Dienstag, 22. September 2009

Literarische Beobachtungen



Ich hatte heute das Vergnügen einer literarischen Veranstaltung, die wohl im Zusammenhang mit der Verleihung des Uwe-Johnson-Förderpreises an einen Herrn Pletzinger stand. 4 Bücher wurden vorgestellt und da dies der eine oder andere freundliche Mensch liest, will ich ein paar sparsame Sätze dazu loswerden, zumal ich in fast jedes der Bücher vorher mehr oder weniger kurz hineingeschaut hatte.

Da hätten wir zum ersten von Uwe Johnson „Das dritte Buch über Achim“, ich gestehe, genau dieses habe ich noch nicht gelesen, so sehr ich Johnson sonst schätze, aber da der sowieso längst im Literaten-Himmel weilt, ist das vielleicht nicht ganz so folgenreich.

Dann wäre da von Herta Müller: „Atemschaukel“. Ich fand dieses Buch offen gesagt bemerkenswert, aber ich fürchte, ich bin gegenwärtig in zu oberflächlicher Stimmung, um für dessen Lektüre geeignet zu sein. Es ist verdienstvoll, für das Grauen eine Sprache zu suchen, und ich glaube auch, daß ihr das gelungen ist, zu meiner Überraschung fanden einige das Ergebnis wohl eher kitschig. Aber wenn über das Grauen nur geschwiegen wird, was hat das dann noch mit Literatur zu tun. Vielleicht raffe ich mich demnächst noch zu profunderen Bemerkungen auf, aber in dieser und dieser Rezension sollte man etwas Sinnvolles zum Überleben in ukrainischen Arbeitslagern beschrieben finden.

Thomas Pletzinger: „Bestattung eines Hundes“. Der besagte Preisträger. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein Produkt solch überbordender Literaten-Eitelkeit gelesen hätte, ein Buch, das aus jeder Pore atmet, schaut mal, was ich alles kann. Nicht daß er das nicht selbst zugäbe, mit dem Debüt habe er sich beweisen wollen, „dass ich ein gutes Buch schreiben und Schriftsteller sein kann“. Aber diese Beschreibung eines erbarmenswürdigen Autoren, der mit seiner Chefin verheiratet ist, enthält erstaunliche Passagen, z. B. die atemberaubende Beschreibung eines Hahnenkampfes, exzellente Stücke von Literatur, aber im Gesamtkontext des Buches hat das alles doch mehr etwas vom Abfeuern eines Feuerwerks, im Moment eindrucksvoll, danach aber ist es dunkel und still, es riecht nur leicht merkwürdig.

Sybille Berg, „Der Mann schläft“. Kurz gesagt, eine Zynikerin versucht zur Abwechslung nicht in Larmoyanz zu baden (das tut sie immer noch reichlich), sondern zu lieben, ich rede vom Buch, damit es keine Mißverständnisse gibt, es wird darin nicht ganz deutlich, ob sie ihre Vorstellung von Liebe oder eine reale Person meint. Aber lassen wir das dahingestellt, denn offen gestanden, wäre dieser Mann als reale Person eher keine Zierde seines Geschlechts, sondern eine Zumutung. Ihre Gefühle jedenfalls wirken verstörend authentisch, lassen wir auch das aus subjektiver Willkür beiseite, mein Interesse, ich bekenne es, resultiert aus Sätzen wie solchen:

„Ich war auf der Straße gewesen, hatte in hoffnungslose Gesichter gesehen und mich einen Moment lang gefühlt, als sei ich wieder eine von ihnen, die doch so warteten, dass etwas eintreten werde, durch das sie sich endlich wieder lebendig fühlten.“

„Ich bin in mir nicht mehr vorhanden, ein Zustand, den ich nur empfehlen kann. Was soll das jahrelange Meditieren im tibetanischen Hochland, wenn sich der gleiche Effekt mit zwei Flaschen schlechtem Rotwein erzielen lässt?“

„Es gab Leute, die glaubten, wenn sie nur genug über das Universum nachdächten, würde das auch umgekehrt funktionieren.“

Sibylle Berg: „Der Mann schläft“. Roman. Hanser Verlag, München 2009. 308 S., geb., 19,90 €.

8 Kommentare:

Pilgrim hat gesagt…

I looked just in and see, you postponed your nightly post! :-) Propz Pilgrim

Pilgrim hat gesagt…

And now, I don´T get nothing, dunno anybody of the mentioned.

MartininBroda hat gesagt…

Now you can read it, in German of course. Good night. Btw even mirrorboy is copying you, what a success. OK I’m joking but honestly wishing you good luck for the competition.

MartininBroda hat gesagt…

Oh, I’m sooo sorry, that’s the brand new literature of the day, which is supposed gone with it, but maybe I will make some serious reviews over the next days. It’s hard to write something with nearly closed eyes, so good night again.

Wayward Hawaiian hat gesagt…

recht! Very pretty!

MartininBroda hat gesagt…

Hello Arnold, thanks for visiting, unfortunately you’ve chosen a post about the newest German novels (and I guess, it makes no sense to translate it), but I will try to make some landscape & garden pictures again. And Monday I quoted some “bad” sentences a friend has sent to me, maybe you like one of it. My personal favor is: “Never test the depth of the water with both feet.”

Mr. Urs hat gesagt…

Jetzt hast du mich echt ins Grübeln gebracht. Soll ich mir doch einen Sybille Berg antun?

MartininBroda hat gesagt…

Keine Ahnung, wie Du lesen kannst, war ich da eher zwiespältig, das hat sich auch nicht wirklich geändert (jetzt beim Nachlesen, tat es mir fast leid, daß ich mit dem jungen Mann so ins Gericht gegangen war, da er im persönlichen Auftritt doch so sehr nett wirkte), das Sinnvollste, denke ich, wäre ausleihen und sich ein paar der orginelleren Sachen notieren, um den eigenen Zitatenschatz etwas aufzuhübschen.