Mittwoch, 27. Mai 2020

Zu Adolf Friedrich VI. &


Der nüchterne Teil


Aus schwer erfindlichen Gründen (es gibt keinen unmittelbaren Anlaß) meinte ich heute, dem Denkmal für Adolf Friedrich VI. einen Besuch abstatten zu müssen. Es dürfte zu den minder bekannten gehören; man unterstellt da, denke ich, nichts. Es steht gleich hinter der Brücke über den Kammerkanal, noch bevor sich die Straße in Richtung Prälank bzw. Userin teilt.


Folglich mußte ich am Restaurant "Quer Beet" in der Useriner Straße 9 vorbei (die ersten beiden Bilder) und die nächsten 4 sind schon am Kammerkanal aufgenommen. Wenn man will, kommt man zwar auch am Park-Haus vorbei, aber der Anblick mit dem vandalismus-gesicherten Erdgeschoß ist derzeit nicht unbedingt inspirierend.





Der Gedenkstein erinnert an den mutmaßlichen Freitod des letzten Großherzogs dort in der Nähe am 23. Februar 1918. Von Adolf Friedrich VI. , der, wie es so schön heißt, zu größten Hoffnungen Anlaß bot, sind uns 2 Dinge geblieben: Seine Grabsäule auf der Liebesinsel in Mirow und das Park-Haus (oder die Parkvilla) hier.

Und dann eben noch dieser Denkmalstein. Die Aufnahme ist bei nüchternstem Mittagslicht getätigt, so kann man die Tafel zwar recht genau lesen, aber das ist es dann auch. Zum Ende hin wird noch Stimmungsvolleres erscheinen, das ich im Oktober letzten Jahres aufnahm.

Aber wir wollen erst einmal nüchtern enden, obwohl ich gestehen muß, daß mich beim Ortseingangsschild eine gewisse Rührung überkam, vermutlich das Alter.


Der andere Teil


Adolf Friedrich VI. steht mit seinem Tod auch sinnbildlich für die Untergänge, die unser Volk und Land seit 1918 getroffen haben. Man geriete in den Wahnsinn, wollte man sich eine Alternativgeschichte vorstellen, wo er sich nicht erschossen, der erste Weltkrieg mit seinen entsetzlichen Folgen nicht stattgefunden hätte oder doch wenigstens in einer Weise geendigt worden wäre, der alle Beteiligten hätte ihr Gesicht wahren lassen, von dem sie doch wußten, daß sie es sämtlich verspielt hatten. In diesem Jahr lag der Anfang vieler Verhängnisse und Zerstörungen, Untergängen von Kultur und Geist, die den allermeisten gar nicht bewußt sind, die materiellen mitunter noch.

Der Schriftsteller Jochen Klepper hatte eine Vorstellung von den Verlusten und hat sie ergreifend beschrieben. Sein Leben endete ebenfalls tragisch. Am 11. Dezember 1942 ging er gemeinsam mit seiner jüdischen Frau und der jüngeren Tochter in den Freitod.

Das nachfolgende Gedicht ist das erste von 4 Königsgedichten, die er gegen den Wahn des 3. Reiches anschrieb. Sie verkörpern eine geradezu metaphysische Hoffnung auf Läuterung, Heilung und Erneuerung. Und als eine solche bleiben sie zeitlos.


Jochen Klepper

Herr, laß uns wieder einen König sehen, 
bevor die Welt die Könige vergißt. 
Denn sonst vermögen wir nicht zu verstehen, 
nach welchem Maß man deine Ordnung mißt.

Noch leben Königssöhne bei den Vätern
und wissen um Versäumnis und um Schuld
der Kronenträger. Wandle du zu Tätern
des Königswerks die Söhne in Geduld.

Noch gibt es Söhne, welche Kronen sahen
als Wirklichkeit und nicht als altes Bild.
Wann läßt du dir die Söhne wieder nahen?
Wann machst du sie zum Königtum gewillt?

Die Völker haben wider dich gemeutert.
Die Fürsten flohen deines Auftrags Last.
Nun aber hat sie langes Leid geläutert,
und dein Gesetz wird wiederum erfaßt.

Der neue König wird sich nur erheben,
wenn er als Büßer dir zu Füßen lag.
Er pocht nicht mehr auf Recht - nur auf Vergeben
und ohne Fahnen dämmert ihm sein Tag.

