Sonntag, 1. Januar 2017

Auf ein gutes Neues Jahr


Furtwängler dirigiert Beethovens 9. Symphonie d-moll, März 1942

Peter Rosegger

Gedicht zum Neuen Jahr

Ein bißchen mehr Friede und weniger Streit, 
Ein bißchen mehr Güte und weniger Neid, 
Ein bißchen mehr Liebe und weniger Haß, 
Ein bißchen mehr Wahrheit - das wäre doch was!

Statt so viel Unrast ein bißchen mehr Ruh', 
Statt immer nur Ich ein bißchen mehr Du, 
Statt Angst und Hemmung ein bißchen mehr Mut 
Und Kraft zum Handeln - das wäre gut!

Kein Trübsal und Dunkel, ein bißchen mehr Licht, 
Kein quälend Verlangen, ein bißchen Verzicht, 
Und viel mehr Blumen, solange es geht, 
Nicht erst auf Gräbern - da blüh'n sie zu spät! 


Poem for the New Year

A bit more of peace and a bit less debate, 
a bit more of kindness and a bit less of hate, 
a bit more of love and forget jealousy, 
and more of the truth - now that sets us free!

Not so much of strife but of peace to pursue, 
not so much of I but a bit more of You, 
not fear nor despondence but more enterprise 
and strength to take action - now that would be wise!

No sadness and darkness but light let us show, 
no burning desire but a joyful let-go, 
with many more flowers to brighten the fate,
and not just on graveyards - for then it's too late! 

Übersetzung / Translation 
von / by Walter A. Aue


Prof. Aue war so gütig, dies als Neujahrsgruß zu senden, noch ist es auf seiner verdienstvollen Seite auffindbar, aber das könnte sich auch ändern. Das Ändern ist bekanntlich eine Vorliebe des Lebens.

Darüber hinaus wäre das eine oder andere zu erzählen, wir werden sehen. Aber diese herrliche Mischung aus Verriß und Huldigung an und von Beethoven, aus Anlaß von dessen 9. Sinfonie, und nebenbei von Schiller, in Worte gesetzt durch Herrn Klonovsky, auf die muß ich doch verweisen. Genialisch sei er im Instrumentalen, eher unvertraut aber mit der menschlichen Stimme (ich hatte immer gedacht, ich sei der einzige, dem das alles furchtbar schief vorkäme, und mich für diese Ignoranz angemessen geschämt).

„Und während dieses Finalsatzes schoss es mir denn durch den Kopf, dass ich gewissermaßen dem Gründungsdokument der aktuellen "Willkommenskultur" lausche. Die deutsche Weltveredelungs-Hybris, der deutsche Marsch ins Ideal – und sei es auch der in den Untergang –, hier wurde es erstmals Ereignis als ein orgiastisches Kulturfest für die Masse. Schillers Hymnus ist ja sehr edel, hochherzig und mitreißend, bis ins Hysterische ambitioniert, aber eben auch ohne jedes Maß, vollkommen weltfremd und provinziell, was selbst diese Hochsprache nicht kaschieren kann, mit einem Wort: sehr deutsch.“

„Beethoven hat Schillers Bacchanal des Humanismus immerhin in eine Tonsprache gesetzt, die, bei allem forschen D-Dur-Verbrüderungsgetöse, durchaus barbarisch und für den Kulturmenschen befremdlich ist... Er schreibt die Ode 1786. Kurz darauf begann in Paris und anderen französischen Städten die jakobinische Blutkirmes, jenes Großmassaker der Brüderlichkeit, das in seiner entfesselten, mit bestem Gewissen vor aller Augen zelebrierten Mordlust so sehr an die Halsabschneider des Islamischen Staates erinnert und das die Demokratien des Westens bizarrerweise heute als ihren Gründungsmythos betrachten... Für unsereinen aber... beginnt 1794 der große reaktionäre Traum, die öffentliche Hinrichtung der revolutionären Mörder... Zu diesem Fest mag man meinethalben Beethovens Chorfinale spielen.“

Wundervoll.

1 Kommentar:

naturgesetz hat gesagt…

Well, Schiiler wrote the Ode to Freedom before the French Revolution but after the American one. I like to think that we got it right, but the French, and subsequent revolutionary regimes and movements went too far.

There is surely a universalism in Christianity, and even in Judaism, e.g. Isaiah, "I have made you a light to the nations,) etc. There has always been freedom of individual migration, it seems to me, at least within cultures that have advanced beyond a primitive tribalism. I mean Europeans moved freely from one land to another. But mass migration is something altogether different. Individual migration presumed some degree of shared culture and certainly a willingness on the part of the migrant to live within the host culture. But when large numbers of people immigrate without being willing to assimilate, it poses a problem.

Pope Francis suggested that each Catholic parish and institution should accept a refugee family. That was very clever. It would have resulted in the dispersal of the refugees, rather than their concentration in particular neighborhoods. That would have promoted assimilation.

I like Germany and would like to see it remain German. But can it remain German, and can Europe remain European, if Christianity no longer informs its culture?