Donnerstag, 14. Januar 2010

Christian Friedrich Henrici - der Textdichter Bachs



Nur eine kurze Notiz, aber der wichtigste Textdichter Bachs - Christian Friedrich Henrici (Picander) wurde heute, am 14. Januar 1700 geboren. Oben findet sich ein Stück aus der bekannten Kaffeekantate, zu der er den Text geliefert hat. Der Artikel in der Allgemeinen Deutschen Biographie von 1880 über ihn gibt so amüsant deutlich den Geschmack des 19. Jahrhunderts wieder (das etwa mit der Dichtung des Barock gar nichts anfangen konnte), daß ich ihn ausführlich zitieren will.

„Unter allen diesen Dichtungen sind bloß seine Schauspiele von bleibendem Werthe, weil sie nicht blos mit komischer Kraft und Lebendigkeit des Dialogs ausgestattet sind, sondern auch weil er in denselben ... die Lebensweise der Studenten auf den deutschen Universitäten seiner Zeit und namentlich zu Leipzig sowie die verderbten Sitten des damals herrschenden Geistes überhaupt auf eine anziehende und drastische Weise schildert. Seine übrigen Gedichte sind mehr als Reimereien zu bezeichnen, mit denen er schon in seinem 14. Lebensjahre begonnen hatte. Obgleich nicht ohne Talent zur Poesie hatte H. dasselbe doch eben so wenig als der schlesische Dichter Günther ausgebildet und es eben so übel wie dieser oder der berüchtigte Menantes angewendet. Vielmehr suchte er durch geschmacklosen Witz und grobe höchst unsittliche Scherze, wodurch besonders seine „Quodlibete“ berüchtigt sind, rohere Seelen zu vergnügen und dieß ist ihm denn auch vortrefflich gelungen. Dafür aber ward ihm die Verachtung des feineren Theiles seiner Zeitgenossen sowol als der Nachwelt zum verdientesten Lohne. Dagegen verdankt ihm in anderer Beziehung die Sprichwörterkunde und deren Lexicographie sehr schätzbare noch ungewürdigte Beiträge, da alle seine Gedichte von Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten und mitunter den seltensten strotzen, die allerdings sehr oft obscönster Natur sind und aus sehr groben Unfläthereien herausgelesen werden müssen; die „satyrischen Gedichte" allein weisen 309 proverbiale Ausdrücke auf, darunter 15 Priameln. Nicht minder auch ist ihm die geistliche Liederpoesie zu Dank verpflichtet für 68 sehr wohlgelungene Lieder, die größtentheils in Gesangbücher übergegangen sind und unter denen besonders „Liebster Jesu, wilstu scheiden“, „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ und „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ hervorzuheben sind. Auch ist er der Verfasser vieler Texte zu seines Freundes Sebast. Bach Compositionen und unter diesen auch zu des letzteren berühmter Passionsmusik.“


2 Kommentare:

Walter A. Aue hat gesagt…

Der Artikel hat mich verschreckt. Was soll ich tun? Die Milch der frommen Denkart [wie in dem Vermeer(?)] darueber ausgieszen, auf dasz sie sauer werde? Oder nicht zu richten, auf dasz ich nicht gerichtet werde? Jeder trinkt doch den Kaffee nach seiner eigenen Art...

MartininBroda hat gesagt…

Haha. Ein Artikel genau vergleichbarer Art hat mich in meiner frühen Jugend zum Barockliteratur-Fan gemacht - ich hatte noch kein Stück davon gelesen. Aber ich dachte bei mir, wenn sie wirklich so schlimm ist, werde ich sie lieben, war so.