Samstag, 31. Mai 2025

An einem 31. Mai zu singen

Um Monty Python's Flying Circus zu zitieren:

"and now for something completely different". 

hier gefunden

Dienstag, 6. Mai 2025

Über die Herrschaft der Lüge und die Schlüsse eines Rostocker Professors


Falsche Mäuler sind dem Herrn ein Greuel; die aber treulich handeln, gefallen ihm wohl.
Sprüche Salomonis 12.22

Der Rostocker Professor Benedict hat Ende März 2025 im Cicero einen Artikel veröffentlicht, der in mehrfacher Hinsicht interessant ist. Zunächst der Titel: „Epistemisches Unrecht - Warum Juristen bei der Aufarbeitung der Corona-Politik versagen“. Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Europäisches Privatrecht, Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie an der Universität Rostock. Eine gerupfte Juristische Fakultät zwar, aber wozu braucht man sowas überhaupt, wenn es nicht nützlich ist.

Auf den ersten Blick geht es darin um den Amtsrichter Christian Dettmar, der in einer einstweiligen Anordnung vom 8. April 2021 zwei Schulen in Weimar untersagte, die Schüler diversen Einschränkungen auszusetzen (Gesichtsmasken, Mindestabstände, Schnelltests).

„Es war vermutlich der am gründlichsten vorbereitete und am ausführlichsten begründete Beschluss, der von einem Familiengericht in einem Verfahren zum Schutz des Kindeswohls gem. § 1666 BGB jemals erlassen wurde. 192 Seiten, inklusive dreier Gutachten von Sachverständigen, die klarstellten, dass Kinder ‚durch die Pflicht, während der Schulzeit Gesichtsmasken zu tragen und Abstände untereinander und zu weiteren Personen einzuhalten, in ihrem geistigen, körperlichen und seelischen Wohl gefährdet‘ werden...

Die Entscheidung schlug ein wie eine Bombe. Ein Amtsrichter wagte es, den Widerstand gegen die Grundannahmen der Corona-Politik in einer klaren juristischen Form zu artikulieren. Nein, es ging nicht um ein bisschen juristische Kosmetik… Nein, in Weimar wurde Fundamentalkritik an der epistemischen Hysterie im Ganzen formuliert: Die Maßnahmen sind nicht nur ein bisschen unverhältnismäßig, sie sind nicht nur vielleicht ungeeignet, nein, sie sind im Gegenteil sogar schädlich; schädlich für das ‚geistige, körperliche und seelische Wohl‘ von Kindern...

Es waren die Kinder, die besonders unter den Maßnahmen litten. Aber in einer Zeit, die Kinder als ‚Ratten‘, ‚Halbmenschen‘ und ‚Superspreader‘ enthumanisierte, in so einer Zeit bleibt wenig Platz für eine detaillierte 192-seitige evidenzbasierte Betrachtung des Kindeswohls. Darüber hinaus konnte jeder... erkennen, dass es bei dieser Entscheidung aus Weimar um das geistige, körperliche und vor allem das seelische Wohl nicht nur der Kinder, sondern der Gesellschaft als Ganzes ging.“

 
Das ist der interessantere Punkt. Aber das Zitat wirkt so etwas kryptisch, also liefern wir den Kontext nach:

„Unendlich viel Unsinn wurde als Wahrheit vorgetragen. Aber kaum eine Lüge war so perfide wie die Gleichsetzung von Kindern mit Ratten und die stete Assoziation von Corona mit der Pest. In dieser Richtung konnte gar nicht genug übertrieben werden:

 ‚Was die Ratten in der Zeit der Pest waren, sind Kinder zurzeit für Covid-19: Wirtstiere. Ständig infizieren sie sich mit irgendwelchen Viren, und was machen die unverantwortlichen kleinen Halbmenschen dagegen? Nix!‘

So lautete die todernst gemeinte Impfpropaganda eines reichweitenstarken Agitprop-Satirikers; denn ‚geimpft, geboostert sind die wenigsten, die kleinen Querdenker‘. Kinder: ‚schlimmer als Aluhutträger‘ und natürlich ‚unverantwortlich‘.

Die Angst erzeugenden Erzählungen von der tödlichsten Pandemie seit der ‚Spanischen Grippe‘ und dem völligen Ausgeliefertsein aufgrund der kaum vermeidbaren ‚asymptomatischen Ansteckung‘ verdichteten sich zu dem perfiden Epistem, wonach neben den ‚Ungeimpften‘ die Kinder als besondere ‚Treiber der Pandemie‘ ausgemacht wurden.

Schulschließungen, durchgängiges Maskentragen und strenges Testregime setzten Eltern und Kinder ebenso unter Druck wie die Zumutungen von Schuldzuschreibungen, wenn die in den Heimen eingesperrten Omas und Opas nicht an Einsamkeit, sondern mit einem positiven PCR-Test starben.“


Wie ging es nun weiter mit dem Amtsrichter Dettmar?

„Die Staatsgewalt richtete sich gegen Richter Dettmar, weil er die Episteme, die den beanstandeten Maßnahmen zugrunde lagen, erschütterte. Für einen Moment hatte die Möglichkeit bestanden, innezuhalten und über die Grundannahmen der politischen Maßnahmen auf der Grundlage der fundierten Gutachten der Sachverständigen nachzudenken. Doch der Jurisprudenz fehlt nach Kant das Gehirn, Recht von Unrecht zu unterscheiden, und für die Politik läuft es speziell im Ausnahmezustand nur noch auf den einfachen Dualismus von Freund und Feind hinaus.“

Und so wurde der Richter als „Querdenker-Richter“ erkannt und in den Schmelztiegel der Hexenjagd gestoßen: Hausdurchsuchungen, Disziplinarverfahren, Suspendierung, ein zermürbender Strafprozess und an dessen Ende wurde Christian Dettmar zu zwei Jahren Gefängnis (auf Bewährung), Berufsverlust und Verlust der Pensionsansprüche verurteilt. „Die Zerstörung einer Existenz. Welcher Richter wollte jetzt noch wagen, staatlich verkündete Wahrheiten juristisch zu hinterfragen?“

Der Autor bezweifelt danach den Sinn des Rechtsbeugungsparagraphen in der jetzigen Form: „Denn bereits die Strafnorm, aufgrund derer der Familienrichter angeklagt und schließlich verurteilt wurde (§ 339 StGB), ist geradezu der Prototyp einer Tautologie: ‚Rechtsbeugung begeht … wer das Recht beugt.‘ Ein derart offener Straftatbestand gibt Anlass zu ernsten rechtsstaatlichen Bedenken. Entweder die Norm geht davon aus, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte schon wissen werden, was Rechtsbeugung sei, oder man kann darunter jede juristische Unbotmäßigkeit subsumieren. Letzteres ist im Fall Dettmar geschehen.“

Die Klimax finden wir bei der vorsitzenden Richterin des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof. Die hat nämlich am 20. November 2024 die mündliche Urteilsbegründung in dem Revisionsverfahren offensichtlich sehr selbstgewiß und medienwirksam vorgetragen: „Sie hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt und im Kern klargestellt, dass es nicht darauf ankomme, ob Richter Dettmar in der Sache Recht hatte, weil eine wissenschaftliche Basis für Schulschließungen, Test- und Maskenpflichten tatsächlich nicht bestehe. Die ‚materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung‘ – so die juristisch präzise Formulierung – spiele für die Frage der Strafbarkeit keine Rolle (sic!).

