Samstag, 6. Juli 2019

Präliminarien zu einer Predigt


Erik Satie - Gymnopédie No.1

Es ist widerständig, wenn man einer Predigt, die anschließend eingestellt werden soll, etwas hinzufügen muß, das unerfreulich ist. Zumal, wenn man eben aus einem wundervollen Orgelkonzert zurückkommt, veranstaltet von zwei Warener Damen, über französische Orgelmusik vor und nach 1900, eine Musik, einfallsreich, sentimental, gelöst, spielerisch, ohne dabei je flach zu werden, man sich also in gelöster Stimmung befindet, aber doch gern diese Predigt bringen will. Nun ja.

Aber vielleicht kann man über diesen Topos nur angemessen schreiben, wenn man sich in gelöster Stimmung befindet. Warum ist eine Vorbemerkung überhaupt nötig. Nun deswegen:


Es gibt in diesem vor sich hin wesenden Volkskörper besonders Eifernde, die alles für N.zi! halten, was über ihre Kindergarten-Erinnerung zurückreicht, verstört, verhetzt, aber darin eben um so eifriger, das Auszulöschende auszumachen. Ich mag mich weder in die Sprache noch sonst irgendwie in die Nähe dieses Milieus begeben (daher die Abkürzung), sondern einige allgemeine Beobachtungen teilen, woran man das Böse erkenne.

Und um nur noch das zu erklären:


Das geschändete Denkmal steht in Magdeburg und wurde 1877 zum Gedenken an die Gefallenen der Einigungskriege im Park am Fürstenwall errichtet. Eine Inschrift lautet: „Den im Kampfe für Deutschlands Ehre und Einheit gefallenen Kriegern des Stadtkreises Magdeburg“. Man muß davon ausgehen, daß von dem Vorgang in diesen Zeiten öffentlich nicht weiter Notiz genommen werden wird (allenfalls affirmativ).

Kaiserproklamation, Kriegerdenkmal in Magdeburg,
Relief modelliert 1877 von Emil Hundrieser, hier gefunden

In der Predigt des Herrn Roloff wird es u.a. um die Fallstricke des das Gute Wollen gehen. Und es drängte sich ja förmlich auf, auf das Obige einzugehen. Aber er hat sich denn doch dagegen entschieden. Ich will es auch nicht, und wiederum irgendwie doch. Denn solcherlei darf nicht unkommentiert bleiben.

Also, woran erkennt man das Böse? Nun zuerst hilft ein Wort des Herrn aus Matthäus 7, die Verse 15 und 16:

Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln? 

Worte werden also nicht helfen. Das Böse wird immer sagen: „Ich bin das Gute.“ Denn es west in der Lüge. Seine Wirkungen verraten es, denn es will vor allem eines – Vernichtung. Und dafür nutzt es die Schwächen der menschlichen Natur wie Mißgunst, Neid, Rachsucht (selbst für eingebildetes Unrecht), Trägheit, Geistfeindschaft, Gefallsucht, Eitelkeit, Dummstolz, Gier, so wie die übrigen. Und es benutzt sie nicht nur, sondern stachelt sie auf und rechtfertigt sie, es nutzt diese Schwächen und verkleidet sie als Tugenden. So daß der dem Bösen Anheimgefallene seine dunklen Seiten ausleben kann und zugleich als vorbildhaft gelten darf.

Die Lüge hat keinen Bestand, sie erzeugt Spannungen, also muß der ihr Anheimgefallene ständig kämpfen, den Feind ausmachen oder erfinden, er muß die Spannung, die er ja spürt, nach außen kehren und an der Welt abarbeiten. Er ist somit ständig empört und in Bewegung (so wie beim Fahrradfahren, wenn er sich nicht bewegt, wohin immer, fällt er um, es sei denn, er fährt gegen eine Wand, dann fällt er auch um).

Die Lüge haßt die Wirklichkeit, denn in der Wirklichkeit wohnt der Vater der Wahrheit. Also besteht ihr ganzes Nicht-Wesen aus Feindseligkeit. Darum muß denunziert, dekonstruiert, umgedeutet, verdächtig gemacht werden, muß ihre Erkennbarkeit in Zweifel gezogen, nein bestritten werden, denn es gibt gar keine Wahrheit, sondern nurmehr Macht.

Die Lüge zerfrißt den emporsteigenden menschlichen Geist. Sie bekämpft, was in gewachsenen und bewahrten Erfahrungen, in der Tradition von Institutionen, im Band von Gemeinschaften, in der Geschichte von Völkern und vielem mehr zu einem inneren Gerüst geworden ist, an und auf dem eine höhere Kultur erwachsen kann und will.

Wo sie gegen dieses ankämpft, kommt es nicht nur zu dem Offenkundigen, wie Zerstörung und Vernichtung von Leben, auch die Errungenschaften der Geschichte des menschlichen Geistes gehen verloren. Auf die schauerliche Bühne treten Regressionen, Atavismen, ja ein Rückfall ins Magische. So wie bei dem neuerlichen Phänomen, daß, wer sich mit dem als Feind Ausgemachten abgebe, indem er ihm die Hand reiche, ihn grüße, gar spreche, umgehend infiziert sei. Und daher müsse man am besten alle auslöschen, bei denen sich dieses ereigne.

Das soll genügen. Ich wollte nur ein kleinen Wegweiser anbieten durch den Dschungel der Wirklichkeit, die dieser Tage uns alle bedrängt. Also noch etwas Leichteres zum Abscluß:


Erik Satie - Poudre d'Or

Um noch einmal nach Magdeburg zurückzukehren. Ein Denkmal für die Königin Luise, durch Bürgerspenden zustande gekommen, wurde 1963 gestürzt und in eine Baugrube geworfen. 2009 ermöglichten als „Ausdruck des Bürgersinns“ Spendengelder örtlicher Unternehmer ein neues Denkmal am historischen Standort.


nachgetragen am 8. Juli

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