Freitag, 1. Mai 2015

Über Feuerwehren & andere Ordnungen – eine Predigt


Herr Roloff hat heute die (nachfolgende) Predigt gehalten. Ich habe ein wenig in meinen hilflos unsortierten Archiven gewühlt und fand dabei diese beiden Bilder. Ansonsten wird es womöglich Nachträge geben (immerhin sind die Texte fertig, also ist es kein ganz haltloses Versprechen). Meinen Lesern wünsche ich aber erst einmal einen angenehmen beginnenden Mai.


Predigt zum Feuerwehrgottesdienst

Gnade sei mit Euch und Friede von dem der da war und der da ist und der da kommt!

Liebe Gemeinde,

dem Jungen, den wir vorhin getauft haben ist ein Pauluswort als Taufspruch aufgegeben: „Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht.“ Diesen Vers aus dem Römerbrief wollen wir heute bedenken.

Nun ist es nicht meine Art, und das fröhliche Ereignis einer Taufe und der festliche Rahmen unseres jährlichen Bittgottesdienstes für unsere Feuerwehr vielleicht auch nicht der passende Anlass, um von großen Sorgen zu reden.

Dennoch trete ich an diesem 1. Mai vor euch hin, um genau davon zu sprechen. Benedikt XVI. hat in seiner Rücktrittserklärung vor zwei Jahren den Zustand unserer Zeit wie folgt beschrieben: „Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen.“

Was vor zwei Jahren bereits zweifellos zutreffend war, muss uns heute nun geradezu als prophetische Voraussicht erscheinen. In großen Teilen dieser Welt scheinen alle Dämme, die bisher, wenn nicht Recht und Wohlstand, so doch wenigstens ein Mindestmaß an Ordnung gesichert haben, gebrochen zu sein. Der Nahe und Mittlere Osten und große Teile Afrikas versinken in Chaos und Elend. Das Zerstörungswerk an den orientalischen Kirchen, das bereits so viele leidvolle Stationen aufweist, findet grausamste Fortsetzung. Krieg, Not und Verzweiflung der Menschen haben eine wahre Völkerwanderung in Gang gesetzt, die uns zur Mitmenschlichkeit herausfordert, in vielem aber über alle Kräfte zu gehen droht.

Fürwahr wird die Welt durch Fragen und Ereignisse hin und her geworfen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind. Das hat es zwar auch in der Vergangenheit häufiger gegeben. Jetzt scheinen uns aber vor allem die geistigen Widerstandskräfte auszugehen.

Denn wie, so frage ich heute, will man diesen Problemen entgegentreten, wenn nicht zunächst durch einen tiefen und festen Glauben? Gerade der aber schwindet nicht nur, sondern er wird in einer für Europa beispiellosen Weise zersetzt. Die Minderheitssituation der Christen wird immer bedrückender, die Art, wie an manchen Schulen mit Christen und ihren Glaubensinhalten umgegangen wird, ist alarmierend. Was ereignet sich da mitten unter uns?

Es ist die Gleichheitsideologie, die hier Triumphe feiert. Es wird Gleichheit propagiert und dadurch Gerechtigkeit in Aussicht gestellt. Inzwischen wird schon fast jeder Unterschied mit geradezu krankem Eifer bekämpft. Dieses Denken will vergessen machen, dass die unterschiedslose Welt eine tote Welt ist. Es ist meine Überzeugung, dass genau darin ihr Ziel demaskiert wird! Hier wird in allem Fortschritt propagiert und tatsächlich Zerstörung betrieben. Das war aber immer der Charakter revolutionärer Bewegungen, wir sollten darum auch weniger überrascht sein, dass wieder eine große Umwälzung in der Geschichte nicht hält, was sie verspricht.

Wie aber hängt nun all das mit unserem Leben hier in Schönhausen zusammen? Und was können wir tun?

Zunächst müssen wir sicher sein, dass die Folgen der globalen Veränderungen auch in unserem Dorf hier an der Elbe ankommen werden. Der Boden ist auch hier bereitet. Nur noch ein Fünftel der Einwohnerschaft zählt sich zur christlichen Kirche. Längst sind wir nicht mehr allein in der Lage, die Grundlagen unseres Zusammenlebens und die Weise unserer angestammten Lebensführung zu garantieren. Nur unter größter Mühe erhalten wir mal gerade das, was die Generationen vor uns geschaffen haben, diese Kirche, das gemeindliche Leben, die Ordnungen des Glaubens und unsere Bekenntnisse.

Wir erhalten alles das, und wir leisten darin einen Dienst an der ganzen Gemeinschaft. Denn wenn auch nicht alle zuweilen und viele dieses Haus gar nicht besuchen, es würde ihnen auffallen, wenn es fehlte. So ist auch in ihrem Leben der Ruf noch immer präsent: Gehet hin zu allen Völkern und machet sie zu meinen Jüngern. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.

Das nämlich ist der Auftrag, der sich hinter dieser Fassade verbirgt. Das ist der Ruf, der mit unserem Turm in die Landschaft hineingesetzt ist und den unsere Glocken mit ihrem Klang über das Land tragen. Wir glauben, dass die Menschen, wenn sie diesen Auftrag erfüllen, Einheit, Frieden und Ordnung finden. Wir sind davon überzeugt, dass man gerecht wird, wenn man von Herzen glaubt.

Darin wird die Gerechtigkeit gefunden, die wahr ist und Bestand hat. Der Mensch wird gerecht, wenn er sich auf Gott richten lässt. Gerechtigkeit hat damit zu tun, sich ausrichten zu lassen, Einfluss nehmen zu lassen auf sein inneres Wesen und nicht nur auf seinen äußeren Besitz, wie es heute so gern und hohl suggeriert wird.

