Dienstag, 2. September 2008

Sedantag


Siegessäule in Berlin-Tiergarten, fotografiert am 17. Juli 2004 von Nikolai Schwerg,
gefunden hier


Könnte man kurz 100 Jahren zurückdrehen, so wäre heute in Deutschland ein hoher Feiertag. Eine der schönsten Beschreibungen davon fand ich beim Grafen Krockow, der, selbst Haffner zitierend, folgendes vortrug:

„Symbole sagen oft mehr als Begriffe, und das Symbol des Bismarck-Reiches war der Sedantag, der an die Kapitulation der französischen Armee bei Sedan samt Kaiser Napoleon vor der preußisch-deutschen im Jahe 1870 erinnerte. Sebastian Haffner hat in einer schönen Betrachtung noch aus eigenem Erleben diesen Tag, diesen Symboltag des Bismarck-Reiches, folgendermaßen beschrieben:

‚Der Sedantag war ein rundes halbes Jahrhundert lang der deutsche Nationalfeiertag, mit Paraden, Beflaggung, Schulfeiern, patriotischen Reden und allgemeinen Hochgefühlen. Und zwar war es, muß man wahrheitsgemäß und mit einiger Beschämung sagen, der einzige wirklich effektive Nationalfeiertag, den die Deutschen gehabt haben. Was nachher an seine Stelle trat, der 11. August, Verfassungstag der Weimarer Republik, der 1. Mai der Nazis, der 17. Juni der Bundesrepublik, das war alles nichts Rechtes mehr: halt ein freier Tag und ein paar Weihestunden und Reden, die keinen sonderlich interessierten. Aber der 2. September, der Sedantag, mein Gott, da war wirklich noch was los! Das war eine Stimmung – ich finde für die heutige Zeit keinen anderen Vergleich - als ob die deutsche Nationalmannschaft die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hätte, und zwar jedes Jahr aufs neue.‘

Der letzte Satz sagt über die Gegenwart mindestens ebensoviel aus wie über das Bismarckreich,…“

Aus „Bismarcks Rolle in der deutschen Geschichte“ Festrede von Christian Graf von Krockow anläßlich des Festaktes in Schönhausen am 1. April 1998 zum 100. Todestag Bismarcks, zitiert aus der Dokumentation “Otto von Bismarck (1815 – 1898) Festakt Schönhausen 1. April 1998“, hrsg. vom Presse- und Informationsamt der Landesregierung Sachsen-Anhalt, Magdeburg, 1998

Wer eine lexikalische Weiterführung sucht, mag hier fündig werden, selbst wenn man das alles durchaus auch sehr anders darstellen könnte.

Bekanntlich hat Deutschland seine modische Neigung merkwürdigerweise etwas ungewöhnlich ausgelebt, während sich anderenorts Kleidung, Musikgeschmack etc. im Jahreswechsel ändern, hat man in Deutschland über die letzten 100 Jahre ständig Staatsform, Fahnen, Grenzen, Nationalfeiertag, Hymnen usw. gewechselt. Daher sollte man an die gelungeneren Versuche durchaus gelegentlich einmal erinnern.

Übrigens findet sich eingangs das Bild der Siegessäule deshalb, weil sie zur Erinnerung an eben diesen deutsch-französischen Krieg errichtet und am dritten Jahrestag der Schlacht von Sedan eingeweiht wurde.

Und eine meiner alten patriotischen Kinderzeichnungen befand sich zu Aufnahmezwecken heute kurz im Rosentopf, weil, nun ja, das habe ich andernorts schon einmal näher beschrieben.


2 Kommentare:

Greg hat gesagt…

Martin, who is the figure in gold atop the Victory column? It's beautiful...love the way it shines in the sunshine.

Hey, you were quite an artist as a young one...do you draw at all these days?

MartininBroda hat gesagt…

German history is more like a roller coaster, the penultimate reunification of the country (1871) – the “German Empire” - was caused by several wars, so it’s the goddess of victory “Victoria”, and you’re right, it is beautiful; by the way the speech of Obama was exactly at this place, may be it will help.

And no, unfortunately, this talent was gone to sleep long time ago.