Sonntag, 2. Januar 2011

Über preußische Könige


Wenn man Abstand zu zeitgenössischen Urteilen gewinnen will, hilft es, kurz auf einen nicht lange zurückliegenden meinungsstarken Beitrag zu blicken, dessen Voraussetzungen inzwischen völlig obsolet geworden sind. Das klingt jetzt etwas kryptisch, aber ich hatte jüngst so eine Erfahrung, da der Post aber zu gallig geriet, habe ich ihn seinlassen, vielleicht trage ich ihn doch noch nach, ich weiß nicht recht, ich mag dieses Harsche nicht so.

Wir wollen heute an einen König erinnern, der vor 150 Jahre starb und auch ein wenig an seinen Bruder, der ihm nachfolgte und später zum 1. Kaiser des Zweiten deutschen Kaiserreichs wurde, wir sprechen folglich von Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. Wir haben, fürchte ich, diese Erinnerung etwas exklusiv für uns, in Potsdam hielt man es nicht groß für erforderlich, eines Königs zu gedenken, dem diese Stadt außerordentliches zu verdanken hat, der Zeitgeist halt, für den exemplarisch dieser mehr pflichtschuldig heruntergenudelte Beitrag stehen mag, in dem sich die gegenwärtig vorherrschenden Urteile widerspiegeln. Ein anderer Artikel ist da ein wenig origineller, weil er mit dem Gedanken spielt, was geschehen wäre, wenn Friedrich Wilhelm IV. vom Parlament der Frankfurter Paulskirche die angebotenen Kaiserkrone akzeptiert hätte, die er bekanntlich zurückwies.


Also schieben wir das Zeitgenössische einmal beiseite, und nehmen das vorweg, was die Geschichte aller paar Jahrzehnte regelmäßig zu machen pflegt, wenn sie die Gewißheiten und Sicherheiten umstürzt, und blicken auf dieses Brüderpaar, Söhne unserer verehrten Königin Luise. Ich habe hier gewissermaßen ein kleines Gedenkfeuer entzündet, und nun mögen wir darüber nachsinnen, was bleibt, wenn die geistige Haltung, aus der jemand gelebt hat, ja seine ganze Welt lange schon entschwunden sind. Meine eigenen Gedanken bewegen sich da noch immer ganz in den Bahnen, die ich im letzten Jahr andeutete, denn der Vorteil bei Friedrich Wilhelm IV. ist, das sein Denken zu Stein wurde – Glaube, Schönheit, Tradition, Königtum, das wären wohl die Begriffe, unter denen er seiner Zeit widerstand.

Bei seinem Bruder ist das etwas schwieriger zu fassen, denn sein Werk ist weniger greifbar, er hat den Staat begründen helfen, in dem wir immer noch, nach vielen Brüchen, leben. Ich habe mich zu ihm bisher immer nur bruchstückhaft geäußert, hier etwa, aber er wäre es wirklich wert, daß man einmal etwas gesammelter über ihn schreibt. Er gab das mustergültige Beispiel für jemanden, der die Charakterstärke hatte, einem politisch Begabteren, nämlich dem Fürsten Bismarck, die Möglichkeiten seines Handeln zu verschaffen, wofür das bekannte Wort steht:„Es ist nicht leicht, unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein.“ Wir leben, wie gesagt, äußerlich noch immer in dem Staat, für dessen Anfänge Wilhelm I. steht. Wieviel davon innerlich erhalten ist, darüber wollen wir dann nun schweigend nachdenken beim Blick in dieses Feuer.


2 Kommentare:

I R Gendwer hat gesagt…

Wenn Wilhelm I. oder Bismarck heute auf Ostelbien schauen würden, so dürften sie keine große Mühe haben, sich in den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zurecht zu finden. Von Bismarck dürfte man die freimüuetige Bemerkung erfahren, dass es ihm selbst nicht in den Sinn kam, strukturpolitisch Konservatives unverblümt unter dem Namen des Christentums parteipolitisch zu versehen und zu benutzen. Auf sein Sozialistengestz und den Kulturkampf hätte er da wohl verzichten können. Aber hinterher ist man immer schlauer, bestimmt auch Bismarck.

MartininBroda hat gesagt…

Also ich werde jetzt mit keiner Verteidigung von Sozialistengesetz etc. beginnen, aber es gab da schon nachvollziehbare Gründe, und nein, ich bin mir recht sicher, daß Bismarck das genaue Gegenteil eines Strukturkonservativen war, auch wenn er das, was ihn umtrieb, und er hatte da schon bisweilen exceptionelle Momente, wohl nie adäquat ausprach. Ich fürchte tatsächlich, der Bruch ist größer als man das heute gemeinhin annehmen wird, es würde mir jedenfalls nicht schwerfallen, darüber eine längere Liste anzubringen, aber darüber müßten wir uns wohl einmal länger austauschen, hoffentlich klappt es bald.