Montag, 10. November 2008

Gefangen im November

Vielleicht sind wir gegenüber einem Monat etwas sentimentaler geneigt, wenn man zufällig in ihm geboren wurde.

Das unerwartete Glück, wenn spät am Abend mitten im November die Luft weich wie ein Handtuch auf unsere Müdigkeit fällt und der Wind, der Wind…

Sein Rauschen im nahegelegenen Wald und am Himmel die Wolken unter dem Mond wie ein weißer flüchtiger Drachen.

Meine Erinnerungen an die Kindheit sind sehr geschwunden, aber ich erinnere mich an einen Moment meiner frühen Kindheit, wo ein unbegreifbarer mächtiger, warmer (ich glaube im Februar) Wind mich nicht in Verwirrung versetzte, sondern einfach nur glücklich mit einer Ahnung von etwas sehr mächtigem Anderen vertraut machte.

Am 10. November 1918 verließ Kaiser Wilhelm II. das Reich. Also vor 90 Jahren. Meine Stiefgroßmutter war eine leidenschaftliche Anhängerin dieses Kaisers und geriet jedesmal in Rührung, wenn sie über „Seine Majestät“ sprach. Sie konnte exakt die Kosten der kaiserlichen Hofhaltung benennen, wenn sie mir kleinem Kind zu erklären versuchte, mit wieviel mehr diese Nachgekommenen so viel weniger zustandebringen konnten.

Seine offizielle Abdankung datiert auf zwar auf den 28. November 1918, aber geben wir doch heute schon den Text hier wieder:

„Ich verzichte hierdurch für alle Zukunft auf die Rechte an der Krone Preußens und die damit verbundenen Rechte an der deutschen Kaiserkrone.

Zugleich entbinde ich alle Beamten des Deutschen Reiches und Preußens sowie alle Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Marine, des Preußischen Heeres und der Truppen der Bundeskontingente des Treueides, den sie Mir als ihrem Kaiser, König und Obersten Befehlshaber geleistet haben. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis zur Neuordnung des Deutschen Reichs den Inhabern der tatsächlichen Gewalt in Deutschland helfen, das Deutsche Volk gegen die drohenden Gefahren der Anarchie, der Hungersnot und der Fremdherrschaft zu schützen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Amerongen, den 28. November 1918

Wilhelm“.

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