Donnerstag, 24. Juli 2008

Über Täuschungen

Eine meiner erfreulichsten Leseerfahrungen des letzten Jahrs waren die Beiträge von "Nicky Cooper" zuerst in seinem Blog "Cooper's Corridor" (er steht noch als Erinnerung in der Linkliste) und dann in dessen privaten Nachfolger "Nico's Niche". Ich machte hierin die verschiedensten Erfahrungen: Dankbarkeit für eine äußerst poetische und tiefgründige Weltsicht, die auch immer etwas tröstend Aufbauendes hatte, Unzufriedenheit mit mir selbst wegen meines Unvermögens, die englische Sprache einigermaßen zu beherrschen, Freude darüber, andere bemerkenswerte Menschen über seinen Blog kennenzulernen oder etwa auch darüber, nach dem überraschenden Schließen seines ersten Blogs zum Lesen des privaten Nachfolgers eingeladen zu werden.
Es gab zahlreiche enthusiastische Leser außer mir, einer, der von mir hochgeschätzte Greg Waagner, jemand, dessen charakterliche Integrität für mich beispielgebend ist, teilt jetzt mit, daß höchst unsicher ist, wieviel an Herrn Coopers Person authentisch ist, da er offensichtlich nicht nur ganze Texte von anderen Blogs unter seinem Namen übernommen hat, sondern auch deren Bilder...
Die Person, der sozusagen eine Welle der Sympathie entgegengeschlagen war, ist zu einem momentan unbestimmbaren Teil eine Fiktion, sie ist auch nicht mehr aufindbar. Er hat also völlig überzeugend einen begabten, teilnahmsvollen, inspirierten Menschen erfunden, als Literatur wäre das vielleicht noch ganz unterhaltsam, aber wie gesagt mit dem Gestus der Authentizität und dann auch noch aus zusammengeklaubtem Material... Immerhin kann man ihm beachtliche einfühlende Intelligenz nicht absprechen.
Das ist eine dieser wirklich traurigen Geschichten, vor allem, da Herr Cooper ja unbestreitbar Talent besaß bzw. besitzt, denn um es noch einmal zu sagen, die Person, die sich uns vorstellte, war in der Tat bemerkenswert.
Die Motive bleiben dabei rätselhaft, hielt er sein eigenes Leben für so wenig mitteilenswert, hatte er eine zu geringe Meinung von seinen sprachlichen Fähigkeiten, wir wissen es nicht.
Mir sind in meinem Leben schon des öfteren Täuschungen begegnet und wenn man sich auf den betreffenden Menschen näher eingelassen hatte, bleibt man immer mit einem Gefühl des Besudeltseins und der Leere zurück und es wächst die Unsicherheit, unbefangen auf andere Menschen zuzugehen. Das ist die beträchliche Gefahr - innerlich zu versteinern. Ich werde versuchen, die Erinnerungen an die guten Gefühle zu bewahren, die mir durch "Cooper's Corridor" geschenkt wurden. "Also danke Mr. Cooper oder wie immer Sie heißen mögen und alles Gute."

Nachtrag

Es scheint, der junge Herr Cooper ist in Wahrheit eine 52jährige Großmutter, die sich diese Person erdacht hat, weil sie ihr eigenes Leben so unerträglich fand, das erinnert ein wenig an die JT LeRoy - Geschichte, nun, wer will, mag das hier weiterlesen, mir schwirrt im Moment noch zu sehr der Kopf, um dazu eine klare Bemerkung zu machen.

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