Donnerstag, 6. Januar 2022

Wie die drei Magier aus dem Morgenlande heilig wurden

 

Dreikönigenschrein, Kölner Dom, hier gefunden

Wenn jemand nur beharrlich und lange genug wartet, wird er mitunter darüber sogar heilig. So geschah es den drei Königen aus dem Morgenland, von denen das Evangelium zunächst nur weiß, sie seien Magier gewesen, die einem Stern gefolgt wären, der sie schließlich in einen Stall geführt hätte. In den Stall, von dem die Rettung der Welt ausging.

Sie kehrten in ihre Heimat zurück und warteten dort und wurden darüber alt. Dann aber kam der Apostel Thomas, bekannt als der ungläubige Apostel. Den hatte es nach Indien verschlagen (wo er auch sein Martyrium fand, nämlich bei hundeköpfigen Menschen). Das wiederum wissen wir aus anderen Quellen.

Über eine solche schrieb Goethe 1819 enthusiastisch: „Mag es sein, daß die Überraschung dieses Fundes mich dafür einnimmt; Geschichte, Überlieferung, Mögliches, Unwahrscheinliches, Fabelhaftes mit Natürlichem, Wahrscheinlichem, Wirklichem bis zur letzten und individuellsten Schilderung zusammengeschmolzen, entwaffnet wie ein Märchen alle Kritik. Genug, ich meine nicht, dass irgend etwas Anmuthigeres und Zierlicheres dieser Art mir in die Hände gekommen wäre. ... Ich wüßte kein Volksbuch, neben dem dieses Büchlein nicht stehen könnte.“ 

Peter Paul Rubens: Anbetung der Magier, zwischen 1628 und 1629, hier gefunden

„Drei ernste Könige mit Gefolg’ und Schätzen nach Belieben, herrliche Mutter und Kind mit ärmlicher Umgebung, fromme tüchtige Ritter, elftausend hübsche Mädchen – das ist doch ein Element, worin der Künstler sich ergehen und fromm mit den Fröhlichen sein kann.“ 

Er war auf die Dreikönigslegende gestoßen - „Historia Trium Regum“ des Johannes von Hildesheim von 1364, geschrieben zum 200. Gedenktag der Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln. 

Giovanni Battista Cima, St. Helena v. Konstantinopel, 1495 

Johannes von Hildesheim ist es, der uns berichtet, die Könige seien eben nicht nur zurück nach Hause gezogen, sondern der Apostel Thomas habe sie nach ihrem langem Warten getauft und zu Erzbischöfen geweiht.  Ihre Reliquien werden nach Jerusalem gebracht, wo die Kaisermutter Helena sie später wiederfindet und nach Konstantinopel verbringt, von wo sie noch später nach Mailand gelangen.

Heilige Helena über dem rechten Portal der Nordfassade der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, hier gefunden

Übrigens, daß es 3 Magier gewesen sein müssen, darauf stieß der Kirchenvater Origenes (†253), er schloß es aus der Dreizahl der Geschenke. Und Tertullian († (nach) 220) war sich unter Ansehung von Psalm 72,10 und Jes. 60,3 sicher, daß es Könige waren.

Anschließend bringe ich einen Auszug aus der Legende, der das obige ausführlich schildert. Wo Auslassungen angedeutet sind, darf man davon ausgehen, daß Bekehrungen, Heilungen und Austreibungen weggelassen wurden. Einmal wird nämlich wieder und wieder geschrieben, daß sie geschahen und dann noch, daß jemand davon hörte etc. etc., es hat etwas von einem Kehrreim und wird auf die Dauer doch zu monothematisch.

Aber ein anderes fand ich an der Legende noch bemerkenswert: Nicht nur die heiligmäßige Geduld der Könige, sondern auch, daß sie zunächst ja verehrten, von dem sie gar nicht genau wußten, was es war, sondern nur auf Grund ihres Berührt-Seins hatten sie die Gewißheit von etwas Außerordentlichem. Und so wurde ihre Geduld mit der Deutung des Zeichens gekrönt.

Church of the Good Shepherd (Rosemont, Pennsylvania), ca. 1896, hier gefunden

Es folgt der Text:   

"Da Sankt Thomas in Indien das Evangelium des Herrn treulich verkündigt hatte, und alle Lande und Inseln umwandert, und die bösen Geister mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes vertrieben, und mancherhand Seuchen und Krankheiten geheilt, und Gott durch ihn daselbst viel Wunder gewirket, und viel Volks zu dem rechten Glauben bekehrt, wie er nun in allen Tempeln der Abgötter den Stern fand, mit dem Kindlein und dem Zeichen des heiligen Kreutzes, so wie es die drei Könige in allen ihren Landen und Reichen und Tempeln hatten machen lassen, als sie aus Bethlehem zurückgekehret waren: - Da fragte Thomas, und lernete von den Priestern der Tempel und der Abgötter, wie es wäre um den Stern. 