Herr, wenn die neuen Könige wieder kommen,
wird nirgends ein Geschrei noch Drängen sein.
Nur Glocken werden läuten, und die Frommen
führen den König mit Gebeten ein.


Freitag, 22. Mai 2020

Kirchenkampf in Bremen

St. Martini, Bremen, hier gefunden

Es gibt Themen, bei denen sträubt sich alles in mir, darüber zu schreiben, die Tötung ungeborenen Lebens, die Traumata von Folteropfern, die Sündhaftigkeit der Sodomie, neuerdings auch als Homosexualität bekannt, Dinge der Art. Also lasse ich es, nahezu immer. Aber manchmal muß man halt da durch.

St. Martini, Bremen, rechts die Türme des Bremer Doms

Die harten Worte des Pf. Latzel


Bremen - in vergangenen Zeiten gern als 15. Bezirk der DDR bezeichnet – hat eine Gemeinde namens St. Martini, die man üblicherweise evangelikal nennt, sie selbst würde wohl bibeltreu bevorzugen. Ihr Pfarrer, Olaf Latzel, bezeichnet Buddha schon mal als „dicken, fetten Herrn“ und Homo-Aktivisten als Verbrecher. Das ist nicht nett, die häufige Beleibtheit bei Buddhadarstellungen in China und Japan etwa ist wohl ein Zeichen für Wohlergehen und Harmonie, aber genügt dies auch zur Straftat?

Zunächst ein Lob. Es gibt noch Journalismus, der durch seine Art des Referierens einen seriösen Eindruck erzeugt. Ich referiere jetzt meinerseits besagten Artikel.

Am 19. Oktober 2019 habe Pf. Latzel ein Seminar zum Thema Ehe veranstaltet, das jetzt zur Strafanzeige gegen ihn führte. Es ginge um Aussagen zur Homosexualität, die Bremer Staatsanwaltschaft prüfe den Straftatbestand der Volksverhetzung oder Beleidigung.

Es folgt mein Tadel: Auch die schlimmsten Invektiven kann man in weniger als einer Stunde, 42 Minuten und 51 Sekunden vorbringen. Das hat etwas Obsessives. Ein Mann, der einen Monolog solcher Länge hält, hat sich nur bedingt unter Kontrolle.

Nur geht es, entgegen dem Anschein, nur am Rande gegen o.g. Veranlagung. Das mag zusätzlich verletzen.

Daß die Gender - Dystopie abgründig und zerstörerisch sei, haben schon andere gesagt, wenn auch mehr mit anderen Worten.

Homosexualität als eine „Degenerationsform von Gesellschaft“, die ihre Ursache in Gottlosigkeit habe. Die Wirklichkeit enthält, man mag das bedauern, oft mehr als eine Dimension.

Er sieht in gelebter Homosexualität einen Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, also Sünde. Und bei der Sünde kennt Pf. Latzel kein Pardon, beim Sünder schon. Er hat halt die Neigung zu einem gelegentlich arg „zelotischen“ Tonfall.

Und jetzt zitiere ich direkt aus dem o.g. Artikel: „Dann folgt der Satz, der die Staatsanwaltschaft mutmaßlich am meisten beschäftigen wird: ‚Überall laufen diese Verbrecher rum von diesem Christopher-Street-Day, feiern ihre Partys‘.“

Das ist es dann auch.

St. Martini, Bremen, Weserseite vom Martiniufer aus gesehen

Pf. Latzel hat auf die Vorwürfe mit einer Erklärung, inkl. Entschuldigung reagiert (der Beckmesser in mir will gerade einwenden, man bitte darum, aber ich habe ihn in die Ecke gestellt), die man hier in Gänze nachlesen kann.

Pf. Olaf Latzel berichtet also zu Misericordias Domini am 26. April a.c. zunächst von Übergriffen, Gottesdienststörungen und anderen Straftaten gegen die Gemeinde und seine Person.