Wir sind davon überzeugt, dass mit der Taufe ein Band um die Menschen gelegt wird, das sie auch mit Gott verbindet, und das sie zur Mitmenschlichkeit, zur Wahrheit, zur Treue und zur Liebe verpflichtet. Unter den Maßgaben der Mitmenschlichkeit, der Wahrheit, der Treue und der Liebe versuchen wir unser Leben und das Gemeinwesen immer wieder zu ordnen, und wir versuchen es selbst dann immer wieder, wenn uns Unmenschlichkeit begegnet, wenn die Lüge scheinbar triumphiert, wenn uns die Treue gebrochen wird, und wenn wir unter Lieblosigkeit leiden.

Immer wieder diesen Versuch auch in der Aussichtslosigkeit zu unternehmen, das ist es, was er geboten hat, und was wir halten sollen. Was er, der auferstandene Herr, geboten hat, das soll das Fundament unserer Ordnung und unseres Zusammenlebens sein.

Ist das nun ein so ferner und fremder Gedanke, dass er die Entchristlichung, die wir in unserem Volk und auch hier in unserem Dorf schleichend seit Jahren und Jahrzehnten beobachten, rechtfertigen würde?

Meine Antwort darauf wird in diesem Raum niemanden überraschen. Natürlich ist er es nicht. Dieser Gedanke ist weder fern noch fremd, und darum tragen wir ihn mit all unserer Kraft weiter. Die Taufe von Leonard ist dafür ein ganz wunderbarer Ausdruck. Und seht doch, wie sehr er sich auch in dem spiegelt, was ihr selbst tut.

Eine Feuerwehr ist uns ja nicht darum nötig, weil Kameradschaft so etwas Schönes ist, man gerne zusammensitzt, zuweilen auch Bier trinkt und mit eindrucksvollen roten Autos durch die Gegend fahren kann. Eine Feuerwehr gibt es, weil die Gefahren von Feuer, Katastrophen und Unfällen real sind, und wir uns gegen sie zur Wehr setzen müssen.

Die Abwehr ist doch nun aber nicht allein durch guten Willen oder die löbliche Absicht zu organisieren. Da braucht es Menschen, die sich dieser Aufgabe ganz verschreiben – nicht mal nur einen Nachmittag. Es braucht Menschen, die sich in den Dienst rufen lassen und ihn dann treu ausführen. Fred Götze tut das nun seit 50 Jahren, Günter Jacobs, Marie-Luise Haak, und Karl-Heinz Pick seit 45, Karin Grothe seit 35 und Sandro Tessmer immerhin schon seit 10 Jahren – er ist aber auch noch viel jünger.

Auch kann man kein Feuerwehrangehöriger sein, ohne irgendetwas zu wissen. Man muss schon bereit sein auch alles zu lernen, was zu dieser Aufgabe gehört und man muss ausführen, was der Wehrleiter anordnet. Ich weiß von Karl-Heinz Pick, wie vielfältig und aufwändig das Fortbildungsprogramm der Feuerwehr über das Jahr hinweg ist, wie oft in Übungen der Ausbildungsstand überprüft wird und wie ideenreich durch die Arbeit der Kinder- und Jugendfeuerwehr um den Nachwuchs gerungen wird.

Dazu kommt, dass man sich aufeinander verlassen können muss. Es braucht eine Ordnung und es verlangt nach Grundsätzen, wenn man den Kampf gegen die Gefahren der Welt führen will.

Wenn dies nun aber schon für Feuer, Unfälle und Naturkatastrophen gilt, wieviel mehr gilt das im Hinblick auf die Gestalt der Welt und unseres Lebens?

Nun kann man gerne behaupten, an die Stelle des einen kann immer auch etwas anderes treten, und das kluge Reden kennt selten Grenzen. Mir ist dergleichen bei der Brandbekämpfung allerdings noch nicht begegnet, und allein darum schon bin ich entschieden der Ansicht, dass wir unsere Feuerwehr erhalten, jeder auf seine Weise unterstützen, und für sie beten sollen. Vor allem aber ist heute ein Tag, an dem wir einfach auch einmal wieder Danke sagen können, denn auch im letzten Jahr gab es wieder einige, nie ungefährliche Einsätze. Ihr habt Euren Auftrag gewissenhaft erfüllt, der Gemeinschaft gedient und uns allen ein Beispiel gegeben.

Ihr habt uns allen ein Beispiel gegeben, wie man sinnvoll und wirksam auf einige besondere Gefährdungen, denen wir ausgesetzt sind, reagiert.

Ich kann hier heute nur den Rat geben, dass wir genau auf diese Weise auch im Hinblick auf alle Gefahren, die ich anfangs nannte, handeln sollten und handeln müssen. Wir müssen das, was uns wirklich und dauerhaft bindet, stärken. Wo der christliche Charakter unseres Landes und unseres Volkes zerfällt, da werden wir nichts mehr haben, was wir entgegensetzen können, wenn die großen Gefährdungen unserer Gegenwart in Schönhausen ankommen. Wir werden dastehen, wie solche, die die Feuerwehr abgeschafft haben, weil ihnen etwas Besseres vorschwebte, und sie vielleicht ihre Hoffnung darauf setzten, dann hörten auch die Brände auf. Als aber der große Brand kam, da waren gerade die guten Absichten das Verhängnis. Nur, wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht.

Amen

Der Friede des auferstandenen Herrn, der höher ist denn unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne.

Amen
Thomas Roloff

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