Wegen einer Beugung des Rechts kann demnach verurteilt werden, wer eigentlich das Recht wieder aufrichtet, während es gebeugt am Boden liegt. Und dass Bundesrichter, die selbst tief in den Epistemen der Zeit befangen sind, stattdessen ernsthaft den Vorwurf der Befangenheit zum maßgeblichen Tatbestand einer Rechtsbeugung erheben, verdeutlicht, auf welchem intellektuellen Stand die höchste deutsche Justiz ihre Urteile spricht.“

Richter Dettmar habe gegen die „richterliche Unabhängigkeit“ und „Unparteilichkeit“ verstoßen – so der in den § 339 StGB hineingelesene Vorwurf seines Verbrechens. „Doch welcher Richter hätte mehr ‚Unabhängigkeit‘ bewiesen als er?“ Der Autor zitiert danach Walter Ulbricht von 1958: „Unsere Richter müssen begreifen, dass der Staat und das von ihm geschaffene Recht dazu dienen, die Politik von Partei und Regierung durchzusetzen.“


Juristen sind nicht wahrheitsorientiert, lernen wir gerade. „Auch Juristen sind nur Menschen, und sie verinnerlichen die offiziell verkündeten Episteme der Zeit.“ Auch folgten sie der „reinen Rechtslehre“, wonach jeder beliebige Inhalt Recht sein kann und es gerade das Kennzeichen einer echten juristischen Qualifikation ist, sich nicht mit fachfremden Fragen, etwa der Mikrobiologie, Virologie oder Epidemiologie, befassen zu müssen.“

Das ist die positivistische Variante der Rechtstheorie. Und man fragt sich natürlich, was dann den Richtern im 3. Reich vorzuwerfen wäre. Aber Logik und Vernunft werden sowieso überschätzt.

„Das epistemische Unrecht schmilzt jedes Bewusstsein für Rationalität gemeinsam mit der bis eben noch bestehenden zivilen Normalität vollständig ein.“

„Wenn demnach Juristen gar nicht in Erwägung ziehen, dass die Episteme des Rechts falsch sein könnten, und es ihnen demnach egal ist, ob es vielleicht auch ernstzunehmende Wissenschaftler gab, die eine ganz andere Auffassung zur Gefährlichkeit des Virus oder zur epidemiologischen und medizinischen Nützlichkeit von Lockdowns, PCR-Tests, Isolationen, Masken, 2G-Regeln und mRNA-Impfungen vertreten, dann muss es nicht verwundern, dass die Episteme der Pandemie an den deutschen Gerichten tatsächlich ‚nie hinterfragt‘ wurden.“

Das epistemische Unrecht, die Verweigerung, die Tatsachengegründetheit oder schlicht die Wahrheit, auch nur ernstnehmen zu wollen, das kann man so nennen, auf jeden Fall ist es ein deutlicher Indikator für die seelische Verdorbenheit dieser Zeit.


Nun mag man mit Pilatus fragen: Quid est veritas? Aber dann könnte man auch genausogut jede medzinische Forschung aufgeben. Wer die Wahrheit für belanglos hält, erkennt nur die Macht als real an.

Neben den Kindern habe in der Zeit des Corona-Maßnahmenstaats nichts so sehr gelitten wie das Vertrauen in eine wahrhaftige und vertrauenswürdige Funktion der politischen Institutionen. Mißtrauen und Spaltung seinen die neue Normalität“ die mit der rigorosen Unterdrückung anderer Meinungen einherginge. Von der Erfindung einer „Delegitimierung des Staates“, dem Kampf gegen vermeintliche „Desinformation“ , „Querdenker“ oder „Verschwörungstheoretiker“. Man schließt aus, markiert, überwacht, verfolgt.


Zurück zum Aufsatz und in die Mitte der Corona-Debatte: „Täglich und stündlich wurde Gericht gehalten, in den offiziellen Foren der Medien-Öffentlichkeit. Die Angeklagten waren schnell ausgemacht: die ‚Schwurbler‘, ‚Querdenker‘, ‚Coronaleugner‘, „‘Covidioten’ oder welche Begriffe zur Etikettierung der Ungehorsamen sonst noch gefunden wurden. ‚Mehr Diktatur wagen!‘, forderten dementsprechend Protagonisten der ‚neuen Normalität‘, und die repressive Exekutive entdeckte die ‚Delegitimierung des Staates‘ als neue Kategorie zur Überwachung und Reinhaltung des Diskursraumes. Verfolgt wurden nun alle, die die offiziell verkündeten und rechtlich sanktionierten Episteme anzweifelten: die Maßnahmenkritiker, die Maskenverweigerer und natürlich die ‚Ungeimpften‘.“

„Das Vertrauen in den Rechtsstaat schmolz in der ‚neuen Normalität‘ zu einem blinden Vertrauen in die Expertise des Maßnahmenstaats.“ „Es gab keine Gewaltenteilung, keine gerichtliche Kontrolle der Exekutive. Der Gleichschritt der drei Gewalten gehörte zur neuen Normalität. Und das bedeutete vor allem eines: Es gab keine rechtliche Überprüfung der den Maßnahmen zugrundeliegenden Episteme.“


Ich denke, in der Corona-Zeit hat sich diese Gesellschaft zur Kenntlichkeit demaskiert. Man kann jetzt wissen, woran man ist.

Es gibt eine schon ältere SF-Serie, in der die Erde von Reptilien besetzt ist, die am allerliebsten Menschen fressen, sich aber eine menschliche Gesichtshaut zur Tarnung auflegen. Bei einem Anschlag wird diese Gesichtsmaske beschädigt und der Anführer reißt sie sich herunter, die kollaborierenden Erdbewohner, die dem beiwohnen, erschrecken sich. Heute erschrickt sich niemand, auch wenn die Masken gefallen sind.

Aus dem Aufsatz mag man einen Aufruf zur sachlichen und juristischen Aufarbeitung der Corona-Zeit herauslesen, der Autor hält diese Chancen für unklar, aber er hält fest:

„Es ging bei der Bestrafung von Christian Dettmar nicht um Recht, es ging um die Bestrafung von Ungehorsam. Und der Familienrichter von Weimar steht hier nur stellvertretend für die Vielen, die gegen die ohne solide Evidenz verhängten totalitären Maßnahmen der Politik aufgestanden sind.

Die zentralen Episteme der Corona-Politik sind mittlerweile als falsch oder gar als blanke Lüge entlarvt... – konstruierte Episteme! Wenn gleichwohl immer noch Prozesse gegen Ärzte, Krankenhaus- und Pflegepersonal, Soldaten, Polizisten oder andere Maßnahmen-Kritiker geführt werden, dann ist das für einen liberalen Rechtsstaat schlichtweg ein Skandal.


Die einschneidenden freiheitsbeschränkenden und gesundheitsgefährdenden Maßnahmen waren zu keiner Zeit hinreichend evidenzbasiert. Sie waren epistemisches Unrecht. Es ist dringend Zeit für eine ehrliche Aufarbeitung, die die Episteme der Pandemie anhand seriöser Daten dekonstruiert! Es ist Zeit für eine ernsthafte Rehabilitation des Rechts, die das Unrecht adressiert!“ Der Autor fordert schließlich eine Amnestie, die „die gesellschaftliche Spaltung überwinden hilft!“.

Ich glaube an diese Aufarbeitung nicht, wem würde sie nützen? Warum sollten die, die das alles betrieben haben, das wollen. Lüge und Angst sind bewährte Herrschaftmittel wie der Nebel der Normalität, der sich vergessensselig auf alles legt. Wir leben in einem zynischen Zeitalter. Zyniker halten sich für raffiniert kluge Menschen, aber sie sind es nicht.

