Dienstag, 18. Januar 2011

Reichs-Geburtstag

Anton von Werner, “Die Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches“

Herr Roloff macht mir gerade die Freude, meinen derzeit etwas hilfebedürftigen Blog mit Inhalt zu füllen, heute ist es allerdings ein besonderes Ereignis, denn wenn man so will, wurde unter dem heutigen Datum vor 140 Jahren der Staat gegründet, in dem wir immer noch leben. Daß dies ansonsten kaum Erwähnung findet, sagt einiges aus u.a. über die seltsame Geschichtsvergessenheit dieser Gegenwart. Zu dem Bild von Anton von Werner wäre noch anzumerken, daß es historisch nicht ganz korrekt ist. Diese 3. Fassung, die ersten beiden wurden im letzten Weltkrieg zerstört, entstand zu Bismarcks 70. Geburtstag, und er erscheint dort etwas zu prominent plaziert. Das nur am Rande.

Was ich nicht vergessen will zu erwähnen, der Autor der nachfolgenden Zeilen, der hier schon oft präsente Herr Roloff, begeht morgen seinen Geburtstag, wer ihm also auf diesem Wege gratulieren will, dem steht es frei, dies zu tun.


Kalenderblatt
140. Jahrestag der Reichsgründung

Am 18. Januar 1871, also genau vor 140 Jahren, wurde in Versailles das Bismarckreich gegründet. Die im Spiegelsaal des Schlosses Ludwig XIV. versammelten deutschen Fürsten proklamierten den preußischen König zum Deutschen Kaiser. Wilhelm I. selbst hatte diesen Tag bestimmt, weil wiederum 170 Jahre zuvor in Königsberg die Krönung des ersten preußischen Königs stattgefunden hatte.

Mit der Kaiserproklamation wurde ein Schlusspunkt hinter die wohl gewaltigste Umwälzung in der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts gesetzt. Drei Kriege hatte der in Schönhausen an der Elbe geborene Kanzler Otto von Bismarck führen müssen, um den Weg zur Deutschen Einheit frei zu machen. 1864 besiegten Österreich und Preußen noch gemeinsam Dänemark. 1866 wurde dann durch den Krieg Preußens gegen Österreich der innerdeutsche Dualismus entschieden und 1870/71 mit dem Sieg über Frankreich das letzte Hindernis zur Einheit Deutschlands beseitigt. Damit war innerhalb von nur ganz wenigen Jahren mit dem Reich wieder eine mächtige europäische Mitte entstanden, wie sie der Kontinent seit dem 30-jährigen Krieg nicht mehr gekannt hatte. Darum nannte auch der britische Premierminister Benjamin Disraeli das Jahr 1871 bedeutender für die europäische Geschichte als es das Jahr 1789 gewesen sei.

Bismarck war sich vollständig darüber im Klaren, dass das Äußerste erreicht war, was im Rahmen eines deutschen Nationalstaates möglich gewesen ist. Von nun an verlegte er seine gesamte Energie darauf, das Reich in der Mitte Europas zu bewahren. Der schwindelerregende wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands, seine Modernität und rasant wachsende Macht riefen nämlich unter den europäischen Mächten nicht unbedingt nur Bewunderung und Freundschaft hervor. Darum verschloss sich der Fürst auch weitestgehend jeder auftrumpfenden Politik. Sogar die 1884 für das Reich gewonnenen Kolonien stellte Bismarck wieder zur Disposition und trug sie dem Hamburger Senat zur Verwaltung an. Gegenüber dem Bürgermeister Versmann stellte er 1889 in für ihn typischer Weise klar: „Mein Gewerbe ist es, Europa den Frieden zu erhalten; wenn ich das tue, bin ich bezahlt. Mit anderen Kleinigkeiten kann ich mich nicht mehr abgeben. Kurz, das Auswärtige Amt wird die Kolonialsachen los oder es wird mich los.“

Genau diese „Kleinigkeiten“ aber wurden von Vielen dann ganz anders bewertet. Max Weber beispielsweise verlangte in seiner Freiburger Antrittsvorlesung 1895: „Wir müssen begreifen, dass die Einigung Deutschlands ein Jugendstreich war, den die Nation auf ihre alten Tage beging und seiner Kostspieligkeit halber besser unterlassen hätte, wenn sie der Abschluss und nicht der Ausgangspunkt einer deutschen Weltmachtpolitik sein sollte.“

Schon lange hat die Geschichte ihr Urteil darüber gesprochen, wer von beiden Recht behalten hat.
Thomas Roloff

2 Kommentare:

naturgesetz hat gesagt…

Happy Birthday to Pastor Roloff!

And a belated Happy Birthday to Germany as a unified country!

MartininBroda hat gesagt…

Thank you John, I have passed on the congratulations to Thomas Roloff and told him you are a faithful reader of his sermons. He thanks also.