Und stellt dann fest: „In meinem Vortrag, den ich während dieses Eheseminars gehalten habe, sprach ich an einer Stelle von Verbrechern. Dieses bezog sich nicht auf homosexuell lebende Menschen, sondern auf militante Aggressoren, die uns als Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert haben.“

„Wenn dadurch jedoch für einige Außenstehende der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich generell alle Homosexuellen für Verbrecher hielte, so will ich mich dafür entschuldigen und klarstellen, dass dieses selbstverständlich nicht meine Meinung ist.“

„Homosexuelle sind in St. Martini, wie jeder andere Mensch, willkommen. Allerdings wird in unserer Gemeinde klar zwischen dem eindeutigen ‚Ja‘ zum Sünder und dem ebenso eindeutigen ‚Nein‘ zur Sünde unterschieden.“ Anschließend stellt er eine Reihe von anderen Sünden vor, für die dies gelte.

Dazu kann man stehen, wie man will, aber jetzt die Reaktion der Bremischen Evangelischen Kirche.

Die BEK


Die Stellungnahmen der Bremischen Evangelischen Kirche, das vorweg, sind empörungsstark, zugleich aber überraschend einsilbig.

Am 24. April 2020 der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche: Er distanziere sich entschieden von den abwertenden Äußerungen des Pastor Olaf Latzel. „Der Kirchenausschuss verurteilt auf das Schärfste die Äußerungen, in denen Menschen herabgesetzt, beleidigt und in ihrer Würde verletzt werden. Als Kirchenleitung stehen wir klar an der Seite homosexuell lebender Menschen.  Mit seinen Äußerungen schadet Herr Latzel der Bremischen Evangelischen Kirche, der Gemeinschaft der einzelnen Gemeinden und allen gesamtkirchlichen Einrichtungen.“

Pf. Latzel, halten wir fest, schade der Gemeinschaft, sprich, der Einheit der BEK.

Am 27. April wird auf die juristischen Interventionsmöglichkeiten verwiesen: Ein beamtenähnliches Pfarrerdienstverhältnis auf Lebenszeit habe die Möglichkeiten der Versetzung oder eines Disziplinarverfahrens.

„Die Versetzung eines Pastors kommt nur auf Antrag der jeweiligen Gemeinde in Betracht, z.B. wenn das Verhältnis zwischen Pastor und Gemeinde nachhaltig gestört ist. Hiervon ist bei der St. Martini-Gemeinde nicht auszugehen.“

Ein Disziplinarverfahren sei nur bei Dienstvergehen, insbesondere Straftaten möglich. Bei laufenden strafrechtlichen Ermittlungen werde es in der Regel ausgesetzt und nach Abschluß des Strafverfahrens fortgesetzt. Ein Dienstgespräch mit Herrn Latzel wird angekündigt.

Am  7. Mai hat das Dienstgespräch am Vortage stattgefunden. Man empfiehlt, ein Disziplinarverfahren gegen Pastor Latzel zu eröffnen und erklärt:

„Die BEK ist an staatliches Recht gebunden. Die Feststellung einer etwaigen Strafbarkeit obliegt den Behörden. Davon ist auch der Verlauf eines Disziplinarverfahrens abhängig. Dessen ungeachtet kann die BEK, auch wenn sich nach Abschluss des Verfahrens keine Strafbarkeit ergeben sollte, einen Verweis erteilen. Das wird dann zu gegebener Zeit entschieden werden.“

Pf. Latzels Äußerungen schadeten ungeachtet der in der BEK-Verfassung verankerten Glaubens-, Gewissens- und Lehrfreiheit dem „Ansehen der ganzen Kirche“.

Am 14. Mai hat der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK)  beschlossen, ein Disziplinarverfahren gegen Pastor Olaf Latzel einzuleiten. Er erklärt bei der Gelegenheit erneut seine Distanzierung „von den Diffamierungen gegen homosexuell lebende Menschen“ des Herrn Latzel. „Auch wenn sie nicht als strafbar eingestuft werden sollten, schadeten derartige Entgleisungen dem Ansehen der ganzen Kirche erheblich.“

St. Martini Bremen, Blick vom Chor auf Orgelprospekt (1619), Leuchter (1650), Kanzel (Ende 16.Jh.) und Taufbecken, hier gefunden

Stellungnahme des Vorstandes der St. Martini Kirchengemeinde 


Am 17. Mai entgegnet der Vorstand der Kirchengemeinde ausführlich. Man kann das dort nachlesen. Nachfolgend der Versuch einer Zusammenfassung.