Jede Rechtsbefolgung, überhaupt jede Macht hängt daran, ob ihr genug folgen. Keine Macht kann bestehen ohne hinreichende Gefolgschaft. Es mag psychologische Zwänge geben oder eben Ängste, aber irgendwann ist das alles vorbei. Macht erhält sich nie durch Gewalt, sondern nur durch den Glauben der Anhänger. Der Zyniker zerstört das Fundament des Hauses, das er bewohnt.

Aber zwei Dinge sind tatsächlich erinnerungswürdig, einmal die Selbstdemaskierung einer Gesellschaft, die der wache Zeitgenosse nunmehr wissen kann. Corona hat Illusionen über die menschliche Natur geraubt (von Abweichungshaß und Denunziationsfreude bis zur völligen Empathielosigkeit der Exekutoren) und die Verfassung dieses Landes, so man sie denn besaß.


Auch Illusionen über die innere Verrottetheit der Kirchen. Ein Erkenntnisgewinn, auf den ich gut hätte verzichten können.  Ich erinnere noch, wie ich Ostern 2020 mich auf dem Marktplatz vor der Stadtkirche wiederfand, wo zufällig, natürlich in gehörigem Abstand voneinander, Menschen laut aus der Bibel lasen, so auch ich, in dem Bewußtsein, daß jeden Moment die Polizei um die Ecke kommen könnte, um diese Zusammenrottung aufzulösen. 
 
Und nicht zu vergessen: Die Herrschaft der Lüge hat immer verheerende Folgen, und alle nachträglichen Rationalisierungsversuche sind vor allem eines, sie sind sinnlos, denn sie verkennen, daß alles vom Vater der Lüge herkommt, dem sich Menschen nur zu begierig unterwerfen. Das war ein Einbruch der Dimension des Dämonischen.

Ein zweites Verdienst hat der Aufsatz: Die Erinnerung an den Wert des Rechts, nicht als Herrschaftsinstrument, sondern als Mittel zum geordneten Zusammenleben, zum Schutz der Ohnmächtigen und zum Zurückweisen gewaltsamer Anmaßungen, gewissens- und wahrheitsorientiert und nicht machthörig. Das muß keine Fiktion sein. Etwa im 2. Kaiserreich gab es eine solche Rechtskultur.

Noch einmal der Autor: „Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.“ „Art. 97 Abs. 1 GG reklamiert die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Richter von politischen Opportunitäten und beinhaltet ganz sicher keine Verpflichtung zum Vollzug von Regierungsnarrativen... Und hier ist die Perspektive in § 1666 BGB sehr deutlich: Der Richter wird zum Anwalt des Kindeswohls. Das Familiengericht ist explizit auf der Seite der Kinder gegenüber übergriffigen oder nachlässigen Eltern oder ‚Dritter‘. Allein die Frage, ob unter ‚Dritter‘ auch ein übergriffiger Staat adressiert sein kann, war bisher juristisch umstritten. Eine Rechtsbeugung trägt das alles nicht. Das Urteil ist ebenso konstruiert wie die Episteme der Pandemie.“

Diese sechs Stücke haßt der Herr, und am siebenten hat er einen Greuel: hohe Augen, falsche Zunge, Hände, die unschuldig Blut vergießen, Herz, das mit böser Tücke umgeht, Füße, die behend sind, Schaden zu tun, falscher Zeuge, der frech Lügen redet und wer Hader zwischen Brüdern anrichtet.
Sprüche Salomonis 6.16-19

Die Bilder sind aus dem besagten Jahr 2020 und von einem Magnolienbaum an der Katholischen Kirche hier, der gerade blüht.

Sonntag, 27. April 2025

Quasimodogeniti 2025

Gott als Erschaffer des Universums, Frontispiz einer Bible moralisé, ca. 1220-1230, von hier


Vorbemerkungen


Meines Wissens habe ich noch nie eine Predigteinleitung mit einer leisen Kritik begonnen, aber diesmal ging es für mich nicht anders. Es hat es auch nicht eben erleichtert, daß diese ansonsten wunderbare Predigt auch persönliche Konnotationen für den Prediger hat. Wie auch immer.

Zur Abwehr des Islam

1492 – Muhammad XII. übergibt die Stadt an Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón, Francisco Pradilla y Ortiz, 1882, von hier

In dem nachfolgenden Text des Herrn Roloff findet sich die Annahme, daß die Eroberung Granadas im Jahre 1492 im Zuge der Reconquista "den großen mittelalterlichen Kampf zwischen Christentum und Islam vorerst zu einem siegreichen Abschluss" geführt hätte. Wenn's denn so gewesen wäre. Für Spanien gilt dies natürlich, es hat danach sogar Stützpunkte in Nordafrika erobert und teilweise halten können.

Aber auf der östlichen Seite des Mittelmeers und dessen Nachbarregionen war die Atempause doch eher kurz, wenn überhaupt. 1521 fiel die stärkste Festung des Balkans Belgrad. 1522 belagerten die Osmanen Rhodos und nahmen es im Dezember ein. Süleyman besetzte 1541 Ofen. Damit startete eine lange Besetzung des größten Teils von Ungarn.

Zypern wurde 1571 erobert, Kreta 1669. Ein erster Lichtblick ist die siegreiche Seeschlacht von Lepanto 1571, die ein jahrzehntelanges Übergewicht der osmanischen Flotte im Mittelmeer beendete und sie in dessen Ostteil zurückdrängte.

Andrea Vicentino, Battle of Lepanto, zw. 1571 u. 1600, von hier

Richtig ist, daß die Osmanen sich bei ihren Eroberungsversuchen nicht auf Europa beschränkten und somit auch anderweitig beansprucht waren. Mit Erfolg: Die Beute reichte schließlich von Bagdad und dem Persischen Golf bis hin zum Mameluken-Reich in Ägypten, das 1516/17 vernichtet wurde, wobei den Osmanen damit die Schutzherrschaft über die heiligen Stätten Mekka und Medina zufiel.

Eine tatsächliche Wende für Europa trat erst ein, als die Türken 1683 noch einmal versuchten, Wien einzunehmen und dabei vernichtend geschlagen wurden. Ab da wurde es langsam besser. Allerdings erst einmal nur, was die Osmanen selbst anging, die Seeräuberstaaten Nordafrikas (die sog. Barbareskenstaaten) gingen weiter den Geschäften nach, die sie als einzige kannten, Raub, Töten und Versklavung eben.

Cornelis de Wael, The Battle of Lepanto, zw. 1613 u.1667, von hier

  Justinian und der Hl. Benedikt von Nursia

Giovanni Bellini, Benedikt von Nursia and St Markus, der Evangelist, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig, 1488, von hier

Herr Roloff nennt den sinnfälligen Zusammenhang, daß im selben Jahre 529 Kaiser Justinian die platonische Akademie in Athen schloß und der Hl. Benedict von Nursia sein Kloster Monte Cassino gründete und damit der Begründer des christlichen Abendlandes wurde.

Ich will hier nur Anmerkungen machen, sonst müßte ich besser einen eigenen Beitrag schreiben.

In der Tat ist Justinian ein Totengräber der Antike. So einnehmend sein Programm der Restauratio imperii wirken mag. Die Vernichtung der Ostgoten, die vor allem unter Theóderich dem Großen († 30. August 526 in Ravenna) defacto das weströmische Erbe für Italien bewahrten, in einem massiven Krieg, bedeutete für dieses weitgehende Zerstörung, auch von dem, was an antiker Bildung und Kultur noch überdauert hatte.

