Donnerstag, 30. November 2023
Eine frühe Androhung von Winter
Sonntag, 5. November 2023
Es gibt kein Recht zum Bösen - eine Predigt
Herr Roloff hat an einem 5. November die nachfolgend angeführte Predigt gehalten, die zufällig mit meinem 60. Geburtstag zusammenfiel.
Spätestens jetzt sollte ich wenige Worte dazu tun.
Ich war ungefähr die letzten 2 Monate hier absent, ohne daß ich eine brauchbare Erklärung vorschieben könnte; außer vielleicht einer gewissen körperlichen Erschöpfung, so daß die Kraft meist nur für einen halben Tag reichte.
Einmal schreibe ich eher selten morgens um sieben, und zum andern kommt man sich, denke ich, zurecht lächerlich vor, wenn man bedeutsame Gedanken abliefern will und sich kaum selbst zusammenbekommt.
Aber auch das war offenkundig nur eine Phase. Wir erwarten also ruhig und vorbereitet die nächste. Jetzt aber noch nicht. Es folgt Herr Roloff mit seinen Worten über die Sünde, das Böse und das Leben. Ach so: Dieses ist der zweite Nachtrag. Nettere Bilder gab es hier.
Predigt zum 22. Sonntag nach Trinitatis 2023 in der Kreuzgemeinde von Magdeburg
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Absage an die Welt
Liebe Kindlein, ich schreibe euch; denn die Sünden sind euch vergeben durch seinen Namen. Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich schreibe euch Jünglingen; denn ihr habt den Bösewicht überwunden. Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr kennet den Vater. Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich habe euch Jünglingen geschrieben; denn ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt bei euch, und ihr habt den Bösewicht überwunden.
1Joh 2, 12-14
Liebe Gemeinde,
Johannes spricht in seinen Briefen eine Sprache der Liebe und Zugewandtheit. In allem, was er sagt, wird auch das Thema des heutigen Sonntags deutlich unterstrichen: Bei dir ist Vergebung!
Die Sünden sind euch vergeben. Das ist die große Botschaft der Kirche.
Alle Sünde, jegliche Gottesferne und auch die tiefste Verlorenheit können geheilt und überwunden werden. In der Gemeinschaft mit Christus ist es dann, als wären sie nie gewesen.
Maria Magdalena, der Zöllner Zachäus, der Zweifler Thomas auch Petrus, der ihn verleugnet hat, und Paulus, der ein Verfolger der Kirche war, sie alle stiegen zu Heiligen auf. Ihre Sünde wurde vergeben, ihre Schuld wurde gelöscht.
Das ist die große Botschaft der Kirche, dass die Vergebung nicht aufhört und immer ein Neuanfang, eine Umkehr, dass Buße möglich ist. Dieses Wort Gottes bleibt bei uns, wie es bei den Vätern geblieben ist. Es ist das Fundament unseres Glaubens. Das ist aber auch der unverwechselbare Realismus der Kirche, der uns klar erkennen lässt, wie mächtig die Sünde, wie groß die Versuchung und wie bedrängend die Gefahr ist, in der wir stehen.
Und gerade darum muss aber Sünde immer als Sünde benannt werden. Es muss das Böse als Gefahr und die Gottesferne als Verhängnis unmissverständlich bezeichnet werden. Auch das ist die Aufgabe unserer christlichen Verkündigung.
Nur wenn ich den Bösewicht kenne, dann kann ich ihn überwinden, wie es in unserem Predigttext heißt.
Bösewicht ist in unseren Ohren vielleicht inzwischen ein viel zu niedliches Wort geworden für das, was hier gemeint ist. Es geht um die reale Existenz des abgrundtief Bösen in unserer Welt. Es geht um die Macht, die uns von Gott und damit vom Leben trennen will. Es geht um die Macht, die lauter gute Absichten und Verführungen ausspricht und doch das genaue Gegenteil erreichen will.
Oft kommt diese Macht ganz schleichend daher. Sie bedient sich derselben Bilder, wie auch die gute Verkündigung es tut. So lobt auch sie etwa Maria Magdalena und stellt sie uns geradezu als beispielhafte Frau hin. Sie verurteilt hingegen streng die Männer, die mit Steinen in der Hand zu ihrer Hinrichtung herangeeilt waren. Christus heißt das Handeln Maria Magdalenas aber keineswegs gut. Vielmehr entlässt er sie mit der Ermahnung „sündige hinfort nicht mehr“. Die Männer wiederum werden nur insofern in die Schranken gewiesen, dass sie zunächst immer der eigenen Sünde gedenken sollen, bevor sie über die Sünden der anderen urteilen.