Sant'Apollinare Nuovo, Ravenna, die drei Weisen, etwa 526 n. Chr., hier gefunden

Die sprachen, daß vor langen Zeiten ein solcher Stern mit diesen Zeichen auf dem Berge Vaus wäre gesehen worden, anzudeuten, daß der König der Juden geboren sey, wie denn eine Stimme davon aus dem Stern selbst gehört worden; und deßwegen seyen die drei Könige gewandert, und hätten das neugeborne Kind gesucht, es anzubeten, und ihm zu opfern; und seyen wunderbarer Weise in dreizehn Tagen ohne einige Fährlichkeit nach Bethlehem gekommen, aber mit vieler Arbeit binnen zweier Jahre in ihre Lande und Reiche zurückgekehrt. Und alles, was diesen drei Königen widerfahren war, und was sie gesehen, und gehört, und gethan, das verkündigten Alles dem Apostel Thomas diese Priester.

Sant'Apollinare Nuovo, Ravenna, die drei Weisen, hier gefunden

Als alles dieses Thomas hatte gehört, da ward er sehr erfreuet, und ward mehr erfüllt mit dem heiligen Geiste; hub an und predigte den Priestern der Abgötter, und den Heiden, mit brennendem Herzen unsers Herrn Jesu Christi Kindheit, und Gottheit, und Menschheit, und Marter, und Auferstehung, wie er sie, ungläubig mit den Händen gegriffen und also erfahren. Das alles verkündigte und predigte er ihnen getreulich. Und mit der Gnade des heiligen Geistes thät er viele Zeichen und bekehrte diese Priester der Abgötter und viel Volks durch Wunder und Lehre zum Glauben, und taufte sie, und deutete ihnen das Zeichen des heiligen Kreutzes und des Sternes, und des Kindes, das ihre Könige gesucht hatten, und es mit Opfern angebetet…

Aber aller Lande Völker, durch welche Thomas durchzog, als sie seinen Leumund vernommen, strömten sie herbei, und brachten zu ihm allerlei Kranke und gebrechliche Leute, und die von bösen Geistern besessen waren; und was sie auch für Seuche hatten, die machte er alle gesund in dem Namen des Kindes und mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes; und bekehrte sie zu dem Glauben, und taufte sie. Und dieselben, die also geheilt und getauft wurden von Sankt Thomas, die thaten auch Zeichen in den Landen, da Thomas nicht hinkommen konnte, und machten da andere Leute gesund von mancherhand Seuchen und Krankheiten.

El Greco  (Domenikos Theotokópoulos), der hl. Apostel Thomas, zwischen 1610 – 1614, hier gefunden

… da kam er [St. Thomas] endlich auf Gottes Wink in die wahren Reiche der drei Könige, die dem Herrn Jesu in seiner Kindheit die Opfer dargebracht. Und er fand diese Könige noch im Leibe lebend und gesund; aber sie waren zumal alt und hinfällig, und hatten geharret nach Art des gerechten Simeon. Denn Gott hatte ihnen im Geiste kund gethan, daß sie nicht sterben sollten, sie wären denn vorher durch die heilige Taufe und den Geist wiedergeboren, und würden vollkommener unterweiset von dem Kinde Jesu, das sie gesucht hatten, und ihm ihre Opfer dargebracht und es angebetet.

Als nun diese drei Könige von allen Leuten höreten, daß in ihre Lande und Reiche ein Mensch kommen wäre, der heiße Thomas, der predigte offenbarlich das Kind, das sie gesucht und angebetet hatten über langen Jahren… da machten sich diese drei Könige – obwohl sie alt und hinfällig waren – mit einemmal fertig zur Reise samt allen Königen, Fürsten und Edeln, die in ihrem Lande waren, und mit allem Volk ihrer Reiche, und kamen zu dem heiligen Thomas. Die empfieng Sankt Thomas mit großer Freude, belehrte und unterweisete sie in allen Dingen, die Jesus in seiner Kindheit, Gottheit und Menschheit hatte gethan und gelehrt, und zeigte ihnen seine Marter und seine Auferstehung (wie er, ungläubig, sie mit seinen Fingern begriffen hätte) aus den heiligen Schriften und Propheten, und belehrte sie vollkommen. 

