Sonntag, 13. Januar 2013

1. Sonntag nach Epiphanias


Herr Roloff hat mir diese Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias geschickt, und da ich heute den Gottesdienst geschwänzt habe, beruhige ich auch ein wenig mein schlechtes Gewissen, wenn ich sie im Anschluß bringe. Er erwähnt in seiner Predigt Hilarius von Poitiers. Dieser furchtlose Kämpfer gegen die Irrlehre des Arianismus starb 367 in Poitiers und wurde an einem 13. Januar beigesetzt. Deshalb ist dieses sein Gedenktag. Um zu sehen, welch beeindruckende Gestalt sich in ihm zeigt, genügt ein Blick auf ein Schreiben des Heiligen, das er gegen den Kaiser Konstantius gerichtet hatte:

„Wir wollen uns nicht fürchten vor dem, welcher den Leib tödten kann, die Seele aber nicht tödten kann; sondern wir wollen den fürchten, welcher Leib und Seele in die Hölle verderben kann. Lasset uns nicht um uns bekümmert seyn; denn die Haare unsers Hauptes sind gezählt. Und lasset uns durch den heiligen Geist der Wahrheit folgen, damit wir nicht durch den Geist des Irrthumes der Lüge glauben. Lasset uns mit Christo sterben, auf daß wir mit Christo herrschen. Denn noch länger zu schweigen, wäre ein Zeichen von Mißtrauen, kein Beweis der Bescheidenheit; weil es eben so gefährlich ist, immer zu schweigen, als niemals.“

„Denn es sind Schriften vorhanden, welche darthun, daß das, was du für verbrecherisch hältst, damals mit religiösem Sinne angenommen worden sey. Höre den heiligen Sinn der Worte, vernimm die unversehrte Bestimmung der Kirche, höre das Glaubensbekenntniß deines Vaters; vernimm das zuversichtliche Vertrauen der menschlichen Hoffnung; höre die öffentliche Meinung über die Verwerfung der Irrlehren; erkenne es, daß du ein Feind der göttlichen Religion, ein Feind des Andenkens der Heiligen, und ein widerspenstiger Erbe der väterlichen Frömmigkeit bist.“

Hilarius gehört zu den verbindenden Gestalten von Ost- und Westkirche, etwas, das bald immer seltener wurde, leider. Er hat als einer der ersten Hymnen auf Latein gedichtet, wovon wir hier ein Beispiel finden. Es gäbe einiges weitere zu sagen, aber jetzt folgt dann doch die Predigt, begleitet von winterlichen Bildern, wir scheinen gerade wieder etwas Winter zugemutet zu bekommen. Was ich übrigens auch noch zu bringen hoffe, ist die heutige Ente, wir werden sehen.



Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias
Joh 1, 29-34

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserm Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde,

in der Liturgie feiern wir in jedem Kirchenjahr auch den ganzen Lebensweg unseres Herrn. Nach dem Geburtsfest und der Erinnerung an die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland steht heute bereits das Gedenken an die Taufe Jesu durch Johannes im Mittelpunkt. Die Taufe Jesu markiert ohne Zweifel den Höhepunkt der Beziehung zwischen diesen beiden Männern. Sie sind ganz deutlich aufeinander bezogen, sie sind sogar miteinander verwandt, ihre Botschaft ist identisch: „Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“

Die Taufe Jesu durch Johannes macht ihre Beziehung aber auch zum Paradigma für das Verhältnis eines jeden Christen zu seinem Herrn. Im Evangelium haben wir von Matthäus gehört, wie Johannes sich gewehrt hat, als Jesus sich von ihm hat taufen lassen wollen. Er sprach: „Ich bedarf wohl, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?“ Die Antwort Jesu ist merkwürdig: „Lass es jetzt also sein! Also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“

Die Haltung des Täufers ist mehr als verständlich. Warum soll sich der, der ohne Sünde ist, der Taufe unterwerfen, die zur Buße ruft? Der Theologie war dieser Umstand auch lange ein Ärgernis, und oft hielt sie es entschieden mit dem Einwand des Johannes. Ganz nebenbei sei bemerkt, wie sehr der Umstand, dass die Evangelisten die Taufe Jesu nicht verschwiegen sondern treu von ihr berichtet haben, obgleich sie scheinbar dem theologischen Programm nicht entsprach, für ihre tiefe Wahrheitsliebe spricht. Das sollen wir zum Anlass nehmen, um ihrem Wahrheitswillen auch zu vertrauen. Es macht keinen Sinn, immer gleich alles in Frage zu stellen, nur weil sich unserem Verstehen nicht sofort ein leichter Weg auftut.


Aber zurück zum Paradigma, zum Beispiel, dass das Verhältnis zwischen Johannes und Jesus uns gibt. Dieses wird nämlich besonders eindrucksvoll in den Versen des Johannesevangeliums deutlich, die uns heute zur Predigt aufgegeben sind:

Johannes spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!

Johannes macht sich zum Hinweis auf den, von dem das Heil kommt. Er macht sich zum Wegweiser, zum Herold, vor allem aber macht er sich zum Diener. Er macht sich zum Diener des Herrn und seiner Mitmenschen.

Siehe, das ist Gottes Lamm. Es ist unglaublich, dass dieser fundamentale Satz es vermocht hat, bis zu uns vorzudringen über die Jahrtausende und über Länder und Meere hinweg.