Die Ablehnung gelebter Homosexualität werde im Alten wie im Neuen Testament mit einer Eindeutigkeit vorgetragen, die jede Diskussion darüber überflüssig erscheinen lasse. Die Bibeltexte dazu seien bekannt und müßten nicht noch einmal wiederholt werden.

Diese Radikalität komme von der Schöpfungsordnung Gottes her. Wer diese infrage stelle, der greife den Schöpfer, den dreieinigen Gott, selbst an. Auch in der Evangelischen Kirche Deutschlands habe darüber bis vor wenigen Jahren Konsens geherrscht.

„In der Orientierungshilfe ‚Mit Spannungen leben‘, die 1996 von der EKD veröffentlicht wurde, stellt die EKD in großer Klarheit fest, dass die Ehe heterosexuellen Paaren vorbehalten bleiben müsse und dass praktizierte Homosexualität gegen den Willen Gottes sei.“

Der Vorstand verweist auf Pf. Latzels Klarstellung vom 26.April. Er habe „sich für Schärfe und Missverständlichkeit seiner Ausführungen entschuldigt“.

Der Kirchenausschuß werfe Pf. Latzel vor, Menschen herabgesetzt, beleidigt und in ihrer Würde verletzt zu haben. Bezug genommen werde dabei auf Aussagen des Pastors, daß Gott Sünde verdamme und der unerlöste Sünder nach Gottes Urteil den ewigen Tod erleiden werde.

„Die Bibel lehrt uns aber genau dies: Der Mensch, zum Ebenbild Gottes geschaffen, hat sich gegen seinen Schöpfer erhoben, hat gegen Gott rebelliert, denn er wollte sein wie Gott. Die Bibel nennt dies den Sündenfall. Der Mensch hat dadurch seinen Anfang, seinen Ursprung in Gott verloren. Er lebt nun im Hass und in Feindschaft gegen diesen Ursprung, gegen Gott. Eine Versöhnung und Erlösung kann der Mensch selbst nicht bewirken. Er bleibt unter dem Gericht Gottes und damit verloren für Zeit und Ewigkeit. Die Predigt von der Verdammnis des unerlösten Sünders ist keine Verächtlichmachung von Menschen, sondern biblischer Realismus.“

St. Martini Bremen, Chor mit Glasfenstern (1960) der Bremer Malerin Elisabeth Steineke, hier gefunden

Nach dieser theologischen Zurückweisung erfolgt eine kirchenverfassungsrechtliche. Der Vorstand:

„Der Kirchenausschuss wirft dem Pastor vor, er hätte mit seinen Aussagen ‚… der Gemeinschaft der Gemeinden und allen kirchlichen Einrichtungen geschadet.‘ Der Kirchenausschuss suggeriert mit dieser Aussage, es gäbe in der BEK eine Verpflichtung zur Einheit unter den Gemeinden und mit den kirchlichen Einrichtungen. Die Verfassungswirklichkeit und die über Jahrhunderte gelebte kirchliche Praxis in der BEK stehen aber in komplettem Widerspruch zu dieser Auffassung.“

Die Bremische Evangelische Kirche sei nach Ihrer Verfassung lediglich ein Zusammenschluß selbstständiger Gemeinden unterschiedlichen Bekenntnisses. Die Selbstständigkeit und Selbstverwaltung der Gemeinden demnach umfassend und erstrecke sich grundsätzlich auf das ganze innere und äußere kirchliche Leben der Gemeinde. Die Glaubens-, Gewissens- und Lehrfreiheit der Gemeinden sei unbeschränkt, also der Aufsicht der kirchlichen Verwaltungsorgane in keiner Weise unterstellt.

Die Schaffung von kirchlicher Einheit sei weder Ziel noch Auftrag der Kirchenverfassung. Der Kirchenausschuß erhebe folglich eine Anklage, für die ihm jede Berechtigung fehle.

Überraschenderweise wendet sich der Ton des Vorstandes nun, man möchte fast sagen, ins Sarkastische. Die gelebte Praxis in den Gemeinden widerlege die Auffassung des Kirchenausschusses. Die BEK lebe in der Vielfalt ihrer Gemeinden mit unterschiedlicher theologischer Profilierung.

