Samstag, 26. September 2009

„Ripeness is all“ – Reifsein ist alles



Ich höre gerade „Jazz für Deprimierte“ oder so ähnlich, sehr schön, vor mir liegt ein Band mit Essays von T. S. Eliot, wohl aus dem Jahre 1981 (Thomas Stearns Eliot, Ausgewählte Aufsätze, Vorträge und Essays, Hrsg. von Wolfgang Wicht, Berlin), das Papier ist inzwischen recht vergilbt, aber der Umschlag ist in Blau, Grau und Gold, der dunkelblaue Leineneinband mit goldenen Sternen übersät, wer immer diesen Band gestaltet hat, muß Eliot sehr gemocht haben. Manche Bücher sind wie Hausgötter, sie ziehen mit einem von Ort zu Ort und beschützen jeden neuen irgendwie, eben wie antike Hausgötter.

Thomas Stearns Eliot wurde am 26. September 1888 in St. Louis, Missouri geboren, zog es aber bald vor, diese Gegend Richtung England zu verlassen. Zu behaupten, ich würde mich T. S. Eliot nahe fühlen, wäre in etwa so originell, wie wenn ein Hütejunge mit Schnoddernase sagte, er würde Goethe mögen. (Übrigens mag ich Goethe gar nicht besonders.)

Wer diesem Link folgt, hört eine Interpretation von „The Waste Land“, vermutlich sein bekanntestes Gedicht. 1928 schrieb er, daß er und Gleichgesinnte „darum kämpften, alte Gedankengänge wiederzubeleben und neue zu schaffen“. Über Dante sagt er, daß echte Dichtung sich mitteilen kann, bevor sie verstanden wird.

Man hört, daß er aus erfahrener Wurzellosigkeit seine Vornehmheit so ins Extrem getrieben habe. Aber, in einem überpersönlichen Sinne gesprochen: Vielleicht ermöglicht wirklich erst der nahe Verlust das Bewußtsein von Wert. Und so gibt uns der „Amerikaner“ Eliot die europäische Kultur wie ein von Dreck, Verwesung und Verwitterung gereinigtes (insoweit dies möglich ist) Artefakt zurück. Und wenn er schreibt, daß im Versailler Vertrag die Auflösung des europäischen Geistes gipfele, wie könnte ein Deutscher da ungerührt bleiben.

Wir wollen solch einen beiläufigen Beitrag nicht mit Bedeutung überfordern, darum am Ende etwas Skurilles: T.S. Eliot liest „Prufrock“, begleitet von Portishead. Er scheint immer noch die Phantasie anzufeuern.



Der Titel? Der stammt von Shakespeare, zitiert im Aufsatz „Die drei Stimmen der Dichtung“:

„What, in ill thoughts again? Men must endure
Their going hence, even as their coming hither:
Ripeness is all. Come on.”

King Lear V,2

3 Kommentare:

MartininBroda hat gesagt…

I’m terrible behind with my translations, tomorrow and tomorrow, I know, but I will try. Good night everyone.

Charlie hat gesagt…

The Waste Land is on my list of books to read. I always thought he was British. Really enjoyed the video and Portishead soundtrack.

MartininBroda hat gesagt…

It's a great poem, hopefully I can translate my little post about Eliot this evening, there are 2 links to the poem in the third paragraph. Now I have to play host.