Sonntag, 15. Januar 2017

Aus dem Erker gesehen




nachgetragen am 2. Februar

Freitag, 6. Januar 2017

Aus Anlaß des Drei-Königs-Festes

El Greco, Anbetung der Magier

Ich hätte gern hier noch etwas über das Gesprächsbuch Benedikt XVI. geschrieben (Peter Seewald „Letzte Gespräche“). Es hat mich gewissermaßen ein wenig mit ihm versöhnt als einer der vergangenen Hoffnungen. Aber lassen wir das.

Übrigens sind sowohl die Katzen wie auch ich gerade sehr tapfer - sie ertragen, sehr friedlich in Wurfweite um mich herum gelagert, die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz, eine Musik, die sich wahrlich in die Seele einzuwohnen vermag - und ich ertrage meine Katzenallergie, für die sie nun mal nichts können, und die auch leicht erträglicher zu werden scheint. Es ist eben doch Winter geworden.

„Nicht Ochs noch Esel“, unter diesem Titel hatte ich vor Jahren eine Würdigung des Ratzinger-Buches über die Geburtsgeschichten Jesu versucht; das heißt, da war er ja noch richtiger Papst. Ein zutiefst theologisch durchdrungenes Büchlein über diese netten, beiläufigen, legendarisch naiv veranlagten Geschichten. Angeblich. Der Kern der Botschaft Jesu, wie er ihn sah: Das Bejahen des Willens Gottes ist keine Herabwürdigung unter fremde Willkür, sondern das Ja zum eigenen Wesen, die Rettung der Substanz des Menschlichen.

Und um mich denn doch zu wiederholen. So zieht Benedikt geradezu die Quintessenz aus 2 Jahrtausenden der Begegnung des Menschen mit Gott in Christus, aus vielen Jahrhunderten von Geschichten von Heiligen, Bekennern und Märtyrern: „So gehört zur Christwerdung das Hinausgehen aus dem, was alle denken und wollen, aus den herrschenden Maßstäben, um ins Licht der Wahrheit unseres Seins zu finden und mit ihm auf den rechten Weg zu kommen.“

Dies wird also weniger besinnlich werden als es mir vielleicht selbst lieber wäre, sondern nur ein anderes Zeugnis der Faszination davon, wie es Benedikt gelingt, seine Einsichten auf dem Bilderteppich abendländischer Weisheit aufleuchten zu lassen.

Es gibt auch im vorigen Beitrag ein Kapitel zum heutigen Tag namens „Die Weisen aus dem Morgenland &“. Wir werden beider Spuren ein wenig folgen, ich jedenfalls.

Zunächst beschreibt er die Ambivalenz des Wortes „Magier“ im biblischen Kontext. Der reicht von philosophischen Weisen und Priestern bis hin zu üblen Zauberern und Betrügern. Ist es nicht erstaunlich, welche Zwiespältigkeiten uns die Hl. Schrift da einfach so zumutet? (Aber die gute Volksseele hat sie ja später eh zu 3 Königen gemacht; aber vielleicht war auch bibelversunkenes Nachsinnen dabei - Psalm 72.10 „Die Könige zu Tharsis und auf den Inseln werden Geschenke bringen; die Könige aus Reicharabien und Seba werden Gaben zuführen.“ „Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln und die Könige im Glanz, der über dir aufgeht... Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.“ Jesaja 60. 3 + 6) In diesem Fall dürften wir eher am besseren Ende des Bedeutungsfeldes gelandet sein. Aber der Hl. Vater zieht seine Schlüsse:

„Die Ambivalenz des Begriffs Magier..., zeigt die Ambivalenz des Religiösen als solchen auf. Es kann Weg zu wahrer Erkenntnis, Weg zu Jesus Christus hin werden. Wo es sich aber angesichts seiner Gegenwart nicht für ihn öffnet, sich gegen den einen Gott und den einen Erlöser stellt, wird es dämonisch und zerstörerisch.“

In dieser Magiergeschichte sei offenbar die religiöse und philosophische Weisheit eine Kraft, die Menschen auf den Weg bringe; die Weisheit, die zuletzt zu Christus hinführe.

In der Apostelgeschichte hingegen fänden wir die andere Seite des Magiers. „Er stellt seine eigene Macht gegen den Boten Jesu Christi und tritt so auf die Seite der Dämonen, die aber von Jesus schon überwunden sind.“

Wonach suchten diese Magier? Die Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische in den Jahren 7 - 6 v. Chr. habe sie zwar nach Judäa geführt, aber warum? Eine Verheißung nach der Art Bileams?

„Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn aber nicht von nahe. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Fürsten der Moabiter und verstören alle Kinder des Getümmels.“
1. Mose 24.17

Die Magier stünden „für die innere Dynamik der Selbstüberschreitung der Religionen, die eine Suche nach Wahrheit, Suche nach dem wahren Gott und so zugleich Philosophie im ursprünglichen Sinn des Wortes ist. So heilt die Weisheit auch die Botschaft der 'Wissenschaft'“. Im Verstehen-Wollen des Ganzen erfahre die Vernunft ihre höchsten Möglichkeiten.

Wir dürften über sie mit Recht sagen: „Daß sie das Zugehen der Religionen auf Christus wie auch die Selbstüberschreitung der Wissenschaft auf ihn hin darstellen.“ Sie stünden im Gefolge des ausziehenden Abrahams und zugleich des Sokrates und seines Fragens über die vorgegebene Religion hinaus nach größerer Wahrheit. In diesem Sinne seien diese Gestalten Vorläufer, Wegbereiter, Wahrheitssucher, die alle Zeiten angingen.