Dann beginnt Johannes scheinbar in Rätseln zu sprechen: „Dieser ist´s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“

Obwohl es alle menschliche Vorstellung übersteigt, versucht Johannes hier auszudrücken, was es bedeutet, dass sich in Jesus Gottheit und Menschheit miteinander verbunden haben. Durch seine Geburt, durch die Inkarnation, die Fleischwerdung, ist Jesus Mensch geworden und war dennoch als Gott von aller Ewigkeit her.

„Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er nicht war“ und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, die verdammt die Kirche.“

So lehrt es das Konzil von Nicäa auch im Ergebnis von menschlichem Nachdenken über drei Jahrhunderte hinweg im Jahre 325.

Johannes kann noch ganz offen bekennen: „Und ich kannte ihn nicht; sondern auf dass er offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.“

Johannes war wie jeder religiöse Mensch zunächst ein Suchender, der sich auf das Unbekannte einlassen musste, um zur Wahrheit zu gelangen. Dann folgt sein gewissenhaftes Bekenntnis, das verbunden ist mit einem Rückblick auf die Taufe, wie er sie erlebt hat: „Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich erkannte ihn nicht; aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist´s, der mit dem heiligen Geist tauft. Und ich sah es und zeugte, dass dieser ist Gottes Sohn.“

Mit diesem Bekenntnis wird Johannes der Täufer zum Diener an der durch Christus gewordenen Wahrheit.

Das ist das gültige neue Paradigma von dem ich sprach: Auch wenn es zunächst so aussieht, als würde sich Christus der Taufe des Johannes unterwerfen, als würde er sich der damals wohl recht großen Jüngerschaft des Täufers anschließen, so wird doch gerade in der Taufe Jesu Johannes zum Diener an ihm und seiner erlösenden Botschaft. Die Begegnung mit Christus macht uns zu Dienern der Wahrheit, oder sie lässt unser Menschsein leer und sinnlos werden, wenn wir uns ihm versagen. Was wäre die Taufe des Johannes noch, wenn er sich geweigert hätte dem Willen des Mensch gewordenen Gottes nachzugeben, der die Taufe wollte, um sich als solcher zu offenbaren?

Der Wille Gottes ist der einzige Weg zur Wahrheit, denn er ist die Wahrheit. So wird denn in der Taufe Jesu auch nicht eigene Sünde abgewaschen, sondern sein Menschsein bekräftigt und der Weg zum Heil erstmal offenbart. Die Kirche hat dann verstanden, wie in der Taufe Tod und Auferstehung verheißen wurden noch ehe sie geschichtliche Faktizität erlangt hatten – übrigens ganz ähnlich wie in der Feier des historischen Abendmahls, das auch den Tod begeht, ehe er erlitten war – dadurch kann nun auch in der christlichen Taufe eine Anteilnahme an der Auferstehung des Herrn eröffnet werden.


Hilarius von Poitiers, dessen Gedenktag heute begangen wird, und der ein bedeutender Bischof und Lehrer der Kirche im 4. Jahrhundert gewesen ist, hat es im arianischen Streit mit den schlichten Worten ausgedrückt: „Wer soll die Wahrheit sagen, wenn nicht der Diener der Wahrheit?“ In diesem Streit ging es um die wahre Gottheit Jesu, die durch die Arianer bestritten wurde, obgleich sie auch durch den Täufer im Evangelium klar bezeugt ist.

Nachdem Hilarius wegen seiner Standhaftigkeit im Glauben nach Kleinasien verbannt worden war, schrieb er glühende Worte an seine Gemeinden: „Schweigen wäre nicht Mäßigung, sondern Feigheit. Mögen die Hirten ihre Stimme erheben, nachdem die Mietlinge die Herde verlassen haben.“

351 wurde Martin von Tours Schüler von Hilarius und auch durch ihn getauft

Manchmal scheint es mir so zu sein, dass die großen Kämpfe unter uns Menschen niemals endgültig entschieden sind. Immer wieder drängen dieselben Zweifel heran, die das einzigartige Geschehen der in Christus vollbrachten Heilsgeschichte, seine Gottheit, die Notwendigkeit seines Leidens und Sterbens am Kreuz, die Tatsächlichkeit seiner Auferstehung in Frage stellen. Wir sollen ihnen, wie Hilarius, wie schon Johannes der Täufer begegnen durch das klare Bekenntnis der Wahrheit. „Nach mir kommt der Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“ Und auch wir sehen und bezeugen, dass dieser ist Gottes Sohn.

Nur aus diesem Bekenntnis heraus, nur aus unserer Dienerschaft gegenüber Gott, erheben sich unsere Begriffe von Wahrheit und Treue, die uns dann auch als Menschen untereinander binden. Nur, wo wir uns zum wahren Gott bekennen, können wir uns am Altar wahre Versprechungen geben und durch sie unser Leben gestalten. Ohne Wahrheit und Aufrichtigkeit im Glauben und in der Liebe zerfällt alles zu Nichts.

Das ist die Verheißung unserer Taufe, das ist die Hoffnung unseres Glaubens, das ist der Kern des Bekenntnisses zum Sohn Gottes.

Amen


Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unsern Herrn.

Amen
Thomas Roloff

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