Dienstag, 6. März 2012

Peter von Cornelius

Peter von Cornelius, etwa 1850

Soweit man Thomas Mann glauben darf, hätte Goethe auf Bilder dieses Malers am liebsten mit der Pistole geschossen. Dabei hat er selbst dessen Faust zu illustrieren versucht, und nicht einmal übel. Im letzten Jahr habe ich das ein wenig näher ausgeführt.

Peter von Cornelius, Faust bietet Gretchen den Arm, 1811

Es ist schwierig, etwas anzumerken, wenn man die Motive von jemandem ungemein schätzt, aber das Ergebnis, nun ja, wenn die Exaltationen nur nicht gelegentlich so pedantisch daherkämen. Peter von Cornelius ist am 6. März 1867 gestorben, und nachdem ich hin und her überlegt habe, schiebe ich meine eigenen Gedanken einfach beiseite und zitiere aus der ADB von 1876 (den ganzen, ziemlich langen Artikel findet man hier, eine neuere, und kürzere Biographie hier).

„Die Nothwendigkeit, sich so früh sein Brod zu verdienen, machte ihn, wie man sieht, bald gewandt sich mit einer gewissen Sicherheit auszusprechen, ein Ganzes hervorzubringen. Sie fügte ihm aber auch den nie mehr gutzumachenden Nachtheil zu, daß er keine ordentliche Schule durchmachen, die Natur, die Gesetze ihrer Erscheinung durch ein gründliches Studium kennen lernen, oder vollends sich bei geübten Lehrern eine gesunde Technik, jene herrliche Erbschaft, welche Mengs hinterlassen, aneignen konnte. Er ward vielmehr daran gewöhnt, alles aus seiner reichen, aber fast nur durch andere Kunstwerke genährten Phantasie zu holen, und die Natur nur im Fluge zu beobachten, zu belauschen, selten aber direct nachzuahmen. Die Armuth drängte ihm die conventionelle Form in der Kunst eben so mit Gewalt auf, als die Abneigung vor einer Gegenwart, deren Druck beständig so hart auf ihm lastete. War doch der Anblick der Fremdherrschaft in den Rheinlanden, des unaufhörlichen Schicksalswechsels, die sie herbeiführte, der grenzenlose Uebermuth der Franzosen ganz dazu angethan jenen Ernst, die großartige Betrachtung des menschlichen Lebens bei dem jungen Manne wachzurufen, die wir überall wahrnehmen, vor allem aber auch jene tiefe Abneigung gegen alles Fremde und besonders Fränkische, die Tendenz zum Zurückgreifen auf das specifisch Deutsche in der Kunst hervorzubringen. Voll Schwärmerei und Ueberschwänglichkeit treten uns doch die starke Vaterlandsliebe, der glühende Franzosenhaß und das feste Bewußtsein des eigenen hohen Berufes, das große Wollen sofort aus seinen Briefen ... entgegen.“

Peter von Cornelius, Joseph gibt sich seinen Brüdern zu erkennen

Seine oft trockene Herbheit ist noch am ehesten erträglich bei einem Bild wie diesem Fresko, gemalt 1816/17 für den preußischen Generalkonsul in Rom. Harmonische Farbgebung, interessante Gruppierung der fast schon überspannt agierenden Personen, die von einem Architekturrahmen umfaßt werden, der die gedrängte Handlung ins Weite öffnet.

Die ADB sieht dies euphorischer und hier „... die classische Form mit einer so durch und durch deutschen Art des Empfindens [erfüllt], daß sie ebenso wol als echt nationale Kunstwerke bezeichnet werden können, wie es Hermann und Dorothea oder Iphigenie sind. Tritt an ihnen vor allem jenes Bestreben nach scharfer Charakteristik der Gestalten, welches durch alle deutsche Kunst geht, hervor, so berührt um so angenehmer seine innige Vereinigung mit dem herrlichen rythmischen Fluß der Linie, dem reinen und großen Stilgefühl, die der Meister den Cinquecentisten verdankt. – Ferner der tiefe, männliche Ernst, die schöne Wärme besonders in dem das Wiedersehen gebenden Bilde bei Abwesenheit alles leeren Pathos in diesen noch die ganze keusche Gluth und Begeisterung der Jugend zeigenden Erfindungen. – Selbst das Colorit ist unter dem glücklichen Einfluß der classischen Umgebung weit entfernt jene Härte, Kälte und Buntheit zu zeigen, welche den späteren Fresken des Meisters oft so weh thun, es ist vielmehr so bescheiden, harmonisch und ernst, daß man das Ganze als eine Leistung bezeichnen darf, die selbst in der Nachbarschaft von Rafael und Michel Angelo bestehen bleibt. Nicht minder stark ist das Hervortreten einer künstlerischen Eigenschaft, die dem Meister überhaupt in ungewöhnlichem Grade innewohnt, der Deutlichkeit und Verständlichkeit dessen, was er uns zeigen oder erzählen will.“

Wie schon früher erwähnt, waren es seine Prophetengestalten in der Kuppel von St. Nikolai zu Potsdam, die mich auf diesen Maler aufmerksam gemacht hatten. Und diese sind nicht nur fest in meinem inneren Bildersaal verankert, das ist in meinen Augen einfach gültige Kunst (anstelle eines nicht auffindbaren frei verfügbaren Bildes, nur dieser Link zu diesem beeindruckenden Photo).
nachgetragen am 9. 3.

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