georg Friedrich hat seinem Lande...  viel Wohltaten erwiesen... Ein braver Herr, der mit Recht als ein Landesvater galt und dem man es nicht nachtragen konnte, daß er als siebzigjähriger Greis sich nicht gut in die neue Zeit von 1848 finden konnte, war er ein Freund der Literatur und der Kunst und liebte es, sich auch als solchen zu zeigen. Er starb fast achtzigjährig erst 1860, geehrt als einer der besten der alten Patriarchenfürsten unter den gekrönten Häuptern Europas.

In aufrichtiger Verehrung für Goethe sann Georg Friedrich vergeblich darüber nach, wie er dieselbe an dem goldenen Jubeltage bezeigen könne. Er war nicht von den Fürsten, die da meinen, mit einem Orden tue er schon einem solchen Manne gegenüber das Möglichste...

Der Großherzog fand endlich den Weg, um das zu erreichen, woran ihm lag: ein würdiges Geschenk für den Jubeldichter. Die Mutter Goethe’s, die herrliche ‚Frau Rath‘ von der ihr Sohn die Frohnatur und die ‚Lust zu fabulieren‘ geerbt, war schon 1808 gestorben; der Vater gar schon 1782. Die Wirtschaft der Eltern hatte längst ihre Auflösung erhalten; diese und jene Freunde in Frankfurt besaßen etwas davon; das Meiste war verkauft worden...

Georg von Mecklenburg empfahl nun seinem Geschäftsträger in Frankfurt am Main dringend an, irgend ein Stück von der Wirtschaft des Goethe’schen Hauses wieder zu erwerben, womöglich geeignet, in dem greisen Dichter eine recht lebhafte Erinnerung an seine schöne Jugendzeit zu erwecken...

Was sich fand und echt war, konnte selten als ein für Goethe besonders interessanter Gegenstand angesehen werden, war kaum in eine Beziehung zu seinem Kindesleben im Elternhause zu setzen. Doch die ernstlich betriebene Nachforschung lohnte sich zuletzt in besserer Weise, als man hoffen konnte, nachdem die Wirtschaft seit siebzehn Jahren auseinander gerissen war. Man fand die große, alte Schlaguhr mit dem stattlichen Gehäuse, die in der Familienstube des Ratsherrn Goethe zu Frankfurt gestanden hatte.

Welcher Gegenstand konnte wohl geeigneter sein, auf Goethe den beabsichtigten Eindruck hervorzubringen, als diese tagtägliche Mahnerin seiner Jugend, diese Gebieterin des pedantisch geordneten Hauswesens der Eltern, nach deren Fingerzeig und ewig gleichmäßigem gravitätischem Stundenschlag Alles geregelt war? Der Großherzog war höchst erfreut über diesen Fund...

Der Großherzog hatte die Bitte ausgesprochen, die Uhr derart aufzustellen, daß ihr Schlag zu gewohnter Stunde womöglich den greisen Dichterfürsten erwecke. Abends vor dem Jubeltage ward nun die Uhr, ohne daß Goethe es ahnte, in sein Haus gebracht. Während er schlief in jenem kleinen, schmalen Zimmer neben dem einfachen Arbeitskabinett, stellte der treue Diener Friedrich sie an die schmale Fensterwand des kleinen Vorzimmers...

Um fünf Uhr des Morgens pflegte Goethe regelmäßig zu erwachen; auf ein paar Minuten vor fünf wurden die Zeiger der ehrwürdigen Uhr gestellt. Im richtigen Augenblick, am andern Morgen, sollte der Diener den Pendel in Bewegung setzen. Goethe lag in ruhigem Schlummer... Plötzlich hebt im Vorzimmer schnarrend die Uhr aus, und durch die tiefe Stille tönt ein sonorer, lang aussummender Schlag. 

