Samstag, 31. August 2024

Über die Vergangenheit und verstörende Irrtümer

 

 Slovenian: Pogodbeniki Svete alianse, 1860s, von hier

Es ist nicht ungewöhnlich, sich darüber Gedanken zu machen, wann und vor allem warum unser stolzes Vaterland in den desolaten Zustand geraten ist, in dem es nun mal ist (daß das Vereinigte Königreich und das republikanische Frankreich überraschenderweise weit mehr fertig sind, tröstet da auch nicht, sondern ist eher irrelevant). Es folgt ein Erklärungsversuch des Herrn Roloff.

Dreikaisertreffen in Skierniewice am 17.September 1884, von hier



Die Ursachen für die Zerstörung Europas

Ein Manifest


Bis in den März des Jahres 1890 hinein bestand Einvernehmen zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Russland. Dieses hatte Tradition bis zurück in die Zeit der Befreiungskriege und war nach 1867 durch Bismarck mit größter Sorgfalt gepflegt worden. Im Ergebnis seiner Diplomatie wachten ein protestantischer, ein katholischer und ein orthodoxer Kaiser gemeinsam über die Interessen des christlichen Europas. Gemeinsam waren sie eine unangreifbare Macht.

In einer gewissen Weise war diese Konstellation, bei aller fortbestehenden Konkurrenz, eine geradezu zwangsläufige und notwendige Folge aus den beiden tödlichen Bedrohungen, denen Europa permanent ausgesetzt gewesen ist.

Bereits seit Jahrhunderten bestand mit der Türkengefahr die Möglichkeit einer Unterwerfung des christlichen Kontinents unter den muslimischen Glauben. Aus der Abwehr dieser Gefahr hat sich gleichsam überhaupt erst so etwas wie ein europäisches Bewusstsein gebildet. Letztmalig war dies am 12. September 1683 am Kahlen Berge vor Wien deutlich unter Beweis gestellt geworden.

Die andere tödliche Gefahr war Europa aus dem Atheismus der Französischen Revolution nach 1789 erwachsen. In den Koalitionskriegen und später in den Befreiungskriegen schuf sich eine christlich-monarchische Solidarität, die geradezu als das Werte-Fundament für die drei Kaisermächte bezeichnet werden muss.

Das Zerbrechen ihres Einvernehmens 1890 markiert den Beginn des traurigen Abstiegs und des Weges in die Selbstzerstörung Europas, wie sie sich zwischen 1914 und 1945 militärisch und seitdem kulturell abgespielt haben.

Denn das Ende der Drei-Mächte-Konstellation zum Schutze Europas hatte ein Zusammengehen Russlands mit der revolutionären Macht Frankreich zur Folge und das Reich orientierte sich auf den Nahen Osten und wurde im Ergebnis Bündnispartner der Osmanen. Diese im wahrsten Sinne „über Kreuz liegenden“ Bündnisse, banden Europa gleichsam den Strick um den Hals.

Wer immer Europa schwächen oder auch nur schaden wollte, der musste von nun an nur noch an einem beliebigen Ende zu ziehen beginnen. Es war eine ganz und gar unnatürliche, geradezu widersinnige Situation entstanden.
Die Franzosen begannen für möglich zu halten, dass man die nach 1871 eingetretenen Realitäten wieder ändern könnte und Russland wiederum glaubte, dass der Weg nach Konstantinopel durch das Brandenburger Tor führen würde.

Das Ergebnis dieses Verhängnisses war nach dem Ersten Weltkrieg das völlige Verschwinden des traditionsreichen österreichischen Kaisertums und die extreme Schwächung der beiden anderen Mächte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland geteilt und es blieben ein nur scheinbar übermächtiges Sowjetrussland und der von Amerika dominierte Westen. Europa, in dem vor dem Ersten Weltkrieg fünf Großmächte bestanden, hatte Macht und Mitte verloren.

Eine Erholung oder gar eine Renaissance Europas war so bis 1990 verhindert. Mit der Einheit der Deutschen veränderte sich zum zweiten Male alles. Wie sehr das der Fall war, wird erst seit dem Beginn des Ukraine-Krieges vollständig sichtbar.

Statt einer Gesundung wird seit zwei Jahrzehnten eine Islamisierung des Kontinents, wenn nicht betrieben, dann doch zugelassen und die atheistische revolutionäre Ideologie ist inzwischen in fast allen Staaten geradezu Staatsräson. Das bedeutet nichts anderes als dass man die beiden großen Gefahren, gegen die sich das Abendland erwehren musste und aus deren Abwehr sich ein politisch-kulturelles Europa einstmals überhaupt erst gebildet hatte, ins Innere gelassen hat und die Auswirkungen ihrer Anwesenheit preist man als das neue Europa. Eine größere Perversion der Begriffe kann es kaum geben.

Ob überhaupt noch die Chance einer erneuten Abwehr besteht, ist mehr als ungewiss. Es müsste dazu ein Erwachen des Glaubens geben, wie wir es überhaupt noch nicht erlebt haben. Es bräuchte den Aufbruch des Christentums.

Die einzige bereits anstehende Aufgabe ist die der Bereitschaft zum ernsthaften Gebet. Betet darum, Brüder und Schwestern, dass Gott sich über Europa erbarmt. Jede weltliche Ordnung muss, wenn sie dauerhaft Legitimation besitzen will, Gleichnis und Verheißung von Gottes ewiger Ordnung sein. Überall, wo sich dieser Gedanke verliert, bleiben nur Ideologie und Willkür. 

Thomas Roloff