Montag, 1. Februar 2010

Hofmannsthal & über Stimmen &



Ich hatte kürzlich einfach so aus dem Blauen heraus auch an Hugo von Hofmannsthal erinnert, nun, heute wäre sein Geburtstag, er wurde geboren in Wien am 1. Februar 1874.

Hugo von Hofmannsthal

Reiselied

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.

Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.

***

Vorfrühling

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Er hat sich gewiegt,
wo Weinen war,
und hat sich geschmiegt
in zerrüttetes Haar.

Er schüttelte nieder
Akazienblüten
und kühlte die Glieder,
die atmend glühten.

Lippen im Lachen
hat er berührt,
die weichen und wachen
Fluren durchspürt.

Er glitt durch die Flöte
als schluchzender Schrei,
an dämmernder Röte
flog er vorbei.

Er flog mit Schweigen
durch flüsternde Zimmer
und löschte im Neigen
der Ampel Schimmer.

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Durch die glatten
kahlen Alleen
treibt sein Wehn
blasse Schatten

und den Duft,
den er gebracht,
von wo er gekommen
seit gestern nacht.



Aber da ich heute noch einiges anderes erwähnen wollte, soll es bei diesen beiden Gedichten bleiben.

Daß hier scheinbar zusammenhanglos 2 Videos zu Schuberts „Du bist die Ruh“ erscheinen, hat einen ganz bestimmten Grund. Jemand, der hier nicht unbekannt ist, hat sich die Mühe gemacht, einiges an Schubert-Liedern auf seiner Website zusammenzutragen und ich war so unverschämt, mir daraus eine Playlist zu basteln, sie heißt „Schubert nach Aue“ und findet sich eben dort hinter dem Link.

Es fasziniert mich immer aufs Neue, wie unterschiedlich dasselbe Lied von verschiedenen Sängern vorgetragen entgegengetreten kann. Mit oberflächlicher oder begeisternder Brillianz, selbstverliebtes Dahingeknödel gegenüber tiefem Ausdruck, fortreißende oder flache Dramatik, asketische Hingabe an das Wort oder nachlässigste Sprache, seltsam. Ganz zu schweigen von Tempo, Phrasierung oder der Art der Begleitung. Oft denkt man, es seien gänzlich unterschiedliche Stücke. Das ist nicht unbedingt ein Kommentar zu den versammelten Liedern, eher ein genereller. Lieder sind wirklich ein Spiegel der Seele des Vortragenden, solange er denn des technischen Handwerks mächtig ist. Natürlich ändert sich auch der Zeitgeschmack, gerade das Stück ganz oben von Elisabeth Schumann spiegelt durchaus vergangene Vorlieben wieder. Aber um etwas emotional zu enden, gerade bei dieser Interpretation hatte ich bei den Zeilen „Dies Augenzelt / Von deinem Glanz / Allein erhellt, / 0 füll es ganz!“ das Gefühl einer Begegnung mit überirdischer Schönheit.


Heiligendamm um 1841 Salon und Badehaus
hier gefunden

Noch etwas Mecklenburgica, wo ich schließlich derzeit in Mecklenburg lebe und dort auch geboren wurde: Friedrich Franz I., ab 1785 Herzog und seit 1815 Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, starb am 1. Februar 1837 in Ludwigslust. Zu seinen Verdiensten zählt, daß er 1803 Wismar, Poel und Neukloster für Mecklenburg von Schweden zurückgewann (eine Spätlast des 30jährigen Krieges). Erst spät trat er dem Rheinbund bei, diesem „Bund“, mit dem sich deutsche Fürsten von Napoleon dienstbar machen ließen, dafür trat er als erster am 14. März 1813 wieder aus, als die Chance bestand, wieder etwas gegen diesen ausrichten zu können. Und dann gründete er mit Heiligendamm das älteste Seebad Deutschlands im Jahre 1793.

Und endlich sollte ich demnächst unbedingt etwas zu Sophie Charlotte, der ersten der preußischen Königinnen und vermutlich von diesen die gebildetste, schreiben, sie war eng mit Leibniz befreundet und starb am 1. Februar 1705. Das Schloß Charlottenburg in Berlin ist nach ihr benannt.

3 Kommentare:

Rosabella hat gesagt…

ich lösch das Licht
mit purpurner Hand,
streif ab die Welt
wie ein buntes Gewand

und tauch ins Dunkel
nackt und allein:
das tiefe Reich
wird mein, ich sein

groß' Wunder huschen
durch Dickicht hin,
Quelladern springen
im tiefsten Sinn,

o spräng noch manche,
ich käm in' Kern,
ins Herz der Welt
allem nah, allem fern


1893 geschrieben von Hugo von Hofmannsthal

MartininBroda hat gesagt…

Wenn ich, wie in den letzten Tagen, in der Gefahr gestanden haben sollte, im Banalen zu versinken, ein Kommentar wie der Ihrige hätte mich da heraugerissen oder vielmehr er hat. Danke.

Butch hat gesagt…

Oh, does this bring back memories, Martin. I sang in a Schubertiad back in the 1970s and this was one of the songs I sang. I now, forget in which church the performance was held where when we performed this two-day event but, it was in the city of Grosse Point, Michigan. I do remember how the sounds of singing this air wafted about the church sanctuary making it even more meaningful to me. Thank your for this memory.