„Die Weisen aus dem Osten sind ein Anfang. Sie stehen für den Aufbruch der Menschheit auf Christus hin. Sie eröffnen eine Prozession, die durch die ganze Geschichte hindurchzieht.“ Die Unruhe, Suche und Erwartung des menschlichen Geistes auf Christus hin, ob in der Religion oder der menschlichen Vernunft.

Und der Stern? „Nicht der Stern bestimmt das Schicksal des Kindes, sondern das Kind lenkt den Stern... Der von Gott angenommene Mensch... ist größer als alle Mächte der materiellen Welt und mehr als das ganze All.“

In den Gaben der Magier, als sie der Stern nach Bethlehem geführt hatte, leuchtet bereits die Passion auf, die endgültige Überwindungsgeschichte Jesu, in der Myrrhe nämlich, neben dem Gold als Zeichen seines Königtums und dem Weihrauch als Zeichen seiner wesenhaften Teilhabe am Göttlichen. „Salbung ist ein Versuch, dem Tod entgegenzuwirken, der erst in der Verwesung seine Endgültigkeit erhält“. Darum die Myrrhe bei der Absicht, seinen Leichnam zu salben. Jesus bedurfte ihrer am Ende nicht mehr.

Palau Nacional (Barcelona)

Sonntag, 1. Januar 2017

Auf ein gutes Neues Jahr


Furtwängler dirigiert Beethovens 9. Symphonie d-moll, März 1942

Peter Rosegger

Gedicht zum Neuen Jahr

Ein bißchen mehr Friede und weniger Streit, 
Ein bißchen mehr Güte und weniger Neid, 
Ein bißchen mehr Liebe und weniger Haß, 
Ein bißchen mehr Wahrheit - das wäre doch was!

Statt so viel Unrast ein bißchen mehr Ruh', 
Statt immer nur Ich ein bißchen mehr Du, 
Statt Angst und Hemmung ein bißchen mehr Mut 
Und Kraft zum Handeln - das wäre gut!

Kein Trübsal und Dunkel, ein bißchen mehr Licht, 
Kein quälend Verlangen, ein bißchen Verzicht, 
Und viel mehr Blumen, solange es geht, 
Nicht erst auf Gräbern - da blüh'n sie zu spät! 


Poem for the New Year

A bit more of peace and a bit less debate, 
a bit more of kindness and a bit less of hate, 
a bit more of love and forget jealousy, 
and more of the truth - now that sets us free!

Not so much of strife but of peace to pursue, 
not so much of I but a bit more of You, 
not fear nor despondence but more enterprise 
and strength to take action - now that would be wise!

No sadness and darkness but light let us show, 
no burning desire but a joyful let-go, 
with many more flowers to brighten the fate,
and not just on graveyards - for then it's too late! 

Übersetzung / Translation 
von / by Walter A. Aue


Prof. Aue war so gütig, dies als Neujahrsgruß zu senden, noch ist es auf seiner verdienstvollen Seite auffindbar, aber das könnte sich auch ändern. Das Ändern ist bekanntlich eine Vorliebe des Lebens.

Darüber hinaus wäre das eine oder andere zu erzählen, wir werden sehen. Aber diese herrliche Mischung aus Verriß und Huldigung an und von Beethoven, aus Anlaß von dessen 9. Sinfonie, und nebenbei von Schiller, in Worte gesetzt durch Herrn Klonovsky, auf die muß ich doch verweisen. Genialisch sei er im Instrumentalen, eher unvertraut aber mit der menschlichen Stimme (ich hatte immer gedacht, ich sei der einzige, dem das alles furchtbar schief vorkäme, und mich für diese Ignoranz angemessen geschämt).

„Und während dieses Finalsatzes schoss es mir denn durch den Kopf, dass ich gewissermaßen dem Gründungsdokument der aktuellen "Willkommenskultur" lausche. Die deutsche Weltveredelungs-Hybris, der deutsche Marsch ins Ideal – und sei es auch der in den Untergang –, hier wurde es erstmals Ereignis als ein orgiastisches Kulturfest für die Masse. Schillers Hymnus ist ja sehr edel, hochherzig und mitreißend, bis ins Hysterische ambitioniert, aber eben auch ohne jedes Maß, vollkommen weltfremd und provinziell, was selbst diese Hochsprache nicht kaschieren kann, mit einem Wort: sehr deutsch.“

„Beethoven hat Schillers Bacchanal des Humanismus immerhin in eine Tonsprache gesetzt, die, bei allem forschen D-Dur-Verbrüderungsgetöse, durchaus barbarisch und für den Kulturmenschen befremdlich ist... Er schreibt die Ode 1786. Kurz darauf begann in Paris und anderen französischen Städten die jakobinische Blutkirmes, jenes Großmassaker der Brüderlichkeit, das in seiner entfesselten, mit bestem Gewissen vor aller Augen zelebrierten Mordlust so sehr an die Halsabschneider des Islamischen Staates erinnert und das die Demokratien des Westens bizarrerweise heute als ihren Gründungsmythos betrachten... Für unsereinen aber... beginnt 1794 der große reaktionäre Traum, die öffentliche Hinrichtung der revolutionären Mörder... Zu diesem Fest mag man meinethalben Beethovens Chorfinale spielen.“

Wundervoll.