Brockes, Barthold Heinrich
Irdisches Vergnügen in Gott
Die Hummel fliegt mit brummen hin und her;
Ihr Cörper ſcheinet in ſich ſchwer,
Als wenn er in der Luft ein kleiner Bär
Mit Flügeln wär.
Noch mehr: Man ſiehet offt an einer Roſen hangen
Faſt aller Edelſteine prangen,
Im Mayen-Käferchen vereint.
Sprecht, ob die ſpielenden Opalen
Veränderlicher ſtrahlen.
Wer muß ſich nicht recht inniglich ergetzen,
Und in der Luſt ſich nicht zugleich entſetzen,
Wann er das Heer der bunten Schmetterlinge
Beſieht, und ihren Putz erweget?
Es ſind wahrhaftig Wunder-Dinge
Den bunten Flügeln eingeprägt.
Man wird mit groſſem Rechte können
Sie fliegende lebendge Bluhmen nennen.
Man theilet ſie, nicht unrecht, insgemein
In Nacht-und Tage-Eulchen ein,
Die alle wunderlich formiret,
Die alle wunderlich gezieret:
Damit ſo gar des Nachts die Luft nicht leer
Von Göttlichen Geſchöpfen wär.
Man kann der Farben Unterſcheid,
Man kann der Bildung Nettigkeit,
Aus welcher ſie beſtehn,
So wenig, als die Zäſer*, zehlen.
*„Zäser“, niederdeutsch für „Käfer“
Barthold Heinrich Brockes (1680–1747): "Irdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten" in neun Bänden, 1721 ff.
nachgetragen am 25. Juli
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