Donnerstag, 6. Mai 2010

Über eine Kronprinzessin und gehobenen Unsinn


Kronprinzessin Cecilie von Preußen
1908 gemalt von Caspar Ritter
hier gefunden

Die englischen Wahlen sind schuld an diesem verspäteten Post, der eigentlich seit gestern abend hier stehen sollte (tatsächlich ist heute schon Freitag), ich weiß auch nicht, warum ein Interesse an der Politik ausgerechnet daran aufflackerte. Im Ergebnis bin ich jedenfalls über der Berichterstattung eingeschlafen...

Keinesfalls wollte ich aber diesen Tag übergehen, da am 6. Mai 1954 die letzte Kronprinzessin des Deutschen Reichs Cecilie Auguste Marie Herzogin zu Mecklenburg verstorben ist. Herr Roloff hat über sie eine einfühlsame Gedenkrede gehalten, die vor einem Jahr an diesem Ort veröffentlicht wurde, daran wollte ich doch wenigstens noch einmal erinnern. Allerdings diesmal mit einem anderen Bild. Ich muß gestehen, wenn ich im Nachhinein manchmal auf den letztjährigen Post blickte, hatte ich immer wieder das Gefühl, sie sähe dort aus, als habe man sie an die Wand gestellt.



Und da wir gerade ins Humorige abzurutschen beginnen, Christian Morgenstern wurde am 6. Mai 1871 geboren. Er ist durch seine skurrilen Dichtungen bestens bekannt, sein übriges Werk darf man wohl als vergessen betrachten. Ich habe versucht, mich ein wenig durch das Vergessene zu kämpfen und muß sagen, es gibt Gründe. Bei dem wenigen jedenfalls, in das ich hineinschaute, erreicht er nach meinem Geschmack nicht den Rang, den der grandiose Tiefsinn seines absurden Wortwitzes verkörpert. Aber um ihn daraus doch wenigstens mit einem Aphorismus zu Wort kommen zu lassen.

„Lachen und Lächeln sind Tor und Pforte, durch die viel Gutes in den Menschen hineinhuschen kann.“

Folgen wir dieser Erkenntnis und bringen doch lieber etwas von dieser Art Gedichten, beginnend mit dem allbekannten, dessen letzte 2 Verse längst im allgemeinen Sprachgebrauch gelandet sind.

Christian Morgenstern

Die unmögliche Tatsache

Palmström, etwas schon an Jahren,
wird an einer Straßenbeuge
und von einem Kraftfahrzeuge
überfahren.

"Wie war" (spricht er, sich erhebend
und entschlossen weiterlebend)
"möglich, wie dies Unglück, ja -:
daß es überhaupt geschah?

Ist die Staatskunst anzuklagen
in bezug auf Kraftfahrwagen?
Gab die Polizeivorschrift
hier dem Fahrer freie Trift?

Oder war vielmehr verboten,
hier Lebendige zu Toten
umzuwandeln, - kurz und schlicht:
Durfte hier der Kutscher nicht -?"

Eingehüllt in feuchte Tücher,
prüft er die Gesetzesbücher
und ist alsobald im klaren:
Wagen durften dort nicht fahren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:
"Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil", so schließt er messerscharf,
"nicht sein kann, was nicht sein darf."


Der Sperling und das Känguruh

In seinem Zaun das Känguruh -
es hockt und guckt dem Sperling zu.

Der Sperling sitzt auf dem Gebäude -
doch ohne sonderliche Freude.

Vielmehr, er fühlt, den Kopf geduckt,
wie ihn das Känguruh beguckt.

Der Sperling sträubt den Federflaus -
die Sache ist auch gar zu kraus.

Ihm ist, als ob er kaum noch säße . . .
Wenn nun das Känguruh ihn fräße?!

Doch dieses dreht nach einer Stunde
den Kopf aus irgend einem Grunde,

vielleicht auch ohne tiefern Sinn,
nach einer andern Richtung hin.


Täuschung

Menschen stehn vor einem Haus, --
nein, nicht Menschen, - Bäume.
Menschen, folgert Otto draus,
sind drum nichts als - Träume.

Alles ist vielleicht nicht klar,
nichts vielleicht erklärlich,
und somit, was ist, wird, war,
schlimmstenfalls entbehrlich.


Die Trichter

Zwei Trichter wandeln durch die Nacht.
Durch ihres Rumpfs verengten Schacht
fließt weißes Mondlicht
still und heiter
auf ihren
Waldweg
U. S.
W.

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