Aus dem Geschenk der Vergebung erwächst nämlich kein Recht zur Sünde. Maria Magdalena wird vom Herrn nicht gesagt, es war richtig, was du getan hast. Der Bruder, dem sieben mal siebzig Mal vergeben wird, erwirbt dadurch doch keinen Anspruch darauf, das 491. Mal zu sündigen.
Die Vergebung macht doch unsere Sünden nicht weniger verwerflich und vor allem der schleichende Konsens der modernen Gesellschaft hebt das Gebot Gottes nicht auf. Vielmehr ruft er uns in Erinnerung, wie wichtig es ist, dass die Kirche der Stein des Anstoßes in unserer Zeit bleibt.
Die Kirche muss mit ihrer Verkündigung Stein des Anstoßes sein und darf sich niemals in die Rolle locken lassen, scheinbar eingetretene Realitäten zu bemänteln. Denn dann ebnet sie dem Bösewicht die Bahn. Gerade ihn sollen wir doch aber überwinden. Wir sollen stark sein, dem Wort Gottes vertrauen und uns in seinem Namen die Sünde vergeben lassen.
Wer von Ihnen hätte es für möglich gehalten, dass es einmal Ausdruck von Beharrungsvermögen sein würde, an dem Satz festzuhalten: Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, und er schuf sie als Mann und Frau?
Darin spricht sich die Absicht des Schöpfers aus, dass der Mensch das Leben dadurch weiterschenken soll, indem sich Mann und Frau zueinander und zu Gott in Beziehung setzen. Johannes schreibt den Vätern und erinnert die Kinder an den einen Vater, durch den das ganze Menschengeschlecht zu Geschwistern wird.
Gott als Vater und die Folge von Vätern, Müttern und Kindern erinnert uns daran, dass wir Menschen in Generationen leben, und das ist der entscheidende Grund, warum die Generationenfolge und das Leben an sich unter dem strengen Schutz der Gebote stehen. Du sollst Vater und Mutter ehren und du sollst nicht töten!
Es kann kein anderes Recht geben, das gegen diese Gebote steht. Durch die Debatten unserer Zeit über das Beenden von Schwangerschaften und über die Sterbehilfe und noch mehr durch die inzwischen ganz alltäglich gewordene Praxis, werden wir daran erinnert, wie dramatisch schwer und belastend damit im Zusammenhang stehende Entscheidung zuweilen sein können und wie sehr sie Menschen an Grenzen führen. Jeder von uns weiß, wie oft das in die Tragödie führt und jede Hilfe, Beratung und auch soziale Leistungen die Tragödie nicht abzuwenden vermögen.
Alles das darf uns doch aber nicht in das falsche Denken führen, als gäbe es ein Recht darauf, die Tragödie anzurichten, denn damit wird das Böse entfesselt und alle Maßstäbe, an denen wir Menschen Orientierung fanden, werden verkehrt.
Darum ist es so wichtig, dass wir als Sünde benennen, was eine Sünde ist, dass wir als Tragödie kennzeichnen, was im Ergebnis eine furchtbare Tragödie ist.
Und das wir niemals die Hand reichen zu Regelungen, mit denen die Behauptung aufgestellt wird, es gäbe ein Recht darauf, die Schutzlosesten und Schwächsten zu töten.
Wo christliche Kirche sich durch Gottes Wort leiten lässt, da muss sie dem immer und klar widersprechen. Wo wir in dieser Frage die ökumenische Gemeinschaft, wie sie beispielsweise in der „Woche für das Leben“ zum Ausdruck kam, gedankenlos aufgeben, da gefährden wir den innersten Kern dessen, was christliche Ethik ausmacht.
Ja, „bei dir ist Vergebung“, so schreibt der Psalmist, um fortzusetzen: „dass man dicht fürchte“.
Unsere Welt braucht eine neue Gottesfurcht. Aus dem Erschrecken vor Gottes Klarheit, kann Glauben wachsen. Gottes Wort, sein Gebot sollen uns Leitschnur sein und nicht verbogene und in sich unwahrhaftige Formeln, mit denen man sich dem Zeitgeist anbiedert. Lasst nicht das Böse wieder mächtig werden, nachdem uns die Vergebung zugesprochen wurde, denn die Vergebung ist Gottes letztes Wort. Nur wer sich von ihr abwendet, der geht verloren.
Ich habe euch das Wort des Johannes gepredigt; denn ihr kennt den, der von Anfang ist.
Ich habe euch gepredigt; denn ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt bei euch, und ihr habt den Bösewicht überwunden. Amen
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle eure Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn.
Amen
Thomas Roloff
nachgetragen am 7. Dezember