Montag, 3. November 2008

Differentiae variae

Unsere Gedanken mäandern gerade ein wenig, und da am Tyburn-Galgen, der in der englischen, sagen wir Geistes-Geschichte, wohl eine erhebliche Bedeutung spielte, am 3. November 1783 zum letzten Mal jemand gehängt wurde und wir außerdem Oliver Cromwell, aus welchen Gründen auch immer, aus tiefster Seele verachten, sei an das folgende erinnert, an das Martyrium des Hl. Oliver Plunkett und an das so erfreulich wie vergebliche Schauspiel, das 30. Januar 1661 ebendort stattgefunden hat.

Mir ist auch gerade aufgefallen, daß die Namen meiner Posts so einfallslos zu werden beginnen wie römische Vornamen. Aber egal, kurios ist, wie die englische Aristokratie, die doch verspätet zu einigen ihrer Möglichkeiten gelangte, zu einem gewissen Stilmuster geriet, sie, die doch über der Form die Inhalte ein wenig vernachlässigt haben könnte. So wollen wir sie doch wenigstens als Erfinderin des „Sandwichs“ zu würdigen wissen.

Und dann, Großer Gott, Georg Trakl starb am 3. November 1914. Das ist einer jener Momente, wo Sottisen jeglicher Art zurückzuweichen haben, eine Erkenntnis, die ich Franz Fühmann danke.

Georg Trakl

Grodek

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.

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