Zumal die Langobarden ab 568 dann den größten Teil Norditaliens in ihre Gewalt brachten. Ostrom behautete Genua bis 650, das Exarchat Ravenna (mit dem alten Rom) bis 751, in Süditalien noch einiges bis 1071. Die ganze Unternehmung war also auch in praktischer Hinsicht recht vergeblich.

Das im Februar 1944 von anglo-amerikanischen Bombern zerstörte Monte Cassino, von hier

Während Benedikts „Arche“ auf dem Monte Cassino die folgenden Jahrhunderte nicht nur bewahrte, sondern reichlich fruchtbringend fortwirkte. Aber das bedarf einer eigenen Würdigung.

Auch von Justinian I († 14. November 565 in Konstantinopel),wäre noch anderes zu sagen, doch belassen wir es in diesem Zusammenhang dabei.

Ikone von St. Peter im St. Katherinen-Kloster , Sinai, wohl 7. Jahrhundert, von hier

Predigt

Der Friede und die Gnade unseres auferstandenen Herrn sei alle Zeit mit euch!

Heil und Hoffnung des Evangeliums

3Gelobet sei Gott und der Vater unsers HERRN Jesu Christi, der uns nach seiner Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,

4zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel 5euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit.

6In derselben werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wo es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, 7auf daß euer Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde denn das vergängliche Gold, das durchs Feuer bewährt wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn nun offenbart wird Jesus Christus,

8welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habt und nun an ihn glaubet, wiewohl ihr ihn nicht sehet, und werdet euch freuen mit herrlicher und unaussprechlicher Freude
 9und das Ende eures Glaubens davonbringen, nämlich der Seelen Seligkeit.

1. Petrus 1, 3-9

Liebe Gemeinde,

zwei große Zeitenwenden bestimmen noch immer unsere Vorstellung von der Geschichte, die wir nach wie vor einteilen in die Antike, das Mittelalter und die Neuzeit. Dabei markieren zwei Jahreszahlen durch den bemerkenswerten Zusammenfall von jeweils zwei Ereignissen Anfang und Ende der großen Abschnitte.

Archäologische Ausgrabung der Platonischen Akademie im heutigen Athener Stadtteil Akadimia Platonos, von hier

Im Jahre 529 schloss Kaiser Justinian die platonische Akademie in Athen und beendete damit in sinnfälliger Weise die Antike. Im selben Jahr gründete der Hl. Benedict von Nursia sein Kloster Monte Cassino und wurde damit der Begründer des christlichen Abendlandes, der Patron Europas, Zeuge des Glaubens und eben auch Urheber des Mittelalters.

Im Jahre 1492 wiederum eroberten die Spanier im Zuge ihrer Reconquista die letzte Bastion der Mauren in Granada und brachten den großen mittelalterlichen Kampf zwischen Christentum und Islam vorerst zu einem siegreichen Abschluss.

Wieder im selben Jahr entdeckte Kolumbus Amerika und setzte damit die Conquista, die Eroberung einer neuen Welt, in Gang und wurde Begründer der Renaissance, einer neuen Zeit, unserer Zeit.

Er brachte der alten Welt erstaunliche Nachrichten und jeder, der sie hörte, müsste zunächst selbst entscheiden, ob er ihnen Glauben schenkt, ob er Kolumbus Glauben schenkt. Jedermann musste diese Entscheidungen treffen, obgleich doch Kolumbus selbst noch gar nicht, und wohl bis zu seinem Lebensende, nicht wusste, was er da entdeckt hatte, wovon die Indianer noch immer beredt Zeugnis ablegen.

 L. Prang & Co., Boston, Christoph Kolumbus ergreift die Neue Welt, 1893, von hier

John Vanderlyn, Landing of Columbus, 1847, von hier

Was immer uns das wieder im Einzelnen zu sagen hat, können wir in jedem Falle feststellen, dass diese Überlegungen geeignet sind, um der Zeit eine Struktur zu geben, damit wir und andere uns in ihr zurecht finden und nicht fremd werden in der Zeit, die doch in allen ihren Abschnitten unsere Zeit ist, denn wir kommen aus ihr.

Wir Menschen neigen in fast allen Dingen dazu, ihnen Strukturen zu geben. Wir bauen Häuser, leben in Ordnungen, geben uns Gesetze und andere Regeln und halten uns auch leidlich an sie. Den Dingen Ordnungen zu unterlegen, das ist unser Weg, uns nicht ganz und gar fremd zu fühlen in dieser Welt, von der wir sonst fürchten müssten, verschlungen zu werden.

Dennoch ist alles was wir dort tun vergängliche und manchmal möchte man meinen auch vergebliche Mühe, denn, was wir schaffen, das verfällt, was wir bauen, das wird irgendwann zerstört und was wir meinen ist, als wäre es in Wasser geschrieben, wie der Dichter sagt.

Von dieser Art ist das was Petrus uns mitteilt aber nicht, obwohl alle Vorstellungen, von denen ich bislang redete, sich auch in seinen Versen wiederfinden. Auch er schafft mit seinen Worten Zeitalter. Indem er Gott lobt, erinnert er auch an den Schöpfer, vor dessen Wort nichts war. Erst mit Gottes Wort trat alles ins Werden.

Er lobt in Gott aber auch den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er lobt den Vater des Auferstandenen, des Lebendigen, des Ewigen. Er weiß auch ganz genau, wovon er redet, denn Petrus ist dabei gewesen, als der Herr unter sie trat. Er, der durch sein Leugnen in die Geschichte eingegangen ist, wird nun zum Zeugen für uns.

Sein Zeugnis aber bekennt von Christus, „dass er uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung von den Toten.“ Durch die Auferstehung von den Toten sind wir wiedergeboren. So, wie wir uns die Zeit einteilen und Ordnungen schaffen und uns Gesetze geben, so verkündet uns Petrus die Struktur der Welt, der Schöpfung, des Kosmos.

Wir sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, das bedeutet, wir können tiefer blicken und weiter schauen als das vor der Auferstehung Jesu möglich gewesen ist. Die Schöpfung folgt also ihrer eigenen, allein durch das Wort Gottes gegebenen Ordnung und wird vollendet oder erneuert durch den auf das Wort Gottes hin auferstandenen Christus, der uns zu einer lebendigen Hoffnung macht. Die auch auf uns gekommene Nachricht vom leeren Grab und von dem auferstandenen Herrn, macht uns zu einer lebendigen Hoffnung.

Manchmal denke ich, der Unterschied zwischen Glauben und Unglauben ist auch dadurch zu beschreiben, indem man sich zwei Inseln vorstellt, einsam und fern, irgendwo im Ozean, auf den entgegen gesetzten Seiten des Globus, und auf jede der Insel rettet sich die Besatzung eines Schiffes. Beide haben dieselben Voraussetzungen, dieselben Gegebenheiten und dieselben Mengen an Nahrung und anderen Notwendigkeiten von ihrem Schiff gerettet.

Die eine Mannschaft aber hat vor dem Sinken des Schiffes noch Nachricht erhalten, dass sie dermaleinst gerettet würde und glaubte dieser Nachricht auch. Geduldig und friedlich lebten die Menschen nun beieinander, teilten ihren Proviant gerecht, kümmerten sich barmherzig um die Verwundeten und waren meistenteils sogar fröhlich. Sie verloren die Zuversicht auch dann nicht, als die Hilfe lange ausblieb.

Die andere Mannschaft hatte die Nachricht zwar auch noch erreicht, aber sie wurde nicht geglaubt. Egoistisch retteten sich die Stärksten auf Kosten der Schwachen und Verwundeten. Sie rafften allen Proviant für sich zusammen und suchten unbarmherzig, nur das eigene Leben durchzubringen.