„Da gibt es Gemeinden innerhalb der BEK, die bereits vor Jahrzehnten das Glaubensbekenntnis aus dem Gottesdienst verbannt haben und auf ihr ‚undogmatisches Christentum‘ stolz sind. Andere veranstalten Theatervorführungen im Kirchenraum mit einem halben Dutzend nackter Frauen, die um und auf dem Altar herumtanzen, wo Intimszenen gezeigt werden und dies alles begleitet wird durch den Gesang eines Kinder(!)-Chores.  Und dann gibt es eben auch solche Gemeinden, für die nach wie vor die Bibel die einzig gültige Autorität für Lehre, Leben und Verkündigung ist.“

„Kirchliche Gemeinschaft unter dem Diktat einer gottlosen Genderideologie ist für St. Martini undenkbar. Kirchliche Einheit ist kein Wert an sich, es geht um Wahrheit, biblische Wahrheit. Wie kann der Kirchenausschuss bei dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden nun plötzlich eine Pflicht zur Gemeinschaft und damit zur kirchlichen Einheit untereinander und mit den kirchlichen Einrichtungen einfordern und eine Verletzung derselbigen durch unseren Pastor ausmachen?“

Der Kirchenausschuß begründe die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen Pastor Latzel mit Anschuldigungen, Pastor Latzel hätte mit seinen Aussagen „Menschen herabgesetzt, beleidigt und in ihrer Würde verletzt…“. Dadurch schade er der Gemeinschaft der einzelnen Gemeinden und allen gesamtkirchlichen Einrichtungen.

„Die hier vom Kirchenausschuss ins Feld geführten Vorwürfe gegen Pastor Latzel sind die üblichen und immer wieder verwendeten Stereotypen, um bibeltreue Standpunkte zu diskreditieren. In unserem Fall müssen sie erneut herhalten für den Versuch, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Pastor Latzel zu rechtfertigen.

Weite Teile der verfassten Kirche in Deutschland haben sich vom Anspruch der Bibel als geoffenbartes Wort Gottes und damit als einzig gültige Autorität weit entfernt. Pastoren und Gemeinden, die sich in Leben, Lehre und Verkündigung an die Heilige Schrift als dem unfehlbaren Gotteswort gebunden fühlen, dürfen nicht mehr vorkommen, werden deshalb ausgegrenzt, verleumdet und angegriffen. Das haben wir über Jahre erfahren, wobei die Gewalt gegen Pastor Latzel und die St. Martini Gemeinde in den letzten Monaten eskaliert ist.“

St. Martini Bremen, Kanzel (Ende 16.Jh.) aus der Werkstatt des Bremer Holzschnitzers Hermen Wulff, Figur der Klugheit, 
hier gefunden

In der Tat sind mir keine Mahnwachen beim Christopher-Street-Day durch „bibeltreue Christen“ bekannt oder Anschläge christlicher Fanatiker auf einschlägige Lokale.

Aber bekanntlich wiegen Gedankenverbrechen inzwischen schwerer, ob nur als bloßer Haß oder mit dem Onkel Hetze zusammen, als Taten.

Doch wo wir sowieso gerade abschweifen. Das von der Gemeinde ins Feld geführte Positionspapier der EKD hat es tatsächlich in sich, zu meiner eigenen Überraschung. Es geht nämlich den ganzen Themenkomplex mit großer Ernsthaftigkeit an.

"Mit Spannungen leben" Orientierungshilfe der EKD 1996 


Keine Sorge, ich will das nicht auch noch ausbreiten. Aber 2 Punkte sind mindestens mitteilenswert (sie finden sich in - 2.3 Biblische Aussagen zur Homosexualität):

„Im biblischen Gesamtzeugnis ist Homosexualität ein Nebenthema. In der uns überlieferten Verkündigung Jesu spielt das Thema ‚Homosexualität‘ keine Rolle. Dadurch werden aber die deutlichen Aussagen nicht aufgehoben, denen zufolge homosexuelle Praxis zwischen Männern (Lev 18 und 20; Röm 1,27), zwischen Frauen (Röm 1,26) sowie zwischen Männern und Knaben (I Kor 6,9; I Tim 1,10) dem Willen Gottes widerspricht.“

Es gibt andererseits nirgends positive Aussagen dazu, der Befund ist also eindeutig. Wie gesagt, die Stellungnahme nimmt die biblischen Zeugnisse sehr ernsthaft auf, um dann zusammenzufassen:

„Vom Evangelium her wird neue Gottesgemeinschaft möglich und wirklich. Blickt man von hier aus auf die biblischen Aussagen zur Homosexualität zurück, so muß man konstatieren, daß nach diesen Aussagen homosexuelle Praxis dem Willen Gottes widerspricht.