Caravaggio: Der ungläubige Thomas, ca. 1601-1602, hier gefunden

Und so hat er die drei Könige mit all ihrem Volke durch die Gnade des heiligen Geistes getauft; da wurden die Könige mit dem Feuer des heiligen Geistes erfüllt, und kamen dem Apostel in der Predigt des göttlichen Wortes zu Hülfe, und verkündigten allen Völkern, Stämmen und Zungen, die da zusammengekommen und zugegen waren, vom Anfang bis ans Ende Alles, was sie gesehen und gehört hatten, und ihnen widerfahren war, als sie Jesum in seiner Kindheit zu Bethlehem mit ihren Opfern gesucht und angebetet. Das alles setzten sie demüthiglich und getreulich auseinander, und predigten es offenbar. Und Alles, was die Könige predigten und verkündigten, das bestätigte und erläuterte Thomas aus der heiligen Schrift. Und umgekehrt, Alles, was Thomas, von der Marter, Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn, den Völkern verkündigte, das haben die drei Könige mit seiner heiligen Kindheit bestätigt, die sie mit ihren eigenen Augen geschauet hatten.

James Tissot: Die Magier unterwegs, zw. 1886 – 1894, hier gefunden

Da fuhren die ruhmwürdigenKönige mit dem seeligen Thomas, und mit all ihrem Volke und Geleite auf den Berg Vaus; und die Capelle auf diesem Berge, mit dem Stern, mit dem Zeichen des Kreutzes, die zur Ehre des Kindes gebaut war, dessen Stern über dem Berge erschienen, die weihete Thomas selber ein, und begann von neuem allem Volke nach der Ordnung zu predigen, wie dieses Kind mit dem Zeichen des heiligen Kreutzes, wie es sich in dem Sterne geoffenbart hatte, für das Heil der Menschen sich williglich ans Kreutz ließ hängen: und es ward eine große Freude unter dem Volk; also daß die Menschen beiderlei Geschlechts, Junge und Erwachsene, die da nicht waren in dem Geleite der Könige, von den fernsten Landen auf diesen Berg Vaus und zu der Kapelle in großer Frömmigkeit zusammen kamen; und aus solcher Innigkeit bauten die drei Könige an dem Fuße des Berges Vaus eine sehr große und edle Stadt, und statteten sie mit vielem Reichthum aus, und nannten die Stadt Skulla, die noch die reichste und größte Stadt in allen Landen Indiens ist, bis auf den gegenwärtigen Tag. Und in dieser Stadt ist die Wohnung des Priester Johannes, der nun Herr ist über Indien, und Thomae Patriarchen von Indien.

Als nun Thomas in allen Landen alles Volk zum Herrn bekehrt und getauft hatte, da weihte er auch diese drei ruhmwürdigen Könige zu Erzbischöfen; und als sie zu Erzbischöfen geweihet waren, lasen sie andre Bischöffe und Aelteste von allem Volke aus, und verordneten sie; und weihten alle Tempel der Abgötter zur Ehre Gottes und seiner Mutter Maria. Und allen diesen, und andern Dienern schenkten sie reichlich Güter und Besitzungen. 

Sankt Thomas aber lehrte die drei Könige, und die Erzbischöfe und andre Bischöfe, und Aelteste die Ordnung der Messe, und die Worte, die Christus bei dem Abendmahle sprach, als er seinen Leib und sein Blut weihete, und das Gebet des Herrn; und in allem diesem unterrichtete er sie treulich: namentlich, wie man sollte taufen; und mahnte sie, daß sie ja nicht auf irgend eine Weise vergäßen der heiligen Taufe. 

Dieses gebot Sankt Thomas allem Volke, das da zu Gottes Dienste bekehrt und getauft war; und nachdem er sie alle Dinge gelehrt, und Alles, was zum Dienste des wahren Gottes gehört, wohl verordnet hatte, da machte er sich auf zu dem obersten Indien, um den christlichen Glauben zu predigen, und den Samen des heiligen Evangeliums zu säen. Und allda hat er viel Volks bekehrt, und viele Wunder gewirket; da empfieng er die Krone der heiligen Märtyrer, und hat sein Leben löblich geendet, wie in seiner Passion geschrieben stehet.

Und alles Volk, Frauen und Männer, in dem Lande da Sankt Thomas ward gemartert, haben Häupter wie Hunde, nur daß sie nicht rauch sind, bis auf den gegenwärtigen Tag. Denn in einem jeglichen Lande und jeglicher Insel in Indien, sind in allwege sonderliche Leute, auch seltsame Kräuter und Thiere, und viele Wunder, davon zu sprechen allzu lange wäre.“

Basilika St. Thomas in Chennai-Mylapore über dem ursprünglichen Grab des Apostels, hier gefunden

nachgetragen am 29. Januar

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Was für eine wundersame Geschichte. Des Namens des Apostels und ihrer Schönheit wegen muss man sie einfach glauben.