Montag, 21. Dezember 2009

Die Weiber zu Weinsberg



Burg Weibertreu von Hans Baldung Grien 1515
hier gefunden

"AIs König Conrad III. den Herzog Welf geschlagen hatte (im Jahr 1140) und Weinsberg belagerte, so bedingten die Weiber der Belagerten die Übergabe damit: daß eine jede auf ihren Schultern mitnehmen dürfte, was sie tragen könne. Der König gönnte das den Weibern. Da ließen sie alle Dinge fahren, und nahm ein jegliche ihren Mann auf die Schulter und trugen den aus. Und da des Königs Leute das sahen, sprachen ihrer viele, das wäre die Meinung nicht gewesen, und wollten das nicht gestatten. Der König aber schmutzlachte und tät Gnade dem listigen Anschlag der Frauen: 'Ein königlich Wort', rief er, 'das ein Mal gesprochen und zugesagt ist, soll unverwandelt bleiben.'"

"Die Weiber zu Weinsberg", Brüder Grimm, “Deutsche Sagen”, Band 2



Die treuen Weiber von Weinsberg.
Kupferstich von Zacharias Dolendo nach Jacques de Gheyn II
spätes 16. Jahrhundert, hier gefunden


Adelbert von Chamisso

Die Weiber von Winsperg

Der erste Hohenstaufen, der König Konrad lag
Mit Heeresmacht vor Winsperg seit manchem langen Tag,
Der Welfe war geschlagen, noch wehrte sich das Nest,
Die unverzagten Städter, die hielten es noch fest.

Der Hunger kam, der Hunger! das ist ein scharfer Dorn,
Nun suchten sie die Gnade, nun fanden sie den Zorn:
'Ihr habt mir hier erschlagen gar manchen Degen wert,
Und öffnet ihr die Tore, so trifft euch doch das Schwert.'

Da sind die Weiber kommen: 'Und muß es also sein,
Gewährt uns freien Abzug, wir sind vom Blute rein.'
Da hat sich vor den Armen des Helden Zorn gekühlt,
Da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt.

'Die Weiber mögen abziehn, und jede habe frei,
Was sie vermag zu tragen und ihr das Liebste sei;
Laßt ziehn mit ihrer Bürde sie ungehindert fort,
Das ist des Königs Meinung, das ist des Königs Wort.'

Und als der frühe Morgen im Osten kaum gegraut,
Da hat ein seltnes Schauspiel vom Lager man geschaut;
Es öffnet leise, leise sich das bedrängte Tor,
Es schwankt ein Zug von Weibern mit schwerem Schritt hervor.

Tief beugt die Last sie nieder, die auf dem Nacken ruht,
Sie tragen ihre Eh'herrn, das ist ihr liebstes Gut.
'Halt an die argen Weiber!' ruft drohend mancher Wicht; –
Der Kanzler spricht bedeutsam: 'Das war die Meinung nicht.'

Da hat, wie er's vernommen, der fromme Herr gelacht:
'Und war es nicht die Meinung, sie haben's gut gemacht;
Gesprochen ist gesprochen, das Königswort besteht,
Und zwar von keinem Kanzler zerdeutelt und zerdreht.'

So war das Gold der Krone wohl rein und unentweiht.
Die Sage schallt herüber aus halbvergeßner Zeit.
Im Jahr eilfhundert vierzig, wie ich's verzeichnet fand,
Galt Königswort noch heilig im deutschen Vaterland.

***

Warum nicht diese beliebte und vielfach nacherzählte Begebenheit aus dem frühen Mittelalter hier heute anbringen, dachte ich mir. Zumal es kürzlich um die Brüder Grimm ging, die auch diese Sage gesammelt haben. Sie führt mitten in den Konflikt zwischen Welfen und Staufern.

Der Staufer König Konrad III. hatte am 21. Dezember 1140 in einer Schlacht bei der Burg Weinsberg gesiegt, die Burg ergab sich und nach der Kölner Königschronik versprach der König den Frauen der Burg freien Abzug, es dürfe sogar eine jede forttragen, „was sie auf ihren Schultern vermöchte“. Die Frauen trugen ihre Männer auf dem Rücken aus der Burg, retteten ihnen damit das Leben und waren fortan als die „Treuen Weiber von Weinsberg“ bekannt.

1 Kommentar:

Mr. Urs hat gesagt…

Ich nehme doch an, das nach dem 21. Dezember 1140 die Bedingungen für freien Abzug bei Belagerungen europaweit überarbeitet wurden.