Zugleich muß man feststellen, daß die Frage nach einer ethisch verantwortlichen Gestaltung einer homosexuellen Beziehung vom Liebesgebot her an keiner dieser Stellen thematisiert wird. Im Zentrum des Interesses steht allein die homosexuelle Praxis als solche, die – in Übereinstimmung mit den allgemeinen biblischen Aussagen zum Menschenbild und zur Sexualität - als dem ursprünglichen Schöpferwillen Gottes widersprechend qualifiziert wird.“

Und schließlich: „Damit ergibt sich eine deutliche Spannung; denn das zuletzt Gesagte hebt nicht auf, daß es keine biblischen Aussagen gibt, die Homosexualität in eine positive Beziehung zum Willen Gottes setzen - im Gegenteil. Die negativen Aussagen bedeuten aber im Lichte des Evangeliums, d.h. unter der Zusage der Gnade Gottes, keinen definitiven Ausschluß aus der Gottesgemeinschaft und beziehen sich im übrigen nur auf die homosexuelle Praxis als solche, nicht jedoch auf deren ethische Gestaltung.“

St. Martini Bremen, Kanzel (Ende 16.Jh.), Figuren der Hoffnung und der Tapferkeit, hier gefunden 

Abschluß & Ausblick


Diese Feststellungen mögen gefallen oder nicht, aber von der Bibel her gesehen gibt es diese Spannung einfach, nun gut, einfach ist daran nichts. Die EKD hat sich vor 24 Jahren hier aber durchaus ehrlich gemacht und die Spannung zwischen neuzeitlichem Weltempfinden und biblischem Zeugnis immerhin festgehalten.

Jetzt ist sie weiter, auf jeden Fall die Bremer Kirche. Ich weiß nicht, woran man in der BEK mehrheitlich glaubt, wahrscheinlich an irgendwas mit Diversity. Und mit der Verletzung der Einheit zu argumentieren, ist schon tollkühn, wo man sonst in der evangelischen Kirche doch so stolz auf ihre Vielfalt ist und daß alles und genausogut auch nichts in ihr unsanktioniert geglaubt werden darf.

Aber wenn jemand nach alter Väter Sitte darauf besteht, daß Wahrheit Wahrheit ist und das Gegenteil davon Irrtum oder Lüge. Und Sünde Sünde. Und das Gericht auch die treffen wird, die es bestenfalls für eine Art erzählerische Metapher halten. Ja dann die bricht die Hölle los, obwohl auch die doch nur eine Metapher sein kann.

St. Martini Bremen, Orgelprospekt von 1619

Wäre ich Zyniker, würde ich jetzt sagen, inzwischen sind die Grünen zum rechten Flügel der EKD geworden.

Aber wir brechen besser ab, allerdings, um vorher noch mitzuteilen, daß eine Petition zugunsten von Pastor Olaf Latzel (der ich mich selbstredend angeschlossen habe) derzeit 17.970 Unterstützer hat.

Und die letzten Worte der Stellungnahme von St. Martini sollen diesen Beitrag tatsächlich beschließen:

„Christus ist auferstanden. Ja, Christus ist wahrhaftig auferstanden. Er regiert, er sitzt im Regiment. Es sieht auf seine Gemeinde, und wir haben seine Zusage, dass er bei uns ist alle Tage, bis an der Welt Ende. Im Gehorsam gegenüber diesem wunderbaren Herrn und Heiland, der alles für unsere Errettung getan hat und für unsere Sünden ans Kreuz gegangen ist, werden wir als Kirchengemeinde den auf Bibel und Bekenntnis gegründeten Weg in Lehre und Leben mit unserem Pastor Olaf Latzel fortsetzen.

Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. (Hebr. 13,8)“

Amen

St. Martini Bremen,  Kreuzigungsgruppe aus Sandstein (um 1440)