Der Dichter horcht, noch im Schlafe, auf. Träumt er, daß er im Elternhause sei und die alte Uhr wieder vernehme, ihren Stundenschlag, der ihn in erster Jugendliebe zu Gretchen getrieben und später zu Lili? - Wieder klingt der Ton an sein Ohr. Nein, das ist kein Traum! Goethe hebt sich hoch auf in seinen Kissen; er fühlt, daß er wacht. Ein dritter Schlag folgt, ein vierter, ein fünfter. 

Der Dichter lässt ihn verklingen; ein Wonnegefühl presst ihm das Herz zusammen, und er lauscht begierig dem Auszittern der Tonwelle, bis sie stirbt. Dann zieht er die Klingel an seinem Bett, und als der wartende Diener hereintritt, ruft er ihm wie jubelnd zu: ‚Friedrich! Friedrich! Was war denn das? Ich hörte eben die Uhr aus meinem Elternhause schlagen.‘

Der Diener nickte lächelnd mit seinem Haupt und wies mit der Hand nach dem Vorzimmer... Mit einem Sprung war der rüstige Greis aus dem Bett, und kaum mit dem Nötigsten bekleidet, eilte er nach dem Vorzimmer, in dem er, von ein paar Lichtern erhellt, die Uhr aus dem Elternhause am Hirschgraben in Frankfurt erblickte. Ein paar Tränen der Rührung traten in seine großen blauen Augen; lange stand er vor der Uhr und horchte auf ihr gravitätisches Tiktak, auf diesen Herzschlag der elterlichen Wohnung. Eine Flut von Erinnerungen durchströmte seine Brust; eine Seligkeit kam über ihn, die keine Worte fand. 

Es erstand vor seinen Augen das Bild des gestrengen Vaters, der schönen, herzigen Mutter, der geliebten, nun auch längst gestorbenen Schwester Cornelia; er sah in Gedanken die Uhr an ihrem alten Platze in der Familienstube, daneben den großen, schweren Sorgenstuhl, den der Vater zuweilen Abends einnahm, in dem er manches Mal gesessen und das Haupt geschüttelt, wenn sein Sohn ihm von dem Universitätsleben in Leipzig und Straßburg mit übermütigem Frohsinn erzählte, und die Mutter währenddessen am großen Eßtisch in der Mitte des Zimmers ihrem Platz hatte, mit einer Handarbeit beschäftigt und stolz lächelnd ihren Wolfgang von der Seite betrachtend. 

Wenn dann diese selbe Uhr mit diesem selben Schlag die Stunde anzeigte, in der pünktlich die Betten aufgesucht wurden, stieg Goethe nach seiner Dachstube hinauf und wartete gewöhnlich ab, bis die Alten zur Ruhe gegangen waren. Dann schlich er leise die Treppe wieder hinab, öffnete das Haustor, und nun ging’s fort zu den lustigen Genossen, um mit ihnen den Abend und die halbe Nacht zu verjubeln. Ein Bild dieser Erinnerungen an die wilde Zeit seiner Jugend reihte sich schnell an das andere; der Greis schwelgte in dieser Fata morgana, bis ein neuer Schlag der Uhr sie wie durch Zauber verscheuchte und ihn an die Wirklichkeit mahnte. 

Schon dämmerte der Tag, und wie gewöhnlich öffnete der Dichter die Fenster seines Schlafzimmers. Liebliche Morgenmusik begrüßte ihn aus seinem Garten - die Feier seines goldenen Jubeltages, wie sie vom Großherzog Karl August angeordnet war, hatte damit ihren Anfang genommen. 

Bald darauf waren alle Wagen der Stadt in Bewegung, alle angesehene Leute auf der Wallfahrt nach des Dichters Hause. Deputation folgte auf Deputation, um ihm Diplome, Medaillen, Ehrengeschenke und dergleichen zu überreichen; der Großherzog und seine Gemahlin besuchten ihn und widmeten ihm eine Stunde; es kamen die Mitglieder der großherzoglichen Familie, die Minister, die höchsten Beamten des Landes, die ersten Damen von Weimar, um der Enthüllung der schönen Büste Goethe’s in seinem eigenen Hause beizuwohnen. Ein großes Festessen im Rathhaussaale fand ihm zu Ehren statt; am Abend wurde seine „Iphigenia“ aufgeführt und der Dichter beim Eintritt in die Loge mit begeistertem Zuruf empfangen. 

