Samstag, 26. Mai 2018

Nachträge zu August Kopisch & Capri

"Capri - Ingresso alla Grotta Azzurra. Carlsbader 'Urania'-Reisen
gefunden auf Goethezeitportal

Wo der Beitrag zu gestern beim Schreiben schon wieder diese Hefeteig-Attitüde annahm, sollen ein paar Nachträge folgen, August Kopisch, um dessen Wiederentdeckung der blauen Grotte auf Capri es vor allem ging, wurde an einen 26. Mai, nämlich 1799 in Breslau geboren. 

Wenn das keine Einladung ist, das Bild des königstreuen Romantikers etwas abzurunden. Der Blogger Jay hat vor einigen Jahren über ihn geschrieben, mehr über die Heinzelmännchen, aber auch über Capri, eher launig, das wäre dann ein schöner Gegensatz zu meinem getragenen Tonfall.

Er verweist dort auch auf die hervorragende Seite auf dem "Goethezeitportal" zu frühen Berichten über die Blaue Grotte und zu August Kopisch. Es ist wirklich erschöpfend, was nicht abschreckend gemeint ist.

Kopisch ist, wie gesagt, auch als Dichter hervorgetreten. Nun ja. Vieles ist romantisch erhebend, oft heiter, und vor allem singbar, wovon in seinem Jahrhundert offenbar gern Gebrauch gemacht wurde. Dann soll also auch noch gesungen werden und anschließend folgt die Ballade, sie ist lang, aber hübsch hintersinnig.

Capri Fischer - Max Raabe & Palast Orchester

Das Krähen

Ein Grobschmied hatt ein Töchterlein,
Das konnte nicht schöner und feiner sein.
Da kam der Hans den einen Tag,
Ein Bursche, wies viele geben mag:

Der warb um die Tochter: sie war ihm gut;
Doch hatte der Vater nicht gleichen Mut
Und sagte: Er hat nicht Gut und Geld
Und will doch freien in dieser Welt? –

Da sprach der Bursch: Geld, Gut ist Dunst;
Viel besser ist eine gute Kunst! –
Was kann er für eine? ich will doch sehn! –
Da sprach der Bursche: ich kann gut krähn! –

Da lachten Mutter und Töchterlein,
Der alte Schmied auch hinterdrein,
Und sprach: So zeig er wie ers kann;
Da fing der Bursch zu krähn an:

Kikeriküh! und kikeriküh!
Recht wie der Hahn und sonder Müh.
Der Alte sprach: Ein Spaß ist das;
Doch sag er an, was hilft so was? –

Gar viel, begann der junge Mann:
Nur sag er, bin ich sein Eidam dann,
Wenn ich dahier auf seinen Sand
Ein Schloß hinschaff und Gartenland

Und wird das andre rings bestellt
Zu einem schönen Weizenfeld? –
Ja, sagte der Schmied, schaffst du den Sand,
Den ich nicht mag, zum Gartenland

Und baust ein schönes Schloß darauf,
So nimm das andre dazu in Kauf! –
Topp! Eltern! und topp! Töchterlein!
Das Schloß, das Feld, die Braut sind mein! –

– Da sahen sich die Leute an;
Doch es begann der junge Mann
Nun allerlei Brimborium –
Und sah sich unterweilen um.

Nun wußte niemand wies geschah,
Auf einmal stand ein Teufel da!
Und dem verschrieb sich Hans mit Blut.
– Hm! denkt der Schmied, das wird nicht gut!

– Im Pakt versprach der Teufel: den Zaun,
Das Feld, den Garten, das Schloß zu baun,
Darin den reichsten schönsten Schatz
Und rings umher einen lustgen Platz:

Das alles am selben Abend spat,
Noch vor der ersten Hahnenkrat;
Doch, würd er nicht fertig und fehlt ein Stein,
Sollt Hansens Seele gerettet sein!

Er sollte da wohnen wies ihm gefiel,
Und machen seiner Tage viel. –
– Nun ging die Teufelsarbeit los:
Die Angst der Mutter, der Braut war groß.

Der Grobschmied sprach: welch dummer Streich!
Der Teufel schafft das freilich gleich! –
Ganz lustig ist allein der Hans
Und freut sich an der Geister Tanz:

Die schleppen herzu, ohn Rast und Ruh:
Es wächst da alles in einem Nu!
Flink klappert der Zaun zusammen sich,
Gras, Kraut und Baum sprießt wunderlich,

Und Vögel singen und Schwäne ziehn
Auf den rings umirrenden Wassern hin.
Nun steigt der Palast, das schönste Haus
Auf dem schönsten Platz vom Boden heraus:

Der Keller, die Küche, die Treppe jetzt,
Der zweite Stock wird aufgesetzt,
Der dritte nun, nun kommt das Dach.
Hausrat und Schatz füllt jedes Gemach.

Das Dach wächst höher . . . o Angst, o Pein!
Es fehlt bald nur der letzte Stein!
O Hans, o Hans, nun holt er den,
Und noch will hier kein Hahn nicht krähn!

Da lacht der Hans und ohne Müh
Kräht er beherzt sein: kikeriküh! –
Da sah der Teufel ihn höhnisch an:
Das gilt hier nicht; du bist kein Hahn! –

– So hör doch Teufel! – Kikeriküh!
Ertönts im ganzen Dorfe hie,
Ja selbst auf dem Turm der Wetterhahn
Fängt lustig mit zu krähen an.

Da wirft der Teufel hin den Stein,
Und ruft: verdammte Künstelein!
Aus ist der Pakt, das Schloß ist dein!
Nun macht euch lustig und zieht hinein! –

Da fährt der Teufel zum untersten Grund
Und prügelt vor Wut den Höllenhund. –
Der Grobschmied gibt dem jungen Mann
Sein Töchterchen – weil er krähen kann.

Zwar fehlt am Palaste der letzte Stein,
Und setzt man noch so oft ihn ein,
Er fällt herunter und fällt sich klein;
Doch machts den Leuten keine Pein –

Und auf der Hochzeit sangen sie
Dem Teufel zur Schur nur: kikerikih!

Im ganzen Haus hin: kikerikih!
Im Keller: kikrih! in der Küche: kikrih!

Auf den Treppen und Fluren nur: kikerikih!
In allen Gemächern: kikikerikih!

Beim Essen und Trinken nur: kikerikih!
Drei Tage und Nächte: kikikerikih!

Auf Tischen und Bänken: kikikerikih!
Dem Teufel zur Schur nur: kikikerikih!

aus August Kopisch, "Allerlei Geister", 1848

nachgetragen am 30. Mai

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