Hochkreuz, Monasterboice
Ich weiß, die 3. Predigt, fast in Folge, aber es ist nun einmal diese besondere Woche und dann sind dem Herrn Roloff auch noch wahrhaft rechtgläubige Worte in die Feder geflossen. Bevor ich sie nachfolgend bringe, ein Wort zum Bild. Ich hatte eben einen kurzen Gedankenaustausch mit einem englischen Freund über angemessene religiöse Bildwerke, und wir landeten kurioserweise schnell beim "Herrn der Ringe". Dies dort oben stammt von einer alten irischen Klosterruine und gibt eine Ahnung dessen, wovon die Rede ist.
Predigt für den Gottesdienst zur Feier des Ostermontags
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Predigttext: Lucas 24, 36-45
Liebe Gemeinde,
„Eine gute Rede braucht einen genialen Anfang und einen genialen Schluß und möglichst wenig dazwischen.“ Diese Bemerkung vom inzwischen verstorbenen Peter Ustinov kam mir in den Sinn, als ich unseren Predigttext gelesen habe. Dieser Text hat nämlich einen genialen Anfang.
„Da sie aber davon redeten, (von der Emmausgeschichte, die wir als Evangelium gehört haben) trat er selbst, Jesus, mitten unter sie.“ Das Reden der Gemeinde vom Herrn stellt schon seine wirkliche Gegenwart her. Wir dürfen sicher sein, auch wenn wir von ihm reden, dann ist er bei uns.
Er ist bei uns nicht als eine herbeigerufene Erinnerung, sondern als eigene Realität, die plötzlich hervortritt. Da überrascht es nicht, dass die Jünger nun erschraken und sich fürchteten, denn sie meinten, sie sähen einen Geist.
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es hier mit einer Nachtgeschichte zu tun haben. Kleopas und der andere Emmausjünger waren von Jerusalem fortgewandert und auf ihrem Wege Jesus begegnet. Wir hatten erfahren, daß das Dorf Emmaus zwei Stunden von Jerusalem entfernt liegt. Als sich Jesus den beiden beim Abendessen offenbart hatte und vor ihren Augen wieder verschwunden war, standen die beiden „zu derselben Stunde“ auf und eilten zurück nach Jerusalem. Also selbst wenn sie den Rückweg schneller als in zwei Stunden geschafft haben sollten, erreichten sie die Jünger erst mitten in der Nacht. Diese schliefen zwar noch nicht wurden aber aller Wahrscheinlichkeit nach gehörig aufgeschreckt. Die einen werden gezweifelt haben, die anderen haben gelehrte Einwände erhoben, und wieder andere werden über künftige Dinge spekuliert haben, und wahrscheinlich redeten alle durcheinander.
Mitten in diese Nacht hinein tritt nun Jesus, schaut ihnen bis ins Herz und besänftigt sie durch eine Frage: „Was seid ihr so erschrocken...?“ Und dann tut er, woran wir seinen entschiedenen Willen erkennen können, sich als der wirklich auferstandene Herr erkennen zu geben. Er tritt noch weiter in ihre Mitte und gibt sich ihnen förmlich hin.
„Seht meine Hände und meine Füße, ich bin´s selber. Fühlet mich an und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr seht, dass ich habe.“
Das Evangelium betont diesen Vorgang dann noch einmal und unterstreicht, es ist wirklich nicht bei der verbalen Bekundung geblieben, sondern Jesus zeigte ihnen, nachdem er das gesagt hatte, Hände und Füße.
Liebe Gemeinde,
wenn die Kirche Brot und Wein darbringt, dann darf es auch dort nicht bei förmlichen Gebeten und Symbolen bleiben, sondern unter der Gestalt von Brot und Wein tritt der auferstandene Herr heute genauso wie damals unter seine versammelten Jünger und schenkt sich ihnen als eine wahre Speise zum Leben. Wir sollen ihn hören, wir sollen ihn sehen, wir sollen ihn schmecken. Er will uns Hunger und Durst nehmen.
Der Auferstandene ist unter uns, so wie er damals unter den Seinen gewesen ist, und in liebevollem Verständnis mit ihren Ängsten, mit ihrem Erschrecken, mit ihren Zweifeln und unzähligen Bedenken zeigt er sich und nimmt uns durch seine liebevolle Zuwendung im Sakrament unsere Ängste, unser Erschrecken, unsere Zweifel und unsere unzähligen Bedenken.
Im gemeinsamen Mahl begegnet uns schon jetzt Glückseligkeit. Das gemeinsame ritualisierte Essen führt uns aus der Nacht scheinbar so vernünftiger Zweifel in das Licht göttlicher Weisheit, weil wir uns plötzlich erinnern, dass Weisheit – sapientia – von „recta sapere“ „das Richtige schmecken“ kommt. Welches tiefgründige Bild haben da die Alten schon allein mit ihrer Sprache geschaut. Darum wird es später in unserer Liturgie heißen: Kommt, denn es ist alles bereit, schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.
