Sonntag, 8. September 2013

Sonntag &

Diese gestrenge Dame ist eine der beiden Karyatiden, die den Zugang zu unserer Küche bewachen (links unten in der Ecke sieht man die Kaffeedose); von innen betrachtet steht sie zur Linken und hält offensichtlich einen Eichenzweig in der Hand.

Die andere Dame (tatsächlich war der Baumeister kultiviert genug, nicht einfach zwei Kopien nebeneinander zu stellen, sie unterscheiden sich also durchaus, so man genauer hinschaut oder dazu in der Lage ist) trägt nach meiner Auffassung einen Lorbeerzweig in der Hand. Andere meinen anderes, wie auch immer.

Wie schon erwähnt, befindet sich übrigens hinter dem anmutigen säulenumstandenen Erker mein bescheidenes Arbeitszimmer; inzwischen habe ich mir doch Jalousien zugelegt, als Schaufensterobjekt bin ich erkennbar denkbar ungeeignet.

Wer sich dunkel seiner klassischen Bildung erinnert, dem kommt bei Karyatiden das Erechtheion der Athener Akropolis in den Sinn, oder auch ein vornehmes Haus des 19. Jahrhunderts, an dem er vielleicht vorbeilief, sie waren dazumalen sehr beliebt, wie man sieht.

Ich dachte, ich erläutere heute erst einmal die Szenerie, bevor ich weiter zum langweiligen Hauptgericht voranschreite.

Die Rückfront wäre also zur Genüge beschrieben, zur einen Seite gibt es noch diese ansprechende Vase. Daneben ein Säulenfragment von einem aufgegebenen Friedhof, als junger Student sammelt man solche Trophäen gern, und nun ist es eine Art „Memento mori“ geworden.

Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.

Der Prophet Jesaja spricht so im 40. Kapitel, es kam mir gerade in den Sinn; wir müssen angesichts all dieser Zeichen der Vergänglichkeit schließlich rechtzeitig nach Auswegen suchen.

Und im Schatten einer gewesenen "Schloß-Kirche", nunmehr eine Skulpturengallerie, auf die wir jeden Morgen wie Abend schauen dürfen, braucht es kaum mehr Zeichen des Vergänglichen (wiewohl ein Gebäude, wenn es von gewisser Qualität ist, sich seiner Entwidmung auch widersetzt, aber das ist eine andere Geschichte).

Recht eigentlich sitzen wir hier im Schatten eines alten Ahorn, wir sind überhaupt umringt von alten Bäumen, und was fand ich unter demselben? Eine Herbstzeitlose, rührend, nicht?

Und wo wir gerade bei Blumen sind, im nächsten Bild sieht man ein bescheidenes Ergebnis meines Bemühens, auf dem traditionsreichen Flecken auch noch einen kleinen Garten anzulegen. Wie ich gerade gelernt habe, liegen unter diesem Areal (die Terrasse ist nicht ursprünglich), beträchtliche Trümmermengen vom Schloßabriß(!)




Und nach 2 Töpfen von der Terrasse mein Versuch, ein Gitter für zwei Rankrosen zu bauen (ich bin darauf wohl in der Achtung einer hochbetagten Bewohnerin des Hauses deutlich gestiegen, sie war davon überzeugt, ich säße den lieben langen Tag nur vor dem Computer...).



Wir leiten langsam über zum langweiligen Essen. Wie gesagt, befindet sich neben und über uns ein alter Ahorn, der gerade die ersten Zeugnisse des herannahenden Herbstes herabwirft (das Blatt stammt von ihm), was mich auf die Idee für die Tischdekorierung brachte. Daß wir würden draußen essen können, blieb länger ungewiß, die Sonne kämpfte unermüdlich gegen die herannahende Regenfront und verlor zum Glück erst fast zur Nacht.



Es waren Stücke Lachsfilet, im Ofen in Kochsahne gegart (und einer Fertigsauce, ich gestehe), mit frisch gehacktem Dill, Pfeffer und Salz, frischem Muskat und zur Abrundung Zitronen-Basilikum obenauf. Dazu Blumenkohl. Das Rezept war nicht übel, aber den Lachs hole ich beim nächsten Mal besser nicht vom Discounter. Doch kleinere Städte haben da manchmal wirklich ihre Tücken, *seufz.


Und angesichts soviel sonntagsessens-untypischer Bemerkungen und Betrachtungen über Vergängliches und Vergangenes wollen wir auch fromm enden, zumal ich den Gottesdienst geschwänzt hatte, nämlich mit Psalm 119, Vers 37:

Halte meine Augen davon ab, nach Nichtigem zu schauen.

nachgetragen am 9. September

2 Kommentare:

DirkNB hat gesagt…

Schön, wie einem mit einem fremden Blogartikel eigenes Fehlverhalten, weniger im Schreiben sondern mehr im erzählenden Leben, so direkt und eigenerlebbar vor Augen geführt wird. Was übrigens keine Kritik am Artikel sein soll, der ist in sich schon stimmig, vor allem mit dem Gedanken an die Motivation des Autors. ;-)
Worauf ich anspiele ist meine manchmal etwas ausschweifende Art, beim Erzählen viele Umleitungen nutzend etwas länger zu brauchen, bis ich endlich beim Thema angekommen bin. Aus eigener Ansicht soll der Zuhörer nur umso besser und breiter auf die folgende Pointe vorbereitet werden, um sie auch ausreichend würdigen zu können. Dem ab geht eine gewisse Effizienz, die doch von vielen auch in der Kommunikation erwartet wird. Schade manchmal.
Hier zeigt sich die Parallele zum Artikel. Die Überschrift verheißt Bilder kulinarischer Ergötzung, allein werden sie durch Kultur und Natur - unnötig oder nicht - hinaugezögert. ;-)

MartininBroda hat gesagt…

@DirkNB Erstens verstehe ich das, zweitens, darf man man mich ruhig gnadenlos kritisieren, nur Mut! Und letztens, ja ich hatte schlicht keine Lust mehr auf's Thema, war aber nun mal mittendrin.

Die Bibelzitate übrigens sind zuerst dadurch entstanden, daß ich mir meinen eigenen "lorem ipsum" Text gemacht hatte (eine Zitatesammlung) und nachträglich darüber stolperte.

Das nächste Mal kaufe ich besser ein und habe dann auch wieder anderes zu erzählen :).