„Zeit ist das Grausamste, was es gibt, vor allem für Frauen.“ Das hat mir der liebe Arkadi heute abend erzählt. Der Hintergrund, ich war moralisch verpflichtet, der Beerdigung einer Bekannten meiner Mutter beizuwohnen, die ich selbst kaum kannte. Das führte mich erneut an den Ort meiner Kindheit und ich hatte ihm von der Begegnung mit einer alten Klassenkameradin erzählt. Übrigens zeigt das obige Bild ein Gutshaus, das zu meiner Zeit dort als Schule diente, genauer gesagt, ich selbst bin darin zur Schule gegangen. Sie ist lange geschlossen.
Ich war dem Beerdigungskaffeetrinken entflohen und hatte mich dort umgeschaut. Das Skurrile, im ehemaligen Park dieses Eichhorster Gutshauses lagen einst die Sportanlagen und es war alles noch zu finden, die Fußballtore von vor 30 Jahren, inzwischen erheblich verwittert, das Gras brach durch den Asphalt, auf dem wir damals unsere Runden zu drehen hatten. Selbst eine Baracke, in der sowohl die medizinische Erste Hilfe als auch die Wehrertüchtigung pädagogisch vermittelt wurden, war noch vorhanden. Nur den Staat, dem diese Ertüchtigung dienen sollte, gibt es lange nicht mehr.
Wie passend darum mit einem Gedicht an Andreas Gryphius zu erinnern, der am 2. Oktober 1616 geboren wurde, einer der bedeutenderen deutschen Dichter des Barock:
Andreas Gryphius
ES IST ALLES EITEL
Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden:
Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles dies, was wir für köstlich achten,
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't.
Noch will was ewig ist kein einig Mensch betrachten!
ALL IS VANITY
Look over Earth, you’ll see but vanity at large.
What this man builds today, that man tears down tomorrow;
Where towns are standing now, one soon will see a meadow
On which a shepherd’s boy is playing with his charge.
What swells in gorgeous bloom, will soon be trampled under.
What vaunts and flouts right now, next sun is ash and bone;
Nothing may hope to last, no metal and no stone.
Now fortune smiles at us, in no time troubles thunder.
The fame of noble deeds must like a dream fall past.
So shall the toy of time, this flimsy man, stand fast?
Ah! what is everything, this all we deem sublime,
But dismal nothingness, but shadow, dust and pain;
A meadow flower one can never find again.
Yet not one man will give eternity his time!
trans. © Michael Haldane
2 Kommentare:
A little journey into time
„Time is the cruellest thing, especially for women.“ My dear Arkadi told me that this evening. The background, I was morally obligated to attend the funeral of an acquaintance of my mother who I hardly know. That led me to the place of my childhood again and I had told him about a randomly meeting with an old classmate. By the way the above picture shows a manor house, which served in my time there as a school, more exactly said, it was my school. It was closed a long time ago.
I had escaped the funeral coffee drinking and was looking around. The strange thing, in the former park of Eichhorst Manor House once was the sports ground and everything was still to find there, the 30 years old goals, in the meantime been significantly eroded, the grass was breaking through the asphalt, on which we had to turn our rounds at that time. Even a barrack, in which both the medical first assistance and the military training were educationally obtained, was still present. Only there is not the state anymore, which this training should serve, since a long time.
How suitably therefore to remind with a certain poem of Andreas Gryphius, who was born on October 2nd 1616, one of the more important German poets of the baroque era (http://en.wikipedia.org/wiki/Andreas_Gryphius).
Ja, der Kampf gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist recht sinnlos. Aber je älter ich werde, desto mehr Freude habe ich an diesem Effekt der Zeit, die ja nicht umkehrbar ist, solange der zweite Hauptsatz nicht widerlegt ist (bewiesen ist er ja auch noch nicht). Aber Andreas Gryphius hat das viel schöner gesagt als Rudolf Clausius. Manchmal gilt es Poesie gegenüber Formeln vorzuziehen.
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