Mittwoch, 23. September 2009

Th. Roloff über Wilhelm Wandschneider


Bismarck-Denkmal in Schwerin, 1901
um 1950 eingeschmolzen, Sockel zu Grabsteinen verarbeitet
hier gefunden

Vorbemerkung

Bekanntlich veröffentliche ich hier gelegentlich Beiträge anderer. Diesen, den ich schon längst einmal anbringen wollte, hat Herr Roloff vor zwei Jahren zum 65. Todestag von Wilhelm Wandschneider verfaßt. Und da Mecklenburg nicht gerade mit bedeutenden Bildhauern überschüttet wurde, will ich das heute auch wirklich gern tun. Nachdenklich stimmt allerdings, wenn man sich einmal den Verbleib von dessen Werken anschaut, wieviel bereits vernichtet ist. Was mir immer wieder auffällt an Deutschland, ist, wie arm an Denkmälern es geworden ist, denn nicht daß es sie nicht gegeben hätte, nur wurde eben vieles zerstört, während des letzten Krieges und danach, in beiden deutschen Staaten. Ihr Fehlen ist so gewissermaßen der unsichtbare Fingerabdruck unserer Geschichte.

M. Wisser


Der „kleine Michelangelo“ Mecklenburgs
65. Todestag von Wilhelm Wandschneider

Kaum jemand wird wissen, daß das Epitaph auf den 1904 verstorbenen Fürsten Herbert Bismarck in der Schönhausener Kirche von Wilhelm Wandschneider stammt, den man seiner Herkunft wegen „kleiner Michelangelo“ Mecklenburgs nannte und dessen Todestag sich am 23. September zum 65. Mal jährt.

Geboren wurde Wandschneider am 6. Juni 1866 in Plau am See. Sein Vater übte das Malerhandwerk aus und ließ es auch seinen Sohn erlernen. Aber schon in jungen Jahren machte Wilhelm durch plastische Arbeiten auf sich aufmerksam, so daß der Bürgermeister von Plau beim Großherzog Friedrich Franz III. für ihn eintrat. Der Landesvater ermöglichte dem Jungen eine künstlerische Ausbildung an der Königlichen Kunstschule in Berlin. Seit 1886 besuchte der inzwischen 20-jährige die Akademische Hochschule der Bildenden Künste und hatte so namhafte Lehrer wie Fritz Schaper, Anton von Heyden und Julius Ehrentraut. Im Mai 1895 wurde er Meisterschüler im Atelier von Reinhold Begas. Ein gewonnenes Preisgeld ermöglichte ihm dann eine einjährige Studienreise nach Italien, die großen Eindruck auf ihn machte. Zwischen 1897 und 1916 erlebte Wandschneider dann seine große Zeit als selbständiger Bildhauer. Er wurde besonders durch den Herzog-Regenten Johann Albrecht gefördert. Der „Hechtbrunnen“ in Teterow und das Reuterdenkmal in Stavenhagen sind einprägsame Arbeiten jener Zeit.


Denkmal für Fritz Reuter in Stavenhagen,
von Wilhelm Wandschneider
hier gefunden

Wilhelm Wandschneider hatte aber auch auf internationalen Ausstellungen großen Erfolg. Auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 in den USA bekam sein „Coriolan“ eine Goldene Medaille.


Coriolan, Wilhelm Wandschneider (1904) hier gefunden

Nach dem I. Weltkrieg kamen schon allein auf Grund der wirtschaftlichen Lage schwere Zeiten auf fast alle Künstler zu. 1925 sah er sich denn auch gezwungen, sein Atelierhaus in Berlin zu verkaufen und, beinahe 60-jährig, nach Plau am See zurückzukehren. Hier wurden ihm besonders anläßlich seines 60. Geburtstages große Ehrungen zu Teil. In dem eigens gegründeten Wandschneider-Museum wurden zunächst 70 Gipsmodelle seiner Werke gezeigt.

Am 23. September 1942 fand sein schaffensreiches Leben ein stilles Ende.
Zu den bedeutenden erhaltenen Werken zählen außer den bereits genannten das Grabmal für Friedrich Franz III. von Mecklenburg im Helenen-Paulownen-Mausoleum Ludwigslust von 1900, die Marmorstatue „Jugend“ im Rathaus Dortmund von 1903, das kunsthistorisch herausragende Mausoleum der Familie Schlutius in Karow von 1911/1916, das Gefallenendenkmal der evangelischen Mariengemeinde in Parchim von 1922, zahlreiche Büsten, Medaillen und Statuetten, insbesondere aber eben auch das Epitaph auf Herbert von Bismarck, das er 1914 aus Anlaß des 10. Todestages des zweiten Fürsten Bismarck schuf.

Seit 1994 erinnert ein kleines liebevoll eingerichtetes Museum in Plau am See, Kirchplatz 3, wieder an den großen Sohn der Stadt, nachdem das 1926 gegründete im Jahre 1947 geschlossen worden war.

Thomas Roloff

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