Nun mag jemand einwenden, das kann sogar alles stimmen, dennoch bleibt die Nachricht eine schöne Mär, eine Art Selbsttäuschung aus Überlebenswillen. Das könnte dann auch für die ganze christliche Botschaft von der Auferstehung gelten. Auch sie wäre dann nichts als ein tröstlicher Umhang, der uns das ganze Ausmaß unserer Verlorenheit im Kosmos nicht sehen lässt und anmutig verschleiert, dass wir endgültig sterben.

Merkwürdiger Weise leuchtet genau diese Auffassung in unseren Tagen sehr vielen Menschen sofort ein. Ich halte das in der Tat für merkwürdig, weil es der meines Erachtens ganz offen zu Tage liegenden inneren Wahrheit unserer Welt klar widerspricht. Die Frage, ob etwas ist, kann doch keinesfalls als unbeantwortet angesehen werden!

Die Welt ist ins Werden getreten, und wir sind ihr Teil. Mit unserem Tun nun bilden wir das innere Wesen der Welt gleichsam ab. Natürlich ist uns vieles an diesem inneren Wesen der Welt rätselhaft, aber gerade diese Rätselhaftigkeit haben doch unsere Rituale zum Inhalt.

In unseren Ritualen, unserer Liturgie, bilden wir nichts anderes ab, als die Rätsel dieser Welt. Dasselbe gilt für beinahe jede Form von wirklicher Kunst. Auch die Kunst entsteigt immer einem tiefen Glauben und der Glaube, wie jede tiefe religiöse Erfahrung, ist immer Einheitserfahrung.

Der Mensch fühlt sich im Einklang mit allem, was ihn umgibt, er spürt und hört, er empfindet den Herzschlag der Schöpfung, die Lebendigkeit aller Dinge, an der er selbst Anteil nimmt. Wie kann man dann aber behaupten, dass es die Welt gibt, ist unbestritten, wo immer aber der Mensch zu ihrer Schönheit beiträgt, den Einklang mit ihr sucht, Großes schafft und Dome baut, da erliegt er einer Täuschung. Wie hätte der Mensch wahrheitswidrig so lange leben sollen?

Bau gotischer Kathedrale. Bildhauer, die an maßstabsgetreuen Reliefs arbeiten, 15. Jh.

Petrus nennt, was wir im Glauben empfangen, ein unvergängliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbe, das wir im Himmel behalten werden. Petrus spricht vom Ziel des Glaubens, das wir davonbringen, nämlich die Seligkeit der Seelen. Diese Seligkeit entsteigt allein der Macht Gottes, an der wir Anteil genommen haben in unserer Taufe. Das alles lässt uns nicht die Augen vor der Wirklichkeit der Welt verschließen, sondern erst der Glaube öffnet uns den Blick auf genau diese Wirklichkeit, die eben eine Wirklichkeit Gottes ist und nicht aus sich selbst besteht.

Durch sie ist Christus nicht nur ein Wendepunkt der Zeiten, was sich durch die Weise, nach der wir die Jahre zählen in Erinnerung hält, sondern er ist der eigentliche Wendepunkt im Schicksal der Schöpfung und von uns Menschen.

Amen

Und der Friede des Auferstandenen sei diesen Tag und alle Zeit bei euch.

Amen

Jean Colombe, Très Riches Heures du Duc de Berry: Mariä Tempelgang folio 137r,
zw. 1485 u. 1486, von hier

Thomas Roloff

nachgetragen am 2. Mai

Montag, 21. April 2025

Ostern 2025

Matthias Grünewald, Auferstehung, Isenheimer Altar, 1512, von hier

„‚In resurrectione tua, Christe, coeli et terra laetentur – In deiner Auferstehung, Christus, freuen sich Himmel und Erde.‘

Der Morgen des Ostertages hat uns die alte und stets neue Botschaft verkündet: Christus ist auferstanden! Das Echo dieses Ereignisses, das vor zwanzig Jahrhunderten von Jerusalem ausging, klingt in der Kirche fort, in deren Herzen der tiefe Glaube Marias, der Mutter Jesu, weiterlebt, der Glaube Magdalenas und der anderen Frauen, die als erste das leere Grab gesehen haben, der Glaube des Petrus und der anderen Apostel...

Die Auferstehung Christi ist nicht das Ergebnis von Spekulation oder mystischer Erfahrung: Es ist ein Geschehen, das gewiß die Geschichte überschreitet, sich aber zu einem exakten Zeitpunkt der Geschichte zuträgt und in ihr eine unauslöschliche Spur hinterläßt. Das Licht, das die am Grab Jesu aufgestellten Wachen blendete, hat Zeit und Raum durchdrungen. Es ist ein anderes, ein göttliches Licht, das die Finsternis des Todes zerrissen und in die Welt den Glanz Gottes gebracht hat, den Glanz der Wahrheit und des Guten.

Wie im Frühling die Strahlen der Sonne die Knospen an den Zweigen der Bäume sprießen und aufbrechen lassen, so verleiht der Strahl, der aus der Auferstehung Christi hervorgeht, jeder christlichen Hoffnung, jeder Erwartung, jeder Sehnsucht und jedem Vorhaben Kraft und Sinn. Deshalb freut sich heute der ganze Kosmos, der in den Frühling der Menschheit einbezogen ist, die sich zum Sprachrohr des stummen Lobgesanges der Schöpfung macht. Das österliche Halleluja, das in der auf Erden pilgernden Kirche widerhallt, drückt den stillen Jubel des Universums aus und besonders das Verlangen einer jeden menschlichen Seele, die aufrichtig auf Gott hin offen ist, ja, die sich seiner unendlichen Güte, Schönheit und Wahrheit bewußt ist.

‚In deiner Auferstehung, Christus, freuen sich Himmel und Erde.‘ Auf diese Einladung zum Lob, das heute vom Herzen der Kirche aufsteigt, antworten die ‚Himmel‘ in ihrer ganzen Fülle: Die Scharen der Engel, der Heiligen und Seligen vereinen sich einmütig mit unserem Jubel. Im Himmel ist alles Friede und Freude. Aber auf Erden ist es leider nicht so! Hier in dieser Welt steht das österliche Halleluja noch im Gegensatz zum Klagen und Schreien, das aus vielen schmerzvollen Situationen hervordringt: Elend, Hunger, Krankheit, Krieg und Gewalt. Aber gerade deswegen ist Christus gestorben und auferstanden! Er ist gestorben auch wegen unserer Sünden heute, und er ist auferstanden für die Erlösung unserer heutigen Geschichte...

Es freue sich das Land, das als erstes vom Licht des Auferstandenen durchflutet wurde. Der Glanz Christi erreiche auch die Völker des Nahen Ostens, damit das Licht des Friedens und der Menschenwürde die Finsternis der Spaltung, des Hasses und der Gewalt überwinde…

Himmel und Erde mögen sich freuen über das Zeugnis derer, die Widerspruch oder sogar Verfolgung wegen ihres Glaubens an Jesus, den Herrn, erleiden. Die Botschaft seiner siegreichen Auferstehung schenke ihnen Mut und Zuversicht.

„Laßt uns in dieser verwundeten Welt hinter Ihm hergehen und das Halleluja singen. In unserem Herzen sind Freude und Schmerz, auf unserem Gesicht Lächeln und Tränen. Das ist unsere irdische Wirklichkeit. Aber Christus ist auferstanden, er lebt und geht mit uns. Deshalb wollen wir singen und treu unserem Auftrag in dieser Welt mit dem Blick auf den Himmel gerichtet weitergehen.

Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Osterfest!“

BENEDIKT XVI. - OSTERN 2011

Soweit der Papst. Sein Nachfolger ist verstorben. Aber es gilt: τὸν τεθνηκóτα μὴ κακολογεῖν - De mortuis nihil nisi bene.

Salus Populi Romani, Santa Maria Maggiore, von hier

Wegen seiner besondern Verehrung für die Heilige Jungfrau (er hatte dort ihre Ikone Salus Populi Romani regelmäßig aufgesucht) wolle er in Santa Maria Maggiore, der ältesten Marienkirche Roms begraben werden, so war sein Wunsch (so wie 7 Päpste vor ihm). Immerhin das also.

Möge diesem Papst Franziskus das zuteil werden, was für alle in Christus Verstorbenen die Kirche erbittet:

Lux aeterna luceat eis, Domine,
cum sanctis tuis in aeternum, quia pius es.

Requiem aeternam dona eis, Domine,
et lux perpetua luceat eis,

cum sanctis tuis in aeternum, quia pius es.
 


Ostern ist, wo ich dies tatsächlich schreibe, vorüber. Aber die Österliche Freudenzeit hat damit begonnen. Also wünsche ich -

eine gesegnete und frohe österliche Zeit.

Und um in einem leichteren Ton zu enden: Diese Eule hat offenbar kein Interesse an Hasen:
 

 
nachgetragen am 24. April

Samstag, 12. April 2025

Aufgelesenes vergangener Tage - ein Selbstgespräch

"Tempora mutantur, nos et mutamur in illis."
Die Zeit vergeht und wir vergehn in ihr. (nur sehr annähernd übersetzt, ich weiß).

Kürzlich mußte ich spät von meinem Lieblings-Klassik-Sender flüchten und landete ausgerechnet bei Herrn Lanz. Tolle Flucht. Aber tägliche Unterhaltungen müssen nicht sinnlos sein. Es war nämlich etwas ziemlich Atonales, dem mein Zurückweichen galt. Und dazu gab es den hinreichenden Kommentar von Herrn R.: Davon wird man krank.


Dieses Brot ist tot. Genauer: Es ist es nur im nicht zuträglichen Sinne.

Ich habe einen sehr fürsorglichen Körper. Er sagt mir täglich: 'Mach mal nicht mehr so lange'.

So originell wie die Idee eines Sterbenden, noch einmal sein Gewicht messen zu wollen.

Warum machen Küchenhandtücher-Muster glücklich?


Über Religion

 
Book of Kells, ChiRhoMonogram, von hier

Wohl ein Zitat, das ich nicht mehr zurückfinde:

"Ich vertraue der Fähigkeit zur Größe eines einzelnen mehr, als Gier und Mißgunst von vielen.

Das Christentum will nicht Weltveränderung, sondern Menschenveränderung. Ehe man all die Bösen totschlägt, sollte man das Böse in sich totschlagen."

Die doppelte Prädestination ist talibanesque. Als ob Gott völlig desinteressiert an einem freien Menschen wäre, den er doch erlösen will.

Die Rettung der Vernunft über den Umweg des Irrationalen. Das Märchenhafte bringt einfach in einen anderen, bewußteren Zustand.

Walter Crane, A Masque for the Four Seasons, von hier

Noch n' Zitat (hier wiedergefunden): "Mack: Einer meiner Lieblingsverse aus dem Alten Testament ist Sprüche 16,30 nach der Schlachter-Übersetzung: 'Wer die Augen verschließt, denkt verkehrt.' Jede Ideologie ist ein Augenverschließen vor dem, was ihr nicht entspricht. Dieses Andere und Ausgeblendete wird dann bekämpft und bildet den 'politischen Gegner'. In der Psychologie spricht man konfirmatorischem Denken."

H. wollte das Christentum von allem antik-mythischen und mittelalterlich Dogmatischen reinigen und es in die reine Sittlichkeit überführen. Er ist damit auch sehr erfolgreich gewesen, vorübergehend. Harnack half nicht für lange.

Ihre Göttin ist nicht einmal die Vernunft, von der etwa Boetius spricht, sondern die von der Aufklärung geschrumpfte Vernunft.

Zum Anderen: Falschheit aus Feindseligkeit gegen die Wirklichkeit. Im religiösen Eifer versteckt sich gern Herrschsucht, die sich als moralisch überlegen ausgibt (wie bei der anderen verwandten Sekte).

Askese ist auch Feindseligkeit gegen die Schöpfung, wenn sie gegen die vergängliche und todgeweihte Welt wettert, auch Kulturfeindschaft. Nicht daß das heute ein vorherrschendes Problem wäre.  Aber seit wann interessiert uns die Gegenwart. Frömmigkeit als Selbstermächtigung.

Die christliche Gefühlswelt ist stark, aber auch verklemmt, was nichts anderes bedeutet, als an unpassendem Ort steckengeblieben. Da müssen wir eben durch. 

Über das Königtum

Gedenkmausoleum für die Königin Luise, Neustrelitz

Die besten Kommentare zum Königtum stammen immer noch von Georg Philipp Friedrich von Hardenberg

"Einem König sollte nichts mehr am Herzen liegen, als so vielseitig, so unterrichtet, orientirt und vorurtheilsfrey, kurz so vollständiger Mensch zu seyn, und zu bleiben, als möglich. Kein Mensch hat mehr Mittel in Händen sich auf eine leichte Art diesen höchsten Styl der Menschheit zu eigen zu machen, als ein König."

"Ein wahrhaftes Königspaar ist für den ganzen Menschen, was eine Constitution für den bloßen Verstand ist."

Aber:

"Ein einstürzender Thron ist, wie ein fallender Berg, der die Ebene zerschmettert und da ein todtes Meer hinterläßt, wo sonst ein fruchtbares Land und lustige Wohnstätte war."

Wer die Ordung des Denkens zu zerstören versucht, wird regressiv, was ein Wunder.

Der heutige Schutz von Denkmälern, genauer, dessen Akteure, will alle Dinge in ein Grab verwandeln, weil er keine positive Idee von den Dingen mehr hat; er glaubt lange nicht mehr daran, daß es Dinge von größerer Schönheit gäbe, und nur dies das Kriterium für ihren Schutz sein könne (weil er nicht an die Schönheit glaubt, sondern sie für ein Geschwätz hält). Er denkt auch nicht, daß Schönes verfehlt sein, aber dennoch vorläufig anders vollendet werden könne. Es ist eine Kultur des Todes, die das für relevant hält, das da ist. Er ist eine der Randerscheinungen unseres absinkenden Zeitalters.

Varia

im Slawendorf, Neustrelitz

Wir stolpern von einer Fremdheit in die andere, die überwucherten Pfade der Vertrautheit, fast verschollen das Vergangene, fast nur Leere. Wesensverdreht und lebensverquer die falsche Zeit.

Man kann alle Zumutungen daran unterscheiden, ob sie das Leben fortsetzen wollen oder nicht.

Wir müssen gerade eine Sprache ertragen, die selbst einen Walter Ulbricht beschämen würde. Dieses Nicht-Deutsch ist von einem Mißachtungswillen gezeichnet, daß nur ein Satz genügt, um dann zu wissen, wie pathologisch besetzt ein Land sein muß, das so etwas zuläßt.