Liebe Gemeinde,
dann folgt der erstaunlichste Satz der ganzen Geschichte: „Da sie aber noch nicht glaubten vor Freuden und sich verwunderten.“
Die bloße Freude ist noch nicht das Ziel der Gemeinschaft mit Christus. Die Freude ohne den Glauben steht immer wieder in der Gefahr zu verfliegen. Die Freude, die Dauer erlangen soll, braucht einen sicheren Grund, der nur in der Gemeinschaft des Glaubens gefunden werden kann. Freude allein schafft keine wirklich dauerhafte Gemeinsamkeit, sondern bleibt schnell so etwas wie die Fröhlichkeit von Trinkbrüdern, die mit dem Rausch wieder vergeht.
Oder erproben wir den Gedanken an der Gemeinschaft von Eheleuten oder von Freunden. Ist nicht das der häufigste Grund für das Ende von Beziehungen, dass die beiden Menschen meinten, immer in Freude bleiben zu können und im Heraufziehen von leidvollen Tagen nur Probleme sehen, welche die Gemeinschaft in Frage stellen. Dabei ist doch der Wechsel von Freude und Leid der ganz natürliche Lauf der Welt, in dem sich Ehe und Freundschaft und jede Gemeinschaft bewähren müssen.
In Übersetzung unseres Satzes aus dem Predigttext könnte man also über manche Liebende sagen: Da sie noch nicht bereit waren zur Ehe vor Freuden.
Da sie aber noch nicht glaubten vor Freuden – das ist vielleicht auch schon ein Hinweis auf die Zeiten, in denen der Auferstandene auch im Leid bezeugt werden musste.
Die Reinheit und Klarheit unseres Bekenntnisses vom auferstandenen Christus ist der sichere Grund unserer Freude, aber auch der unüberwindliche Trost in allem Leide.
Darum ermahne ich Euch, liebe Schwestern und Brüder, lasst Euch nicht ins Nebelhafte führen, denn es ist eine Verführung in die Unwahrheit, wenn die Auferstehung ins Symbolische aufgelöst wird und plötzlich nur noch von Energien und Weltprinzipien und Menschlichkeit die Rede ist, die sich stets erneuern, und für die auch Christus nur ein Beispiel ist, und die sich in allen Religionen zeigen, und von denen einem ganz schwindelig wird.
„Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin´s selber“ So spricht der Herr.
Die Frömmigkeit des Kreuzweges und der Verehrung der Wunden und Leiden des Herrn ist keine mittelalterliche masochistische Bewusstseinstrübung, sondern eine Form, sich in die Wahrheit Christi einzuüben.
„Sehet meine Hände und meine Füße, ich bin´s selber. Fühlet mich an und sehet;“ so spricht der Herr.
Die Auferstehung war nicht irgendein spekulatives Phänomen, das sich in der geistigen Welt oder in der Fantasie der Jünger abgespielt hat. Christus ist auch nicht in den Glauben seiner Jünger hinein auferstanden, sondern er ist wahrhaftig auferstanden.
Genau das will er seinen Jüngern verdeutlichen, als diese sich verwunderten. Darum sprach er zu ihnen: „Habt ihr hier etwas zu essen?“ Als sie ihm dann ein Stück vom gebratenen Fisch und Honigseim vorlegen, da nahm er es „und aß vor ihnen“.
Der Herr ist auferstanden und kümmert sich in ganz liebevoller Weise um die Seinen, die verstört sind. Er wendet sich ihnen zu und zeigt sein wahres Wesen als das eines Menschen.
Christus hat das Menschsein nicht vorübergehend oder gar nur scheinbar angenommen, und kehrt nun in seine Göttlichkeit zurück, sondern gerade das ist das Wunder des Ostertages, dass er als Mensch auferstanden ist.
Unser Menschsein wird doch gerade darin erhoben und erlöst, dass er in seiner Göttlichkeit als Mensch an unserem Menschsein Anteil genommen hat. Wir dürfen wiederum als Menschen durch die Anteilnahme an seinem Fleisch und Blut im Sakrament Anteil nehmen an ihm und seiner Göttlichkeit.
Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. So haben wir es in der Epistel gehört.
Die Kirche hat diese Wahrheit über die Jahrtausende durch die Überlieferung der Schrift und in den Lehrsätzen ihrer Bekenntnisse bewahrt und jeder Generation neu gelehrt. Dieses Tun der Kirche geht auf Christus selbst zurück von dem es immer wieder heißt: „Er lehrte sie und sprach“ und auch am Ende unseres Textes heißt es: „Das ist´s, was ich zu euch sagte, als ich noch bei euch war: es muss erfüllt werden, was von mir geschrieben steht. Da eröffnete er ihnen das Verständnis, das sie die Schrift verstanden.“
Der Herr kennt alle Einwendungen und Möglichkeiten, die es gibt, um den Glauben zu zersetzen. Darum hütet Euch vor jenen, die mit allen diesen uralten Möglichkeiten Zweifel säen, weil sie den Glauben zersetzen wollen.
Darum haltet fest an der Lehre und am Bekenntnis von der Auferstehung des Erlösers der Welt, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist, der vor aller Zeit war und eines Wesens mit dem Vater ist, der wiederkommen wird als Richter der Lebenden und der Toten, und der zu uns spricht:
Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.
Amen
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Thomas Roloff
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