Dienstag, 16. Februar 2010

Über Bismarck, den Großen Kurfürsten und einen trunksüchtigen Pfarrer



Johann Klaj

Vorzug des Herbstes

Die Sonne mit Wonne den Tagewachs mindert,
Der Renner, der Brenner, sein Strahlenheiß lindert,
Die Felder die Wälderlust nimmer verhindert.
Die Traube, die reift,
Der Winzer, der pfeift,
Zum Jagen man greift.
Man fället, man stellet den Vögeln der Lüfte,
Man jaget und plaget die Bürger der Klüfte,
Das helle Gebelle durchschrecket die Grüfte.
Der Wäldner, der eilt,
Sich nimmer verweilt,
Rotschwarzes Wild pfeilt.
Da leben und schweben in Freuden die Götter,
In Sausen und Brausen die falbigen Blätter,
Sie spielen, sich kühlen in laulichem Wetter.
Der Monde, der wacht,
Die Freude belacht
Bis mitten zur Nacht.



Insoweit die Literaturkritik des 19. Jahrhunderts Johann Klaj zur Kenntnis nahm, hat sie ihn verachtet, da er ein Musterbeispiel für den gedankenlosen Schwulst und die überbordende Regellosigkeit zu sein schien, die sie an der Barockliteratur so wenig schätzte. Da Dada noch nicht erfunden war, fehlte auch ein Muster für diese Form von Sprachlust, die es wenig schert, wenn sie die Grenze zum Nonsens mehr als nur streift, aus purem Vertrauen in die eigenmächtige Kraft der Sprache. Dabei war er ein durchaus ernsthafter Mann (aus der „Lobrede der Teutschen Poeterey“):

„Die Gesetzgeberin der Völker/ unser in letzten Zügen ligendes Teutschland/ unser durch die zergliederung des Reiches gelähmtes Teutschland/ unser durch die blutigen Mordwaffen ausgemergeltes Teutschland/ ruffet uns/ seinen Hertzgeliebten/ zu: Redet/ Redet/ Redet/ daß ich gelehrter absterbe.“

„Es muß ein Poet ein vielwissender/ in den Sprachen durchtriebener und allerdinge erfahrner Mann seyn: Er hebet die Last seines Leibes von der Erden/ er durchwandert mit seinen Gedanken die Länder der Himmel/die Strassen der Kreise/ die Sitze der Planeten/ die Grentzen der Sterne/ die Stände der Elementen. Ja er schwinget die Flügel seiner Sinne/ und fleucht an die Stellen/ da es regnet und schneiet/ nebelt und hagelt/stürmet und streitet. Er durchkreucht den Bauch der Erden/ er durchwädet die Tiefen/ schöpffet scharffe Gedanken/ geziemende zierliche Worte lebendige Beschreibungen/ nachsinnige Erfindungen/ wolklingende Bindarten/ ungezwungene Einfälle/ meisterliche Ausschmükkungen/ seltene Lieblichkeiten/ und vernünfftige Neurungen.“

Doch leider waren es nicht nur die Grenzen der Sprache, die der Geistliche exzessiv auslebte. Als er am 16. Februar 1656 bereits im 40. Lebensjahr dahinschied, dürfte seine berüchtigte Trunksucht ihren Anteil daran gehabt haben.



Von einem trunksüchtigen Pfarrer zu einem pflichtenstrengen Fürsten. Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der „Große Kurfürst“ wurde am 16. Februar 1620 geboren. Er hat Brandenburg-Preußen nach dem Elend des 30jährigen Krieges wieder emporgehoben und sich dabei weitgehend allein durchkämpfen müssen. 1675 besiegte er die Schweden, die erneut in Brandenburg eingefallen waren, in der Schlacht von Fehrbellin, diesem Sieg ist der Reitermarsch gewidmet, der sich hier ganz am Ende findet, wem also danach ist. Aber an ihn sollten wir dann doch bei nächster Gelegenheit weniger beiläufig erinnern.



Und warum ich die kleine Bismarck-Büste aus meinem Arbeitszimmer heute ein wenig durch den Schnee spazieren geschickt habe? Nun, wie dem Beitrag gestern zu entnehmen war, steht irgendwie die Ermunterung im Raum, zu Otto von Bismarck doch ein wenig kreativ zu werden. Das war dann sozusagen mein erster, etwas einfallsloser Versuch.


Altmärkische Bauernfahne von 1675
hier gefunden


Fehrbelliner Reitermarsch
hier gefunden

1 Kommentar:

Roland Halbritter hat gesagt…

Hallo Martin,
na das ist doch schon mal prima, mach eine dokumentation daraus und ab damit in den Postkasten.
Gruss
Roland

PS: Ich liebe performances wie diese. Oder mache eine Serie daraus, und führe Bismarck durch deinen Heimatort und fotografiere ihn an den absurdesten Stellen.