Der Krieg hat eine so unermeßliche Leere gerissen, daß der Wunsch, sie mit Dingen zu füllen, ganz natürlich ist, zumal der Verlust von Dingen zu dieser Leere gehört. So daß die Angst vor dem Verlust die alte Trauer immer tiefer eindringen läßt und man sie allenfalls leugnen, überspielen oder betäuben kann.

Für Frauen ist Wahrheit etwas, das sich Männer ausgedacht haben, um sie zu demütigen. Wahrheit, überhaupt ein komisches und völlig überholtes Wort, ist das, was sie gerade fühlen. Aber! Es gibt tapfere, unverzichtbare Ausnahmen.

Über Wahrheit

Memleben Crypta

Sie wollen etwas besitzen, um es zu zerstören. Um dann verblüfft zu bemerken, das Zerstören macht auch nicht glücklich, die doch diesmal alles richtig machen wollten. Also braucht es Schuldige, sprich Feinde. Marxismus - der Enthusiasmus für den Massenmord. Die gut linke Überzeugung, daß durch die gute Sache alles gerechtfertigt ist. Die Lüge ist der Anfang. Die Lüge ist der Schlüssel zu allem. Darum wird die Wahrheit so gern relativiert, kontextualisiert und was der Wieselwörter mehr sind. Wer der Spur der Lüge folgt, kommt zum Vater der Lüge.

Congo &

Charles Davidson Bell: Landung von Jan van Riebeeck am Kap der Guten Hoffnung, Tafelbucht 1652, vor 1851, von hier

"Ein junger Einwohner Kinshasas in dem Buch Congo von David Van Reybrouck : 'Wie lange wird diese Unabhängigkeit noch dauern? Wann kommen die Belgier zurück?' "

"We will not prosecute killers of white farmers." 

nachgetragen am 16. April

Sonntag, 6. April 2025

Eine Meditation über den Sonntag Judika

Antonio Ciseri, Ecce Homo, zw. ca.1860 – 1880

Predigt Judika


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

Jesu Verhör vor Pilatus

28Da führten sie Jesum von Kaiphas vor das Richthaus. Und es war früh; und sie gingen nicht in das Richthaus, auf das sie nicht unrein würden, sondern Ostern essen möchten. 29Da ging Pilatus zu ihnen heraus und sprach: Was bringet ihr für Klage wider diesen Menschen? 30Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet. 

31Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmet ihr ihn hin und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Wir dürfen niemand töten. 32(Auf das erfüllet würde das Wort Jesu, welches er sagte, da er deutete, welches Todes er sterben würde.) 33Da ging Pilatus wieder hinein ins Richthaus und rief Jesus und sprach zu ihm: Bist du der Juden König? 

34Jesus antwortete: Redest du das von dir selbst, oder haben's dir andere von mir gesagt? 35Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du getan? 36Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von dannen. 37Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? 

Jesus antwortete:
Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme. 38Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit?


Mihály Munkácsy, Ecce Homo!,1896

Und da er das gesagt, ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm. 39Ihr habt aber eine Gewohnheit, daß ich euch einen auf Ostern losgebe; wollt ihr nun, daß ich euch der Juden König losgebe? 40Da schrieen sie wieder allesamt und sprachen: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Mörder.

Arthur Kampf: Verspottung Christi, vor 1950

Jesu Geißelung und Verspottung

1Da nahm Pilatus Jesum und geißelte ihn. 2Und die Kriegsknechte flochten eine Krone von Dornen und setzten sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurkleid an 3und sprachen: Sei gegrüßt, lieber Judenkönig! und gaben ihm Backenstreiche. 4Da ging Pilatus wieder heraus und sprach zu ihnen: Sehet, ich führe ihn heraus zu euch, daß ihr erkennt, daß ich keine Schuld an ihm finde. 5Also ging Jesus heraus und trug eine Dornenkrone und ein Purpurkleid. Und er spricht zu ihnen: Sehet, welch ein Mensch!

Johannes: 18, 28 – 40; 19, 1 - 5

Liebe Gemeinde,

der Sonntag Judika markiert den Punkt im Jahr, an dem wir aus der allgemeinen Fastenzeit in die eigentliche Passionszeit treten. Die Vorbereitung hat ein Ende, nun sollen wir uns bewähren.

Wir sollen unseren Glauben beweisen, indem wir unter das Kreuz des Herrn treten.

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele. (Mt 20,28)

So steht es über diesem Sonntag und alle Texte, die wir gehört haben, führen uns in dieselbe Richtung – an das Kreuz. Darüber wollen wir mehr meditieren, als dass ich predige.

Hier am Kreuz sollen wir einen ganz anderen Begriff finden vom Gottesdienst. Viel zu gerne gefallen wir uns nämlich in der Annahme, wir würden Gott dienen, wenn wir uns in unseren Kirchen versammeln. Welchen Dienst aber könnten wir Gott leisten? Und vor allem, welchen Gewinn sollte er davon haben?

Nein, das, was wir in unseren Kirchen feiern und woran wir uns und alle Menschen wieder und wieder erinnern, ist der Dienst, den Gott an uns geleistet hat. Gott selbst geht ans Kreuz, nachdem er vor den Richterstuhl der Mächtigen gezerrt worden ist.

Das Gerichtsverfahren ist dabei ein wesentlicher Bestandteil von Jesu Leidensweg und es ist nicht grundlos am Sonntag Judika in Parallelität zum Isaaksopfer gestellt worden.

Wir sind in beiden Fällen die Begleiter auf einem Weg, den Vater und Sohn gemeinsam gehen. Das ist auch darum von Bedeutung, weil wir als Menschen jedes Recht und alle Gerechtigkeit nur verstehen können, wenn wir den als Gesetzgeber Mächtigen immer als Vater und Sohn des Gesetzes begreifen.

Aus Recht kann nämlich nur dann Gerechtigkeit wachsen, wenn sich der, der das Gesetz erlässt und insofern der „Vater des Gesetzes“ wird, auch bereit ist, sich selbst in aller Konsequenz dem Gesetz zu unterwerfen und zum „Sohn des Gesetzes“ zu werden.

Es gingen die beiden miteinander.

Rembrandt Harmenszoon van Rijn, die Opferung Isaaks, 1635

Will man den Prozess gegen Jesus verstehen, dann muss man zuvor die ungeheuerliche Geschichte des Isaaksopfers ganz verinnerlichen.

Es ist eine kaum zu ertragende Prüfung, die einem Vater auferlegt wird, wenn er opfern soll, was ihm das Liebste ist und was er so lange ersehnt hat. Wie soll er, was er doch schützen muss, aus der Hand geben? Hat er nicht das Recht, aufzubegehren gegen so einen maßlosen Herrn?

Es gingen die beiden miteinander.

Hat Christus nicht noch viel mehr Grund, gegen die Richter, vor die er gestellt wird, aufzubegehren? Mit einer unfassbaren Bigotterie hebt das Geschehen an. Während sie den Schuldlosen ausliefern und wider alles Recht seinen Tod verlangen, sorgen sie sich um die Beachtung der Reinheitsvorschriften und darum, nach erledigter Schandtat, das Osterlamm essen zu dürfen. Der Herr aber begehrt nicht auf, weil er weiß, dass er selbst im Begriff steht, das Opfertier zu sein, das geschlachtet werden soll.

So auch tausende Jahre zuvor der Junge Isaak. Dämmerte es seinem kindlichen Gemüt, dass er zum Opfer ausersehen ist, als er dem Vater die Frage stellt, wo denn das Lamm sei, dessen es doch zum Opfer eigentlich bedarf?

Cornelis de Vos, das Opfer Abrahams, zw. ca.1631 – 1635

Es gingen die beiden miteinander.

Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten ihn nicht überantwortet. Ihr Urteil geht der Erörterung und der Aufklärung des Sachverhalts bereits voraus. Pilatus soll nur noch vollstrecken, was sie längst beschlossen haben.

Musste Abraham nicht annehmen, es wäre bei seinem Gott tatsächlich beschlossen, dass sein Sohn sterben muss? Sonst wäre er doch nicht losgezogen nach Morija. Sonst hätte er doch den Berg nicht aufgesucht, auf dem der Opferstein bis heute zu besichtigen ist.

Herzog Anton Ulrich-Museum, Jan Lievens, das Opfer Abrahams,
 ca. 1638, von hier

Wie konnte Christus so ruhig bleiben, als sich abzeichnete, dass ihm das Kreuz aufgerichtet werden würde?

Es gingen die beiden miteinander.

So unfassbar das jeweilige Geschehen ist, so unzweifelhaft bleibt es bis zum jüngsten Tag, dass es Jesus genau wie Isaak über die gesamte Wegstrecke der stärkste Trost gewesen ist, dass sie neben sich den Vater wussten, an dessen Liebe nicht zu zweifeln war. Vertrauen zu Gott ist die einzige Brücke über die Ungewissheiten und Dunkelheiten unserer Existenz.

Die Unfassbarkeit des Geschehens auszuhalten ist die sicherste Abwehr gegen die Verführung zur Empörung, durch die wir uns dann gegen Gott und seinen Ratschluss stellen würden.

Bist du der Juden König? Jesus antwortete: Redest du das von dir selbst, oder haben's dir andere von mir gesagt? Alles in diesen Geschichten dreht sich um die Königsfrage! Wer ist König? Kann man sich zum König machen oder gemacht werden? Wird man zum König, wenn man eine Krone trägt?

Mattia Preti, Ecce Homo, zw. 1656 – 1666

Christus belehrt uns in dieser Frage mit den Worten: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll.

Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.“ Der Herr ist die Wahrheit und allein darin gründet sein Königtum.

Es gingen die beiden miteinander.

Das Geschehen nimmt in beiden Fällen den ihm von Anfang an bestimmten Verlauf. Gerade dadurch wird gleichzeitig die ganze Vergeblichkeit dessen deutlich, was wir als Menschen tun. Zwar versucht Pilatus, den schuldlosen Menschen aus den Fängen des Verhängnisses zu befreien, wird aber gewahr, dass er nicht der Herr des Verfahrens ist.

Wird nicht auch Abraham darüber nachgesonnen haben, wie er den Knaben retten kann? Auch er machte aber die schmerzende Erfahrung, dass er ihn nicht retten konnte, wenn er gleichzeitig am Gehorsam gegen seinen Gott festhalten will. So hebt er am Ende Isaak auf den Altar und anschließend den Arm mit dem Messer.

So ging auch Jesus am Ende heraus und trug eine Dornenkrone und ein Purpurkleid. Und in beiden Fällen möchte man sprechen: Sehet, welch ein Mensch!

nach Agostino Carracci (1557–1602), Ecce Homo

Judika ist der Name dieses Sonntags. „Gott, schaffe mir Recht und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!“
Abraham hätte nicht Recht schaffen können, indem er sich dem Willen Gottes widersetzt. Und schon gar nicht setzten die „Söhne Abrahams“ Recht mit ihrem Gerichtsprozess über den Herrn.

Recht und Gerechtigkeit haben ihre Quelle allein bei Gott, der uns wieder mitnimmt an sein Kreuz.

So wie Isaak allein durch Gottes Handeln am Ende zum Leben gerettet wurde, so werden wir auch gerettet, indem Gott seinen Sohn in den Tod preisgab. Das allein sollen wir lernen in diesen Tagen vor der Feier des Leidens und Sterbens Jesu, dass er der König ist, dem wir Gehorsam schulden. Im Tod und im Leben ergeben wir uns ihm.

Alsace, Bas-Rhin, Église Sainte-Richarde de Marlenheim, 
Tableaux "Vie du Christ", von hier

Nicht Abraham und auch nicht die Söhne Abrahams sind Richter über Gottes Handeln, sondern beide sind mit uns berufen zum Gehorsam gegenüber seinem Willen. Gott vollstreckt im Lande Morija genauso wie auf dem Berge Golgatha, was er zuvor verheißen hat. Wir sollen uns unter sein Kreuz beugen, wir sollen seinem Sohn folgen, wir sollen bei ihm sein, denn wir glauben unerschütterlich und bitten: Gott, schaffe mir recht. Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle eure Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn. Amen
Thomas Roloff


Kreuzkirche Magdeburg

nachgetragen am 8. April

Samstag, 29. März 2025

Über Friedenseichen &

 

Auf dem obigen Bild sieht man, wie unser Herzog Borwin zu Mecklenburg mit anderen eine Friedenseiche pflanzt. Er habe dieses Zeichen sehr bewußt gesetzt. Seine Familie sei während der letzten 100 Jahre in besonderer Weise von Kriegen, Revolutionen etc. betroffen gewesen. Hinzu kommt, sage ich, daß dieser einzig fortbestehende Familienzweig des Herzogshauses mit seiner halb russischen Herkunft auch das alte Europa verkörpert, in dessen Trümmern wir heute leben. Was mehr, als Präsenz zu zeigen und Zeichen zu stiften, ist da möglich.

 Zur eigentlichen Veranstaltung muß ich weiter nichts sagen, weil ich fröhlich auf einen ausführlichen Bericht auf dem Strelitzius-Blog verweisen kann und damit einer solchen Aufgabe enthoben bin.


Hinzu kam die Wiedereröffnung der Schloßkoppel. Das war einmal ein Landschaftspark, geschaffen um 1808 aus einem als Viehweide benutzten Bruchgebiet von Hofmarschall von Hobe im Auftrag des Herzogs Carl. Dieser Park öffnete den Schlossgarten gewissermaßen in die umgebende Landschaft. 110 Jahre später interessierte das nicht mehr so und es entstand eine Art Urwald.


Das ist er immer noch. Aber ein Urwald mit Wegen, Brücken und Bänken, magischen Tümpeln, in die gewesene Bäume gestürzt sind. Und den Franzosensteg gibt es wieder. Das Ufer des Zierker Sees ist auch durch die ganzen Wasserableitungen ziemlich sumpfig geworden. Aber hier kam man bis ans Ufer und kommt es jetzt wieder.  Im Februar 2014 hatte ich mich einmal tollkühn über die morschen Balken gewagt (später wurde der Weg dann noch mehr zerstört, um der dergleichen Abenteurer in die Schranken zu weisen), die letzten Bilder sind von damals.

 



Unser Herzog hat mit seiner Präsenz auch hier das, was seine Vorfahren begonnen haben und diesmal, wenn auch in anderer Gestalt fortdauern darf, gewürdigt.



Um mit einer Pointe zu enden. Am Borkenhaus, wo ich stand, führt ein Weg vorbei, und das Slawendorf ist in der Nähe. Prompt stoppte ein Pritschenwagen, und ein guter Bekannter krähte mich munter an, warum ich mich in diesem Jahr dort noch nicht gezeigt hätte. Ich fürchte, ich war so verdattert, daß ich, um zu antworten, unseren Herzog habe stehen lassen.


Aber immerhin ist der Wanderstock, mit dem ich endlich wieder einigermaßen gehen kann, von dort, selbstgeschnitzt natürlich. 


Merkwürdig, wie sich die Dinge unerwartet zu einem sinnvollen Ganzen fügen können.

nachgetragen am 8. April