Noch ehe er, kränklich etwas und ermüdet von dem Wirrwarr des Tages, sich zur Ruhe begab, brachte ihm die großherzogliche Kapelle eine Abendmusik; die Fenster aller Häuser am Frauenplan waren erleuchtet; in seinen Prunkzimmern feierte ihn eine zahlreiche Gesellschaft. Zahllose und kostbare Geschenke waren in seinem Hause aufgestapelt, aber das teuerste von allen blieb doch die alte Uhr aus seinem Elternhause. 

Der schöne Tag war reich an Huldigungen und Überraschungen, doch die sinnigste unter allen war für ihn die, welche der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz ersonnen hatte. Noch als er an jenem Jubeltag ins Bett ging, sprach er mit Entzücken von der ersten Begrüßung... Er lauschte so lange, bis er diese lieben Töne noch einmal hörte; dann schloß er die Augen... 

Johann Josef Schmeller: Goethe seinem Schreiber John diktierend, 1834, hier gefunden

Samstag, 1. Januar 2022

Zum Neuen Jahr


Zuerst - unter dem huldvollen Bild des Großherzogs Georg vor der Neustrelitzer Schloßkirche - dem geneigten Leser meine aufrichtigen Wünsche für ein

Erfreuliches und heilsames Neues Jahr!

Was schreibt man zum neu angebrochenen? Aus lauter Verlegenheit habe ich mich entschieden, einfach 3 Stimmen zu versammeln. Zunächst ein Gedicht von Rudolf von Gottschall, mit dem er das neue Jahrhundert, sprich das 20. im Überschwang hoffnungsfroh gestimmter Begeisterung begrüßte. Für mich ein Musterbeispiel, wie man mit seinen Erwartungen, so begründet sie in der Zeit erscheinen mögen, irren kann. So etwas geschieht immer wieder und wird auch dem Erdenwinkel, den wir bewohnen nicht erspart bleiben. Das wäre also der rosarote Wimpel. 

Der nächste ist ein recht düster-schwarzer. Aber es ist ein schönes Gedicht und ein nachdenkenswertes. Offen gestanden taucht es vor allem auf, weil mir beim Anblick des zugesellten Bildes genau die letzte Zeile einfiel.

Das versöhnliche Ende macht dann Wilhelm Busch mit seinem hintersinnigen Humor. 




Andreas Gryphius. 

Menschliches Elende


Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmertzen.

Ein Ball deß falschen Glücks / ein Irrlicht dieser Zeit.

Ein Schauplatz herber Angst / besetzt mit scharffem Leid /

Ein bald verschmeltzter Schnee und abgebrante Kertzen.


Diß Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Schertzen.

Die vor uns abgelegt deß schwachen Leibes Kleid

Und in das todten-Buch der grossen Sterbligkeit

Längst eingeschrieben sind / sind uns auß Sinn und Hertzen.


Gleich wie ein eitel Traum leicht auß der acht hinfällt /

Und wie ein Strom verscheust / den keine Macht auffhält:

So muß auch unser Nahm / Lob Ehr und Ruhm verschwinden /


Was itzund Athem holt / muß mit der Lufft entflihn /

Was nach uns kommen wird / wird uns ins Grab nach zihn

Was sag ich? Wir vergehn wie Rauch von starken Winden.


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Wilhelm Busch

Der fliegende Frosch

Wenn einer, der mit Mühe kaum 

Gekrochen ist auf einen Baum,

Schon meint, daß er ein Vogel wär,

So irrt sich der. 


Busch - Zeichnungen hier gefunden

nachgetragen am 2. Januar