Franz von Stuck, Pietà, 1891
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Todesbläue und wächsernes Fleisch, das ist es, was ein Kind dieser Welt auf jenem Gemälde eines vor mehr als 100 Jahren hochberühmten Malers, der heute allenfalls noch als dekoratives Kuriosum bekannt ist, sieht, und versteinerte Trostlosigkeit.
Doch Blau ist die Farbe Mariens. Und: Die Heiligkeit ist nicht erloschen, ein dünner gerade noch sichtbarer goldener Ring aus Licht um das Haupt der Gottesmutter. Diese schmale Grenze scheidet das Göttliche vom Menschlichen.
Der wie zu Stein gewordene Leichnam – zermartert, doch aufrecht und ungebrochen - leuchtet unwirklich auf der Grenze von Leben und Tod. Nur noch ein Grabmal, ein Ritter ruhend vom heiligen Kampf?
Sie verbirgt nicht ihr Antlitz. Auch dieser Schein trügt. Mit ihren ihr Haupt stützenden Händen hört sie nicht in sich, sondern in die Abgründe der Welt. Sie übernimmt diese Last, für ihn, der nicht mehr das Vermögen hat zu hören, sondern sich ganz in sich zurückgezogen hat.
Sie nimmt die Verlassenheit der Welt auf sich. Die Verzweiflungsleere ohne Gott. Das Zerfallen der Schöpfung, ihres Lebensgeistes entzogen. Die doch mit ihrem Ja letztlich das Geschehene in Gang gesetzt hat. Sie steht in statuarischer Trauer, aber hört weit darüber hinaus. Sie ist dem Unerwarteten gewachsen.
Das dunkle Mysterium der Spanne zwischen Karfreitag und Ostern. Maria geht ganz in der Dunkelheit auf, scheint es. Löst sie sich in ihr auf oder löst sie sie auf? In eine sehende Dunkelheit.
Da ist keine Berührung im Körperlichen mehr nötig, wie wir sie vielfach von Darstellungen der Pietà gewohnt sind. Sie sind lange beieinander. Und sie steht hier, um den Abgrund zu überbrücken, eine Wächterin.
Nicht, daß sie selbst etwas zu sein forderte, außer zu helfen in diesem gefährdeten Moment. Es ist ihr zweites Ja. Und ihren mütterlichen Schmerz nimmt sie in dies alles ganz mit hinein.
Die Legenden berichten, Maria wäre bei ihrem erflehten Tode ein Engel erschienen, mit einem Palmzweig, der war grün als ein junger Zweig und funkelte wie der Morgenstern. Der Engel grüßte die Mutter seines Herrn mit großer Ehrfurcht. Sie aber bittet, daß ihre lieben Söhne und Brüder, die Apostel, in dieser Stunde allesamt um sie seien. Also wurden sie zu ihr entrückt und waren alle bei ihr in ihrem Hinübergang.
Franz von Stuck, Pietà, 1891,
Nachtrag
Obiges taucht ein in die Wahrheit des Bildes. Die Beschreibung der Evangelien ist eine andere. Danach ruhte unser Herr am Karsamstag in Grabtüchern in einer Felsenhöhle, vor die ein Stein gerollt lag, der am Ostersonntagmorgen auf wundersame Weise beiseite gekommen war. Dies mag verwirren.
In die Abfolge der Evangelien paßt der obige Moment nur kurz vor die Grablegung. Nehmen wir daher das erstere einfachen als einen weiteren apokryphen Text, über die es bei Luther so schön heißt: "so der heiligen Schrift nicht gleich gehalten werden und doch nützlich und gut zu lesen". Oder vielleicht besser als ein geistiges Bild.
nachgetragen am 14. April
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